Die SSME: Die Entwicklung (1975-1980)

So, heute der größte Block, nämlich die Entwicklungsgeschichte der SSME

Die Entwicklung des SSME verlief wie die anderer Triebwerke. Schon während das Design noch ausgearbeitet wird gibt es zahlreiche Labortests um geplante Lösungen genauer zu untersuchen, die Wahl von Materialen zu überprüfen, etc. In diesem Stadium gibt es aber noch keine Prototypen. Während dieser Phase gab 4566 Labortests und 1418 Hot-Fire Tests von Subsystemen.

Es beginnt mit Tests der einzelnen Komponenten, eventuell sogar Subkomponenten. So kann man den Injektor testen, ob er den Treibstoff gleichmäßig vermischt, ohne Turbopumpen und Brennkammer zu haben, indem man den Treibstoff mit Druckgas fördert. Turbinen können auch elektrisch oder mit Druckgas angetrieben werden und Turbopumpen Wasser fördern. Das zweite ist das man sich auch in der Zeitdauer langsam an die Anforderungen herantastet. Sehr früh stehen oft die Brennkammern für Tests zur Verfügung. Für wenige Sekunden oder Sekundenbruchteile kann man sie auch ohne Kühlung betreiben. Danach koppelt man diese Komponenten, also z.B. den Vorbrenner mit der Turbine oder eine Turbopumpe die druckgefördert ist, mit einer Brennkammer.

Sind diese Tests abgeschlossen, so erfolgen die Tests der ganzen Triebwerke. Auch hier beginnt man mit kurzen Tests, oder mit Leistungsdaten unterhalb den Anforderungen an die Flugexemplare. Der Brennkammerdruck ist geringer oder das Schublevel. Die Tests tasten sich langsam an die Anforderungen des Triebwerks im Shuttle heran. Ist dann der Sollbetrieb erreicht, so erfolgen weitere Tests. Dabei wird viel Wert auf Tests gelegt die jenseits der Spezifikationen liegen, wie ein Betrieb über die Sollbetriebsdauer hinaus, bei erhöhtem Schub oder es werden Fehlermodes wie ein verändertes Mischungsverhältnis simuliert. So soll die Sicherheit gewonnen werden, das das Design zum einen mit diesen Situationen klar kommt, zum anderen lotet man so auch die Sicherheitsschwellen aus. Während dieser Zeit ist es normal, das Komponenten ausgetauscht werden, weil Probleme auftraten, am sie inspizierte oder einfach verschiedene Lösungen testet. Triebwerke werden mehrfach auseinander genommen, Lecks geschweißt etc.

Beim Space Shuttle kamen dann noch zwei weitere Tests hinzu. Zum einen arbeiten immer drei Triebwerke gleichzeitig. Sie werden in einer weiteren Phase auch zu dritt getestet und auch hier Fehlermodes erprobt, z. B. eines abgeschaltet und die anderen beiden müssen dann länger arbeiten, um diesen Ausfall abzufangen. Des weiteren sind die Triebwerke verbunden mit einer eigenen Elektronik, dem Triebwerkskontroller. Auch sie muss im Verbund mit den Triebwerken getestet werden, denn sie steuert nicht nur die Triebwerke, sondern soll auch Abweichungen erkennen und ein Triebwerk sicher abschalten bevor es beschädigt wird.

Dem schließt sich die Zertifizierung an. Nun gibt es keine Veränderung an den Triebwerken mehr. Die Entwicklung ist davon geprägt, dass man wenn man Probleme erkennt die Konstruktion abgeändert und erneut testet. Bei der Zertifikation werden die Triebwerke in allen Bereichen getestet, die beim Flug vorkommen können. Diese Tests haben die Aufgabe eine statistische Sicherheit zu geben. Es ist zwar möglich aufgrund von Tests, vor allem aber Schätzungen die theoretische Sicherheit zu bestimmen, besser ist es aber, diese durch Tests zu ermitteln. Wenn beispielsweise 100 Missionen simuliert werden, also die Triebwerke 100-mal über die volle Betriebsdauer bei nominellem Schub betrieben werden, und es tritt kein Fehler auf, so kann man nach dem Gesetz von Bayes die Zuverlässigkeit auf 99% abschätzen. Würde man 99,9% anstreben müsste man 1000-mal testen.

Bei den Space Shuttle Triebwerken war eine Testdauer über 55 Missionen und 65.000 Testsekunden vor dem Erstflug gefordert. Sie mussten also mindestens 55-mal betrieben werden. 55 Missionen war auch ihre Solllebensdauer. Es waren zu Beginn des Programms 100 Missionen gefordert. Doch sehr bald wurde das Schublevel auf 109% angehoben. Ein Betrieb mit 109% Schub war vorher in sieben von 100 Missionen geplant. Das waren Abbruchmodi oder Missionen mit überschweren Nutzlasten. Da das Space Shuttle als System aber nicht die Spezifikationen erfüllen konnte, mussten die Triebwerke leistungsfähiger werden. So sollte nach einer Übergangsfrist das 109% Schublevel der Normalschub sein, die NASA prägte dafür den Ausdruck „full Power“. Diese kleine Erhöhung um 9% senkte aber die Lebensdauer von 100 auf 55 Missionen ab. Das umfangreiche Testprogramm wurde begründet durch die Risikoabwägung. In dieser waren die Triebwerke zu 48,41% an einem Verlust der Besatzung verantwortlich. Dagegen die SRB nur zu 30,79%. Sie waren der Posten mit dem höchsten Risiko.

Jedes Flugexemplar absolvierte vor dem ersten Einsatz ebenfalls ein Testprogramm. Es umfasste 13 Tests über 5000 s Sekunden Dauer, davon 3000 s bei vollem Schub. Viermal wurde es über die volle Missionsdauer von 520 s betrieben, einmal über 665 s, die kamen bei einem Abbruch vor. Die 5000 s Betriebsdauer entsprachen rund 9 Missionen. Das hatte den Vorteil, dass als Young und Crippen zu STS-1 abhoben, sie Triebwerke einsetzten die schon neun Missionen fehlerfrei am Boden bei Tests absolviert hatten.

Nachdem man zuerst die Spezifikationen ausgearbeitet hatte und das Design ausgearbeitet, sollten schon 1974 die Tests von Prototypen der Triebwerke beginnen. Doch dies verzögerte sich. Subkomponenten wie Turbopumpen oder Vorbrenner sollte Rocketdyne in seinem Teststand bei Coca in Kalifornien erfolgen. Dort gab es zwei Teststände dafür. Doch Verzögerungen 1973 und 1974 zwangen zu einer Verzögerung um sechs Monate. Im Sommer 1974 wurde daher der ganze Entwicklungszeitraum um 6 Monate nach hinten verschoben – inklusive des Jungfernfluges. Später kam dann noch der Test der Brennkammer hinzu, allerdings mit einer verkürzten Düse und einem Entspannungsverhältnis von 1:35 anstatt 1:77,5, da sie nur 50% des normalen Schubs erreichte. Die Probleme hielten an und ein dritter Teststand wurde im Mai 1975 aktiviert.

Komponententests
Komponente Tests
Brennkammer (verkleinert) und Zündung 236
Zündungssysteme und Vorbrenner 918
Brennkammer 94
Sauerstoffturbopumpe 70
Wasserstoffturbopumpe 100
Gesamt: 1418

Der Test ganzer Triebwerke fand dagegen bei der NASA am Mississippi statt, dem heutigen Stennis Testcenter. Das Testprogramm war eng verzahnt, so verging teilweise nur ein Monat zwischen einem Test einer Komponente bei Coca und dem Einbau in ein Testtriebwerk und ein erneuter Test im NASA Zentrum.

Die Probleme

EntwicklungsgeschichteSehr bald kamen beim Testprogramm Rückschläge vor. Der erste war am 12.3.1976. Ein Triebwerk sollte 65 s laufen, dabei 1 Sekunde lang 65% Schub erreichen. Dieses Level wurde auch erreicht, aber das Triebwerk wurde durch den Controller 20 s zu früh abgeschaltet. Er hatte einen Anstieg der Temperaturen in der Wasserstoffturbopumpe beobachtet und als sie 200° Fahrenheit über der Spezifikation waren, überschritten sie die rote Linie und er schaltete das Triebwerk ab. Positiv war, dass die Regelung durch den Controller auch in solchen Situationen funktionierte, doch er zeigte auch, das die Turbopumpe überarbeitet werden musste.

Es zeigte sich ein Phänomen, das als untersynchroner Wirbel bekannt ist. Es führte dazu, das der Rotor mit den Turbinenblättern sich nicht nur in der Drehachse drehte, sondern diese auch langsam rotierte. Die Turbinenblätter schrammten an das Gehäuse und wurden abgerieben. Heißes Gas konnte nun an ihnen vorbeiströmen. Gleichzeitig übte er Kräfte auf die Lager aus und schädigte diese auch. Das Phänomen ist in der Fluidmechanik nicht unbekannt und so untersuchte man andere Triebwerktests, in denen es auftrat und was man dagegen machte. Vier Fälle konnte man identifizieren: beim J-2, zwei Projekten der Atomenergiebehörde und einem experimentellen Triebwerk mit 350.000 Pfund Schub. Man verstärkte die Lager und versteifte den Schaft, während man die Drehzahlen bei Tests von 18.000 auf 37.000 U/min verdoppelte, doch das Phänomen verschwand nicht. Nach wie vor neigte die Turbopumpe zum Überhitzen. Eine verstärkte Instrumentierung zeigte, woran es lag. Die Turbine erhielt ihr Gas vom Vorbrenner. das war sehr heiß und hätte die Turbine überhitzt. Daher wurde ein Strom flüssiger Wasserstoff durch das innere des Schafts geleitet, um ihn zu kühlen. Doch genau diese Kühlung war zu gering. Es bildete sich durch das Erwärmen des Wasserstoffs durch das umgebende heiße Gas ein Wirbel, der den Fluss verringerte. Die Lösung war einfach: eine Blende von nur wenigen Millimetern Breite bildete ein Hindernis, das eine turbulente Strömung an dieser Stelle erzeugte und somit das Ausbilden eines stabilen Wirbels verhinderte. Das Phänomen des „subsynchronen Wirbels“ war das größte, das bei der Entwicklung auftrat.

Das Testprogramm verzögerte sich, weil Triebwerke schon nach kurzer Zeit abgeschaltet wurden. Die NASA reagierte darauf, indem sie im September 1976 einen zweiten Triebwerksstand im ISTB in Betrieb nahm. Trotzdem musste das Programm für diese erste Phase reduziert werden. 8000 s Komponententests der Turbopumpen waren geplant, man reduzierte dann die Anforderungen auf 2500 s. Doch erreichte man nur 2140 s. Im September 1976 war man erst bei 1100 s angekommen. Dabei war für diese Phase nur ein Betrieb bei 50% Schub vorgesehen. Es hatte auch Folgen. Durch die Explosion der Turbopumpe war dieser Teststand beschädigt. Es gab zwei, einer war für die Tests der Wasserstoffturbopumpe vorgesehen, der andere für die LOX-Turbopumpe. Nun gab es nur noch einen. Obwohl die NASA eine Reparatur wünschte, kam es nicht dazu, weil man dann während diese lief den zweiten Stand außer Betrieb nehmen müsste. Die NASA reagierte darauf, dass sie die Turbopumpe gleich am Triebwerk testeten. Das wär sicher auch eine Ursache für die zahlreichen Probleme, die es in der Folge gab. In Coca wurden die Turbopumpen mit Druckgas angetrieben, die Bedingungen waren so „milder“. So brauchte die Turbopumpe bei Druckgas 8-9 s um auf volle Rotationsgeschwindigkeit zu kommen, am Triebwerk waren es 4,5 Sekunden. Fehler traten so schneller auf, aber sie waren dann auch gleich katastrophaler.

Bei den Triebwerktests wurden zusätzlich zu den 128 Messungen die der Triebwerkscontroller machte noch 250 weitere Messungen gemacht und aufgezeichnet. Pro Test gab es 3 bis 10 Objektive die erreicht werden mussten. Die Dauer variierte zwischen 1,5 s beim Triebwerksstart bis zu 800 s bei Ausdauertests.

Doch auch die Sauerstoffturbopumpe machte Probleme. Schon im Februar 1976 gab es Verzögerungen als ein Teststand in Coca ausfiel. Ein Durchflussmessgerät des Stands versagte, Teile gerieten in den Sauerstoffstrom, schlugen auf ein Ventil und lösten ein Feuer aus, Sauerstoff strömte aus, der Druck in der Turbine fiel und sie drehte durch, die Blätter lösten sich ab und zerstörten das Gehäuse. Im Nu stand der ganze Teststand in Flammen. Ein Jahr später versagte erneut eine Turbine, als sie durch das heiße Gas vom Preburner überhitzte. Sie schickte eine Flamme zur nur 60 cm entfernten Turbopumpe die flüssigen Sauerstoff transportierte – der Effekt war wie wenn man mit einem Schweißbrenner eine Gasleitung anschneidet – eine erneute Explosion war die Folge. Explosionen, bei denen Sauerstoff-Turbopumpen beschädigt werden, gelten als problematisch, weil danach wenig übrig ist das man untersuchen kann. In flüssigem Sauerstoff verbrennen auch Metalle, oder wie man in der Fachsprache sagte „aus einem „Fuel Rich“ Gemisch wird ein „component-rich“ Gemisch….

Eine Kommission des US-Senats durchleuchtete im Dezember 1977 das damals schon arg in Verzug gekommene Programm. Bis dahin gab es folgende Tests:

Geräte getestet Anzahl der Tests Gesamt Testsekunden
Coca 1A Sauerstoff Turbopumpe 3 24 161
Coca 1B Wasserstoff Turbopumpe 6 27 111

Das Komitee befand, dass diese Zahlen bei jeder bisherigen Entwicklung mindestens um den Faktor 10 höher waren und empfahl viel mehr Tests auf Komponentenbasis. Die NASA verteidigte ihr Konzept der Tests am Triebwerk, aber man gab den Empfehlungen nach. Coca 1B wurde aufgerüstet, Coca 1A repariert, ein weiterer Teststand bei Santa Susanna in Betrieb genommen und bei der NASA wo ganze Triebwerke getestet wurden, wurde ein neuer Teststand hinzugenommen.

Die Konstruktion der Sauerstoff-Turbopumpe musste überarbeitet werden. Nicht nur dürfte die Turbine nicht versagen. Wenn es ein Versagen gab, dürfte es nicht die Turbopumpe betreffen. Bei herkömmlichen Antriebsaggregaten sitzen sie auf einem gemeinsamen Schaft in einem gemeinsamen Gehäuse. Vom gemeinsamen Gehäuse war man schon abgekommen, weil die Temperaturen bei der Turbine zu hoch waren. Was man nicht gemacht hatte, war die Trennung der Antriebswellen. Das wäre möglich gewesen, hätte aber die Konstruktion erheblich kompliziert und Verluste durch Reibung bedeutet. Rocketdyne fand aber eine andere Lösung. Der Zwischenraum zwischen den Gehäusen wurde mit Helium unter Hochdruck gefüllt. Gab es ein Leck, so verhinderte dieser Hochdruck das Eindringen des Sauerstoffs.

Die nächste Phase sollte 100% Schub erreichen, wenn auch nur über 60 Sekunden. Im März 1977 erreichte man dieses Level bei einem Lauf über 80 s Dauer. Das war ein großer Schritt hin zur einsatzbereiten Version, auch wenn diese später über 500 s lang laufen sollte. Doch bald gab es den ersten Rückschlag. Im selben Monat gab es das erste Feuer bei einem Triebwerkstest. Ein Triebwerk sollte über die volle Betriebsdauer von 535 s laufen, allerdings bei maximal 75% Schub. Nach 74,07 s schaltete der Triebwerkskontroller das Triebwerk ab, als er einen Abfall der Drehzahl der Sauerstoffturbopumpe feststellte. Zu diesem Zeitpunkt war diese aber schon in einem Nebel aus Rauch gehüllt und beim Abschalten fing das ganze Triebwerk Feuer. Durch die Instrumentierung konnte man die Ursache nahe einer Dichtung ausmachen. Die Dichtung bestand aus zwei Teilen, einem festen und einem beweglichen am Schaft. Es musste hier Reibung gegeben haben und Sauerstoff musste die Dichtung passiert haben. Die Lösung bestand in geringeren Fertigungstoleranzen bei den Dichtungen, sodass sie weniger aneinander rieben. Der Controller bekam engere „red lines“ die nicht überschritten werden dürfen. Rocketdyne entwickelte dann eine „Interim“ Lösung. Eine Dichtung mit einem Labyrinth auf der Rückseite, durch die sich Sauerstoff erst herausarbeiten musste. Diese Dichtung erweis sich als so gut, dass es beibehalten wurde.

Im August 1977 erreichte Triebwerk Nummer 2 100% über 301 Sekunden. Triebwerk Nummer 4 arbeitete 425 s lang bei 70% Schub. Doch im September schon gab es den nächsten Rückschlag. Triebwerk Nummer 4 sollte 320 s lang laufen, 133 Sekunden mit 100% Schub, dann den Rest mit 90% Schub. Zu diesem Zeitpunkt gab es in den Daten der Beschleunigungsmesser starken Vibrationen an der Sauerstoff Turbopumpe. Nach 185 s verlagerten sie sich an das andere Ende. Dort befanden sich die Dichtungen. Es gab mehr Reibung und 103 s nach dem Start stiegen die Temperaturen in der Turbine an. Nach 200 s wich die Flussrate vom Tank von der in der Turbine ab – es musste ein Leck geben. Gleichzeitig stieg die Energieaufnahme der Turbine an. Nach 275 beschleunigten sich die Ereignisse: die Leistung nahm ab, Gas leckte, ein Feuer brach aus und beschädigte die Drähte zum Computer – erst dies löste das Abschalten aus. Dieser Vorfall löste das erste Verschieben des Jungfernflugs aus.

Man vermutete die Ursache in den Lagern. Sie wurden verstärkt und ihr Kühlfluss verbessert. Das half sofort, die Vibrationen sanken. Später entwickelte man ein mathematisches Modell der Rotordynamik und man konnte damit die Probleme besser nachvollziehen.

Doch es gab auch andere Probleme. Im August 1977 schaltete ein Beobachter ein Triebwerk ab, als er ein Feuer beobachtete, Diesmal war der Wasserstoff-Vorbrenner durchgebrannt. Hier wurde die Ursache recht bald gefunden. Der Vorbrenner, eine Brennkammer im Kleinen, hatte um die Vibrationen zu begrenzen Blenden, „akustische Käfige“. Sie erwiesen sich nach den bisherigen Testergebnissen als überflüssig, konnten aber zu einer lokalen Ansammlung an heißem Gas führen, das den Vorbrenner durchbrennen lies. Sie wurden entfernt und der Brenner geschweißt und weiter ging das Testprogramm. Spätere Vorbrenner bekamen zu den 132 Röhren in denen sich der Treibstoff vermischte, an der Außenseite noch 36 Röhren in denen nur Treibstoff zur Kühlung eingeleitet wurde.

Ende 1977 kam dann ein neues Problem auf. Die Rotorblätter der Wasserstofftreibstoffpumpe hatten die Tendenz Risse auszubilden und in der Folge zu reißen. Die Blätter mussten enormen Belastungen standhalten. Es gab 122 Blätter auf zwei Rädern. Jedes etwa 1,3 cm breit und 2,5 cm lang. Dieses kleine Blatt übertrug 600 PS auf den Schaft, wurde über 800 Grad Celsius heiß und nicht gekühlt. Die Kraft die auf es einwirkte, entsprach einem Druck von 3500 bar.

Die Turbinenblätter waren aus einer Nickel-Superlegierung die von Martin Metals entwickelt wurde. Ein konventionelles Blatt wurde aufgeschmolzen und an einem Ende gekühlt. Hier schieden die Kristalle in einer regelmäßigen Struktur aus, die stärker als die unregelmäßige normale war. Gleichzeitig wanderten Carbide in das Metall, was die Steifigkeit weiter erhöhte. Mitte November 1977 gab es das erste Versagen von Turbinenblättern. Ein Blatt brach und bedingt durch die hohen Drehzahlen durchschlug es beide Rotoren und verursachte eine Menge Bruchstücke. Die Turbopumpe vibrierte, der Triebwerkskontroller erkannte es, und schaltete das Triebwerk ab. Das war eine positive Nachricht. Bevor die Turbopumpe soweit beschädigt war, das sie explodierte, hatte der Computer den Fehler erkannt und das Triebwerk abgeschaltet. Das Triebwerk hatte bei 70% der normalen Leistung gearbeitet, weit unterhalb der spezifizierten Leistung. Man machte eine Temperaturerhöhung von 760 auf 1150°C als Ursache aus, sah aber keinen Konstruktionsfehler und setzte die Tests fort. Zwei Wochen später wiederholte sich bei 80% Schub das Ereignis, diesmal verstopften die Bruchstücke den Wasserstofffluss, der dadurch weitgehend zum Erliegen kann. Das Triebwerk arbeitet weiter, nun mit einer sauerstoffreichen Gemisch, das zum Durchschmelzen Teile des Heißgassystems führten, bevor das Triebwerk abgeschaltet wurde. Glücklicherweise blieb der Schaden auf das Triebwerk beschränkt. Es drang nichts nach außen.

Das löste eine langandauernde Untersuchung aus, die höchste Priorität hatte. Man setzte einen elektrischen Antrieb ein, der die Turbinen auf 38.000 Umdrehungen pro Minute brachte, um das Phänomen unabhängig von den Triebwerken zu untersuchen. Es zeigte sich, das es ein Problem mit der Befestigung gab, Die Blätter mussten einerseits fest sein, andererseits waren sie starken Vibrationen ausgesetzt und durften diese nicht an den Schaft weitergeben. Die Befestigung musste also bis zu einem bestimmten Grad flexibel sein. Verlor die Anbringung sie diese Flexibilität, so brachten die Vibrationen das Blatt zum Abbrechen nahe des Schafts. Risse waren erste Anzeichen, dass dies auftreten kann. Man installierte an jedes Blatt eine Dämpfung welche die Vibrationen abdämpfte. Der Weg des heißen Gases wurde angepasst sodass der thermische Stress geringer war und die Dichtungen welche die Turbine innen auskleideten, bekamen geringere Fertigungstoleranzen. Vor allem inspizierte man die Triebwerke regelmäßig. Doch man brauchte Zeit die Maßnahmen umzusetzen: Erst im Sommer 1978 hatte man das erste Triebwerk soweit umgerüstet: das Verschob den Jungfernflug um ein weiteres halbes Jahr.

Feine Risse blieben in der Folge ein Problem. Bei regelmäßigen Inspektionen entdeckte man immer wieder Risse auf den Rotorblättern. Auch wenn sie nicht so stark waren, dass eine Gefahr für die Turbine bestand, mussten sie doch beobachtet werden. Man beschloss, die Blätter alle 15 Zündungen gründlich zu inspizieren und gegebenenfalls auszuwechseln.

Ursprünglich sollte der Jungfernflug am 1.3.1978 stattfinden. Der hatte sich zwar schon zu Beginn des Programms aus Budgetgründen verschoben. Doch als der 1.3.1978 kam, war die Bilanz ernüchternd. Weniger als ein Zehntel der geforderten 65.000 s Testzeit waren akkumuliert. Seit August 1977 stand der Rekord bei 301 s Brennzeit. Das wurde seitdem nicht mehr erreicht – weit weg von der vollen Dauer über 520 und von dem Betrieb über 100%. Mehr noch: die Pannen rissen nicht ab. Am 2.2.1978 sollte Triebwerk Nummer 2 über 100 s bei 60% Leistung laufen. Das klappte noch. Am 10.2. waren 310 s bei 90% vorgesehen – der Controller schaltete es nach 33 s ab, weil ein Turbopumpensensor falsche Werte liefert. Am 12.2. sollte das Triebwerk 320 s laufen – es wurde nach 4,04 s abgeschaltet als die Vibrationen der Sauerstoffturbopumpe zu stark waren. Am 14.2. sollte es 300 s über 100% Leistung laufen – erneut stoppte der Computer es nach 4,2 s wegen Vibrationen. Ursache war in beiden Fällen Kavitation an den Turbinenblättern. Am 15.2 wurde das Triebwerk nach 11,3 Sekunden abgeschaltet am 17.2. nach 3,57 s und am 21.2 nach 6,08 s. Diesmal allerdings mit Folgen. Ein neues Sauerstoffventil erlaubte einen zu hohen Sauerstofffluss. Der Temperatursprung im durch das sauerstoffreiche Gemisch Sauerstoffvorbrenner beschädigte die Turbine, die an Effizienz verlor. Der Controller öffnete nun wegen der Leistung das Sauerstoffventil weiter, dadurch stieg die Temperatur im Vorbrenner an und der Controller schaltete das Triebwerk ab. Doch es war zu spät: die sauerstoffreiche Mischung hatte schon Teile beider Turbinen zum Schmelzen gebracht., Das Triebwerk musste für einen Monat repariert werden.

Kaum war Triebwerk Nummer 2 mit neuen Turbopumpen im März wieder beim Teststand. Da gab es neue Probleme, diesmal mit dem Einspritzkopf. Einige der Sauerstoffleitungen wiesen Risse auf und erzeugten lokale Feuer. Triebwerk Nummer 2 kam zurück zu Rocketdyne zur Überholung. Man machte sich keine Sorgen, denn Triebwerk Nummer 2 war das am längste im Einsatz stehende. Seit 1976 hatte es 122 Zündungen überstanden. Mehr als die geforderten 55. So waren Risse zu erwarten. Triebwerk Nummer 5 nahm seine Rolle bei den Tests ein, und dieses neue Triebwerk erreichte schnell als erstes Triebwerk die volle Missionsdauer von 520 s. Doch bald gab es bei Triebwerk Nummer 5 die gleichen Probleme wie mit Triebwerk Nummer 2, und das obwohl es neu war. Es war nur 1000 s gelaufen, doch anders als Triebwerk Nummer 2 bei vollem Schub, wodurch die Rissen viel schneller auftraten, Die Leistungen mussten verstärkt werden. Sie wurden nun mit Stahlverstärkungen umgeben und das Problem verschwand.

Im Juli 1978 wurde ein Triebwerk mit zahlreichen Instrumenten ausgestattet, die mehr Daten über die Sauerstoffturbopumpe liefern sollte. Von 14 Tests verliefen aber nur drei über die geplante Testdauer. Am 18.7.1978 explodierte die Sauerstoffturbopumpe nach 41,81 s. Es brach ein Feuer aus, doch das wichtigste war: durch die Instrumentierung konnte man den Fehler einkreisen. Ein Sensor der die Lager überwachen sollte, versagte strukturell, rieb gegen den Rotor und entzündete ihn. Die Instrumentierung hatte diesmal für das Versagen gesorgt.

Schon einen Monat später sah es besser aus. Triebwerk Nummer 5 mit neuen Injektoren in Vorbrennern und Brennkammer stellte neue Rekorde auf. Ende des Monats hatte es 5000 s Brennzeit erreicht, davon 4500 s bei vollem Schub, 100 Sekunden lang sogar bei 102%. Erstmals hatte ein Triebwerk demonstriert, das mehrere Missionen bei vollem Schub überlebte ohne das Komponenten ausgetauscht wurden.

Im Oktober 1978 gab es erneute Rückschläge. Zwei Ereignisse traten unabhängig voneinander auf. Das Drehmoment in der Wasserstoffturbopumpe war zu hoch und das Sauerstoffventil zu weit geöffnet. Als Folge verlor die Turbopumpe an Leistung, während gleichzeitig der Druck in der Brennkammer anstieg. Die Brennkammer erzeugte Gegendruck und die Turbopumpe lief zu langsam hoch und erzeugte so ein Gemisch in den Vorbrennern, das zu sauerstoffreich war. Das erzeugte ein zu heißes Verbrennungsgas das zum Durchbrennen der Turbinen führte. Das zeigt sehr deutlich stark, wie die Systeme beim staged Combustion Verfahren verzahnt sind. Eine kleine Abweichung von den Sollwerten führt zu einer Kette von Ereignissen, die schließlich zu einer Beschädigung führt.

Im November kam Triebwerk Nummer 5 nach der Reparatur zurück an den Teststand, erreichte am Ende des Monats 12.000 s Betriebszeit. Alles sah gut aus, bis am 5.12. nach nur 3,5 s eine Explosion den Teststand erschütterte. Ursache war diesmal zu Abwechslung ein neues System: Ein Wärmeaustauscher. Das Triebwerk hatte zwei. Sie produzierten einen Strom von gasförmigen Sauerstoff und Wasserstoff der jeweils in die Tanks geleitet wurde. Dieser Strom hielt den Tankdruck aufrecht, der nötig war um eine den Treibstoff in die Vorbrenner zu pressen. Die Wärmeaustauscher waren in einer Position in der Inspektionen schwer war. Es dauerte sehr lange bis man die Ursache gefunden hatte. Ein Arbeiter hatte mit einem Lichtbogenschweißgerät einige Befestigungen des Wärmeaustauschers repariert, während dieser noch am Triebwerk war. Das hatte dessen Wand beschädigt und ermöglichte so ein Leck. Doch das fand man erst nach Monaten heraus. Rocketdyne reagierte mit verstärkten Tests, vor allem mit Überdruck, behielt aber das Design bei.

Als gäbe es nicht Ärger genug, brach am 27.12. also nur drei Wochen später, ein Feuer aus, das erst von einem Operateur bemerkt wurde. Es war diesmal das Sauerstoffventil. Die Ursache war recht einfach: eine Schraube hatte sich gelöst bedingt durch die Turbulenzen des Stroms. Die Schraube rieb an den Verbindungen und in reinem flüssigem Sauerstoff reichte das aus, das Metall zu entzünden. Das Feuer erhöhte den Sauerstofffluss rapide und innerhalb einer Zehntelsekunde überhitzte die Turbine, die Turbopumpe versagte und explodierte. Es zeigte sich das das Problem schon im Entwurf war. So gravierend die Folgen waren, so einfach war die Abhilfe: Neue Schrauben die besser hielten.

Ende 1978 hatte Triebwerk Nummer 5 12.000 Testsekunden erreicht. Allerdings wurden 11-mal die Komponenten ausgetauscht. Im Mai 1979 fing ein Triebwerk beim Teststand in Santa Susa Feuer als es heruntergefahren wurde. Beim Hoch- und Runterfahren ist die Düse hohen Druckschwankungen ausgesetzt. in einer Düse brachen die Röhren und Wasserstoff trat aus. Als Folge brannte praktisch jede Komponente im nun sauerstoffreichen Gemisch durch: Düse, Brennkammer, Turbinen, Vorbrenner. Man veränderte die Düse um den Stress zu reduzieren.

Tests am MTPA

Am MTPA dem Main Propulsion Test Article der NASA fanden die Tests auf Systemebene Statt. Dafür wurden drei Triebwerke mit der Schubrahmen und einem Teil des Hecks eines Orbiters in einem Teststand mit einem externen Tank verbunden der den Treibstoff lieferte. Das bedeutet das Antriebssystem wurde so wie es im Shuttle vorlag 1:1 nachgestellt. Es fehlte der Teil des Orbiters, der nur Masse darstellte.

Diese Tests sollten die Zusammenarbeit der Triebwerke prüfen: Triebwerke wurden geschwenkt, mussten simultan im Schub gedrosselt oder gesteigert werden. Daneben stellte man auch operative Schwierigkeiten nach. Im Falle eines Abort to Orbit musste ein Triebwerk 665 Sekunden lang brennen. Dies kam vor, wenn ein Triebwerk ausfiel. Bei einem Rückflug zum Startort konnten es sogar 823 Sekunden sein. Auch dies wurde getestet.

Die Tests am MTPA fingen als letztes an, und hier kam es auch zu den letzten Problemen. Der erste Test war im April 1978 – nur über eine Dauer von 1,2 s, schon im Juli 1978 erreichte man 100 s Brennzeit und das 90% Schublevel. Im Juli 1979 gab es nach einigen vorzeitigen Abschaltungen ohne Beschädigung das erste gravierende Vorkommnis. Nach 18 s eines 520 s Tests zerbrach das Gehäuse der Wasserstoffleitungen. Das Leck führte dazu, dass die Vorbrenner sauerstoffreich arbeiten und die Temperaturen anstiegen. Der Triebwerkscontroller erkannte es rechtzeitig und schaltete alle drei Triebwerke ab, bevor eines explodieren konnte oder ein Feuer ausbrach. Das Ventil hatte schon 55 Zündungen hinter sich, aber es lag auch an der Form. Mit abgerundeten Ecken wäre die Gefahr geringer und entsprechend wurde die Kanten gerundet.

In November 1979 kam ein weiterer enttäuschender Rückschlag. Nach 9,7 meldete ein Sensor einen zu hohen Druck nahe einer Turbopumpendichtung. Der Controller schaltete alle drei Triebwerke ab. Nun passierte etwas unerwartetes: In einem anderen Triebwerk brach eine Wasserstoffleitung in der Düse. Die Mischung wurde sauerstoffreich und trotz herunterfahren brach ein Feuer aus, das das Triebwerk und die Instrumentierung beschädigte. Da es schon im Mai eine gebrochene Düse gab, man deren Design geändert hatte, stand man nun vor einem Rätsel. Zudem war das Triebwerk nur wenig getestet worden, nur achtmal. Alterungsstress konnte also nicht die Ursache sein.

Das frustrierende war, das ein Fehler der in einem Triebwerk erkannt wurde, beim Herunterfahren das Beschädigen eines anderen Triebwerks verursachte. Der Fehler war verursacht durch einen falschen Lötdraht. Die Röhren sollten durch die Hochtemperaturlegierung Inconel 718 verbunden werden. Chemische Untersuchungen ergaben, dass es aber die Legierung Inconel 62 mit nur 50% der Belastbarkeit von Inconel 718 war. Man überprüfte zuerst die Materialien und fand zwei Lieferungen eines Herstellers aus Inconell 62. Danach überprüfte man chemisch und mit Röntgenstrukturanalyse alle Schweißnähte und konnte in etlichen Tausend an verschiedenen Triebwerken die weiche Legierung nachweisen. Alle wurden verstärkt, indem man Nickel elektrochemisch auftrug,

Es gab dann fast ein Jahr kein Problem. Alle Tests liefen problemlos, im Februar 1980 wurde ein Test nach 4,6 s abgebrochen, aber ohne Beschädigung und es sah gut aus, als zwei Ereignisse auftraten. Am 12.7.1980 brannte der Sauerstoffvorbrenner durch. Ursache war wie 1977, ein Fluss der sich entzündete. Im November 1980, vier Monate vor dem Jungfernflug wurden die Triebwerke nach 21,74 s abgeschaltet, weil es ein Loch in der Düse gab. Beim Vorbrenner war die Ursache bald gefunden. Die Injektorplatte hatte sich verformt und gebogen. Das verringerte den Wasserstofffluss. Der lokal zu hohe Sauerstofffluss hatte dann das Metall verbannt. Da dieser Injektor schon 14.210 s hinter sich hatte, schien dies ein Alterungseffekt sein. Da jedoch bei Triebwerk 2004 der Hauptinjektor für die Brennkammer ähnliche Probleme aufwies, untersuchte man das Problem genauer. Es gab Fußpfade die zum Durchbrennen führen konnten. Man blockierte sie. Weiterhin erhöhte man den Druck des Wasserstoffs, wodurch man die sauerstoffreiche lokale Mixtur verhindern konnte.

Verglichen mit den Einzeltests gab es wenige Tests am MTPA. Die Triebwerke akkumulierten hier vor dem Erstflug rund 11.000 s in 18 Tests.

Jahr Tests durchschnittliche Testdauer in Sekunden
1975 27 2
1976 108 22
1977 115 97
1978 144 148
1979 136 176
1980 152 284

Die Zertifikation und Flugqualifikation

Nach den Entwicklungstests kam die Zertifikation. In dieser Phase sollten die die Triebwerke nicht mehr verändert werden. Probleme sollten gelöst sein. Vielmehr ging es nun darum ihnen zu trauen. Die Zertifikationstests bedeutet nichts anderes, als das die Triebwerke demonstrierten, dass sie wirklich die Solllebensdauer (von den 55 Missionen war man aufgrund der Entwicklungsprobleme nun abgekommen und hatte das Ziel nun auf 10 Missionen reduziert) durchhielten. Obwohl die Testzahl gleich blieb (bei etwa 140 pro Jahr) stieg nun die Summe der akkumulierten Testsekunden rapide an. Die Triebwerke wurden nun länger betrieben und wie im Flug zum größten Teil mit dem Normschub von 100%.

Für die Zertifikation wurden eigene Triebwerke eingesetzt. Es gab zwei Triebwerke, die jeweils zwei Testzyklen durchliefen. Jeder Zyklus umfasste 10 Zündungen und 5000 s Betrieb, darunter die Demonstration des Betriebs über 425 s bei 109% Schub. Dazu kam ein Aborttest mit verlängerter Testdauer. Insgesamt akkumulierten beide Triebwerke so 51 Zündungen und 19.858 s.

Die Flugtriebwerke hatten ein viel kleineres Programm zu absolvieren: eine 1,5 s lang dauernde Testzündung. Ein Betrieb über 100 s zur Kalibration (Ermittlung des Treibstoffverbrauchs und Schubs) und die Simulation eines Fluges über 520 s.

Im März 1980 waren die 65.000 s erreicht die als Soll gefordert worden. Vor dem Erstflug, also nur ein Jahr später, hatten Einzeltriebwerke 99.379 s in 665 Tests erreicht. Zusammen mit den Triplettests am MPTA waren es 110.153 s in 726 Tests. Das bedeutet im letzten Jahr erreichte das Programm 45.000 Testsekunden, während man vorher in fünf Jahren 65.000 s erreicht hatte.

Triebwerke für die Flugqualifikation wurden vom Stennis Testcenter geprüft, Triebwerke für die Zertifikation verblieben dagegen bei dem Teststand von Rocketdyne. Die Zertifizierung schloss sich auch nach jeder Änderung der Hardware an, das bedeutet die Phase I, Phase II, Block I und Block II Triebwerke durchliefen nicht nur ein Entwicklungsprogramm, sondern anschließend auch eine erneute Zertifizierung.

Operatives Testen

Zuverlässigkeit der TriebwerkeEs gab dann auch noch jede Menge Tests mit den schon geflogenen Triebwerken. Dafür gab es folgende Gründe:

  • Tests die einzelne Komponenten betrafen: Vor allem wenn repariert wurden, z.B. Schweißnähte an der Düse nach der Inspektion neu gesetzt wurden musste ein Test folgen der zumindest diese Komponente prüfte. Das galt auch wenn man ein Teil austauschte.
  • Tests die das Gesamtsystem betrafen: Auch hier war die Ursache ein Austausch wegen Reparatur oder begrenzter Lebensdauer. Doch bei vielen Komponenten musste man dann nicht nur diese Testen, sondern ein ganzes Subsystem. Wechselte man die Turbinenblätter aus, so musste man die ganze Turbine testen und nicht nur die Blätter.
  • Untersuchung von In Flight Anomalien und Abweichungen bei Bodentests: Wenn etwas ungewöhnliches entdeckt wurde, so war man bemüht die Ursache herauszufinden und versuchte die Umstände um sie, so gut es geht, in Tests nachzuvollziehen.
  • Orbiter Interfaces: Selten, aber vorkommend war, das Probleme nur bei den Orbitern, aber nicht am Teststand vorkamen. So fand man 2002 in den Treibstoffleitungen der Flotte kleine Risse. Dafür musste dann der Teststand umgebaut werden um dieses Problem überhaupt nachstellen zu können
  • Überprüfung der Flight Rules: In der bemannten Raumfahrt ist es gängig, für jeden eventuell eintretenden (Not)fall eine Regel zu haben was dann zu tun ist. Diese Regeln mussten natürlich genauso wie das normale Flugprogramm getestet werden.
  • Off-Nominal Tests: Ein wichtiger Punkt während der gesamten Entwicklungsgeschichte waren Tests jenseits der Spezifikationen. Da das SSME an der Grenze der Leistungsfähigkeit der Komponenten gebaut war, konnte man so Fehler provozieren, die Lebensdauer von Komponenten realistisch abschätzen, ohne sie sehr lange Testen zu müssen und auch die Absicherung (fail-operational / fail safe) durch Elektronik oder Redundanz prüfen. Dabei wurden auch Störungen provoziert, wie schwankende Flussraten, Abschalten eines Kontrollers während des Tests, oder fehlendes Spülen der Leitungen vor dem Start. In allen fällen wurden die Triebwerke sauber abgeschaltet ohne das eine Beschädigung resultierte.

Insgesamt gab es bis zum Jungfernflug 27 Probleme, davon wurden waren 14 schwerwiegend. Das war nicht wenig, vor allem wenn man bedenkt, dass man nicht mehr in den fünfziger Jahren war, wo Triebwerksentwicklung wirklich noch mit Explosionen verbunden war. Verglichen mit der SSME Entwicklung war die Entwicklung der F-1 und J-2 Triebwerke reibungslos verlaufen.

Auch die Zahl der vorzeitig abgeschalteten Triebwerke war hoch. 1978 erreichte sie einen Höchststand mit 46%. 1981 waren es immer noch 7,8%. Von 1978 bis 1983 blieb der Prozentsatz der vorzeitig beendeten Tests unter 10%.So gesehen hatten die Fähren im Einsatz Glück. Bei 24 Einsätzen bis zur Challengerkatastrophe gab es nur drei vorzeitige Abschaltung bei STS 41D und STS-51F (zweimal). Davon war nur eine im Flug die beiden anderen beim Startvorgang.

Man untersuchte die Abschaltungen genauer. 17 wurden genauer untersucht, davon gab es bei 16 mehrere Indizien für ein Fehlverhalten vor dem Abschalten. Bei Elf dieser Fälle traten diese mehr als 1 Sekunde vor dem Abschalten vor. Man nutzte die Analyse, um die Software der Triebwerkscontroller zu verbessern und so zum einen ein Abschalten schneller auszulösen und zum anderen die Sicherheitsgrenzen genauer zu setzen. Das führte später zur Entwicklung des AHMS.


2 thoughts on “Die SSME: Die Entwicklung (1975-1980)

  1. Hi,
    dem schliesse ich mich an.
    Um so mehr ich in letzter Zeit über den Shuttle lese, um so stärker wunder ich mich, dass der überhaupt geflogen ist…
    Und andrerseits wunder ich mich immer mehr, wie komplex die Technik ist, die das alles ermöglicht und wieviel Fiction in der Science-Fiction drin ist. Ich meine, letzteres hab ich irgendwie zwar immer schon gewusst, aber wenn ich solche Artikel lese, dann wird mir die Komplexität der Gesamtsysteme mal wieder bewusst.

    btw. wo ist die Vorschau geblieben? – Hat die das Layout-update nicht überlebt?

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