Landwirtschaft und Landwirte

Auf zweier meiner üblichen Wege gibt es seit Neuestem zwei Kreuze in der Landwirt(e) auf die seiner/ihrer Ansicht nach sie benachteiligte Politik hinweisen. Es geht genauer gesagt um einen Volksentscheid zum Bienenschutz, der hier geplant war, aber nach einem neuen Gesetz von der Landesregierung für den Bienenschutz wohl vom Tisch ist. In einem Kreuz werden die Verbraucher angegriffen sie nach der Meinung des Plakats lieber Gemüse und Obst aus dem Ausland anstatt einheimisches Obst kaufen und im zweiten wird der Tod der Biene Maja beklagt weil ohne Pestizide und Biozide (übrigens doppelt gemoppelt – jedes Pestizid ist immer auch ein Biozid) die Varroamilbe sie auslöscht.

Offensichtlich hält der Landwirt seine Kunden für blöd. Die Mittel die Bienen schaden, werden ja auf den Feldern ausgebracht und sind nicht die Stoffe, die eingesetzt werden, um Bienenstöcke vor den Milben zu schützen. Es sterben ja an den Mitteln die Bienen, daher der Gesetzentwurf. Zwar ist die Bekämpfung der Varroamilbe nicht ganz einfach, weil viele Mittel auch auf die Binnen wirken, aber es gibt einige selektive Mittel gegen die Milbe sowohl Biozide wie auch natürliche Mittel wie etherische Öle oder organische Säuren.

Daneben habe ich in dem Umkreis dieser Felder nie besonders viele Kulturen gesehen, die Bienen überhaupt eine Nahrungsquelle geboten hätten. Andere Landwirte fahren nach Berlin und demonstrieren dort oder versuchen vor dem Supermarkt mit Verbrauchern ins Gespräch zu kommen. Auch weil national als langfristiges Klimaziel mehr Biolandwirtschaft vorgegeben wurde.

Fangen wir mit dem Letzteren an. Ich kann hier die Landwirte verstehen. Zum einen bedeutet die Umstellung eines Hofs auf Bio einige Jahre lang Gewinneinbußen. In einer Übergangsfrist muss man zwar Bio produzieren, wegen der Forderung nach Freiheit von Rückständen, die man aber noch lange nachweisen kann, und anderen Forderungen wie alleinige Fütterung mit selbst erzeugtem Futter bei Tieren, das man anfangs gar nicht in der Menge hat, kann man mindestens ein Jahr, teilweise noch länger die Ware aber nicht als Bio verkaufen, hat aber höhere Kosten und Ernteeinbussen. Daneben befürchten die Landwirte, wenn zu viele zu schnell umsteigen das durch die Schwemme dann die Preise für Biolebensmittel sinken und damit die Verdienstspannen.

Das Thema ist vielschichtig. Wir haben zum einen den Verbraucher. In Deutschland hat sich nicht so richtig eine Kultur eingebürgert, wo man für gute Qualität auch gute Preise zahlt. Das klappt in einigen Segmenten wie Wein, Schokolade und bei Käse. Aber bei Fleisch und Wüst, erst recht bei Grundnahrungsmitteln wie Mehl oder Zucker zählt nur der Preis. Ich finde es erschreckend, wenn man für Käse, der ja auch Milch entsteht, die man gewinnt ohne die Kuh zu schlachten, mehr zahlt als für Gulasch, das man aus dem Fleisch herstell, wofür man das Tier schlachten muss. Nachhaltig ist also deutlich teurer als nicht nachhaltig!

Auf der anderen Seite wird auch zu viel produziert. Noch immer wird Fleisch aus Deutschland exportiert. Würde weniger produziert werden, so würde automatisch der Preis und Gewinn ansteigen.

Da ich kaum glaube, dass man den Verbraucher wird ändern können, muss die Politik aktiv werden. Aber nicht mit abstrakten Klimazielvorgaben, sondern konkreten Maßnahmen, die auch umsetzbar sind. Hier mal einige Vorschläge:

Anstatt eine Bioquote zu etablieren, sollte der konventionelle Landwirt einen Teil der Fläche unbewirtschaftet lassen. Dort können sich dann Blumen und damit Bienennahrung aber auch Lebensraum für viele andere Insekten ausbreiten. Schlussendlich ist ein Bio-Bauenhof ja auch kein Biotop. Auch dort wird Unkraut bekämpft, auch dort gibt es Monokulturen. Nur geht das eben mehr mechanisch anstatt durch Pestizide. Ich denke sogar 10 % ungenutzte Fläche sind besser für die Natur als

Man kann auch daran denken einen Teil der freien Fläche mit Sträuchern zu bepflanzen. Wenn das heimische Arten wie Haselnuss, Weißdorn, Schlehe, Vogelbeere, Eberesche, Johannisbeere etc. sind, dann hat man zum einen Blüten im Frühjahr, wenn die Blumen noch nicht blühen, Obst und Nüsse im Herbst als Winternahrung und Brutreviere für Vögel und Rückzugsmöglichkeiten für Igel und andere Kleinsäuger. Alle paar Jahre müsste man abmähen, damit die Hecke nicht zu groß wird aber das vertragen die Arten recht gut. Das hätte auch einen Vorteil für den Landwirt: als Windschutz und von dort aus breiten sich auch Nutz- und Raubinsekten in die benachbarte Monokultur aus. Wenn 10 % der heutigen landwirtschaftlichen Fläche so genutzt werden, dann wäre das mehr Biotop als wie zusammen an Naturschutzgebieten haben und es hätte andere positive Effekte. Der Düngeeintrag ins Grundwasser wäre geringer, Sträucher heben den Grundwasserspiegel an. Nur muss man auch dabei bleiben: es gibt ja schon von der EU Subventionen für nicht bewirtschaftete Flächen. Doch als wir 2018 hohe Ausfälle bei der Ernte hatten, war man in Brüssel nur zu gerne bereit die Landwirte „als Ausgleich“ diese Flächen wieder bewirtschaften zu lassen. So sieht aber nicht Naturschutz aus.

Die EU ist bei der Landwirtschaft sowieso der Dreh und Angelpunkt. Die Subventionen sind heute ein wichtiger Teil des Einkommens der Bauern. Wenn wir aber einen Wechsel in der Landwirtschaft haben wollen – nicht nur wegen der Klimaziele, sondern auch weil durch die Bearbeitung der Böden mit schweren Maschinen, die aber nur größere Betriebe haben, diese an Fruchtbarkeit durch die Verdichtung verlieren und man sich so die Grundlage zerstört, dann muss auch das Subventionssystem geändert werden. Meine Forderung:

Die Subventionen werden nach umgekehrt proportional nach Betriebsgröße vergeben: große Betriebe bekommen gar keine Förderung, Familienbetriebe den höchsten Satz.

Fleischerzeugende Betriebe sollen zu einem großen Teil (Diskussionswert: 70 bis 80 %) in Sachen Futtermittel autark sein, also ihre Futtermittel selbst erzeugen und ihre Gülle selbst entsorgen. Es kann nicht sein, das ein Betrieb nur Schweineställe hat, Kraftfutter einkauft und Gülle verkauft. Auch das begrenzt die Massentierhaltung, denn so benötigt man für viele Tiere auch eine große Agrarfläche um die Futtermittel anzubauen. Kooperationen mit Landwirten die nur Pflanzen anbauen sind aber in begrenztem Maße möglich: Man hat festgestellt, wenn ein Acker ein Jahr lang als Wiese genutzt wird, dies die Humusbildung wieder stark ankurbelt, sodass der Ertrag danach wieder höher ist, Dazu benötigt aber ein Landwirt der sonst keine Tiere hält, jemanden der die Weise auch beweidet.

Das EU-Siegel für Bio wird zwar gerne als „Bio light“ angesehen. Aber es hat dazu geführt das dieser Markt aufblühte, weil es eben nun einen Standard und ein staatliches Kontrollsystem gibt, anstatt einem Dutzend Biolabels mit jeweils anderen Normen. Warum nicht auch so ein Label für das „Tierwohl“, der Begriff wird, ja dauernd in die Diskussion gebracht. Bei Tieren würde ich für Erfüllung des Siegels sagen: gleiche Haltungsbedingungen wie bei Bio (was Auslauf und Futter angeht), aber Erlaubnis Medikamente und Stoffe einzusetzen, die für Bio verboten sind. Bei Pflanzen könnte man die Menge an Bioziden und die Menge an mineralischem Dünger eingrenzen oder eben die Forderung das wie oben skizziert ein Teil der Fläche extensiv genutzt wird. Es gäbe dann eine Art Siegel für „Faire Landwirtschaft“.

Solche „Tierwohl“ oder „Fair gut“- Siegel gibt es schon, aber von Discountern oder Herstellern. Die Kriterien sind nicht transparent und vor allem sind es eben wie es bei Biomarkt früher war Dutzende von unterschiedlichen Siegeln. Ich glaube ähnlich wie bei Beio würde ide Akzeptanz durch ein europäisches Siegel deutlich ansteigen.

Dann hätte der Verbraucher auch die Auswahl. Und wem Bio zu teuer ist, der hat eine Alternative, die trotzdem was für das Tier und die Umwelt tut, aber nicht ganz so teuer ist. Mit Bio ist es ja so eine Sache: für die einen ist das eine Gewissensentscheidung oder sie fürchten sich vor Rückständen. Die anderen, wie ich, kaufen die Lebensmittel, weil sie wissen, das es die Tiere da besser hatten.

Aber die deutsche Politik tut sich schwer mit der Landwirtschaft. Fragt man Politiker so wollen sie ebenso wenig wie die Verbraucher Massentierhaltung, nitratbelastete Böden weil durch Gülle überdüngt. Aber die Politik macht nichts dagegen. Nach wie vor bekommen die meisten Subventionen pro Fläche große Betriebe und kleine Betriebe werden nach wie vor jedes Jahr weniger. Ebenso wenig schafft sie es ein verbindliches Kennzeichnungssysteme einzuführen. Dieses Tierwohl Label ist ja seit Jahren in der Diskussion. Ähnlich wie bei der Ampelkennzeichnung wird da aber rumgeeiert oder es gibt eben solche Handelskennzeichnungen, die keiner überprüft. Seit Jahren gibt es die Forderung das Schweine nicht ohne Betäubung kastriert werden – aber dieses Jahr gab es wieder eine Verlängerung der „Ausnahmegenehmigung“, ähnlich wie das man immer noch männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen vergasen darf, da sie keine Eier legen. Offensichtlich haben in der Politik eben gerade die falschen Bauern das Sagen. Wie überall: die großen Verbände oder großen Bauern mit den dicksten Kartoffeln (sprich: Parteispenden) machen die Politik.

Mit Glöckner wird es aber nichts. Sie hat mehrfach die Fristen für die Ferkelkastrierung – ohne Betäubung verlängert. Einfach wegen der wirtschaftlichen Gründe. Das hat zwei Dimensionen. Als Mindeststandard sehe ich an das man den Eingriff unter Betäubung durchführt. Wenn man Tierwohl aber ernst meint, dann würde man drauf verzichten. Eber produzieren Androstenon als Hormon, das streng richt. Ein Teil der Bevölkerung kann es auch riechen. Aber zum einen kann man durch Haltung die Produktion absenken und zum anderen kann man eine richtige Rasse auswählen. Das gilt auch für das Töten von männlichen Kücken – sie legen keine Eier und die auf Eier optimierten Rassen setzen zu wenig Fleisch an. Aber es gibt Rassen die können beides und dann nimmt man eben diese.

Noch paradoxer wird die Politik des CDU-geführten Landwirtschaftsministeriums wenn es nur um Platz geht, egal ob für Muttersauen oder Tiere allgemein ist, das bedeutet ja keine Produktionsumstellung, nur eben weniegr Tiere – angesichts dessen das Deutschland viel mehr Schweine „produziert“ als man im eigenen Land verbraucht,  würde man auch keine Versorgungsknappheit haben, wenn Tiere mehr Platz hätten. Aber mit Glöckner ist so etwas nicht zu machen.

5 thoughts on “Landwirtschaft und Landwirte

  1. Hier in der Schweiz gibt es das Label IP-Suisse, integrale Produktion im Inland, so wenig Pestizide und Antibiotika wie möglich, aber keine dogmatischen Verbote. Dies ist, was ich meistens einkaufe, eher als Bio- Knoblauch aus China

    1. Das bleibt es auch. Denn die Misere die die Landwirte haben ist ja, dass sie immer weniger für ihre Produkte bekommen. Bioprodukte sind heute nicht teurer als vor wenigen Jahrzehnten konventionelle Produkte.
      1970 gaben die Haushalte 15 % ihres Einkommens für Lebensmittel aus
      2018 waren es noch 14 %.
      Also würden teurere Lebensmittel immer noch bezahlbar sein.
      Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/75719/umfrage/ausgaben-fuer-nahrungsmittel-in-deutschland-seit-1900/

  2. „Offensichtlich hält der Landwirt seine Kunden für blöd“

    Gar nicht so schlecht getippt wenn ich mir den Endverbraucher anschaue. Der kauft ja in erster Linie „Billig“

    Btw die „Spritzmittel“ töten die überhaupt nachweislich die Bienen? Oder lag das Problem nicht doch etwas anders

    Zur Bedeutung der Kreuze:

    https://www.deutschlandfunk.de/protest-der-landwirte-gruene-kreuze-gegen-den-agrarpakt.1769.de.html?dram:article_id=463350

    Es geht also nicht so explizit um den Punkt, Bienen etc.

    und wie so viele Schnellschüsse der Politik, hat man das nicht zuende gedacht eben auch bgzl Importe.

    „Auf der anderen Seite wird auch zu viel produziert. Noch immer wird Fleisch aus Deutschland exportiert. Würde weniger produziert werden, so würde automatisch der Preis und Gewinn ansteigen.“

    Sofern man denn als „Markt“ nur Deutschland nehme und Import ignoriert.

    „enn wir aber einen Wechsel in der Landwirtschaft haben wollen – nicht nur wegen der Klimaziele, sondern auch weil durch die Bearbeitung der Böden mit schweren Maschinen, die aber nur größere Betriebe haben, diese an Fruchtbarkeit durch die Verdichtung verlieren und man sich so die Grundlage zerstört, dann muss auch das Subventionssystem geändert werden. Meine Forderung:“

    Also bei allem was unter „normaler“ Landwirtschaft läuft gibt es keine „Leichten Maschinen“ Wo ist denn da die Grenze?

    „Kooperationen mit Landwirten die nur Pflanzen anbauen sind aber in begrenztem Maße möglich: Man hat festgestellt, wenn ein Acker ein Jahr lang als Wiese genutzt wird, dies die Humusbildung wieder stark ankurbelt, sodass der Ertrag danach wieder höher ist, Dazu benötigt aber ein Landwirt der sonst keine Tiere hält, jemanden der die Weise auch beweidet.“

    Musst du nur noch die „Weidetiere“ dorthin bringen.

    Grundsätzlich musst du für alle deine Ideen den Import stark Einschränken.

    „Aber die deutsche Politik tut sich schwer mit der Landwirtschaft. Fragt man Politiker so wollen sie ebenso wenig wie die Verbraucher Massentierhaltung, nitratbelastete Böden weil durch Gülle überdüngt. “

    Klar, aber keiner will scheinbar dafür bezahlen. Die Leute wollen vor allem „Billig“

    “ Offensichtlich haben in der Politik eben gerade die falschen Bauern das Sagen. Wie überall: die großen Verbände oder großen Bauern mit den dicksten Kartoffeln (sprich: Parteispenden) machen die Politik.“

    LOL, da muss ich jetzt mal lachen, klar die Bauern mit Parteispenden. Na wieviel wird der Bauer da schon spenden können. Für Bundespolitik

    und das Problem ist eher das Agrapolitik von Politikern gemacht wird, die so gut wie keine Berührungspunkte in der Landwirtschaft hatten.

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