Der wohl wichtigste Falcon 9 Start

– zumindest meiner Meinung nach – findet morgen statt. Von Vandenberg aus wird eine Falcon 9 die Raumsonde DSCOVR starten. An diesem Start ist einiges außergewöhnlich. DSCOVR wurde als Tirana schon 1998 geplant. Ausgangspunkt der Initiative war die Vorstellung des damaligen Vizepräsidenten Al Gore, das ein dauerndes Lifebild der Vollerde den Umweltschutzgedanken fördern könnte. Er war beeindruckt von den Aufnahmen von Apollo 17, die erstmals die Vollerde als „Blue Marble“ zeigten. Die NASA sollte eine Raumsonde entwickeln, die genau dies macht. Damit dies geht, muss sie im Librationspunkt L1 positioniert sein. Das Projekt wurde jedoch zu teuer und bald gab es auch Kritik an der Konzeption als „enorm teuren Bildschirmschoner“. Die NASA lagerte die Raumsonde dann 2002 ein. Einige Jahre später überprüfte man die Systeme und suchte nach einem Weg sie trotzdem noch zu starten. Es traf sich gut das eines der Instrumente die solare Partikelstrahlung überwachte. Die NOAA nutzte seit 1997 den ACE Satelliten um Frühwarnungen im Falle eines Sonnensturms abzugeben. DSCOVR versprach hier eine preiswerte Ablösung des alternden Satelliten, denn es fehlte nur noch ein Start. Die USAF wiederum suchte einen Weg, dem politischen Druck nachzugeben SpaceX Aufträge zu erteilen, ohne dass man das Risiko hatte eine wertvolle Nutzlast zu verlieren. Da traf es sich gut, das DSCOVR eigentlich fertig war, aber man bei der NASA nicht das Geld für einen Start hatte. So hat die Raumsonde drei Väter: Die NASA hat die Raumsonde gebaut, die USAF führt den Start aus und finanziert ihn und die NOAA betreibt die Sonde und finanziert den laufenden Betrieb.

Heute ist in den Schlagzeilen keine Rede mehr von den Aufnahmen der Sonde und einem Portal in denen man sie life sehen kann, sondern einem „Space Weather Probe“. Es wird interessant sein ob man nun die Aufnahmen tatsächlich zu sehen bekommt, die mal der Hauptzweck der Sonde waren.

In Vandenberg hat übrigens SpaceX nun auch den zweiten Teil von SLC-4 von der USAF geleast und schon im letzten Jahr die alten Starttürme abgerissen. Die Firma wird das zweite Pad wohl für ihre Satellitenflotte brauchen, denn sonst gibt es eigentlich nur wenige Starts auf ihrem Launchmanifest die von Vandenberg aus starten.

Es gibt einige andere Besonderheiten.  So wird es der erste Start in eine Fluchtbahn sein. Eine Oberstufe wird soweit ich weiß nicht eingesetzt werden. Das ist bei einer nur 600 kg schweren Sonde aber auch nicht nötig. Die Spitzenbelastungen dürften aber selbst bei Schubreduktion sehr hoch sein.

Was DSCOVR nicht mehr ist, ist die Sonde die mal geplant wurde. Damals sollte das Projekt 50 Millionen Dollar kosten. Das basierte darauf dass die NASA die Sonde selbst baute und Universitätsinstitute die Instrumente entwickelten. Gestartet sollte sie mit dem Space Shuttle werden, das ersparte nach NASA-Rechnungssystem die Startkosten. Doch die Sonde und Instrumente wurden von der Industrie gebaut, weil Kritik am Nutzen kam wurden zusätzliche Instrumente hinzugenommen, was die Kosten weiter erhöhte. Als man die Sonde einlagerte, kostete sie schon 100 Millionen Dollar. Das Übertragen der auf USAF machte das ganze dann auch nicht billiger. Alleine die NOAA weist über 100 Millionen Dollar für die Operationen aus. Billig ist die Mission also nicht mehr, sie kostet fast so viel wie die aktuelle Marsmission MAVEN.

Es zeigt übrigens auch wo die Kostentreiber sind. SpaceX verlangt ja nach eigener Webseite 61,2 Millionen Dollar pro Start. Für den Start von DSCOVR sind es aber 96 Millionen. Das deckt sich auch mit den Angaben von SpaceX, wonach ein Start mit der USAF rund 30% teurer als normaler ist, wegen der vielen Daten die diese haben will. (Selbst ich kann mir nicht vorstellen wie das Gewinnen und übergeben von Daten teurer als ein Supercomputer sein kann) und weil die die USAF dann auch noch Kosten hat um das Projekt zu managen und diese Daten auszuwerten macht der Etat der USAF 134,5 Millionen Dollar aus – mehr als die doppelte Summe die SpaceX erhält. Ich vermute das gilt auch für ULA. Über die Kosten der Starts für den Steuerzahler (und nicht was ULA verlangt) beschwert sich ja SpaceX und ULA hat schon mal verlautbart, dass man eine Atlas 401 für 100 Millionen Dollar produzieren kann, doch wenn man sie nach USAF regeln startet dann kostet ein Start deutlich mehr, wahrscheinlich wie hier mindestens das doppelte.

Es wird wieder einen Bergungsversuch geben. Diesmal aber mit weniger Resttreibstoff, zumindest wenn die Zeitangaben in der Timeline stimmen, da man beim letzten Start nach 150 s die erste Stufe abschaltete, diesmal nach 166 s (beim Betrieb bis zum Ausbrennen sind es 180 s).

Der Start ist geplant um 23:12 GMT am Sonntag, das müsste wenn ich richtig rechne um 0:12 am Montag nach deutscher Zeit sein.

8 thoughts on “Der wohl wichtigste Falcon 9 Start

  1. Also meines Wissens nach findet der Start morgen Abend in Cape Canaveral statt und nicht von Vandenberg. Passt auch eher, schließlich liegt ihr Landeboot im Atlantik vor Anker.

  2. Hallo Bernd,

    mit den viel höheren Kosten hast du recht, zumindest Teils-Teils.
    Ich hab schon mal was mit Entwicklungen für das Militär zu tun gehabt, das ist für Entwickler ein echter Alptraum was da an Papier produziert werden muss. Das kommen leicht riesige Summen zusammen und für Space Anwendungen ist das sicher noch schlimmer.

  3. @Elendsoft: Natürlich, weil Elon Musk nicht nur Herr über Tesla und SpaceX, sondern auch über Wind und Wetter ist!

    Sehr schöner Start bei Sonnenuntergang. Schade dass die Landung wegen dem schlechten Wetter abgesagt werden musste. Die nächsten zwei Starts werden wohl ohne Landebeine durchgeführt (im Wasser „landen“ kann man dennoch), das heisst, so ab April kann man wieder mit einer versuchten Landung auf der „Just Read the Instructions“ rechnen…

  4. Andere Firmen sind genau so wenig Herr über Wind und Wetter, verschieben aber deutlich weniger Starts. Und wenn Musk selbst technische Probleme als Ursache für eine Startverschiebung nennt, liegt das wohl kaum am Wetter.

  5. Startverschiebungen wegen des Wetters gibts bei allen Anbietern. Bloss wird da nicht so genau hingeschaut und Erbsen gezählt wie bei SpaceX.

    Die letzte Verschiebung von DSCOVR aus „technischen Gründen“ lag ja am Radar – und der gehört der Air Force, nicht Musk.

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