Der Himmelskörper mit Action

Ich will heute mal ein neues Thema aufgreifen, auf das ich beim Schreiben über Solar Orbiter gekommen bin. Es geht um die Amateurastronomie und ein vernachlässigtes Objekt – die Sonne. Was ich schreibe ist nicht neu, auf meiner Website gibt es eine ganze Rubrik zum Thema Teleskope. Aber im Blog kann man auch kommentieren und Fragen stellen.

Dass die Sonne so stiefmütterlich davon kommt, ist, insofern paradox als das Sie – siehe Überschrift – der einzige Himmelskörper ist, auf dem ein Amateur Veränderungen sehen kann. Klar gibt es auch Veränderurngen bei den Bändern von Jupiter, doch die sieht man nicht visuell und auch fotografisch ist einiges an Aufwand zu treiben, um sie sichtbar zu machen. Ähnliches gilt auch für die anderen Planeten und der Mond, nun ja neue Krater gibt es schon, doch die sind heute so klein, dass sie nur ein Mondsatellit ausmacht.

Wie beobachte ich die Sonne

Jeder hat mal als Kind den Ratschlag bekommen, nicht direkt in die Sonne zu sehen und das ist auch ernst zu nehmen. Die Helligkeit der Sonne alleine, ohne Verstärkung durch ein Fernrohr, kann schon Augen schädigen, im Brennpunkt eines Okulars kann man problemlos Papier oder Holz entzünden. Also die Sonne so wie den Nachthimmel beobachten, geht nicht. Es gibt drei Möglichkeiten, je mit Vor und Nachteilen:

Objektivsonnenfilter

Ein Objektivsonnenfilter wird vor das Objektiv, das ist der vordere Teil des Tubus, wo das Licht einfällt, angebracht. Er lässt nur einen kleinen Teil des Lichts durch, wobei bessere Filter dann verschiedene Abstufungen haben – wenn man fotografiert, kann es mehr sein als beim Beobachten. Das ist die gefahrloseste Art und auch die beste Art, wenn man ein größeres Teleskop hat, dass entsprechend mehr Licht bündelt.

Preislich gibt es große Unterschiede. Am unteren Ende rangiert Sonnenfilterfolie, das ist eine silbrig beschichtete Folie, die mancher von den Brillen für Sonnenfinsternisse kennt. Sie ist preiswert, lässt nur wenig Licht durch und fürs visuelle Beobachten gedacht. Aus der Folie kann man sich einen eigenen Filter machen indem man einen Holz. oder Pappring mit der Folie bespannt und noch einige Klemmen anbringt. Etwas teurer, aber auch nicht für Bastler geeignet, sind fertige Objektivfilter mit dieser Folie, die es in verschiedenen Größen gibt. Teuer, vor allem wenn die Öffnung groß ist, sind Glassonnenfilter, sie bestehen wie Sonnenbrillen aus gedunkeltem Glas. SIe sind robuster, das Bild ist besser, da die Folie nie glatt sein wird. Vor allem aber gibt es sie in verschiedenen Lichtabschwächungen, um den Faktor 1000, 10.000 oder 100.000. Es gibt inzwischen auch Teleskope mit integriertem Objektivfilter.

Okularsonnenfilter

Dieser Filter wird vor das Okular geschraubt die Filtergewinde haben. Er ist aber schon dem durch eine Linse oder Spiegel gebündeltem Licht ausgesetzt. Dadurch erhitzt er sich stark. Okularsonnenfilter gibt es nur für billige Teleskope, meistens muss dann auch noch die Öffnung begrenzt werden, damit die Wärmeübertragung verringert wird. Trotzdem sind sie riskant. Sie können leicht durchbrennen und wenn man dann gerade in die Sonne schaut … Okularsonnenfilter kann ich daher nicht empfehlen. Seriöse Astroshops führen sie meist nicht, aber es gibt sie als Bestandteil von billigen Teleskopen zusammen mit den Okularen und dem Mondfilter.

Projektion

Die sicherste Möglichkeit ist die Sonnenprojektion. Dafür wird an den Okularauszug mit Streben ein Projektionsschirm geschraubt, auf ihn wird wie bei einem Diaprojektor das Bild der Sonne projiziert. Diese Methode hat Vor- und Nachteile. Von Vorteil ist, dass man nicht in das Teleskop reinschauen muss. Nicht nur wegen der Sicherheit, sondern auch weil man dann bei hellem Umgebungslicht auf ein sehr dunkles Bild schaut, ist das ziemlich anstrengend. Vielleicht wird es besser wenn man, wie früher die Fotografen das unter einer Decke macht. Von Vorteil ist auch das diese Methode es erlaubt, das mehrere Leute das Bild sehen. Es ist bei Vorführungen daher sehr beliebt. Als Nachteil kann man das Bild nur umständlich abfotografieren und es ist bedingt durch die Wandstruktur nicht so scharf wie bei der direkten Beobachtung.

Welches Teleskop

Auch wenn man so Zusatzkosten von – je nach Wahl des Beobachtungsmittels von 20 bis 200 Euro hat, es gibt eine gute Nachricht – man braucht kein teures Teleskop! Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen hat die Sonne eine ziemliche Größe, etwas mehr als ein halbes Grad, sodass sie schon bei 100-facher Vergrößerung formatfüllend ist. Als Zweites sorgt die Sonne selbst dafür. Sie heizt die Luft auf, es kommt zur Turbulenz. Ein Teleskop wird bei Tag selten eine bessere Auflösung als 2 Bogensekunden erreichen, und die erreicht schon ein Teleskop mit 60 mm Durchmesser der Optik, was am unteren Rand angesiedelt ist. Natürlich kann man wie bei anderen astronomischen Beobachtungen die Unruhe einfrieren, indem man sehr viele kurzzeitbelichtete Aufnahmen macht, doch das wird dann schon sehr aufwendig und beim visuellen Beobachten geht das sowieso nicht.

Sonne in natürlichen Farben, (C) der Aufnahme Wikipedia

Man kann aber auch für ein Teleskop erheblich mehr ausgeben, obwohl es immer noch nur 50 oder 60 mm Durchmesser hat. Das liegt an der Sonne selbst. Schaut man durch ein normales Teleskop auf die Sonne, so sieht man eine helle Scheibe ohne Struktur, am Rand dunkler werdend. Das Einzige was man visuell erkennen kann sind die Sonnenflecken, die für Aktion sorgen, denn sie entstehen und vergehen und sie wandern – die Sonne rotiert (am Äquator in 25 Tagen) um ihre eigene Achse. Erkennbar ist der dunkle Kern und der graue Außenbereich bei größerer Vergrößerung sieht man auch in diesem noch Strukturen. Doch für die Granulation der Sonne ist für das Auge der Kontrast zu gering und sie liegt auch an der Auflösungsgrenze des Auges. Auf dem Foto kann man sie mit Kontrastanhebung noch sichtbar machen. Das Bild links ist schon ein relativ gutes das den visuellen Eindruck wiedergibt. Meistens ist aber die Sonne im Fernrohr anders eingefärbt, bei der Sonnenfilterfolie, die ich verwende, ist sie meist grau mit leichtem Blaustich.

Will man mehr sehen, so muss man die Sonne in einem engbandigen Bereich um die Spektrallinie H Alpha (H-α) beobachten, die im roten Spektralbereich liegt. Je nach Halbwertsbreite sieht man dann Prototuberanzen (Gasausbrüche, vor allem am Rand sichtbar) oder Flares und man sieht auch die Granulation. Der bittere Tropfen: solche Filter mit einer Bandbreite von weniger als 1 nm sind richtig teuer. Mehrere Tausend Euro für einen besonders engbandigen 60-mm-Filter sind normal, und es gibt sie meist auch nur in kleinen Größen, eben aufgrund der Kosten und des oben geschriebenen für die Turbulenz. Für ein fertiges Sonnenteleskop mit H Alpha Filter beginnen die Preise bei 1000 Euro für ein 40-mm-Teleskop …

Erwähnt sei noch der Coronograph. Wie der Name andeutet, ist das ein Teleskop zur Beobachtung der Corona. Im Prinzip ist das eine künstliche Sonnenfinsternis. Nur deckt eben nicht der Mond die Sonne ab, sondern ein Körper, eine Kegelblende. im Teleskop. Man kann dann die Prototuberanzen am Rand beobachten, bei längerer Belichtungszeit auch die Corona aufnehmen. Allerdings ist es nicht so einfach wie bei der Sonnenfinsternis. Streulicht bedingt durch Atmosphäre, die Optik und Tubus stört, daneben muss man die Größe des Kegels, der die Sonne abdeckt, anpassen, denn die Entfernung Erde-Sonne schwankt um 3 % während eines Jahrs und die Atmosphäre tut ihr übriges. Sie beugt die Strahlen und macht die Sonne so größer, wenn sie nahe am Horizont steht. Coronographen kann man daher nicht fertig kaufen. Die Einzigen, die ich kenne, haben engagierte Amateurastronomen selbst gebastelt.

Sonne ist immer

Neben dem Aspekt das die Sonne immer anders aussieht gibt es noch einen zweiten Aspekt – es gibt viel mehr Gelegenheiten die Sonne zu beobachten. Die meisten von uns sind ja mehr oder weniger beschäftigt, aber selbst für Berufstätige ist es so, dass mit Ausnahme des Winters man noch einige Stunden Sonnenschein am Tag hat, die man zur Beobachtung nutzen kann. Am Wochenende hat man den ganzen Tag dafür Zeit. Anvisiert ist die Sonne schnell (Tipp: einfach auf minimalen Schatten des Tubus achten). Dagegen muss man, wenn man nicht gerade Mond und Planeten beobachtet, einige Stunden nach Sonnenuntergang warten, bis es richtig dunkel ist und selbst dann stören Turbulenzen deutlich mehr als bei der Sonnenbeobachtung. Das geht nur, wenn man am nächsten Tag dann länger ausschlafen kann. Die meiner Erfahrung nach besten Bedingungen gibt es im Winter bei Temperaturen unter 0 Grad, wenn auch der Wasserdampf in der Atmosphäre als Eis ausgefallen ist und dann im Freien in der Kälte neben einem Teleskop stehen, ist nicht jedermanns Sache. Die Sonne kann man notfalls auch durchs Fenster anvisieren, die paar Millimeter Glas stören bei der Atmosphäre dann nicht mehr viel.

Universell

Ein Teleskop, das man für die Sonnenbeobachtung nutzen kann, kann man ohne Filter oder Projektionsschirm auch für andere Beobachtungen nutzen. Allerdings eignen sich Linsenteleskope besser für die Sonnenbeobachtung als Spiegelteleskope. Der gefaltete Strahlengang und der Spiegel im Strahlengang sorgen für Reflexionen, die den Kontrast senken. Für die Beobachtung der Sonne ist eine relativ lange Brennweite von Vorteil, weil man dann Okulare mit großen Feldlinsen einsetzen kann, dann ist das Einblickverhalten besser, vor allem eben am Tage, wenn alles um das Teleskop herum heller als das Bild im Teleskop ist. Für die Beobachtungen bei Nacht bevorzugen die meisten aber kurzbrennweitige Instrumente, da sie mehr Licht einfangen. Ebenso reicht für die Sonnenbeobachtung ein 50 oder 60 mm Refraktor, während so was bei Hobbyastronomen als Grabbelware vom Discounter gilt. Man sollte aber eines nicht vergessen: ein 60-mm-Linsenteleskop hat die zehnfache Öffnung des Auges. Ein 120-mm-Teleskop bringt nur noch eine Verdopplung und ein 240-mm-Teleskop eine Vervierfachung – der Sprung ist also nicht mehr so groß, dafür kostet es mehr als das zwanzigfache.

Wer Tag- und Nachtbeobachtung anstrebt, sollte meiner Ansicht nach zu einem mittelgroßen Linsenteleskop, so 80 bis 102 mm Linsendurchmesser greifen. Die sind noch bezahlbar und haben dann meist auch eine mittlere Brennweite (F/D = 8 bis 12), weil sie sonst zu lange Tuben haben. Mein allgemeiner Rat, leider auch für spezialisierte Shops, die nur Teleskope anbieten ist es Montierung und Tubus (OTA – Optical Tube Assembly) separat zu kaufen, denn aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen werden, die meisten Teleskope mit Montierungen verkauft, die wackelig sind oder schlicht und einfach nicht das Gewicht des Tubus tragen können. Das kann jeder nachprüfen, indem er in dem Shop nach dem Gewicht des Tubus sucht und dann nach der Monierung, die es meist auch separat zu kaufen gibt. Lieber die Monierung eine Nummer größer kaufen, zumal als Zusatzgewicht ja noch Kamera oder Projektionsschirm hinzukommen oder als Faustregel – eine gute Monierung kostet schon ohne Schnickschnack wie Motoren so viel wie der Tubus.

Fotografie

Will man fotografieren, so legt der Sensor der Kamera die Anforderungen fest. Man benötigt, weil man sowieso nur kurze Zeit belichtet, keine astronomische Kamera, eine einfache Spiegelreflex (man benötigt nur den Body und einen Adapter für das Teleskop) reicht. Da es bei Spiegelreflexkameras drei definierte Sensorgrößen gibt, kann man leicht die Brennweite des Teleskops für eine bildfüllende Abbildung in der kleineren Bildachse berechnen:

Sensor Abmessungen Sensor Brennweite für Sonne = kleine Bildachse
APS-C 22,5 x 15 mm 1.612 mm
Kleinbild 36 x 24 mm 2.579 mm
Mikro-Four-Thirds 17,85 x 11,9 mm 1.278 mm

Im Normalfall wird die Sonne natürlich nicht das ganze Bild ausfüllen, wenn sie zu 2/3 das Bild ausfüllen sollte, müsste man die Brennweite mit 2/3 multiplizieren. Man sieht – ein kleinerer Sensor ist von Vorteil. Vor allem nehmen Bildfehler auch mit Abstand von der optischen Achse zu, sodass man sich wohl eher eine Einstiegskamera mit APS-C Sensor zulegen sollte, wenn man noch keine hat.

Die Pixelgröße spielt keine Rolle, da es Licht genügend gibt. Das Vollformat, das sonst bei Hobbyastronomen dominiert, bringt also keine Vorteile. Ebenso müssen es wegen der Turbulenz nicht viele Pixel sein – selbst bei 1 Bogensekunde Auflösung (was ein Teleskop von 120 mm Durchmesser erfordert) wäre die Sonne nur 1.920 Pixel groß. Das entspricht dann beim 3:2 Format nicht mal 6 MP für den Sensor. Dafür sollte man für die Fotografie einen Glasobjektivfilter nehmen, idealerweise mit einer Abschwächung, die nicht so stark ist. 1/1000 nimmt man für die reine Fotografie, 1/100.000 für die reine Beobachtung, 1/10.000 eignet sich für beide Anwendungen.

Populär ist es inzwischen, mit einer Halterung das Smartphone hinter das Okular zu klemmen und so zu fotografieren – ein Smartphone hat ja schließlich jeder. ABER … eine Spiegelreflex ersetzt das Okular, wer einmal Okularprojektion betrieben hat, kennt die Effekte auf dem Bild wir Farbsäume und Unschärfe jenseits der Bildmitte. Das Smartphone addiert ein weiteres Linsensystem, das weitere Einflüsse auf die optische Qualität hat. Wem eine neue Spiegelreflex zu teuer ist, kann leicht auf ebay, eine gebrauchte kaufen (es reicht sogar der Body ohne Körper) und die braucht auch nicht viele Megapixel.

Kaufempfehlung?

Nein ich mache keine Kaufempfehlung. Zum einen variieren die Angebote in den Shops dauernd, sodass ein Link bald wieder ins Leere führt. Zum anderen müsste ich dann ja das Teleskop selbst getestet haben, denn ich kann nicht guten Gewissens etwas empfehlen was ich nie ausprobiert habe. Aber hier ein paar Links zu Amazon Rubriken:

Sonnenfilter (meist Folie)

Sonnenprojektionsschirm für 1,25 Zoll Okularauszüge

Sonnenprojektionsschirm für 2 Zoll Okularauszüge

4 thoughts on “Der Himmelskörper mit Action

  1. Wer am Himmel Action haben will, sollte sich den Jupiter ansehen. Selbst mit einem Anfänger-Fernrohr ist die Bewegung der großen Monde zu sehen.

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