Raumfahrträtsel 7
Wie leicht zu erraten landete am 3.2.1966 Luna 9 auf dem Mond. Wieder einmal hatten die Russen die Amerikaner geschlagen, aber es war das letzte Mal und es waren umfangreiche Anstrengungen nötig. Nach dem Vorbeiflug von Luna 3 war seit Anfang 1963 das Ziel einer weichen Landung geplant. Alle folgenden Sonden (benannt wurden Luna 4-9, aber auch sechs weitere Sonden die nicht auf eine Mondtransferbahn gelangten) hatten dieses Ziel – und alle scheiterten. Ein Grund war ein Designfehler der neuen Oberstufe „Block L“, der vor allem für die zahlreichen Fehlstarts verantwortlich war.
Aber auch die Landung klappte nicht. Luna 4 und 6 flogen nur am Mond vorbei weil ihre Kurskorrektursysteme Fehlfunktionen hatten. Bei Luna 5,7,8 gab es verschiedene Probleme beim Landesystem. Drei Jahre benötigten die Russen für die erste erfolgreiche Landung. Immerhin schlugen sie die Amerikaner um vier Monate – Surveyor 1 landete am 2.6.1966.Sie hatten Glück, dass sie nicht geschlagen wurden, denn die USA hatten massive Probleme die neue, für die Surveyor Sonden entwickelte Trägerrakete flugreif zu bekommen: Die Atlas Centaur versagte bei den ersten Testflügen genauso wie Block I der Molnija und die ersten Exemplare hatten nicht die Nutzlast die notwendig war. Auch sie hinkte Jahre hinter dem Plan hinterher und so mussten die Raumsonden warten.
Luna 9 war der letzte der Schnellschüsse und dabei ein typischer. Mit diesem flapsigen Ausdruck ist gemeint, dass in den ersten Jahren der Raumfahrt sich die UdSSR auf Erstleistungen konzentrierte. Alle anderen Aspekte, darunter fallen auch instrumentelle Ausrüstung traten in den Hintergrund. Luna 9 hatte nur eine einfache Fernsehkamera an Bord und ein Strahlenmeßgerät. Sie war batteriebetrieben und die Batterien waren nach wenigen Tagen erschöpft. Viel Aufwand für eine Landung. Sobald die Sonde gelandet war gab es erst mal auch keine neue. Die nächste, Luna 10 bestand nur aus dem Bus von Luna 9, nun um einige Experimente ergänzt und sie schwenkte in einen Orbit ein. Da es nur eine umgebaute Landesonde war, war auch sie batteriebetrieben, was bei einem Orbiter noch weniger Sinn machte als bei einer Landesonde (das eine Landesonde die 14 Tage dauernde Mondnacht mit Temperaturen von -110°C überlebt ist nicht sehr wahrscheinlich). Luna 10 ist wohl weniger wegen seiner Experimente als vielmehr wegen der Modellierung der Funkfrequenz einer Übertragung zum 23.sten Kongresses der KPdSU, wodurch die Sonde die Melodie der Internationale abspielte.
Luna 9 ist aber auch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Sie sorgte für einen politischen Eklat. In England verfolgte das damals 76 m große Radioteleskop von Jordell Bank routinemäßig die russischen Starts zum Mond. Die Russen waren ja nicht sehr freigiebig mit Informationen und über Vermessung der Signale, wann sie abrissen oder ihre Doppelverschiebung konnte man grobe Rückschlüsse ziehen was wohl schief lief.
So war auch bei der Landung eine Journalistenschar anwesend um aus erster Hand berichten zu können. Doch diesmal war es anders: Nach der Landung verstummten die Telemetriesignale und neue tauchten auf. Die Sonde war gelandet und Funkte Daten zur Erde! Das war schon Sensation genug. Doch die Sendefrequenz und Datenfolge war seltsam und passte nicht zu dem was man von US-Sonden kannte. Ein Angestellter erkannte darin Faksimile Signale wie sie damals für den Bildfunkt genutzt wurden. Schnell fuhr ein Reporter des Daily Express in die Redaktion und holte einen APT Empfänger her, der damals auch für die ersten Wettersatelliten benutzt wurde deren Bilder ebenfalls analog übertragen wurden (extra gewählt um die Empfänger möglichst einfach zu halten). Angeschlossen an den Verstärker baute sich vor den Journalisten die Bilder der Mondlandschaft auf, die dann auch von der Daily Express veröffentlicht wurden – verzerrt (quadratisch anstatt rechtwinklig, es waren Panoramen), aber vor Russland. Bis dort die Mühlen gemahlen hatten und durch einige Zeitzonen zwischen Russland und England reichte es nicht mehr in die nächste Ausgabe sondern erst die übernächste.
Damit wurden die Bilder von Luna 9 zuerst im Westen veröffentlicht. Was der Zeitung den Vorwurf des Diebstahls seitens der russischen Nachrichtenagentur TASS einbrachte. Warum Russland die Sonden mit einem Übertragungsgerät ausgestattet haben, das jeder empfangen konnte ist bis heute nicht geklärt. Einige meinen die Wissenschaftler hätten dies absichtlich gemacht, damit Jordell Bank die Bilder empfangen konnte. Ich halte das aber für zu weit hergeholt. Es ist wahrscheinlich so wie bei anderen russischen Sonden: Man nahm das was am bewährtesten war und baute es ein, damit gab es die Garantie das es funktionierte. Möglichkeiten für Fehlfunktionen gab es auch so genug. Im übrigen übertrug die erste Marslandesonde auch ihre Daten über Faksimile Verfahren und hier lauschte keiner mit.
Ach ja es gibt noch einen persönlichen Grund für das Datum. Das war mein erster Geburtstag. Inzwischen gibt sich die NASA ja ziemlich Mühe den zu einem Tag zu machen an dem man sich nicht gerne erinnert: Am, 27.1.1967 gab es den Brand bei Apollo 1, am 28.1.1986 explodierte die Challenger und am 1.2.2002 verglühte die Columbia. Es rückt also näher…. Ich hoffe mal nächsten Februar geht alles gut und dann ist für ein paar Jahre Ruhe.
So nun das neue Rätsel. Welches besondere Ereignis trat am 8. April 2002 ein?
Durch die Teilnahme an STS-110 mit Start am 8. April 2002 ist Jerry Ross erster Mensch der 7 Raumflüge absolviert hat.
Nett.
Das muss die schönste Raumsonde sein, die mir bis jetzt untergekommen ist … was auch immer das jetzt über meine Kenntnisse von Raumsonden oder meinen Geschmack aussagt. 😉
Du wirst dann bestimmt auch die frühen Venussonden der Russen mögen:
http://www.bernd-leitenberger.de/venera1-8.shtml