Vorschläge für das ATV und die ISS
In meiner (zumindest von mir allseits beleibten Rubrik) was wäre wenn ist mir wieder was aufgefallen. Ich studiere also gerade für mein Buch das Launchkit zu V179, dem bisherigen Rekordflug von Ariane 5 (9535 kg GTO Nutzlast) und ich entdecke da, dass bei Abtrennung der EPC Oberstufe und Nutzlast noch 28.8 t wiegen bei 6913 m/s (relativ zur Erdoberfläche). Bis zur Orbitalgeschwindigkeit fehlen dann noch rund 430 m/s (zu den 6913 m/s muss man die Erdrotationsgeschwindigkeit von 465 m/s hinzuaddieren. Die Orbitalgeschwindigkeit in einem 185 km hohen Parkorbit beträgt 7802 m/s). Weitere 150 m/s mehr und man hat die ISS erreicht. Also fehlen noch 580 m/s zur ISS. Bei Einsatz des Aestus Triebwerks entspricht dies einem Treibstoffverbrauch von 4.8 t.
Das wäre eine Nutzlast von 24 t zur ISS, anstatt 20.75 t bei Einsatz der Ariane 5 ES – und man spart sich die EPS Oberstufe. Allerdings braucht dann das ATV auch ein leistungsstarkes Triebwerk. Mit den kleinen Düsen, die es jetzt hat, würde es viel zu lange brauchen um so viel Treibstoff zu verbrauchen und vorher wieder in die Erdatmosphäre eintreten. Das einfachste wäre es das Aestus Triebwerk direkt in das ATV einzubauen. Den benötigten Treibstoff könnte man in 2 weiteren Tanks unterbringen um den internen Vorrat nicht zu verringern. Tanks und Aestus wiegen natürlich etwas, doch selbst wenn es 500 kg sind, so würde die Nutzlast immer noch 23.5 anstatt 20.75 t betragen.
Noch eindrucksvoller wäre der Gewinn bei der Nutzlast. Sie liegt bei ATV bei 7667 kg. Ein 2750 kg schwererer ATV bedeutet etwa 2500 kg mehr Nutzlast (250 kg wird als Treibstoff zum Manövrieren des schwereren Transporters benötigt). Die Nutzlast steigt also um rund ein Drittel. Für die ESA bedeutet dass: Die Zahl der ATV Starts könnte mit sehr kleinem Aufwand um ein Drittel gesenkt werden, anstatt 4 Stück nur 3. Da ein Start rund 350 Millionen Euro kostet wäre das doch eine Überlegung wert oder?
Wenn man sich schon um die ISS Gedanken macht: Man sollte daran denken den Strom zu benutzen. Was sich an der ISS seit ihrer Konzeption nicht geändert hat ist die Stromversorgung. Den Strom liefert die Integrated Truss Structure (ITS) von den Segmenten S6, S4, P4 und P6. Jedes der 8 Panels hat eine Masse von 1.1 t und liefert 32.8 kW Strom, davon 31 kW nutzbar. Allerdings gibt es heute deutlich weniger Module. 3 westliche Module wurden gestrichen. Die russischen sollten durch eine eigene Stromversorgung haben, also habe ich sie nicht mitgezählt. Nimmt man 15 kW pro Modul an (Columbus hat einen Strombedarf von 20 kW) so gibt es 45 kW zu viel Strom, über 60 % der Zeit, solange die Station auf der beschienenen Seite der Erde ist.
Man kann damit den Treibstoffverbrauch zum Aufrechterhalten der Station senken. Ein Ionenantrieb könnte bei 40 kW Leistung über 60 % der Zeit Nach
c = w * 2L / S
c: Ausströmgeschwindigkeit in m/s
w: Wirkungsgrad (0…1)
L: Leistung in Watt
S: Schub in N
kann bei einer Ausströmgeschwindigkeit von c=30 km/s bei L=40 kW und w=0.75 ein Schub von 2 N erzeugt werden. 2 N sind wenig, aber über das Jahr hinweg ist es genug Leistung um die 350 t schwere Station um 108 m/s zu beschleunigen. Benötigt werden dazu zwar 1260 kg Treibstoff, aber das entspricht rund 12000 kg chemischen Treibstoff. Das sind 4 Progress Transporter und ein ATV pro Jahr oder rund ein Viertel des ganzen ISS Transports.
Mich wundert, dass niemand auf die Idee gekommen ist, weil so eine Menge Geld eingespart werden könnte und ja auch bekannt ist, dass die ISs nicht fertiggestellt wird. Selbst wenn es nicht zu viel Strom gibt – dann wäre es zu überlegen noch ein Segment dafür anzubauen um den Strom für ein Ionentriebwerk zu liefern.
Unter die Rubrik was wäre wenn könnte auch noch folgende Fragestellung zählen. Was währen die nächsten Schritte wenn man das Aurora Programm ernst nimmt, mit dem Ziel einer Landung auf dem Mond und auf dem Mars?
Gehen wir zuerst einmal vom Aufbau einer komfortablen Weltraumstruktur aus. Sie könnte bestehen aus einem Knoten mit vier radialen Modulen, und einem modifizierten ATV für den Antrieb, und die Speicherung von Treibstoff. Diese Struktur könnte zuerst als Raumstation im Erdorbit gefertigt werden, um bei Bedarf später in einen Mondorbit gebracht zu werden. Der Transfer dieser Station würde unbemannt über einen längeren Zeitraum stattfinden können, so dass durchaus auch Ionentriebwerke einsetzbar sind.
Die dabei eingesetzten Einzelkomponenten sind vom Gewicht her ohne weiteres von einer Ariane fünf Rakete zu transportieren. Der Transport der Besatzung würde zu einem späteren Zeitpunkt in einem bemannten Transportvehikel mit chemischen Triebwerken in kurzer Zeit stattfinden.
Der Vorteil dieser Lösung wäre, im Mondorbit schon einmal Infrastruktur aufzubauen, die bei folgenden Missionen benutzt werden kann. Auch Reservetreibstoff würde zur Verfügung stehen.