Miniatur Raumsonden – Spielerei oder ein Ausweg aus der Kostenfalle?

Als Mitte der 90 er Jahre das Discovery Programm aus der Taufe gehoben wurde, gab es auch parallel das New Millennium Program. Wie ja bekannt, war es ein Ziel des Discovery Programmes die Aufwendungen für eine Planetenmission zu senken. Dafür sollte es mehr davon geben und diese schneller umgesetzt werden. Beim Discovery Programm geschah dies durch Verwendung von Grundkonzepten existierender Satelliten, sehr schlankem Management und Verzicht auf "unnötige" Dinge. Wie auch bekannt, zeigten sich die Schwachstellen dieses Konzepts dann ja auch bald durch den Verlust von zwei Marssonden und bei anderen Sonden gab es ebenso Probleme die man im Vorfeld hätte erkennen können und eliminieren können.

Das New Millennium Programm ging noch weiter. Um die Kosten noch weiter zu senken, ging man daran die Sonden zu miniaturisieren. Gedacht war an Raumsonden die in nach einigen Generationen deutlich unter 100 kg wiegen sollten. Erprobt wurde mit Deep Space 1, einer Sonde und mit Deep Space 2 zwei Penetratoren, bei der es noch um Technologietests ging.

Heute ist davon nicht mehr die Rede. Die Frage ist: Ist der Ansatz als solcher falsch? Nun zuerst einmal sollte man sich klar sein, wo Vorteile und Nachteile liegen. Die Idee kam ja durch die Entwicklung der Mikroelektronik. Sie erlaubt es viel mehr Intelligenz an Bord eines Raumfahrzeugs unterzubringen. Neben dem praktischen Vorteil, dass man so auf der Erde weniger Missionspezialisten braucht war auch die Idee dahinter, dass die Sonde die Daten so vorverarbeiten kann und Unwichtiges von Wichtigem unterscheiden kann. Dadurch braucht man eine geringere Datenrate und dies spart wiederum Strom oder eine große Antenne ein. Auch Instrumente sollten intelligenter werden. So verwenden verschiedene Fernerkundungsexperimente Optiken und unterscheiden sich nur in der Art wie das Licht weiter verarbeitet wird. DS-1 erprobte erstmals den Typ eines kombinierten Spektrometers und einer Kamera (MICAS), die 3 konventionelle Instrumente ersetzte.

Die Ansätze sind gut, doch man braucht keine neue Raumsonde um sie umzusetzen. Ein Kombinationsinstrument ist auch auf einer konventionellen Raumsonde einsetzbar. Es ist nicht der "Wunschkandidat" vieler Forscher. Das liegt vor allem daran, dass die Instrumente verschiedene Optiken brauchen – UV Spektrometer arbeiten nur mit Spiegeln, IR Spektrometer brauchen eine Optik mit großem Öffnungsverhältnis, wegen der größeren Wellenlänge, und Kameras brauchen ein sehr langbrennweitiges Instrument. Außerdem kann man nur eines zur selben Zeit nutzen. Doch wenn man so 3 Instrumente unterbringen kann, wo sonst eines hätte weichen müssen, wird man es auch bei konventionellen Raumsonden einsetzen (und hat dies auch schon getan z.B. bei Deep Impact). Mit der Intelligenz bei der Datenvorselektion sollte man dagegen vorsichtig sein. Noch traut keiner einer Raumsonde zu die Daten vorzuselektieren z.B. überlappende Bildbereiche nicht zu übertragen. Im Gegenteil: Viele Wissenschaftler wollen ihre Daten lieber verlustfrei komprimiert übertragen haben, anstatt mehr Daten die verlustbehaftet übertragen werden.

Noch problematischer wird bei kleinen Sonden die Datenmenge, da natürlich auch Sender schwächer sind und Sendeantennen kleiner sind. Das erreicht dann sehr schnell eine Grenze wo dann wirklich ausgewählt werden muss, was gesendet werden kann. New Horizons geht so ein bisschen in diese Richtung. Sie ist nicht wirklich klein, aber ihre 2 m Antenne und ihr schwacher Sender lassen nur eine geringe Datenrate zu. Die Sonde überträgt mit geringerer Datenrate als es Voyager vor 20 Jahren in der gleichen Entfernung konnte. So wird die Sonde auch nur einen Bruchteil der Daten übertragen können, die sie beim Pluto Vorbeiflug gewonnen hat. Hoffen wir, dass auf den weggelassenen Bildern nicht doch noch Infos versteckt sind, wie z.B. noch unbekannte Monde – zwei neue Monde von Pluto hat man ja erst vor zwei Jahren netdeckt.

Das ganze ist so weitgehend wieder verschwunden. Gedacht war es eigentlich für Raumsonden zu den äußeren Planeten. Die ersten Prototypen von Plutosonden wogen so z.B. nur noch 150 kg. Das hätte es erlaubt diese mit einer Delta 3 zui starten, anstatt der 5 mal teureren Titan 4. Sie hätten dann Prototypen für weitere Sonden ins äußere Sonnensystem sein können. Aufgrund der Kosten solcher Missionen – New Horizons ist eine recht einfache und kleine Raumsonde, aber wesentlich teurer als der viel größere und gut instrumentierte Mars Reconnaissance Orbiter – wird man solche Ideen weiterverfolgen. Denn lieber eine kleine Sonde auf den Weg bringen, als eine große Sonde nicht finanziert zu bekommen.

Neuen Auftrieb erhält das Konzept von der Idee mit modernen Ionentriebwerken und ebenfalls effektiveren Stirling RTG Raumsonden in Orbits um Jupiter-Pluto und zu Asteroiden oder KBO zu bringen. Doch selbst diese Konzepte gehen davon aus, dass eine Atlas 551 die Raumsonden auf den Weg bringt und man mit RTG nur dann abbremst um in eine Umlaufbahn zu gelangen. So sind auch hier die Raumsonden klein und wiegen 200-350 kg. Auch hier gäbe es wohl Alternativen wie z.B. mit großen Solarpanels die Sonden zu beschleunigen und dann diese abzutrennen.

Das ganze ist so wie wenn man einen 299 Euro Computer kauft. Es gibt solche Rechner, aber die Einschränkungen sind dann doch gut sichtbar. Legt man 100 Euro drauf, also 33 % mehr Gesamtpreis, bekommt man schon ein erheblich besseres Gerät. Das gleich gilt bei den Miniaturraumsonden. Eine etwas größere Sonde lässt erheblich bessere Instrumente zu oder verdoppelt den verfügbaren Strom, der dann es zulässt mehr Daten zu übertragen. Ich bin daher dafür eher nach Wegen zu suchen eine mittelgroße Sonde auf den Weg zu bekommen. Die Technologie von Solarsegeln weiter zu erforschen oder eben Ionenantriebe gespeist mit großen Solarzellenflächen. Auch so kann man an der Trägerrakete Einsparungen machen

Sinnvoll wäre eine solche Miniatursonde vielleicht bei einer arg beschränkten Mission. Denken könnte ich mir, dass man z.B. so eine Raumsonde als Sekundäre Nutzlast einer Ariane 5 in einen elliptischen 24 h Orbit bringt (500x 70.000 km Entfernung von der Erde). Da kann sie Jahrelang verweilen. Entdeckt man dann wieder einen dieser Asteroiden die die Erdbahn kreuzen, dann kann man sie von dort aus mit einem eigenen Antrieb losschicken um diesen in Erdnähe schnell zu passieren. Durch die geringe Distanz wäre die Datenrate hoch und auch eine kleine Sonde könnte viele Ergebnisse liefern. Als Sekundärnutzlast gestartet wären die Startkosten auch übersehbar. Alternativ könnte man an einen kleinen Mondorbiter denken, wobei dieser dann schon ziemlich günstig sein müsste. Auch hier profitiere ich von der geringen Distanz. Aber ich halte es für Nischenprodukte. Sie eignen sich für manche Fragestellungen, aber für die meisten eben nicht.

So zuletzt noch ein paar Bemerkungen zu SpaceX, deren nächster Falcon Start wieder ansteht. Tut mir leid aber ich kann es mir nicht verkneifen. Die Firma produziert solche Widersprüche. Da will man die Falcon 1 preiswert anbieten (Der Preis pro Kilogramm ist in 3 Jahren um 113 % gestiegen) und fliegt diese mit einer gecharterten C17 zum Startplatz (Die C17 ist ein vierstrahliges Flugzeug, vergleichbar einem Airbus A340), das dürfte sicher so eine Million gekostet haben, aber man hat es ja….

Dann kündigt man an, dass man massiv Triebwerke und Falcon 1 baut – obwohl die Rakete noch nicht erfolgreich geflogen ist, also noch nicht mal sicher ist, dass man noch alles ändern muss. Das erinnert mich irgendwie an eine Methode in Softwaretechnik, die Microsoft eingeführt hat. Anstatt ein Produkt zu Ende zu entwickeln, bringt man regelmäßig Zwischenreleases raus und verbessert es iterativ (was massiv zu dem schlechten Leumund der Firma beigetragen hat). Nun ja, Musk kommt ja von der Softwareecke, da wäre das ihm zuzutrauen. Ich weis schon eines: Der nächste Flug wir zu >90 % erfolgreich sein, selbst wenn die Rakete auf dem Starttisch explodiert (das waren bislang alle) und es ist nur "ein kleines Problem" (auch das war bislang immer so). Mal sehen ob man diesmal den gesamten Webcast sieht und nicht nur den Teil bei dem es keine Probleme gibt (beim letzten Mal hat man zeitversetzt gesendet und rechtzeitig abgebrochen, angeblich wegen COCOM Bestimmungen wenn man das Heck der Rakete sieht – komisch beim letzten Flug gab es die noch nicht – Die Chinesen freuen sich bestimmt, wenn nun im Westen jemand ihre Methode der kritischen Berichterstattung übernommen hat….)

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