Defying the laws of gravity

Die John Hopkins Universität, die schon einige preiswerte NASA-Raumsonden entwickelte (NEAR, Messenger New Horizons) hat nun ein Konzept für preiswertere Raumsonden vorgestellt, die an die Vision der New Millennium Raumsonden anknüpfen, die vor etwa 20 Jahren auf den weg gebracht werden sollten, es aber nie schafften. Dabei will man auf den schon florierenden Markt der Cubesats aufspringen und soweit es geht Synergien nutzen. So hat man schon das Konzept zusammen mit Planet (früher Planet Labs) erarbeitet und  ist zuversichtlich das es umgesetzt werden kann.

Es geht nicht darum alle Raumsonden zu ersetzen, es geht um eine neue Klasse speziell für erdnahe Objekte, die Near Earth Objekts oder NEO. Sie sind in den Fokus der Forschung gerückt seit immer mehr bei Vorbeiflügen an der erde beobachtet werden. Derzeit läuft auch eine suche nach allen NEO um das Kollissionsrisiko besser bestimmen zu können und es wurden schon größere Missionen für die Suche vorgeschlagen, so ein IR-Teleskop zwischen Erd- und Venusorbit das NEOs finden kann die von uns aus gesehen meist innerhalb der Erdbahn sind.

Die Idee sehr kleine Raumsonden zu bauen gibt es schon lange, jedoch war bisher das Kosten-/Nutzververhältnis sehr schlecht. Das hat sich in zweierlei Hinsicht geändert. Zum einen steht mit der Electron ein Träger für kleine Nutzlasten zur Verfügung. Sie kann maximal 200 kg in einen Orbit transportieren, zwei weitere, die Firefly und LauncherOne werden folgen. Sie kosten zwischen 4,9 und 10 Millionen Dollar mit Nutzlasten von 150 bis 200 kg in den SSO, entsprechend 175 bis 250 kg in den LEO. Vorher war der günstigste Träger die Pegasus die am Schluss über 24 Millionen Dollar kostete. Aufgrund des Commerical Space Acts darf die NASA keine Raketen mit militärischem Ursprung einsetzen. Das betrifft vor allem die Minotaur I, die deutlich weniger als eine Pegasus kostet. Solange aber schon der Start eines Kleinsatelliten mindestens 24 Millionen Dollar kostet macht es wenig Sinn einen besonders billigen, aber kleinen Satelliten mit beschränkten Fähigkeiten zu konstruieren

Kommerzielle-Private Projekte sind en Vogue. Die NASA hat dies schon bei den ISS-Transporten sowohl unbemannt wie auch bemannt durchexerziert. Nun geht man eine Kooperation mit SpaceX bei der red Dragon ein. Dieses ist aber anders gelagert als bei CCdeV und CRS. Die Red Dragon wird von der NASA Unterstützung bekommen indem man Daten über die Marsatmosphäre sowie genaue Karten der Landezonen zur Verfügung stellt. Zudem wird SpaceX das Deep Space Network nutzen, da die Firma keine eigenen Empfangsstationen hat. Als Gegenwert bekommt man einen Datensatz über die Belastungen des Eintritts mit hoher Geschwindigkeit. Die bisherigen Sonden hatten relativ große Kapseln mit einem großen Kurvenradius. Diese werden langsam abgebremst. Für eine bemannte Landung geht das nicht. Ein 30 t schweres Marsmoduls würde sonst eine Kapsel von über 17 m Durchmesser erfordern. Die Dragon hat einen flacheren Schild und ihr Masse/Eintrittsflächenverhältnis ist um den Faktor 4-5 höher. Dadurch verläuft die Abbremsung anders und diese Daten sind wertvoll für eine spätere Mission der NASA.

Es gibt aber keinerlei Zusammenarbeit bei den Experimenten. In gewisser Weise ähnelt dies den CRS-flügen: Man nutzt ein Transportvehikel, alles was transportiert wird entwickelt man aber selbst. Untersuchungen zeigten, dass mit dieser Vorgehensweise preiswerte Missionen nur möglich sind, wenn man Experimente mehrfach einsetzt.

Das Proposal für die neuen Raumsonden geht neue Wege. Man wird die Raumsonden von Planet (früher Planet Labs) bauen lassen. Sie haben Erfahrung mit Kleinstsatelliten. Die Raumsonden werden aber größer sein als ihre Dove Cubesats. Sie werden etwa 30 kg wiegen und 50 x 50 x 50 cm groß sein. Dazu kommt noch eine Kickstufe. Sie wird mit bis zu 150 kg Treibstoff beladen werden und wiegt trocken 30 kg. Sie soll mit einem 400 N Satellitenantrieb und kleineren 12 N Triebwerken ausgestattet werden und sowohl die Nutzlast auf eine Fluchtbahn bringen wie auch später die Kurskorrekturen und Lageänderungen durchführen. Bei einem Gewicht der Nutzlast von 30 kg bleibt nach erreichen der Fluchtgeschwindigkeit noch ein Antriebsvermögen von 270 m/s übrig. Das reicht aus um viele erdnahe Planetoiden zu besuchen. Mit diesem Treibstoffvorrat werden auch alle Lageänderungen durchgeführt, also Drehungen der Sonde. Da nur ein Vorbeiflug pro Sonde geplant ist und es ansonsten nur wenige Drehungen zum Ausrichten der Antenne auf die Erde gibt reicht dies aus. Dieselbe Strategie setzt schon New Horizons ein. So spart man sich aber empfindliche und mechanisch anfällige Drallräder mit hohem Gewicht ein.

Auf der entgegengesetzten Seite ist die Hauptantenne mit 60 cm Durchmesser. Mit einem 10 Watt Sender soll sie noch 15 kBit/s aus 100 Millionen km Entfernung senden können. Das von den Dove übernommene Sendesystem kann sehr viel höhere Datenraten übertragen. Von den Satelliten wurde auch der Hauptcomputer übernommen, der nach Angaben der Firma auf kommerziell erhältlichen modularen Einplatinencomputern beruht. Für die Raumsonde wurde der Computer mitsamt der SSD als Datenspeicher in eine abgeschirmte Box aus Aluminium eingebettet, da die Dove Satelliten im niedrigen Erdorbit kleineren Strahlenbelastungen ausgesetzt sind und die NASA die typisch 1-2 Reboots pro Tag nicht akzeptieren wollte.

Von Planet Labs stammt auch ein Instrument, es ist das Teleskop der Dove Satelliten, das eine Apparatur von 90 mm und eine Auflösung von 7,6 Mikorrad hat (7,6 m aus 1000 km Entfernung). Das zweite, größere, wird ein Kombiinstrument auf Basis von MICAS der Raumsonde Deep Space 1. Es beinhaltet ein abbildendes Vis/IR-Spektrometern mit zwei Chips, einer empfindlich zwischen 0,4 und 1,5 Mikrometern (vis) und einer zwischen 2 und 5 Mikrometern (NIR). Über einen Strahlteiler kann noch ein normales Spektrometer ein Punktspektrum gewinnen, allerdings in höherer Auflösung mit einer Auflösung von 1/5000 bezogen auf die Wellenlänge.

An den anderen drei Seiten sind Solarzellen fest angebracht. Die Fläche von 0,25 m² reicht aus um rund 75 Watt an Leistung zu generieren. Es gibt keine mechanischen Elemente an Bord, also auch keine Motoren um Solarzellen zu drehen.

Geplant ist mindestens ein Start pro Jahr. Das ergibt auch eine für die Serienbauweise geeignete Frequenz. Es sind zwei Phasen vorgesehen. In Phase I werden die Sonden bekannte NEO passieren. Die Reisezeit beträgt typisch einige Monate, die Distanz zur Erde unter 100 Millionen km. Wie bei New Horizons wird die Annäherung automatisiert verlaufen. ein vorgegebenes Meßprogramm abgespult. Die Daten werden zwischengespeichert und dann später über Monate übertragen.

Mit fortschreitender Erfahrung will man in Phase 2 übergehen. Dabei werden die Raumsonden zuerst nur in einem Erdorbit geparkt. Dazu müssen sie kein Startfenster einhalten und können als Sekundärnutzlast z.B. im Trunk der Dragon zur ISS mitgeführt werden oder als Nutzlast der Außenpalette des HTV. Sie werden wenn ein Erdbahnkreuzer entdeckt wird direkt zu ihm gestartet. Da man dafür meistens nur wenige Tage Zeit hat benötigt man die Missionen von Phase 1 als Vorbereitung für das Team das dann eingespielt sein muss. Ziel ist auch dass man standardisierte Computerprogramme in Phase 1 entwickelt die dann nur noch mit den genauen Begegnungsdaten (Geschwindigkeitsvektor relativ zum Ziel, Phasenwinkel, Abmessungen und Minimaldistanz versehen muss und die Kommandosequenzen für die optimalste Beobachtungsreihenfolge sowie alle nötigen Drehungen und Operationen zur Sonde generieren. Anders wäre eine so schnelle Begegnung nicht möglich. Aufgrund der kleineren Distanz kann man so die Daten schneller übertragen und hat noch Treibstoff übrig um dann ein weiteres Objekt zu passieren. Diese Missionen können noch preiswerter sein, da man bei der erdnahen Passage keine der 26 und 35 m Antennen des DeepSpace Networks benötigt und mit kleineren Antennen die Daten abrufen kann.

Die John Hopkins Universität ist sich sicher das man eine Solche Mission für unter 30 Millionen Dollar durchführen kann. Je 10 Millionen sollen auf Trägerrakete, Satellit und Instrumente entfallen, die Operationskosten sollen bei 7 Millionen Dollar liegen. Mit einer Startrate von 1 Sonde pro Jahr könnten sie langfristig auf 30 Millionen Dollar sinken.

Was ist der Nutzen? Nun man kann so zum einen sehr viel mehr Asteroiden preiswert erkunden. Gerade bei so kleinen Körpern stellt sich ja immer die Kosten(Nutzenfrage. Für dem Schutz vor Einschlägen ist die Erkundung nicht nötig. Dazu benötigt man nur die Masse und die Bahn des Körpers. Zumindest das letztere kann man durch erdgebunden Beobachtungen gewinnen und die Masse ist gut abschätzbar. Die John Hopkins Universität erhofft sich als Nebeneffekt der Erkundung auch eine Beflügelung der irdischen Suchprogramme und Forschung für NEO. Zwar wissen inzwischen alle von dem Risiko eines Einschlags, doch derzeit macht man sich noch nicht die Mühe wirklich intensiv auch nur alle Kandidaten zu finden die auf der Erde einschlagen könnten.

Jenseits der Asteroiden (auch naher Asteroiden) ist zur Zeit noch der Nutzen von kleinen Raumsonden noch beschränkt. Vor allem die beschränkten Kommunikationsfähigkeiten sind ein Hindernis. Denkbar wären auch Missionen zu Deimos und Phobos. Eine zweite Möglichkeit ist dass diese kleinen Sonden als Kommunikationsrelays in stationären Umlaufbahnen fungieren. Das wäre nützlich für Marsmissionen aber auch einen Titanlander. Zwar ist die Fähigkeit Daten zu übertragen begrenzt, aber die Lander haben eine noch kleinere Sendeantenne und sie zur erde auszurichten ist schwierig.

Vor allem aber könnte es der Einstieg darin sein, die Raumfahrt zu verbilligen. Schon lange baut die Industrie Raumsonden. Doch immer handelt es sich um Spezialanfertigungen bei denen selbst wenn kommerzielle Busse zum Einsatz kommen Zig Sonderwünsche umgesetzt werden müssen, was die Sonde verteuert. Stattdessen könnte man die Leistung spezifizieren (welche Nutzlast muss transportiert werden, welche Datenrate, dV-Budget etc.) und wie die Sonde gebaut wird ist die Sache der Industrie. So läuft es ja auch in anderen Branchen: Wenn man einen KW kauft spezifiziert man ja auch Werte wie Frachtkapazität, Benzinverbrauch etc. aber nicht wie der Hersteller den Lastwagen zu bauen hat. Man könnte Geld sparen, denn kommerziell Satelliten sind um einiges billiger als Raumsonden und so mehr Missionen auf den Weg bringen.

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