Werbungssongs und deutscher Schlager

Derzeit wird, weil es gerade Sommer ist, mal wieder gerne was gespielt was irgendwie mit Sommer, Strand, Sonne, Meer zu tun hat. Und eines dieser Lieder ist „Summer Dreaming“ von Kate Yanai. Wer etwas älter ist, kennt das Lied auch aus einem anderen Kontext, nämlich unter dem Titel „Bacardi Feeling“. Es kam zuerst in einem Werbespot der gleichnamigen Rum-Marke vor, in der junge Leute mehr oder weniger angesäuselt am Strand herumhüpfen. Und irgendwie schaffte es das Lied in die deutsche Hitparade und Kate Yanai nahm es schnell mit anderem Refrain auf.

Das Lied ist eine Ausnahme. Im Normalfall sind Werbungssongs nicht komplette Songs, sondern Bruchstücke, es wird ja nur ein kurzer Spot gesendet. Da reicht ein Refrain. Vor allem aber nutzen Werbetreibende meist erfolgreiche kommerzielle Songs. Mir fällt spontan „Summer in the City“ ein von Lovin Sponful, denn ich zuerst bei einer Deowerbung von „Bac“ hörte. Bis heute hörte ich in der Zeile „Back of my neck getting dirty and gritty“ nicht „Back“ „, sondern die Deomarke „Bac“.

Manchmal werden auch Songs die auf einer LP erscheinen, aber nicht als Single genutzt.. Gard machte aus „Move on“ von Abba die etwas platte Lyrics “Schönes Haar ist dir gegeben – lass es leben…“. Jahrelang dachte ich „Good Morning, Good Morning“ wäre ein Song den Kellogs für ihre Frühstücksflocken haben schreiben lassen, auch weil auch der Text so gut passt. Bis ich mir das Sgt. Pepper Album der Beatles kaufte. Wenn eine Firma viel springen lässt, kann man auch einen Song umschreiben lassen. In den frühen Achtzigern, als die „Cola Wars“ zwischen den Limonadenherstellern Pepsi und Coca Cola tobten (die sogar darin gipfelten das beide Firmen Getränkespender bei ein und derselben Space Shuttlemission an Bord hatten) änderte Michael Jackson sogar den Text von Billy Jean. Manchmal haben auch die Künstler keinen Einfluss. Die Beatles haben für ihre Songs den Verlag „Northern Songs“ gegründet, der alle Rechte hielt und nicht individuelle Rechte gehalten. Der hat dann die Verwendung der Lieder auch für Werbung lizenziert, oft zum Unwillen von Paul McCartney und John Lennon. Nach dessen Tod konnten sich McCartney und Yoko Ono als Witwe aber nicht über den Rückkauf eignen und Michael Jackson kaufte die Rechte. Die Songs wurden für Werbung lizenziert, aber z. B. nicht für die goldene Schallplatte die mit Voyager ins All flog.

Doch nicht immer ist ein Werbesong als Werbesong erkennbar. Der für mich absolut erfolgreichste Werbesong, also als Song für eine Werbung komponiert, kennen die meisten von euch, aber die wenigsten wissen, dass es ein Werbungssong war.

Mitte bis Ende der Sechziger Jahre etablierten sich in den USA zahlreiche Freiluft.Musikfestivals. Man konnte viel mehr Zuschauer im Freien unterbringen als in einem Konzertsaal oder einem Stadium und man sparte Kosten für die Miete. Erfolgreich wurden die Festivals, weil dann meistens mehrere Stars auftreten. Der Höhepunkt – sowohl in Größe, Länge wie auch Chaos war das Woodstock Festival. Als man 1967 in Monterey in der Nähe von San Francisco ein solches Festival plante ging es darum das Monterey Pop Festival bekannt zu machen. Es gab schon eine reiche Musik Szene in der Nachbar Metropole Los Angeles und von Los Angeles wollte man sich absetzen. Also schrieb John Phillips von den Mamas and Papas einen Werbesong, in dem er das Festival nicht mal erwähnte, vielmehr sollten die Leute nach San Francisco kommen, weil es dort einfach cool ist. Der Song mit der Refrainzeile „If you going to San Francisco, be sure to wear flowes in your hear“wurde dann von Scott McKenzie performt und ein Hit. Ich dachte lange Zeit, es wäre ein Song über Hippies, aber wenn man sich den Text anhört, dann heißt es eigentlich nur, dass man nach San Francisco kommen soll. Eben wegen des Festivals.

Das Monterey Musk Festival fand vom 16. bis 18. Juni 1967 statt und wurde ein Erfolg. Zwischen 50.000 und 90.000 Besucher kamen, wie bei Woodstock war er Verkauf von Konzertmitschnitten auf Schallplatten eine wichtige Einnahmequelle. Anders als bei „Summer Dreaming“ denkt heute aber niemand mehr an das Festival, wenn er den Song hört.

Gerne werden auch Songs eingedeutscht. Das schon erwähnte „Schönes Haar ist Dir gegeben, lass es leben – mit Gard“ ist so ein Beispiel. Das Lied ist im Original von Abba heißt „Move on“.

Deutsche Schlager

Mal was anderes, auch wenn es zum Themenkreis Musik gehört: der deutsche Schlager. Wobei ich mich auf die goldene Zeit beschränken will, auch wenn gefühlt heute der Schlager trotz Konkurrenz durch deutsche Popmusik von Silbermond, Revolverheld, Wir sind Helden, Annett Louisan, Juli und vielen anderen Gruppen sehr erfolgreich ist. Helene Fischer, Andrea Berg und andere Schlagersänger/innen füllen ganze Konzerthallen , ja sogar Fußballstadien, was sonst nur wenige Interpreten und Gruppen schaffen.

Aber zurück zur goldenen Zeit des deutschen Schlagers, die war meiner Ansicht nach in den Siebzigern, eventuell auch späten Sechzigern. Der Schlager entwickelte sich als Gegenpol zum immer größeren Einfluss englischsprachiger Musik und der Tatsache das nun auch deutsche Musiker immer mehr englisch sangen, wie die Lords, die es bis heute noch gibt. Anfang der Achtziger endete diese Blütezeit jäh als die neue Deutsche Welle aufkam,. Zum Teil brachte die NDW auch Schlagertexte nur in viel gefälliger Musik auf den Markt, zum Teil aber auch progressivere Texte die sich nicht nur mit Liebe, Herz und Schmerz beschäftigte (übrigens: auch wenn „Herz und Schmerz“ immer als Synonym für den deutschen Schlager steht, kommen diese beiden Worte nur in „Dein ist mein Ganzes Herz, Du bist mein Reim auf Schmerz“ von Heinz Rudolf Kunze vor, den man eher zu den Liedermachern als Schlagersängern zählen muss). Danach sank der Schlager für einige Jahre in die Bedeutungslosigkeit um dann in neuer Form, nun gemischt mit Pop-Rhythmen und neuen Instrumenten wie Synthesizern ein Remake zu erleben, als Ableger davon gab es die volkstümliche Musik.

Ich denke die Spitzenzeit des deutschen Schlagers kann man gut mit der Hitparade verknüpfen. Diese begann 1968 als Gegenentwurf zu schon existieren Musiksendungen wie den Beatclub oder Musikladen. Sie war von Anfang an erfolgreich, bis die Neue Deutsche Welle kam. Als dann immer mehr Künstler auftraten die zwar deutsch sangen, aber eben keinen Schlager, stieg zuerst Dieter Thomas Heck aus, dann wurde weil die Sendung eigentlich nicht mehr die Verkaufshtparade wiedergab renoviert und es dürften alle auftreten die aus Deutschland kamen und Musik machten auch englischsprachige oder wenn nur der komponiert oder Produzent aber nicht der Künstler aus Deutschland kam.

In den Siebzigern gab es viele Lieder die ich als Kind / Jugendlicher gerne gehört habe, und die auch viel im Radio liefen. Daher sah ich das als die „goldene Zeit“ des deutschen Schlagers an. Inzwischen bin ich schlauer geworden. Auf ZDF Kultur wurde lange Zeit die ZDF Hitparade wiederholt, leider finde ich die Folgen nicht in der ZDF-Mediathek. Ich habe einige Folgen angeschaut und festgestellt: Das woran ich mich gerne erinnere, ist nur die goldene Spitze eines Eisbergs. Die meisten Songs der Zeit sind mit gutem Grund dem Vergessen anheim gefallen. Es sind nicht besonders tolle Tra-la-La Lieder. Was mir auch auffiel war, das viele der Sänger/Sängerinnen einen großen Teil ihres Repertoires mit Coverversionen bestritten, also im englischen erfolgreiche Lieder eindeutschten. Auch diese sind meist dem Vergessen anheim gefallen, einige wurden aber zu echten Hits wie:

„Ein Bett im Kornfeld“ von Jürgen Drews. Das Original ist von den Bellamy Brothers und heißt „Let your Love flow“. Oder „Am Tag als Conny Kramer Starb“ von Juliane Werding. Das Original ist niemand geringerem als Joan Baez und heißt „The Night They Drove Old Dixie Down“. In beiden Fällen war es der einzige Hit der Interpreter an dessen Erfolg sie nie wieder anknüpfen konnten. In der Jubiläumssendung „60 Jahre ZDF Hitparade“ kam sogar das ein Titel nicht weniger als viermal gecovert wurde.

Manchmal gibt es auch Überraschungen. Erinnert ihr euch noch an Cindy und Bert? Also ich verbinde mit diesen unverbindliche Klangteppiche wie „Immer wieder sonntags“. Sie fingen aber anders an, was meint ihr covert dieses Sängerpärchen? Einen Liebessong, eine Popschnulze? Nein, sie finden mit nichts geringerem an als Ozzy Osbornes „Paranoid“ von Black Sabbath, das heißt dann bei ihnen „Der Hund von Baskerville“. Ich habe das Lied auf meinem MP3-Player und ich höre es gerne. Nicht wegen des fürchterlichen Gesangs von Cindy und Bert mit den völlig unnatürlichen Pausen in den Textzeilen, weil nicht mal ihr Text zum Musikrhythmus passt, sondern wegen der abgefahrenen elektronischen Orgel in der Instrumentierung, die mir viel besser gefällt als der Orginal-Spundtrack von Black Sabbath. Schade das es keine Möglichkeit gibt Sprache von Musik in einem MP3 zu trennen, denn da Original von Black Sabbath und Kopie von Cindy und Bert genau 3 Minuten 31 Sekunden lang sind, denke ich ist der Rhythmus identisch und, wenn man Sprache von Musik trennen kann, dann müsste man Ozyy Osbornes Stimme mit der Musik von „Der Hund von Baskerville“ trennen können.

Heute denke ich haben deutsche Cover von englischsprachigen Songs keine Chance. Das ging damals, weil damals ein viel kleinerer Teil der Bevölkerung entgeltlich konnte und viele auch nur deutsche Musil hören wollten. Dem ist heute nicht mehr so. Daneben waren die englischen Originale auch weitestgehend unbekannt, was im Zeitalter des Internets wohl kaum noch möglich ist.

Ich denke auch der Käufer und Hörer des typischen deutschen Schlagers hatte ein Minderwertigkeitsgefühl. Anders kann ich mir die Fülle von Interpreten nicht erklären, die deutsch sangen, aber nicht aus Deutschland kamen, wie Gitte Haenning, Nana Mouskouri, Mireille Mathieu, Roger Whittaker, Iren Sheer, Vicky Leandros, Bata Illic, Costa Cordalis, Roberto Blanco und und und… Es scheint, als müssten die ausländischen Künstler den deutschen Schlager „veredeln“, also gewissermaßen als Rechtfertigung, so nach dem Motto: „Also wenn alle diese Sänger, die oft nicht mal fließend deutsch können, deutschen Schlager singen wollen, dann muss der doch was ganz tolles und internationales sein…“

Die Werbungsfachleute waren wohl schlauer. Sie griffen selten zu Schlagern als Werbungssongs um an das Startthema anzuknüpfen. Ich kann mich nur an ein Beispiel erinnern, wo ein deutscher Schlager auch zu einem Werbungsslogan wurde, das war bei Roberto Blancos „Ein bisschen Spaß muss sein“, für einen Tiramisu von Zott.

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3 thoughts on “Werbungssongs und deutscher Schlager

  1. Es gibt das recht bekannte Lied „Jeans On“, der wohl ursprünglich ein Werbesong war. (David Dundas?)

    Jack Wolfskin hatte mal ein Lied der (von mir außerordentlich geschätzten) Walkabouts in der Werbung (eines von den früheren Alben wimre)

  2. Vor einigen Jahren hatten die mal in einer lokalen Radiostation eine Umfrage, jeder konnte seine 10 liebsten Songs nennen.
    Sie haben die Ergebnisse dann von unten nach oben alle gespielt.
    Dabei gab es wohl keine Mindestmenge an Nennungen: Begonnen wurde mit total obskuren Titeln.
    Einer davon war Mario Jordan: „Welch ein Tag“.
    Das brachte Erinnerungen hoch!
    Mir fällt aber spontan nicht mehr ein, wofür mit dem Song Werbung gemacht wurde. Nur, dass ich ihn gefühlt 10000 mal gehört habe.

    1. Oh ja, allerdings. Habe gerade mal nach diesem Jordan gegoogelt. Ich konnte sogar mitsingen. Vielleicht ein Weinbrand, oder so alkoholhaltige Pralinen a la Werte Tropfen? Ich habe das Gefühl ich werde im Laufe der Tage auch ohne weitere Recherche drauf kommen.

      Es gibt so Opernlieder bei denen ich unweigerlich an Choco Crossies oder Dr Oettger Pizzen denken muss, wirklich erschreckend wie Werbung auf junge Menschen wirkt.

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