Zwei Weltraumteleskope

Eigentlich hatte ich es ja für die Rubrik „Satire“ vorgesehen, die man wohl eher als „Satire und Fiction“ bezeichnen kann. Dort veröffentliche ich aber immer etwas was aus verschiedensten Gründen nicht möglich ist, zumeist physikalische Gründe. Doch bei dem heutigen Thema ist es so, dass es nicht unmöglich ist, sogar einfach umsetzbar.

Ich habe mir wieder mal Gedanken gemacht, wie eine Nutzlast für die SLS aussehen könnte. Und da gibt es die beiden von der NRO gestifteten Teleskope. Es handelt sich um Teleskope für KH-11 Satelliten die sich in Langzeitlagerung seit etwa 10 Jahren befinden und die der NASA geschenkt wurden. Die genauen Spezifikationen wurden nicht offengelegt, aber sie sollen denselben Durchmesser wie das HST besitzen aber ein zehnmal größeres Feld abbilden. Leider ist die letzte Angabe zu ungenau. Man könnte damit die zehnfache Breite des größten Hubble Instrumentes meinen, das ist die WFPC3, die 164 Bogensekunden abbildet, das wären dann 1640 Bogensekunden oder knapp der Vollmonddurchmesser.

Die zweite Deutung ist, dass die Brennweite zehnmal kleiner ist. Das HST hat eine Brennweite von 57,6 m, das ist ein F/24. Das Instrument hätte dann F/2.4. Ich habe mich für dieses entscheiden, da schon die Kamera von Hexagon (KH-9) eines von F/3 hat. Die Daten der Kamera von Hexagon sind nach dem Entzug des Status „Geheim“ bar bekannt. Es ist anzunehmen, dass bei gleichen Anforderungen auch die Kameraparameter ähnlich sind.

Warum der Unterscheid? Weil die WPF3 nur aus zwei kleinen Chips besteht, ist ihr Gesichtsfeld sehr klein. Heute gibt es aber Kameras aus ganzen Chipreihen. Das astronomische Observatorium Kepler hat z.b. ein CCD Array mit 94 Mpixeln. Bei Gaia, das 2013 startet. sind es schon 450 Mpixel. Bei Teleskopen im Einsatz gibt es Kameras mit Gigapxieln, sie bestehen aus hunderten von Einzelchips. Beim KH-9 betrug die Filmbreite 6,6 Zoll bei einer 20 Zoll Optik. Überträgt man dies auf eine 94 Zoll Optik, so würde man einen 31 Zoll breiten Bereich im Fokus nutzen können. Das entspricht dann einem Gesichtsfeld von 7,8 Grad. Das ist etwas viel, selbst für Weitwinkeloptiken. Nimmt man die Daten der Kameras von PAN-STARRS, einem Projekt das große Himmelsabschnitte durchmustern soll, so sollen 2,2 Grad möglich sein. (PAN-STARRS: 1,8 m Teleskopöffnung und 3 Grad Gesichtsfeld).

Damit ist das Teleskop charakterisiert. Nun wozu sollen die beiden Observatorien gut sein? Nun wegen der Weitwinkelnatur wäre es am besten geeignet eine Himmelsdurchmusterung zu betreiben, also eine komplette Kartierung des Himmels. Dies sollte in Wellenlängenbereichen erfolgen, die von der Erde aus nicht sichtbar sind. Das sind zwei Wellenlängenbereiche, wo man abbildende Instrumente einsetzen kann: Ultraviolett und Infrarot. Im Ultravioletten begrenzt die Beschichtung der Spiegel die kleinste Wellenlänge auf 0,11 Mikrometer. Ab 0,4 Mikrometern beginnt dann das sichtbare Licht. Oberhalb von 0,7 Mikrometern beginnt das Infrarot. Hier setzt die Eigenwärme Grenzen. Das Teleskop und die Instrumente haben eine Temperatur und strahlen im Infraroten Wärme ab. Je kühler sie sind, desto eine höhere Wellenlänge ist möglich. Hubble kann bis 3 Mikrometern beobachten und hat keinen besonderen Strahlenschutz. Es durfte daher so etwa -10 bis -20 Grad Celsius (254 bis 263 K) warm sein. mit aktiver Kühlung noch weniger. Das James Webb Teleskop wird fern der Erde, damit deren Infrarotstrahlung nicht stört positioniert. Zusätzlich schützt ein Sonnenschirm es vor der Sonnenwärme. Es hat eine Temperatur von 50 K, die meisten Instrumente werden passiv auf 39 K gekühlt, eines aktiv auf 7 K. Die ungekühlten Instrumente erreichen 5 Mikrometer, das gekühlt 28 Mikrometer Wellenlänge.

Sinnvoll wäre es daher, in beiden Teleskopen verschiedene Detektoren anzubringen. Dies ist auch nötig weil nicht jeder Detektor für alle Wellenlängen empfindlich ist. Ein Teleskop würde den Bereich UV bis nahes IR abdecken, das zweite den mittleren IR Bereich. Eine mögliche Bauweise wäre es vier Reihen von Detektoren mit je einer Empfindlichkeit anzubringen. Nach einer bestimmten Zeit rotiert das Teleskop um den Winkel, den eine Reihe abdeckt. Ein Bild würde daher 2,2 x 0,55 Grad umfassen. Pro Belichtzung erhält man vier Bilder in vier Wellenlängenbereichen.

So könnte die Bestückung aussehen:

Teleskop 1:

  • UV-Bereich 0,1 bis 0,4 Mikrometer
  • Sichtbares Licht (0,4 bis 0,7 Mikrometer)
  • Nahes IR 1 (0,7 bis 1,0 Mikrometer)
  • Nahes IR 2 (1-1,7 Mikrometer)

Diese Bereiche kann man mit normalen CCD abdecken, die auch im UV und nahen IR empfindlich sind.

Teleskop 2

  • Nahes IR (2 – 5 Mikrometer)
  • Mittleres IR 1 (5-10 Mikrometer)
  • Mittleres IR 2 (10-17 Mikrometer)
  • Mittleres IR 2 (17-26 Mikrometer)

Für diese Wellenlängenbereiche gibt es auch Detektoren. Im Teleskop 1 können normale Silizium-CCD, eventuell im infraroten etwas anders sortiert eingesetzt werden, der genutzte Wellenlängenbereich wird durch Sperrfilter gewählt. Im zweiten Teleskop kommen vor allem HgCdTe Detektoren zum Einsatz, die je nach Zusammensetzung von 2 bis 26 Mikrometern eingesetzt werden können. strebt man eine 5 Jahre Mission an, bei der der ganze Himmel kartiert wird, und rechnet man mit 20 Beobachtungsstunden pro Tag und eine Überlappung von 25%, so sind es 204 Streifen mit je 400 Bildern. (Streifen von 2,2 Grad Breite und 180 Grad Maximallänge) Die Belichtungszeit beträgt dann knapp 30 Minuten pro Bild. Das müsste ausreichen für eine sehr umfassende Kartierung.

Eine beugungsbegrenzte Auflösung ist weder von der Datenmenge noch von der Pixelgröße wünschenswert. Die Pixel werden dann zu klein und unempfindlich. Bei 6 Mikrometern Pixelgröße hat jedes Pixel eine Auflösung von 0,21 Bogensekunden. Die beugungsbegrenzte Auflösung beträgt dagegen 0,04 Bogensenkunden

Bei einer Auflösung von 0,21 Bogensekunden im sichtbaren Bereich würden die pixelreichsten Detektoren im UV und sichtbaren Licht aus 37.500 x 9.400 Pixeln bestehen, also in etwa so groß wie die Kamera von Gaia. Bei den höheren Wellenlängen werden die Pixel größer um mehr Fotonen einzufangen und die Pixelzahl sinkt. Worst Case bei der Anforderung die Daten zu übertragen, ist daher das erste Teleskop. Es generiert jede halbe Stunde ein Bild von 37.600² Pixeln. Mit 16 Bits Auflösung ist das eine Datenmenge von 2,83 Gigabyte. Dadurch gibt es eine Anforderung für eine Datenrate von >13 MBit/s. Das ist bei dem ausgewählten Orbit handelbar.

Als Orbit habe ich den gleichen Punkt wie ihn Herschel/Planck und das JWST einnehmen, den Librationspunkt L2, etwa 1,5 Millionen km außerhalb der Erdbahn. Die Geschwindigkeit die nötig ist um diesen Punkt zu erreichen, beträgt fast Fluchtgeschwindigkeit. Nimmt man diese als Basis und einen 200 km hohen Parktorbit, so braucht man ein ΔV von 3232 m/s. Eine DEC-Centaur könnte eine Nutzlast von 16.800 kg auf diese Geschwindigkeit befördern, wenn sie erst im Erdorbit gezündet wird. Sie wiegt dann mit Teleskop 40.092 kg. Denkbar wären nun zwei Szenarien. Das eine ist der Start eines Teleskops pro SLS entweder mit einer DEC-Centaur oder Delta Zweistufe (Nutzlast dann 25.000 kg). Das zweite ist, dass man die volle Nutzlast einer Centaur Oberstufe nicht ganz ausnutzt und dafür zwei Teleskope mit zwei Centaur Stufen auf einmal startet. Als Stufen müssen dann DEC Centaur wegen ihres geringeren Durchmessers eingesetzt werden. Die SLS hat in der ersten Version eine Nutzlast von 70 t in den LEO. Das reicht noch aus um zwei Teleskope von je 14,3 t Gewicht auf zwei DEC-Centaur zu starten. Das HST wog 11,1 t, das lässt Spielraum für Erweiterungen. So braucht ein Satellit in L2 etwas Treibstoff um den Punkt nicht zu verlassen. Dazu braucht man einen Sonnenschutzschirm, zumindest beim IR-Teleskop, es bietet sich an aber beide Teleskope identisch zu bauen und dann braucht man noch eine leistungsfähige Kommunikationsanlage.

Bedie Teleskope könnten sowohl vom Geweicht wie auch dem Durchmesser in der 8,50 m großen Nutzlasthülle der SLS transportiert werden.

Was hätte man gewonnen? Nach 5 Jahren eine vollständige Durchmusterung in hoher Auflösung des ganzen Himmels, ein Katalog den das JWST als Basis für Beobachtungen nutzen könnte. Da man damit rechnen kann, dass die Teleskope länger als 5 Jahre betrieben werden können, kann man sich überlegen, was man danach macht. Möglich wöre die Untersuchung interessanter Gebiete wie Sternentstehungszonen mit längerer Belichtungszeit als dies während der Durchmusterung möglich war. Eine zweite Möglichkeit ist es diese zu wiederholen und die Aufnahmen zu vergleichen – wenn Sterne an Leuchtkraft innerhalb weniger Jahren verlieren oder gewinnen, hat das meist eine spannende Ursache.

Zwei Satelliten, mit schon vorhandenen Teleskopen erlauben zudem eine günstige Lösung, da typischerweise der Nachbau nur 30 bis 40% des ersten Exemplars kostet. Da vor einem bemannten Start die SLS unbemannt erprobt werden muss, könnte es sein, dass der Start sogar umsonst ist.

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