Die NK-33 Triebwerke – Teil 3

So, heute der letzte Teil des Aufsatz über die NK-33 Triebwerke.

Kistler K-1

Kistler K-1Da traf es gut, dass Russland durch das eingestellte N-1 Mondlandeprogramm über überzählige Triebwerke der Mondrakete N-1 „Herkules“ verfügte. Kistler sicherte sich die Vorkaufsrechte an 58 Triebwerken des Typs NK-33 (verwendet in der ersten Stufe der Mondrakete) und 18 des Typs NK-43 (verwendet in der zweiten Stufe der Mondrakete).

Aerojet, ein bekannter amerikanischer Entwickler von Triebwerken (unter anderem für die Titan und Delta) bekam den Auftrag diese zu testen und modernen Anforderungen anzupassen. Aerojet kaufte 36 Triebwerke und bezahlte für einen einen Betrag von 1,1 Millionen Dollar. Am 12.3.1998 fand der erste Test eines NK-33 Triebwerks bei Aerojet statt. Über 145 Sekunden wurde der Schub zwischen 803 und 1607 kN variiert.

Die Kistler K-1 sollte zuerst 3 NK-33 Triebwerke in der ersten Stufe und ein einzelnes NK-43 Triebwerk in der zweiten Stufe verwenden. Für den Landeanflug muss man aber ein Triebwerk nochmals zünden und die ursprünglichen NK-33 Triebwerke besaßen diese Fähigkeit nicht. Man hat daher ein NK-33 modifiziert, dass es wie das NK-43 wiederzündbar ist. Dieses zentrale Triebwerk muss den Abstieg durchführen. Nach einer Überarbeitung durch Aerojet heißen die Triebwerk nun AJ26-58 (NK-33), AJ26-59 (wiederzündbares NK-33) und AJ26-60 (NK-43). Weitere Modifikationen umfassten den Austausch von Teilen aus Gummi, neue Elektronik. Kistler plante eine wiederverwendbare Trägerrakete. Jedes Triebwerk sollte bis zu zehnmal eingesetzt werden. So hätten die 36 Triebwerke für mindestens 100 Starts gereicht.

Kistler kam in finanzielle Schwierigkeiten, als Investoren nach dem Einbruch der Aktienmärke beim Platzend er „Dot.com“ Blase absprangen. Die Firma ging konkurs und wurde von Rocketplane aufgekauft, die sich mit der Kistler K-1 um die COTS Aufträge bewarb und auch im September 2006 einen Auftrag über 207 Millionen Dollar bekam. Bis die NASA entdeckte, dass die Firma nicht über die Mittel für die Entwicklung verfügte und den Vertrag wieder kündigte waren 32 Millionen Dollar an Rocketplane gezahlt worden.

Auch Kelly Aerospace wollte diese Triebwerke im Astroliner LV einsetzen. Es kam jedoch niemals zu einer echten Entwicklung. Hier die Daten der NK-33 in der Kistler (etwas abweichend von den in der N-1F, da auch das Mischungsverhältnis variiert wurde und sie bei 104% Schub betrieben wurden.

AJ26-58 AJ26-59 AJ26-60
Schub Vakuum 1720 kN 1720 kN 1791 kN
Schub Meereshöhe 1543 kN 1543 kN
Spezifischer Impuls Vakuum 3249 m/s 3249 m/s 3386 m/s
Spezifischer Impuls Meereshöhe 2914 m/s 2914 m/s
Brennkammerdruck 145.4 Bar 145.4 Bar 145.4 Bar
Mischungsverhältnis LOX:Kerosin 2.586 2.586 2.592
Länge 371 cm 371 cm 400 cm
Durchmesser 150 cm 150 cm 251 cm
Gewicht 1408 kg 1459 kg 1525 kg
Entspannungsverhältnis 27 27 80
Schwenkbereich ± 6 Grad ± 6 Grad ± 6 Grad
Drosselungsbereich 50-114 % 50-114 % 55-114 %

Atlas IIAR und J-1A

Schon vorher hatte sich Lockheed Martin für die NK-33 interessiert als antrieb für die Atlas IIAR – sie wurde später in Atlas III umbenannt. Schon 1995 wurden einige NK-33 bei Aerojet getestet – dies führte später dazu, dass man die Triebwerke für Kistler erwarb. Doch die Firma konnte Energomasch als Partner gewinnen, welche die RD-171 Triebwerke der Zenit von vier auf zwei Brennkammern reduzierten. Das daraus entstandene RD-180 hatte mehr als den doppelten Schub des NK-33, sodass nur eines anstatt zwei Triebwerke nötig waren und vor allem war es neu und noch in der Produktion. So verwarf Lockheed Martin diese Option.

Auch in der japanischen J-1 waren die Triebwerke vorgesehen. Da hier nur eines eingesetzt werden sollte und es nur wenige Starts dieser Trägerrakete geben sollte, war die begrenzte Anzahl kein Hindernis. Doch kam es nicht zu einem Entwicklungsbeginn. Später gründeten JAXA und Lockheed-Martin das Joint Venture Galaxy Expresss und die J-1A wurde in „GX“ umbenannt. Nun war aber der Einsatz der Atlas III Erststufe vorgesehen und keine Rede mehr von dem NK-33. Mit dem NK-33 sollte die J-1A 3,5 t in einen LEO Orbit befördern.

Taurus II

Taurus IINach so vielen Projekten überrascht es wirklich, dass es nun tatsächlich zu einem Einsatz der NK-33 Triebwerke kommen wird. Orbital Sciences Corporation (OSC) wird diese in ihrer Trägerrakete Taurus II einsetzen.

Die erste Stufe setzt zwei überholte NK-33 Triebwerke von Aerojet ein. Sie werden wegen der schweren Erststufe im 108% Schubniveau betrieben. Aerojet verfügt über 36 Triebwerke und in einer Lagerhalle in Samara sollen noch weitere 30 einsatzbereite Triebwerke stehen. Damit könnten 33 Flüge der Taurus II durchgeführt werden (nur mit den US-Triebwerken: 18). Aerojet verhandelt seit 2010 auch über eine Neuaufnahme der Produktion des Antriebs in Russland. Jedes der alten Triebwerke wird vor dem Einbau einer Probezündung im NASA Stennis Test Center unterzogen. Im März 2010 begannen Tests in Samara, Russland, wobei jedes Triebwerk insgesamt 600 s lang betrieben werden soll, also deutlich länger als später in der Taurus II. Im November 2010 begannen dann auch die ersten Tests bei Aerojet in den USA. Rechnet man die Tests dazu, die noch im N-1 Programm erfolgten, so werden die Triebwerke bis zum Jungfernflug über 1.500 Zündungen und 194.000 s Betriebszeit akkumuliert haben. Die Akzeptanztests verliefen so gut, dass der letzte (von drei) Tests über die volle Zünddauer ausgesetzt wurde.

Allerdings schlug der Flugerprobungstest, denn jedes Triebwerk vor dem Einbau durchläuft bei einem Triebwerk fehl, als eine Treibstoffleitung leckte und sich ein Feuer bildete. Der Teststand muss repariert werden. Nun wird der Jungfernflug der Taurus II zumindest verschoben.

Die Taurus II soll 5.2 t in einen Orbit befördern. Eine leistungsfähigere zweite Stufe soll die Nutzlast in einigen Jahren auf 6,0 t anheben.

Space Launch System

Am 17.6.2011 gaben Aerojet und Teledyne Brown bekannt, dass sie sich um die Ausschreibung des Space Launch Systems – einer Schwerlastrakete mit einer Nutzlast von über 70 t bewerben. Sie wollen eine US-Variante produzieren (Aerojet erwarb auch die Konstruktionsunterlagen und die Lizenz zur Produktionsneuaufnahme), die aber einen höheren Schub von 500 klb (2224 kN) aufweist.

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