Vergleich – optische und „herkömmliche“ Datenkommunikation

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Optische Kommunikation ist in den letzten Jahrzehnten den Kinderschuhen entwachsen, wird aber vor allem noch im Erdorbit genutzt, so zwischen Erdbeobachtungssatelliten im LEO und einem Kommunikationssatelliten im GEO Orbit. Jenseits des GEO gab es bisher wenige Versuche mit der optischen Datenkommunikation. Ich gehe, nachdem für die Raumsonde Psyche ein weiterer Versuch geplant ist mal auf das dortige Experiment DSOC (Deep Space Optical Communications Technology Demonstration) ein.

Bisher haben Raumsonden ausschließlich für die Kommunikation Funkverbindungen genutzt. Das gängige Kommunikationsband ist seit 1977 das X-Band mit Uplinkfrequenzen (von der Bodenstation zur Raumsonde) von 7,2 GHz und Downlinkfrequenzen (von der Raumsonde zur Bodenstation) von 8,4 GHz. Seit 2005 wird es sukzessive durch das K-Band (Uplink 34,2 – 34,7, Downlink bei 31,8 – 32,2 GHz) ergänzt. Das Ka-Band lässt höhere Datenraten bei gleicher Sendestärke zu, da die Auffächerung der Antennenkeule von der Frequenz abhängt, bei der viermal höheren Frequenz ist also der Ausstrahlwinkel viermal kleiner und die Signalstärke pro Flächeneinheit beim Empfänger entsprechend höher. Das K-Band ist aber stark wetterabhängig und wird bisher nur wenigen Sonden als primäres Sendeband verwendet, unter anderem der Parker Solar Probe. Es könnten mehr Raumsonden sein, wenn Sonden mehr übergehen große Datenmengen an Bord zu speichern und auf Anforderung zu übertragen, da man so Schlechtwetterperioden überbrücken kann. Psyche setzt daher wie bisher auf das bewährte X-Band als Hauptkommunikationsband.

Licht, selbst das bei optischer Kommunikation genutzte Nah-Infarot hat eine fast 10.000-mal höhere Frequenz, entsprechend höher die Datenrate. Allerdings wird diese in der Praxis bei Funkverbindungen nicht so viel schlechter ausfallen, da Sender und Empfänger viel größere Antennendurchmesser haben, mehr Leistung in das Signal und nicht in Abwärme übergeht und zudem Empfänger für Funkwellen empfindlicher sind als Lichtempfänger. Die NASA spricht immerhin vom Faktor 10 bis 100 mehr gegenüber der etablierten Methode.

Wo eine hohe Datenrate zählt, bei der Kommunikation von erdnahen Satelliten mit geostationären Satelliten, die das Signal dann an die Bodenstation übertragen, haben sich schon Laserterminals eingebürgert, weil man die Lichtstrahlen eng fokussieren kann während bei Funkfrequenzen aufgrund der Vielzahl der Satelliten die Bandbreite beschränkt ist damit andere Kommunikationsverbindungen von Nachbarsatelliten nicht gestört werden. Bei dieser Art von Kommunikation stört zudem nicht die Erdatmosphäre, die Licht schluckt und bricht.

Auf der anderen Seite wird die optische Kommunikation durch die Sonne gestört. Das Experiment von Psyche kann nur arbeiten, wenn Psyche von der Erde aus gesehen mindestens 25 Grad von der Sonne entlernt ist. So gibt es schon in den ersten 600 Tagen einen Ausfall über 114 Tage, in denen der Winkel zu gering ist.

Diese Faktoren führten dazu das man bisher optische Kommunikation jenseits von Erdumlaufbahnen nur experimentell untersucht hat, während sie bei der Intersatellitenkommunikation schon operativ eingesetzt wird. Ebenso wird optische Kommunikation seltener vom Satelliten zu einer Bodenstation genutzt. Auch hier können Wolken schnell den Empfang unmöglich machen. Tests können dann aber auch auf dem Erdboden zwischen zwei terrestrischen Stationen erfolgen. So erreichte das DLR schon 2018 zwischen zwei Laserterminals eine Datenrate von 13,15 Terabit/s und das über eine Distanz von 10,45 km. Diese Technologie kann dann auch im Mobilfunk eingesetzt werden.

Die größte Entfernung in der bisher optische Kommunikation erprobt wurde, war die Mondentfernung. Die Raumsonde LADEE hatte ebenfalls ein ähnliches Experiment an Bord, das nicht für die Routinedatenübertragung genutzt wurde. Immerhin übertrug dieses aus Mondentfernung 622 Mbit/s zu vier gekoppelten Empfangsteleskopen. DSOC soll die Technologie weiter erforschen und am Schluss Technology Readiness Level 6 erreichen. Die Technology Readiness Level (TRL) Stufen wurden von der NASA 1988 eingeführt und 2013 erweitert, um Planungssicherheit bei der Nutzung von Technologien zu haben. Sie gehen von 1 bis 9. Die Stufe 6 entspricht einem Prototyp in Einsatzumgebung. Eventuell erreicht DSOC auch TRL 7, das ist ein Prototyp der 1 bis 5 Jahre im Einsatz ist. Im ursprünglichen System war 6 die höchste Stufe, sodass man solche Technologien in den Produktiveinsatz übernehmen konnte.

Die Technologie hinter dem DSOC (Deep Space Optical Communications Technology Demonstration) ist die gleiche wie bei anderen optischen Kommunikationen, es hat sich auch der Ausdruck „Laser-Terminal“ für diese anlagen eingebürgert. Bei Psyche heißt das entsprechende Gerät Flight Laser Transceiver (FLT). Es besteht zum einen aus der Elektronik, welche Kommandos empfängt, an den Bordcomputer weitergibt und Telemetrie in Daten umwandelt und zur Bodenstation überträgt. Das Gegenstück zu einer Funkantenne ist ein 22 cm durchmessendes Teleskop, das Optical Transceiver Assembly (OTA). Das Fernrohr bündelt einfallendes Licht auf einen Empfänger und fokussiert den Laserstrahl, der als Sendesignal dient. Der Laser Transmitter Assembly (LTA) gibt einen Laserimpuls von 4 Watt Leistung bei einer Wellenlänge von 1.550 nm im nahen Infrarot ab. Der Empfänger für Signale von der Bodenstation ist die Photon Counting Camera (PCC) die fähig sein muss, Lasersignale der Bodenstation, die sich über die große Distanz natürlich aufgefächert haben, noch zu detektieren. Dazu muss sie eine Empfindlichkeit im Bereich von 100 Femtowatt aufweisen. Zuletzt gibt es noch das Isolation and Pointing Assembly (IPA) mit denen das Teleskop auf die Erde ausgerichtet wird. Da der Strahl viel engbandiger ist als bei einem Radioteleskop, muss der OTA viel genauer ausgerichtet sein.

Der Detektor ist ein superconducting nanowire single photon (SNSP) Detektor der aus Nanofäden besteht und in einem Cryostat bis auf 30 Kelvin heruntergekühlt wird. Der 0,32 mm × 0,32 mm große Detektor aus 64 Elementen wird von vier Filtern geschützt die den Infrarothintergrund ausblenden und eine Bandbreite von nur 0,17 nm haben. Die Filter verhindern sowohl das Erhitzen des Detektors wie auch das andere Wellenlängen außer der eingesetzten detektiert werden. SNSPDs erreichen in Labors (wo man sie allerdings auch noch tiefer auf 1 bis 4 K herunterkühlt) Photoneneffizienzen von 98 Prozent und Ausleseraten im Bereich von > 10 MHz.

Das DSOC soll – je nach Entfernung zwischen 0,2 und 200 Mbit/s übertragen können. Auf der Empfangsseite ist die Datenrate mit 1,6 kbit/s gering, das liegt daran, dass Sendeantennen im Radiobereich Sendeleistungen im zweistelligen Kilowattbereich haben, derartig leistungsfähige Laser gibt es für die optische Kommunikation noch nicht. Das DSOC ist auf denselben Punkt ausgerichtet wie die Hauptantenne von Psyche. Es soll nicht nur experimentelle Daten senden und empfangen, sondern auch Messwerte übertragen. Es ist eine Kommunikation sowohl im optischen wie Radiobereich parallel möglich.

Das Gegenstück am Erdboden ist der Ground Laser Receiver (GLR). Dafür wurde das 5 m Hale Teleskop auf dem Mount Palomar mit einem 1.064 nm Laser ausgerüstet. Das 5 m Teleskop war von 1948 an für mehrere Jahrzehnte das leistungsfähigste Teleskop, es ist von der Größe auch heute noch ein beeindruckendes Instrument, aber die Nähe zum Ballungsraum von Los Angeles schränkt heute den wissenschaftlichen Nutzen für die beobachtende Astronomie ein. Der Laser mit 1.064 nm Wellenlänge wird zum einen vom FLT als Referenz für die Ausrichtung des OTA genutzt, zum anderen wird durch Modulation Daten zur Sonde mit einer Datenrate von 1,6 kbit/s übertragen. Dafür werden zehn Laser mit jeweils 500 Watt Leistung, zusammen also 5 kW eingesetzt. Bis zu einer Distanz von 2,6 AE soll der Laser als Referenz vom FLT detektiert werden. Er setzt somit auch die maximale Distanz für die Nutzung der Technologie.

Geplant sind Sitzungen von zwei Stunden Dauer zwei bis viermal pro Monat. Begonnen wird mit dem Experiment 60 Tage nach dem Start. Geplant ist ein Einsatz zwischen 0,1 und 2,5-facher mittlerer Erdentfernung (Astronomische Einheit, AE). Da Psyche sich bis auf 4,3 AE von der Erde entfernen kann (minimal 1,6 AE) entspricht dies nicht der vollen Missionsdauer. Man erwartet Datenraten, die folgender Gleichung gehorchen:

Mbps × AE² ~ 5 -18

Sprich, in 1 AE Distanz zum Empfänger sollte man 5 bis 18 Mbit/s erreichen, in 2,5 AE dann noch 0,625 bis 2,88 Mbit/s. Ein operationelles Gerät sollte bei Mars in maximaler Distanz zur Erde noch 230 kbit/s erreichen bei einem Fenster von 65 Tagen Dauer, in denen der Mars zu nahe an der Sonne ist und so keine Verbindung möglich ist. Daher wird sicher nicht die optische Datenübertragung die Funkverbindungen nicht vollständig verdrängen, denn bei diesen gibt es zwar auch Zeiten, in denen die Sonne die Verbindung stört, die sind aber bedeutend kürzer und liegen im Bereich von wenigen Tagen. Die maximale Datenrate ist vorgegeben durch die Elektronik und Sensoren und kann bis zu 266 Mbit/s erreichen.

Das Experiment DSOC wird vom JPL gestellt.

Parameter Wert
Gewicht: 25 kg
Stromverbrauch: 75 Watt
Laser Ausgangsleistung: 4 Watt
Teleskopdurchmesser: 22 cm
Wellenlänge Sendelaser: 1.550 nm
Wellenlänge Referenzlaser: 1.064 nm
Sendeleistung Mt. Palomar Teleskop: 5 kW
Teleskopspiegel Mt. Palomar Teleskop: 508 cm
Betriebsdistanz: 0,2 bis 2,5 AE
Datenrate Downlink: 0,2 bis 200 MBit/s
Datenrate Uplink: 1,6 kbit/s
Detektor: 64 WS SNSPD mit 0,32 mm Durchmesser

Der Vergleich

Was optische Datenkommunikation allerdings nicht leistet, ist der Zweitnutzen der Bestimmung der Position und Geschwindigkeit mittels Vermessung der Radiowellen. Dies ist in den vergangenen Jahrzehnten um den Faktor 105 gesteigert. So stieg die Genauigkeit der Winkelunsicherheit von 10 mRad auf 1 nRad. 1 nRad sind 100 m in 100 Millionen km Distanz. Die Unsicherheit in der Geschwindigkeit liegt bei 0,1 mm/s. Neben der genauen Kenntnis wo die Raumsonde ist, was natürlich unabdingbar ist, wenn sie etwas beobachten oder in einen Orbit einschwenken muss, kann man über die Änderung der Bahn und Geschwindigkeit auch die Gravitation bestimmen, nicht nur die eines Himmelskörpers als Ganzes, sondern auch lokale Abweichungen. So wurden schon bei Lunar Orbiter Gravitationsabweichungen registriert. Mittlerweile sind diese mit der GRAIL Mission sogar im Detail kartiert.

Ebenso benötigt man Radiokommunikation noch als Reservesystem für Ausfälle. Anders als bei einer optischen Kommunikation kann man bei Antennen auch Rundstrahlantennen einbauen die einen Empfang aus einer Hemisphäre zulassen. Entsprechend große Sendeantennen und Sendestärken vorausgesetzt erlauben diese noch die Kommunikation trotz des fehlenden Verstärkungsfaktors, wenngleich mit minimaler Datenrate.

Was allerdings bei Raumsonden zählt, ist das Gewicht und der Stromverbrauch. Leider gibt es die Daten nicht so direkt vom Sendesystem von Psyche. Daher habe ich als Vergleich das Sendesystem des MRO gewählt

Bei den Lasern gehe ich davon aus, das wie bei dem letzten Experiment auf dem Mondsatelliten LADEE die angegebenen Wattzahl die Nettoleistung des Lasers ist. Die verwendeten ND:YAG-Laser haben bei umgepumpten Systemen einen Wirkungsgrad von 3 bis 5 Prozent, so auch beim Experiment LLCD von LADEE (dort waren es 0,5 Watt Sendeleistung bei 136,5 Watt Leistungsaufnahme, also sogar noch weit unterhalb von 3 Prozent). Auch Wanderfeldröhrenverstärker wie sie in den Sendern im X- und K-Band eingesetzt werden produzieren Abwärme, aber ihr Wirkungsgrad liegt zwischen 30 und 50 Prozent.

Experiment Gewicht Sendeleistung Stromverbrauch Datenrate Entfernung Auf 1 AE / Watt
MRO X-Band 92,2 kg 102 Watt 172 W 500 kbit 400 Millionen km 20,8 kbit
Psyche DSOC 25 kg 4 Watt 100 Watt (bei 4 % Wirkungsgrad) 230 kbit 400 Millionen km 16,35 kbit

Die große Unbekannte ist der Wirkungsgrad de DSOC. Bei LLCD war er noch deutlich unter den 3 bis 5 Prozent den die Wikipedia für diesen Lasertyp angibt. Eventuell erreicht man die Steigerung um den Faktor 10 durch Verbesserung des Wirkungsgrades auf 25 bis 50 Prozent bei gepumpten Systemen. Den Faktor 100 sehe ich, nur wenn das Teleskop deutlich leichter wird: Zwar ist das Sendesytem des MRO viermal schwerer, doch es hat eine 3 m große Parabolantenne, während es bei DSOC nur ein 22 cm Teleskop ist. Das wiegt normalerweise nicht so viel, etwa 8 bis 10 kg, wenn ich andere Konstruktionen auf Raumsonden als Vergleich heranziehe. Seitens des Bodensegments wird man wohl kaum über den 5 m Spiegel des Mount Palomar gehen, vorhandene Laser-Bodenstationen, die heute schon genutzt werden haben, eher einen Durchmesser von 1 bis 1,5 m. Eher zu vermuten ist das man bei der Angabe „10 bis 100-fach“ leistungsfähiger sich auf die Größe der Sende/Empfangsantennen bezieht. Das ist beim MRO eine 3 m und 34 m Antenne, beim DSOC dagegen nur 0,22 und 5 m, also einmal um den Faktor 13,6 besser und einmal um den Faktor 6,8. Multipliziert man diese so kommt man auf den Faktor 92, also nahe an der Angabe 100. Nur wird man niemals ein Empfangsteleskop mit 34 m Durchmesser bauen und ein 3 m großes Sendeteleskop wäre größer als das Hubble Space Teleskop mit 2,38 m Durchmesser. Realistisch wird man den Durchmesser vielleicht auf 40 maximal 50 cm steigern können.

Immerhin einen Gewinn gibt es schon. Das DSOC ist viermal leichter als die HGA von MRO und der Stromverbrauch ist auch geringer (falls die 4 Prozent Wirkungsgrad stimmen), dafür ist die Datenrate pro Watt Eingangsleistung schon bei 80 Prozent des Wertes für das X-Band bei einer deutlichen Gewichtsersparnis. Allerdings ist durch den Übergang auf das Ka-Band auch bei Radiowellen die Datenrate um den Faktor 3 bis 5 steigerbar. Dann sind beide Technologien wieder gleichauf.

2 thoughts on “Vergleich – optische und „herkömmliche“ Datenkommunikation

  1. Gilt eigendlich die Regel „viermal höhere Frequenz, viermal kleinerer Abstrahlwinkel“ auch bei Lichtwellen.
    Ein Laser zur Entfernungsmessung des Mondes soll ja auf dem Mond eine Fläche im Durchmesser von 100 m beleuchten.

    Fragt Ralf mit Z

    1. Auch ein Laserstrahl fächert sich auf, wie Du ja selbst erkannt hast, nur wesentlich weniger stark (beim Mond liegt der Durchmesser übrigens nicht bei 100 m sondern einigen Kilometern). Daher kann man die Datenrate durch ein größeres Teleskop für den Empfang erhöhen.

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