Weg von fossilen Brennstoffen: Teil 1: Strom

Ich habe mich schon mal mit der Fragestellung beschäftigt, ob man fossile Brennstoffe ersetzen kann und bin dabei zu erschreckenden Zahlen gekommen, versucht man diese durch regenerative Energiequellen zu ersetzen. Nun möchte ich das nochmal angehen unter der Prämisse: Was ist möglich? Fangen wir mit dem Strom an, denn da ist man in dieser Hinsicht schon am weitesten.

Alle Rechnungen werde ich auf die Bundesrepublik beziehen, deswegen, weil die BRD eine recht hohe Siedlungsdichte hat, von allen industrialisierten Ländern eine der höchsten. Alle regenerativen Energiequellen brauchen aber viel Fläche, und zwar deswegen, weil man im Endeffekt immer Sonnenlicht einsetzt, direkt oder indirekt. Wenn es also in der BRD klappen sollte, dann auch in anderen Nationen.

Der Stromverbrauch in der BRD betrug 2006 insgesamt 616 TWH, davon 11 % schon durch erneuerbare Energien gedeckt. Das meiste davon aber Wasser- und Windenergie (9 %), Will man Strom durch die Sonne erzeugen, so kann man sicher Biomasse verbrennen, doch das ist sehr ineffektiv. Der Wirkungsgrad ist schlecht und Biomasse ist zwar billig zu produzieren, aber Pflanzen sind miserabel im Ausbeuten der Energie. Sinnvoller ist es daher Strom weitgehend aus Solarzellen oder thermischen Sonnenkraftwerken zu produzieren und Biomasse nur zum Abfangen von Spitzenzeiten zu nutzen. Man wird sie vorwiegend zur Generation von Kunststoffen und für die Erzeugung von Wärme brauchen.

Solarthermische Kraftwerke sind recht effektiv. Es gibt mehrere Bauformen. Das Grundprinzip ist es Sonnenlicht zu bündeln und ein Medium aufzuheizen. Das Medium erhitzt dann Luft oder Dampf und dieser treibt dann wieder eine normale Gasturbine an, wie bei einem normalen Kraftwerk. Spiegel sind preiswerter als Solarzellen zu fertigen. Es gibt zwei Grundformen: Im einen bündeln viele Spiegel die Energie an einem Turm, wobei man dort enorme Hitze erreicht. Der Wirkungsgrad ist dann recht hoch (er hängt nach dem Gesetzen der Thermodynamik von der Differenztemperatur des Mediums vor dem Erhitzen und nach Abgabe der Wärme ab), dafür benötigt man eine laufende Nachführung der Spiegel der Sonne. Die hohe Hitze kann aber auch für andere thermische Prozesse genutzt werden wie chemische Prozesse und darin liegt sicher eine Zukunft dieser Turmkraftwerke.

Das zweite ist es einfache parabolische Spiegel zu nehmen und in ihrem Brennpunkt ein Medium zu erhitzen. Wenn man sie als Zylinderschnitte ausführt (sie sehen dann aus wie eine verspiegeltee überdimensionale Dachrinne, dann kann man das Medium in einer Leitung durch längere Segmente führen und auch so sehr hohe Temperaturen erreichen. Hat man genügend Sonnenlicht und zwar direktes Sonnenlicht, so ist dies die effizienteste Art Strom zu erzeugen. Das derzeit modernste Sonnenkraftwerk  Andersol 1-3, ein derzeit in Grenada in Spanien gebautes Kraftwerk wird 176 MW Leistung erreichen und Strom zu 19 ct/KWh erzeugen – also in etwa das was auch wir heute schon bezahlen. Subventioniert wird es aber trotzdem, es entfällt die Stromsteuer, die es auch in Spanien gibt. Die tagsüber erzeugte Leistung wird zum Teil genutzt um einen Wärmespeicher aufzuheizen der dann nachts angezapft wird.

Das zeigt, dass einerseits Solarenergie wirtschaftlich sein kann, und es auch Lösungen für die Speicherung gibt. Für Deutschland kommen diese Kraftwerke aber nur begrenzt in Frage, weil ihr Wirkungsgrad rapide absinkt, wenn der Himmel bedeckt ist, denn sie bündeln ja direktes Sonnenlicht. Nicht umsonst wird bei uns vor allem Photovoltaik installiert. Die Halbleiterzellen sind zwar teuer in der Anschaffung, aber sie liefern auch bei bedecktem Himmel noch Strom. Wie teuer? Nun, das erneuerbare Energien Gesetz zahlt derzeit um die 50 ct pro KWH, abhängig von der Anlagengröße. doch das ist mehr als die Kosten betragen. Nach Wikipedia bekommt man durch das Gesetz in 20.5 Jahren für eine 4 KWp Anlage etwa 34300 Euro, kosten tut so eine Anlage aber 20-21.000 Euro, wobei dann noch eine Montage kommt. Lassen wir es 24000 Euro sein, so kostet uns eine KWh (bei Berücksichtigung von 20 % Leistungsverlust auf 20 Jahre und 0.5 % Wartungskosten) 43 ct. Das ist um einiges teurer als der derzeitige Strompreis, zumal dann auch noch Kosten für die Stromleitung und Speicherung dazu kommen.

Andererseits sind das die Kosten für eine private Kleinanlage – Es ist anzunehmen dass eine Großanalage deutlich günstiger wird und derzeit sinken die Produktionspreise für Solarzellen immer noch, weil immer mehr nachgefragt werden und die größere Nachfrage die Produktion billiger macht. Entsprechendes kennt man auch von anderen Gütern wie Autos oder dem Computer.

Ich denke ein Preis von 30 ct/KWh ist erreichbar. Das ist zwar deutlich mehr als heute, doch an steigende Energiepreise haben wir uns ja schon gewöhnt. Zu D-Mark Zeiten kostete der Strom bei mir auch so viel in Pfennig wie heute in Cent/KWh.

Wir viel Fläche braucht man? Ein kommerzielles Modul von 3100 KWh Leistung pro Jahr hat eine Fläche von 60 m². Damit kann man berechnen, dass man für die 616 TWh knapp 200 Millionen dieser Module braucht und ca. 12000 km² Fläche. Das ist viel. Aber…..die gesamte Siedlungs- und Verkehrsfläche die derzeit bebaut ist, beträgt in der BRD über 47000 km². Ein Viertel der Fläche würde also vollkommen ausreichen um die Stromversorgung schon heute zu sichern.

Wie könnte es aussehen? Ich denke wenn die Strompreise weiter ansteigen, wird für immer mehr größere Firmen es rentabel ihren Strom selbst zu produzieren. Es wird mehr und mehr Dachanlagen geben oder bei Hochhäusern Fenster mit Dünnschichtsolarzellen – deren Wirkungsgrad ist zwar gering, doch die enorme Fläche macht es. Gleichzeitig wird man sicher dazu übergehen industriell Solarkraftwerke zu bauen. Entweder indem man Flächen überzieht, die heute schon bebaut sind (z.B. das Straßen- und Autobahnnetz) oder indem man landwirtschaftliche Fläche nutzt. (Unterhalb der Kollektoren kann man ja noch Landwirtschaft betreiben und wenn man Abstand lässt, so dass das Licht von der Seite einfällt ist auch die Ertragseinbuße gering. Für Weidenwirtschaft reicht es allemal).

Bleibt natürlich noch die Frage wie man Strom speichert – Nachts oder für Spitzenzeiten. Ich sah in diesem Zusammenhang eine interessante Sendung auf 3Sat. Eine Uni hat einen europäischen Verbund untersucht und ist zum Schluss gekommen, dass man im europäischen Verbund kaum Probleme mit Strommangel hat. Zum einen fällt vieles von der Wetterabhängigkeit weg. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es in ganz Europa schlechtes Wetter gibt. Weiterhin gibt es dann neben der Sonne auch andere Energiequellen. Wind an den Küsten, an der Atlantikküste Gezeitenkraftwerke, die absolut unabhängig vom Wetter sind und in Skandinavien Wasserkraft. Heute wird die Wasserkraft zur Stromerzeugung benutzt, doch ihre Zukunft wird wohl als Speicherkraftwerk liegen. Norwegen deckt heute 90 % seines Stromes durch Wasserkraft und die meisten Kraftwerke könnten zu Pumpspeicherkraftwerken umgebaut werden. Sie werden dann mit sizilianischem oder spanischen Solarstrom betrieben und liefern nachts Strom. Als Nebeneffekt steigt die Sonnenscheindauer bei einem europäischen Verbund auch um 3-4 stunden – geht in Portugal die Sonne auf so ist es in Bulgarien fast Mittags.

Dazu kommen lokale Speicher wie Druckgas/Temperaturspeicher in alten Salzkavernen oder Pumpspeicherkraftwerke bei uns, eventuell wird man im Sommer wohl auch überschüssigen Strom nutzen um Wasserstoff zu produzieren oder man baut kombinierte Kraftwerke, die entweder Strom liefern oder hohe Hitze für die Verfahrenstechnik bei der Chemie liefern. Auch der Stromtransport über lange Distanzen ist kein prinzipielles Problem. Australien hat schon Tasmanien mit einer hunderte von Kilometern langen Leitung verbunden – aber mit Gleichstrom anstatt Wechselstrom. Die Verluste sind viel geringer und liegen bei wenigen Prozent bei einem europäischen Netz. Demgegenüber steht heute das Interesse der Energiekonzerne. Sie betreiben das Netz und kassieren gut durch das Wegegeld. Meiner Meinung nach muss sich das ändern. Die Erfahrungen in den letzten Jahren bei Privatisierungen haben gezeigt das man Infrastruktur nicht privatisieren sollte. Englands Schienennetz kam herunter und es gab zahlreiche Zugunglücke nach der Privatisierung. Das Wassernetz ist genauso marode. Privatfirmen sollten Kraftwerke betreiben, aber nicht das Verteilungsnetz, ähnlich wie Automobilbauer ja auch Autos fertigen und ihnen nicht die Straßen gehören. Das ist nach Ansicht des Berichts wohl das größte Hindernis für einen europäischen Verbund.

Wahrscheinlich wird bei einem solchen Verbund in Deutschland nicht viel Strom aus Solarzellen produziert. Dazu ist einfach das Wetter bei uns zu schlecht. Der Nutzungsgrad des eingestrahlten Sonnenlichts liegt bei uns bei 12 %, in der spanischen Halbwüste bei 28 %. Anders ausgedrückt, dort kann man den Strom zu 40 % unserer Kosten produzieren. Wir werden wahrscheinlich die Windkraft mit Off-Shore Anlagen noch ausbauen aber wohl den meisten Strom importieren.- doch so neu ist dies auch nicht, denn Uran und Erdgas importieren wir ja auch schon. Eventuell bietet sich hier eine Chance für manche Staaten in Nordafrika – genügend Fläche für Solarkraftwerke und das sonnige wetter haben sie ja. Dann exportieren deutsche firmen eben mal keine Gasturbinen und Kernkraftwerke sondern Solaranlagen.

Zusammenfassend gesagt: Es ist heute schon fast möglich Strom bei guten Bedingungen (Spanien, viel Sonne) zu Preisen zu produzieren die den heute üblichen Marktpreisen nahekommen. Bei einem Verbund bei dem man auch Spitzenlasten abfangen muss, und nachts Strom liefern muss und Quellen aus Gegenden mit schlechterer Sonneneinstrahlung wird es wohl insgesamt teurer, aber nicht astronomisch hoch. Vor allem ist die Stromversorgung über regenerative Energiequellen wohl machbar.

Das ist die gute Nachricht. nun die schlechte: Strom war schon immer die teuerste Energiequelle die es gab durch die hohen Verluste bei der Umwandlung, Transportzuschläge und Energiesteuern (in den USA kostet eine KWh 10 US-Ct, also dreimal weniger als bei uns). Das ist vorteilhaft für regenerative Energiequellen. Und weiterhin. Es geht weil der Strom nur 8 % des Energiebedarfs eines Deutschen ausmacht. Die restlichen 92 % abzudecken dürfte schwieriger werden….

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.