Das Mondprogramm mit der SLS – wie es meiner Ansicht nach laufen könnte

Die NASA will ja zurück zum Mond, aber so wie es aussieht mit der SLS, wie sie heute ist, nur noch ergänzt um eine neue Oberstufe, die EUS. Ursprünglich war die Sache ja so gedacht: Wir bauen jetzt erst mal die erste Version der SLS, genannt Block I, noch ohne Oberstufe, sodass sie nur Erdorbitmissionen durchführen kann. Einfach weil das Budget für eine normale Raketenentwicklung nicht die Mittel hergibt. Die steigen nämlich an, bis zu einer Spitze vor dem Abschluss der Entwicklung. Die Fertigung ist dann deutlich preiswerter – bei der Saturn V kostete die Entwicklung und die produzierten Exemplare zusammen über 9 Mrd. Dollar, die 15 gefertigten Raketen machen davon aber nur 3 aus. Bei der SLS sollte die Finanzierung über viele Jahre dagegen konstant belieben. So kam man zum einen auf das Konzept der Resteverwertung und zum anderen hat man den Kostenfaktor Oberstufe erst mal weggelassen.

Später sollte eine Oberstufe hinzukommen und dann sollten neue Booster die derzeitigen ablösen. Die erste Version fliegt mit einer umgebauten Delta 4 Zweitstufe und kann 28 t zum Mond transportieren. Das wiegt netterweise eine Orion mit Servicemodul und Treibstoff. Die nächste Version mit neuer Oberstufe wird das dann auf 37 bis 40 t anheben.

Beides ist aber weniger, als die Apollo-Hardware wog, das waren zwischen 46 und 48 t. Schon die Orion mit Servicemodul ist so schwer wie das Apollo-CSM, kann anders als dieses aber keinen Mondlander noch in den Mondorbit mitführen. Die Lösung für die NASA ist es, die Starts aufzuteilen: einen für die Orion und einen für den Mondlander. Dazu gibt es das Lunar Gateway, eine Miniraumstation im Mondorbit, in der die Astronauten dann wohl warten müssen, bis auch der Mondlander da ist.

An und für sich läuft es bei meinen Konzept genauso, nur das ich das Lunar Gateway für überflüssig halte. Man kann den Mondlander vor der bemannten Mission starten und im Mondorbit parken. Die meisten Umlaufbahnen um den Mond sind durch Störungen von Erde und Sonne, aber auch Massekonzentrationen unter bestimmten Regionen instabil, doch nicht alle. In solchen Orbits befindet sich der LRO und Chandrayaan 1 – die Sonde konnte nach ihrem Ausfall noch nach Jahren durch Vermessung gefunden werden. In einem solchen „frozen Orbit“ kann man den LM parken. Das Ankoppeln im Mondorbit hat schon Apollo demonstriert, nur wäre es hier mit getauschten Rollen. Alternativ gibt es inzwischen genügend sensorische Hilfsmittel, um das automatisch durchzuführen, von Radar über Lasersensoren oder Kameraauswertungen. Die Besatzung würde dann umsteigen (diesmal alle Astronauten) und wie gehabt landen, später zur Orion zurückkehren und den Mond wieder verlassen. Der einzige Unterschied zu Apollo ist, das der Mondlander separat gestartet und in den Mondorbit gelangt, anstatt das er mitgeführt wird.

Bei 37 t Masse ist er auf dem ersten Blick deutlich größer aus als der von Apollo, der unter 16 t wog. Aber nur auf den ersten Blick. Er muss ja auch einen Mondorbit erreichen, und das kostet Treibstoff. Bei einem spezifischen Impuls von 3150 m/s (dem des AJ-10), 1000 m/s für das Erreichen des Mondorbits und wie bei Apollo 2280 m/a für die Landung, beträgt die Landemasse noch 13,06 t. (Apollo: 7 t). Bei dem gleichen Voll/-Leermasseverhältnis der Abstiegsstufe wie beim Apollo LM (4,84) bleiben noch 6,8 t für die Rückkehrstufe übrig. Das sind zwar rund 50 % mehr als bei Apollo (dort wog sie 4,4 t) aber es sind ja auch mehr Astronauten, drei oder vier. Sie muss größer sein und ich glaube die extrem leichte Bauweise des LM entspricht nicht den heutigen Sicherheitsvorschriften.

Die Stromversorgung würde ich solar auslegen. Der Lander kann ja relativ groß sein, die SLS hat eine 8,38 m großen Nutzlastverkleidung, da kann er einen maximalen Durchmesser von 7,6 m haben, der maximale Durchmesser des LM von Apollo betrug nur 4,2 m. Nimmt man eine sechseckige Konstruktion, die Form hatte in etwa (er war ziemlich unregelmäßig aufgebaut) der LM so entspricht dies einer Dachfläche von 35 m², die belegt mit Solarpaneelen maximal 11 kW Leistung abgeben, bei flachem Lichteinfall weniger, doch es würde sicher reichen. Aufladbare Batterien als Absicherung und für die Zeit, wo die Paneele keinen oder zu wenig Strom liefern, wären eine Ergänzung dazu.

Mein Plädoyer wäre das man mit einem Lander die ganze Ausrüstung und das Equipment transportiert und einen Zweiten ohne Aufstiegsstufe, aber als Wohnquartier landet. Beim Ersten gehen von der Wohnfläche nämlich noch die Treibstofftanks und der Antrieb ab. Zudem muss er sehr leicht aufgebaut sein, weil er ja noch in den Orbit startet. Der zweite Lander hätte dagegen 6,8 t für ein Wohnmodul übrig. Die Struktur selbst (nimmt man die Trockenmasse des MPLM als Maß) wiegt relativ wenig, bei einem Zylinder von 7,6 m Durchmesser und 2,5 m Höhe wären das 3,6 t, das lässt noch 3,2 t für Vorräte, Einrichtung, Equipment übrig. Die rund 47 m² Wohnfläche sind zwar nicht üppig, aber es ist ja nicht für dauernd.

Wahrscheinlich wird man nur etwa 14 Tage auf dem Mond bleiben. Das ist bedingt durch die Dauer eines synodischen Mondtags (der Zeit von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang von 29,5 Tagen. Die Hälfte davon entfällt auf die Nacht, sodass wenn man in der Dämmerung landet und wieder startet man maximal 14, eher 12-13 Tage als maximale Aufenthaltsdauer hat. Bei den erweiterten Missionen von Apollo waren es dagegen nur 48 Stunden.

Wenn man länger auf dem Mond bleiben will, benötigt man eine andere Energieversorgung. Schließlich scheint die Sonne fast 15 Tage lang nicht. Es gibt zwei Möglichkeiten. Das eine sind RTG, wie sie auch bei Raumsonden eingesetzt werden. Sie sind erprobt und sicher. Der Nachteil: sie liefern wenig elektrische Leistung, selbst mit der noch nicht qualifizierten Sterling Technologie maximal 20 % der Wärmeenergie als elektrische Leistung. Weiterhin sind sie teuer – das Plutonium 238 ist extrem teuer in der Herstellung. Sofern die elektrische benötigte Leistung nachts niedrig ist, die Besatzung in der Zeit (aus)ruht ist das eine Alternative. Für Marsmissionen will die NASA dagegen kleine Atomreaktoren entwickeln, die 1 bis 10 kW Leistung haben. Kleine Kernreaktoren sind zwar auch ineffektiv, was die Umwandlung von elektrischer Leistung in Strom angeht, aber sie sind billiger zu produzieren. Dafür müsste man sie erst entwickeln. Bei den RTG könnte man diese theoretisch auch wieder zur Erde zurückbringen, was dann allerdings auf Kosten des mitgeführten Mondgesteins geht. Ich wäre daher eher für die kleinen Kernreaktoren, zumal man diese auch in anderen Szenarien z.B. für Raumsonden oder Ionenantriebe nutzen könnte.

Optimierung

Es gäbe einiges zu optimieren. Da die Orion schon mit Block I eine Mondmission (Einschwenken in die Umlaufbahn) durchführen kann, könnte man den nicht benötigten, aber mitgeführten bei der höheren Startmasse von Block IB möglichen Treibstoff (etwa 6 t) in den Mondlander umpumpen. Die NASA stellte diese Forderung auch bei der ersten Ausschreibung auf, verzichtete aber darauf, als die Firmen sagten, das wäre zu schwer umsetzbar.

Anstatt einem druckgeförderten Triebwerk könnte der Mondlander auch pumpengeförderte Triebwerke einsetzen. Das hat gleich mehrere Vorteile: Der spezifische Impuls ist größer, damit die Nettomasse die gelandet wird. Man benötigt keine Druckgastanks, das spart bei diesen Gewicht ein und das Triebwerk ist bei gegebenem Schub ebenfalls leichter. Nimmt man den Gewinn, denn das Aestus mit Turbopumpe hätte, als Maßstab, so würde bei der Landestufe der Gewinn so aussehen:

  • 700 kg durch weniger Treibstoffverbrauch
  • 1000 kg durch leichtere Tanks
  • 100 kg durch ein leichteres Triebwerk

Zusammen wären das 1,8 t mehr Landemasse – bei 6,8 t Masse für die Oberstufe durchaus ein Gewinn. Das Risiko ist gering, da das Triebwerk ja schon benötigt wird, um in den Mondorbit einzuschwenken – fällt es aus so würde der Lander verloren gehen, bevor die Besatzung überhaupt gestartet ist. Scheitert die Zündung beim Abstieg, dann kann man wieder ankoppeln. Für die Aufstiegsstufe kann man, muss man wegen des geringeren dV aber kein pumpengefördertes Triebwerk einsetzen, aufgrund der kleineren Masse und des kleineren dV ist der Gewinn hier auch kleiner.

Da der unbemannte zweite Lander, (das Habitat) automatisch landet, dürfte er bei der Landung unverbrauchten Treibstoff haben, denn man bei der bemannten Landung für eine Schwebephase vorgesehen hat. Man könnte ihn einsparen und so die Landemasse noch etwas vergrößern oder ihn umpumpen, wenn der zweite bemannte Lander nahe bei ihm landet. Das Letztere erfordert dann aber schon viel Präzision will man nicht 100 m oder längere Leitungen mitführen. So wäre ich für das Erste. Die rund 150 m/s die bei Apollo für den Zweck vorgesehen waren, entsprechen immerhin 630 kg Treibstoff, mithin eine um 10 % höhere Nutzlast.

Selbst wenn man nicht über die Mondnacht bleibt, könnte man ein Habitat, aber auch die Ausrüstung mehrmals nutzen. Eine zweite Mission, die bei dem Habitat landet, könnte neue Ausrüstung mitbringen, die beim ersten Flug aus Gewichts- oder Platzgründen nicht mitführbar war und damit die Forschungsmöglichkeiten erweitern. Prinzipiell würde man bei dieser Option einen SLS-Start und einen Mondlander einsparen, ich schätze, basierend auf den Kosten von Apollo, das die etwa 25 % der Mittel einspart. Auf der anderen Seite denke ich wird man möglichst viele verschiedene Regionen besuchen wollen.

Apollo landete ja nur auf der Mondvorderseite. Das lag daran, dass die Missionen eng mit der Missionskontrolle verzahnt waren. Sie waren mehr als Backup, viele Dinge wurden am Boden berechnet und zu den Astronauten durchgegeben. Daneben gab es zahllose kleinere und größere Probleme, die man mit Hilfe von Experten in den hinteren Räumen löste. Heute ist zum einen die Hardware zuverlässiger und die Computerpower alles an Bord zu berechnen steht zur Verfügung. Sie würde auch für Marsmissionen benötigt werden, bei der eine Funkverbindung lange Verzögerungen aufweist. Daher denke ich wird man auch auf der Mondrückseite landen. Man würde dann, wie dies die Chinesen taten, einen Satelliten für die Kommunikation platzieren. Entweder in einem lunaren Librationspunkt oder als Satellit um den Mond, der bei einer elliptischen Umlaufbahn auch gleichzeitig Kontakt zur Erde und zur Mission hat.

6 thoughts on “Das Mondprogramm mit der SLS – wie es meiner Ansicht nach laufen könnte

  1. Wurde eigentlich mal definiert/erklärt, was genau neue befraute/bemannte Mondmissionen wissenschaftlich bringen soll, und was davon Menschen unbedingt braucht, oder mit ihnen insgesamt billiger geht?

    1. Nö, bei Apollo hat man die Frage nicht gestellt, würde ja das ganze Programm in Frage stellen und heute ist es auch nicht anders. Trump sagt wir gehen zum Mond und die NASA hebt eben ein neues Programm aus der Taufe, was soll sie sonst machen? Mittel für Raumsonden bekommt sie ja keine.

    2. Das ‚zum Mars kommen‘ wird, laut der NASA, dadurch besser möglich oder überhaupt erst möglich. 😉
      Und Trump treibt die NASA noch mehr an, bei jedem Bericht zum Mond auch den Mars als Endziel zu erwähnen ..

  2. Mal eine Frage
    Im Beitrag wurde zwischen druck- und pumpengefördert unterschieden, und der Vorteil der pumpengeförderten Lösung dargestellt. Wie sähe es eigentlich mit einem e-Antrieb für die Pumpen aus (ähnlich Rutherfort Triebwerk bei der Elektron). Der sollte doch eigentlich das System vereinfachen, besser regelbar sein, und da der Lander sowiso Batterien braucht, die dann per Solarzellen nachgeladen werden können bzw schon beim Betrieb das Triebwerks unterstützen, sollte es auch gewichtsmäßig Vorteile bringen. Wie sieht die Haltbarkeit der Batterien im Weltraum aus? Vertragen die den langen Aufenthalt

    1. Ich glaube nicht das das klappt. Kleine Rechnung:
      Das LMDE hatte 45,4 kN Schub bei 15,2 t Gewicht. Bei 37 t Gewicht erwartet man bei gleicher Beschleunigung dann 110 kN Schub. Bei 3350 m/s Ausströmgeschwindigkeit beträgt die Brenndauer bei maximalem Schub mit obigen Daten 694 s.
      Die Turbopumpen des HM7B Triebwerks mit 67 kN Schub haben eine Leistung von 478 kW. Hochskaliert auf 110 kN Schub sind das 764 kW Leistung, die über 694 s erbracht werden, müssen, also 530,216 MWs oder 147.3 kWh. Um diese Energie zu speichern, benötigt man bei gängigen Lithiumakkus mit einer Kapazität von 200 Wh/kg Akkus im Gesamtgewicht von 737 kg Gewicht. Beim Apollo Mondlander wogen die Batterien, die dort die einzige Stromquelle waren, dagegen 61,3 kg, also zehnmal weniger. Dabei habe ich nur die mechanische Leistung der Pumpen genommen und vorausgesetzt, das die Batterien vollständig nutzbar sind. In der Praxis dürfte man das doppelte Gewicht bei Berücksichtigung des Wirkungsgrades der Pumpe und eines Puffers ansetzen. Batterien gibt es seit 1957 in der Raumfahrt, das Vakuum ist kein Problem.

    2. Nur als Vergleich: Ein Tesla Model 3 hat eine Batterie von ca. 75 kWh und wiegt knapp eine Tonne. Wie Bernd mit seinem 737 kg sa: Das ist der beste Fall und ohne das ganze und herum um die Batterie zu schützen.

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