Von der R-1 zur R-5: Teil 2

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Dies ist der zweite Teil einer dreiteiligen serie über die ersten russischen Raketen die noch auf der deutschen A 4 basierten. Im Teil 1 der vorgestern erschien ging es um das Aggregat 4, also noch gar nicht um sowjetische Raketen. Dies beginnt in diesem Teil in dem die R-1 und R-2 behandelt werden. Übermorgen folgt dann der letzte Teil 3 mit der R-3 und der R-5.

Die R-1

Die Sowjetunion erbeutete 15 Güterwaggons mit 50 A 4 Triebwerken, die ab August 1945 getestet wurden. Valentin Gluschko übernahm das Kommando über diese Versuche und gründete das Institut Nordhausen IV, in denen die Pläne rekonstruiert wurden. In einer zweiten Serie von Tests vom Juli bis September 1946 wurden 40 Brennversuche mit A 4 Triebwerken durchgeführt, die teilweise „durchgebrannt“ wurden, um ihre Grenzen zu finden. Das Ergebnis der Untersuchungen war, das das A 4 Triebwerk mit leichten Modifikationen von 25 auf 35 t Schub steigerbar war. Das ermöglichte erst die R-2 mit ihren vergrößerten Treibstofftanks.

Federführend war Sergej Koroljow, der am 9. August 1946 zum Chefkonstrukteur für ballistische Fernraketen ernannt wurde. Die Bezeichnung „Chefkonstrukteur“ ist der Titel des Leiters eines OKB. Natürlich hat Koroljow nicht alles selbst konstruiert, er war vielmehr der Leiter des OKB, im westlichen Verständnis ein Manager. Boris Tschertok, ebenfalls „Chefkonstrukteur“ war als er zusammen mit der NASA sein Buch „Rockets and Peoples“ schrieb erstaunt zu hören, das Wernher von Braun auch in führender Position bei der NASA noch in technische Details einbezogen werden wollte, das war in der Sowjetunion nie so. Vom September bis Dezember 1946 erarbeitet das OKB-1 einen Plan für die weitere Entwicklung aus. Im Januar 1947 schlägt Koroljow vor eine Rakete mit 500 bis 600 km Reichweite in Angriff zu nehmen, als Zwischenschritt aber die A-4 nachzubauen. Am 14. April 1947 wird dem Plan stattgegeben.

Die R-1 war ein weitestgehender Nachbau der R-1. Mit deutscher Hilfe wurden die Konstruktionszeichnungen rekonstruiert. Angepasst wurde die Konstruktion wo es ging an sowjetische Standards, also Legierungen für die Materialien, Gewindenormen etc. teilweise, zum Beispiel bei den Dichtungen, mussten Originalteile verwendet werden.

Das war durchaus aufwendig. So wurden 86 Stahlsorten, 56 andere Metallsorten und 159 Nichtmetalle auf ihre Eignung überprüft. Die Reichweite sank durch die Verwendung von sowjetischen Materialien von 300 auf 250 km ab, konnte durch Verbesserungen aber wieder auf 270 km erhöht werden. Insgesamt war die R-1 etwas schwerer als die A 4, sie nahm etwas mehr Treibstoff auf.

 

A 4 Serienversion

R-1 (8A11)

Gewicht Sprengkopf:

1.000 kg

1.075 kg – 1.100 kg

Startmasse:

12.700-12.900 kg

13.430 kg

Davon Treibstoff:

8.700 kg

9.400 kg (5.160 kg / 4.285 kg)

Leermasse:

4.000 kg

4.105 kg

Reichweite:

300 km

270 km

Schub (Meereshöhe)

245 kN

257 / 262 kN (unterschiedliche Angaben)

Schub Vakuum:

304 kN

Abmessungen:

1,65 m Durchmesser, 14,02 m Länge

1,65 m Durchmesser, 14,25 m Länge

Die Sowjetunion hatte bei den Tests einen Vorteil, den die Peenemünder während des Kriegs nicht hatten. Sie konnten einen Telemetriesender einbauen und bekamen so während des Tests Daten. Das schied bei der A 4 aus, während des Kriegs hätte der Funkverkehr einer einfachen Telemetrieanlage leicht abgehört werden können. Die damals vom Militär verwendeten Funkgeräten verwendeten Funkfrequenzen lagen im Bereich einiger Megahertz, im Bereich der Mittel- und Kurzwellen. Sie waren so durch die Nachbarländer, wie das offiziell neutrale Schweden, das aber z.B. den Briten eine auf ihrem Gebiet niedergegangene A 4 übergab, empfangbar. An der Aufgabe die Telemetrie zu verschlüsseln scheiterten damals die Ingenieure. Dieses Problem hatte die Sowjetunion nicht, denn sie konnten die Tests in eigenem Territorium außerhalb des Empfangsbereiches von US-Stationen abwickeln. Mit diesen Daten konnte die R-1 verbessert werden. Ein Problem, dass die A 4 hatte und das relativ spät entdeckt wurde, weil zuerst alle Tests über die Ostsee führten und die Raketen so in der Ostsee versanken, waren die „Luftzerleger“. Die Raketen explodierten beim Wiedereintritt vor Erreichen der Oberfläche. Schuld war eine zu hohe Aufheizung im Bereich des Sprengkopfs. Das fiel erst auf, als es Tests im „Heidelager“ in Polen gab und man die niedergegangenen A 4 untersuchen konnte. Durch zusätzliche Isolationsschichten konnte die Zahl der Luftzerleger von 10 bis 15 Prozent auf wenige Prozent gesenkt werden. Russland konnte die Stelle durch die Telemetrie genau lokalisieren und durch leichte Veränderungen blieb die Temperatur nun immer unter der kritischen Grenze. Das geschah aber erst 1954. Eine weitere Verbesserung war die Zentralisierung der Fertigung. Das A 4 Triebwerk wurde in Peenemünde oder im Mittelbau Dora aus Teilkomponenten zusammengebaut, die überall in Deutschland produziert wurden. Diese dezentrale Strategie war während des Kriegs ein Schutz gegen die Folgen einer Bombardierung, aber so wurden Bauteile aus unterschiedlichen Quellen mit unterschiedlicher Qualität und Genauigkeit verwendet. Das erklärt zum einen die Ausfallrate wie auch die Streuungen in der Reichweite. Gluschko sorgte dafür, dass das OKB-456, das ganze Triebwerke baute, alle Teilkomponenten selbst herstellte.

Das Triebwerk der R-1 war die letzte Entwicklungsversion des A 4 Aggregats. Die Leistungsdaten waren etwas besser, wie die obige Tabelle zeigt. Gluschkos OKB-456 taufte das Triebwerk RD-100.

 

A 4 „Warzenkopf“ Version

R-1 RD-100

Verbrauch Alkohol:

58 kg

57,8 kg

Verbrauch Sauerstoff:

72

74 kg

Mischungsverhältnis::

0,81

0,78

Injektordruck Alkohol

1,93 MPa

2,02 MPa

Injektordruck Sauerstoff

1,93 MPa

2,04 MPa

Brennkammedruck:

1,48 MPa

1,63 Mpa

Aussrömgeschwindigkeit:

2.000 m/s

2.130 m/s

Verbrennungstemperatur:

2.000 ° Celsius

2.300 ° Celsius

Schub (Meereshöhe)

245 kN

262 kN

Brennzeit:

62 s

65 s

Die erste wesentliche Fortentwicklung war die R-1A. Schnell wurde erkannt, dass eine bedeutende Leistungssteigerung nur erreicht werden kann, wenn nicht die Rakete komplett aufschlägt, sondern nur der Sprengkopf. Bei der R-1A wurde erprobt, ob dieser am Ende des aktiven Teils der Flugbahn abgetrennt werden kann und dann noch stabil weiter fliegt. Die erste R-1A startete am 7. Mai 1949, im Mai 1949 fanden vier weitere Starts der R-1A statt.

Die Entwicklung der R-1, also der Nachbau einer A 4 wurde am 26. Juni 1947 gefasst. Innerhalb eines Vierteljahres wird bei Kapustin Jar, 150 km südlich von Stalingrad ein provisorisches Testgelände aufgebaut. Hinsichtlich der Flugtests gibt es zwei Angaben. RSC Energija, Nachfolger des OKB-1 nennt zwei Serien. Eine Serie vom 17.9.1948 bis zum 10.10.1948 mit neun Starts, davon war nur einer erfolgreich. Diese Starts sollen aus noch in Deutschland zusammengebauten A 4 bestanden haben. Die Ursachen der Unfälle waren hauptsächlich auf die schlechte Qualität der Fertigung, unzureichende Tests von Komponenten und Instrumenten sowie die mangelnde Entwicklung eigener Systeme zurückzuführen. In einer zweiten Serie von 20 Raketen gab es umfangreiche Änderungen an der Instrumentierung. Von diesen Raketen erreichten 17 die volle Reichweite. Auch bei den ersten neun Starts gab es keine Probleme am Antrieb selbst. Russland selbst gab lange Zeit als ersten Start den 18.10.1947 an und baute sogar ein Denkmal mit einer R-1 und mit diesem Datum eingemeißelt im Sockel. Wahrscheinlicher ist, dass am 18.10.1947 der erste Start glückte. Am 13.9.1948, also ein Jahr später fanden die ersten Tests der selbst gebauten R-1 statt. Sie verliefen noch schlechter. Von den ersten zehn Starts verließen sechs Raketen nicht mal den Starttisch. Es ging zurück an den Schreibtisch und zwischen 10. September bis 25. Oktober 1949 fanden zwanzig Starts statt, alle Raketen hoben ab, bis auf zwei erreichten sie ihr Zielgebiet.

Andere Quellen führen nur eine Serie an. Am 25. November 1950 wurde die R-1 vom Militär akzeptiert. Bei der NATO erhielt sie den Code SS-1 „Scunner“, der sowjetische Produktcode ist 8A11. Die Produktion erfolgte relativ spät. Koroljows OKB-1 war als Konstruktionsbüro nicht ausgelegt für eine Serienproduktion, so beschloss Beria am 1. Juni 1951 die Produktion in der Fabrik 586 in Dnipro durchführen zu lassen. Die erste vollständig in Dnipro produzierte R-1 wurde erst am 28. November 1952 fertiggestellt. Fünf Jahre – länger als die Entwicklung in Deutschland – brauchte die Sowjetunion nur für den Nachbau einer Rakete die Koroljow als so schlecht ansah. Man sollte meinen, dass wenn er es so genau weiß es schneller geht.

Im Einsatz war die R-1 noch komplexer als die A 4. Ein Regiment benötigte alleine 20 Fahrzeuge. Sechs Stunden dauerte es die Rakete vorzubereiten und die Befehlshaber in der Roten Armee waren angesichts des Alkoholproblems in der Armee nicht begeistert von einer Rakete, deren Treibstoff zu 75 Prozent als Alkohol bestand. Es wurden drei Regimenter, jede mit sechs Raketen, stationiert. Der letzte militärische Start fand am 27.6.1951 statt.

Danach wurde die R-1 in eine Höhenforschungsrakete konvertiert. Es gab vier Subversionen, die sich darin unterscheiden, was sie erforschten (Ionosphäre, Astronomie …) und ob die ganze Rakete mit einem Fallschirm oder nur ein Instrumentencontainer, der am Heck befestigt wurde dann mit einem Fallschirm abgebremst wurde. Diese Höhenforschungsraketen wurden bis 1964 eingesetzt.

Die R-2

Schon bei der R-1 etabliere sich, dass das OKB-1 unter Führung von Koroljow die R-1 nachbaute, das OKB-456 unter der Führung von Gluschko das Triebwerk RD-100. Dies sollte für ein Jahrzehnt so bleiben, bis das OKB-1 sich vornehmlich auf Raumfahrttechnik konzentrierte und die OKB-586 (Jangel) und OKB-52 (Tschelomei) die militärischen Raketen entwickelten. Das OKB-456 blieb aber der wichtigste Hersteller von Triebwerken mit hohem Schub. Das erste Raketentriebwerk mit hohem Schub war das RD-100, ein Nachbau des A 4 Triebwerks. Damit begann eine Nummerierung, die bis heute verwendet wird. Triebwerke mit einer „1“ als erster Ziffer setzen Sauerstoff als Oxidator und Kohlenwasserstoffe oder Alkohol als Verbrennungsträger ein.

Obwohl Koroljow die unbestrittene Nummer Eins im russischen Raketenprogramm war, wollte die Führung die Expertise der rund 300 deportierten Raketenwissenschaftler nutzen. Sie holte bei der R-2 einen Konkurrenzentwurf von den Deutschen ein, die ein eigenes OKB unter der Leitung von Helmut Gröttrup bekamen.

Der erste Nachfolger R-2 war eine leicht verbesserte R-1. Die Sowjetunion hatte die Konstruktionsunterlagen der A 4, aber was sie nicht hatten, waren die gesamten Testergebnisse und die Dokumentation der Entwicklung. Sie wussten so nicht, warum man jeweils zu einer bestimmten Lösung gekommen war und welche Fehlversuche und Probleme es bei der Entwicklung gab. Als erster Schritt war es daher vernünftig die A 4 / R-1 graduell zu verbessern. Ähnlich gingen später auch die USA vor, wo die Redstone ein nur leicht verbessertes A 4 Triebwerk mit demselben Treibstoff und derselben Schubvektorsteuerung einsetzte, aber den Sprengkopf abtrennten und so die Trockenmasse des Treibstoffteils und Hecks deutlich reduzierten.

Die sowjetischen Ingenieure gingen beim Entwurf der R-2 denselben Weg. Durch den bei der R-1A erprobten, abtrennbaren Sprengtopf konnte die Leermasse deutlich gesenkt werden. Die Rakete musste nun nicht den Eintritt in die Atmosphäre mit fünffacher Schallgeschwindigkeit überleben. Der Durchmesser der A 4 wurde beibehalten und die Tanks einfach gestreckt. Gluschkos OKB-456 fanden einen Weg den Schub des schon verbesserten A 4 Entwurfs nochmals zu steigern, indem sie die Treibstoffmischung alkoholreicher machten. Für den erhöhten Treibstoffdurchsatz wurde einfach eine zweite Turbopumpe eingebaut.

Helmut Gröttrups Entwurf der G-1 als Nachfolger war ebenfalls eine verbesserte A 4. Das lag an dem Auftrag, denn er wurde anders als Koroljow nicht beauftragt eine neue Rakete zu entwickeln, sondern nur nach Verbesserungsvorschlägen für die A 4 gefragt. Davon gab es 150, von denen 75 dann auch in der R-2 umgesetzt wurden.

R-2

G-1 (R-4 oder R-10)

Startmasse:

19.632 kg

18.400 kg

Trockenmasse:

3.590 kg

1.870 kg

Nutzlast:

508 – 1.350 kg

1.000 kg

Distanz:

550 km

600 bis 810 km

Schub:

402 kN

313 kN

Zielgenauigkeit (CEP)

8 x 4 km

2 x 3 km

Die G-1 war leichter und kam mit weniger Schub aus und hatte eine höhere Reichweite und Zielgenauigkeit. Aich sie war nicht neu. Schon während des Kriegs wurde die A60, eine 23 t schwere Rakete mit einem Startschub von 600 kN und einer Reichweite von 750 km untersucht. Gröttrup setzte als Kenner der A 4 auf eine noch stärkere Reduzierung der Leermasse als Koroljow, kam dafür mit dem Schub des A 4 Triebwerks aus. Die leichte Schuberhöhung war nach Ansicht seiner Ingenieure möglich, indem man einen Teil des Gases in der Verbrennungskammer in die Turbine leitet, dieses Verfahren „Tap off Cycle“ wurde erst Jahre später praktisch umgesetzt. Die Sowjetunion hatte vor allem die deutschen Lenkungs- und Steuerspezialisten übernommen, das wirkte sich in einer verbesserten Genauigkeit aus. Gröttrup hatte bei Steinhof gearbeitet, der schon in der Kriegszeit die Funklenkung mit einer 100 %-Streuung von 1.000 m über 250 km entwickelt hatte. Diese Technologie sollte nun eingesetzt werden.

Die Führung wollte die eigenen Leute nicht brüskieren und vergab so den Auftrag für den Bau an Koroljows OKB-1, der übernahm einige Vorteile des G-1 Entwurfs ,wie den oberen Alkoholtank ohne Verkleidung, blieb beim unteren Sauerstofftank aber bei der Verkleidung, um eine zu starke Erwärmung des Sauerstoffs zu vermeiden. Das Steuersystem wurde in die Zwischentanksektion verlagert. Diese Idee stammte ebenfalls von den deutschen Forschern. So war es weniger starken Vibrationen ausgesetzt und die Zielgenauigkeit stieg an. Neu war ein Radiolenksystem, bei dem der Brennschluss durch eine Bodenstation ausgelöst wird, die über den Dopplerefffekt die Geschwindigkeit genauer als der Analogrechner der R-2 bestimmen kann. Radiolenksysteme wurden daher für ein Jahrzehnt für neue sowjetische Raketen zumindest als Backup-Möglichkeit vorgesehen. Vieles andere wurde dagegen beibehalten, so die überdimensionierten Flossen.

Die R-2 wurde wie ihr Vorgänger bei den Tests in Kapustin Yar von der NATO entdeckt, allerdings erst 1959 und erhielt den NATO-Code SS-2 „Silbing“. Als Nutzlast war wie bei der R-5 eine radioaktive Lösung vorgesehen – Russland hatte noch keine Atombombe entwickelt, konnte aber aus Kernreaktoren kurzlebige Isotope gewinnen, die in durch eine Luftexplosion als radioaktiver Regen niedergehen sollten.

Hier ein Vergleich der R-2 mit ihrem US-Gegenstück Redstone:

R-2

PGM-11 Redstone

Länge:

17,65 m

21,30 m

Durchmesser:

165,8 cm

177,8 cm

Startmasse (mit Sprengkopf)

20.416 kg

27.732 kg

Trockenmasse (ohne Sprengkopf)

3.590 kg 4.868 kg mit Sprengkopf

3.904 kg

Nutzlast:

508 – 1.350 kg

2.850 kg – 3.580 kg

Distanz:

550 km

323,5 – 800 km

Schub:

363 / 402 kN

347 / 384 kN

Triebwerk:

RD-101

A-7

Zielgenauigkeit (CEP)

8 x 4 km

0,3 km

Treibstoff:

92 % Alkohol / LOX

75 % Alkohol / LOX

Brennzeit:

85 s

120 s

Das RD-101, dass in der R-2 eingesetzt wurde, war eine nochmals leistungsgesteigerte Version des RD-100. Schon 1945 fanden deutsche Raketenforscher im Auftrag der Sowjets heraus, das der Schub des Aggregat 4 Triebwerks durch wenige Maßnahmen auf 30 t gesteigert werden konnte. Gluschkos Ingenieure fanden heraus, das der Schub nochmals steigerbar war, wenn man die Alkoholkonzentration von 75 aus 92 Prozent erhöhte und das Triebwerk trotzdem nicht durchbrannte. Der Schub wurde durch Steigerung des Brennkammerdrucks um 5 Bar und eine neue Turbopumpe mit größerem Durchsatz um 20 Prozent erhöht. Ebenso steigerte dies den spezifischen Impuls.

RD-100

RD-101

RD-103

RD-103M

Produktcode

8D51

8D52

8D54

8D71

Einsatz auf

R-1

R-2

R-5

R-5M

Abmessungen:

3,704 x 1,65 m

3,34 m x 1,65 m

3,121 x 1,65 m

3,121 x 1,62 m

Gewicht:(trocken/nass)

884 / 1.031 kg

888 / 1.060 kg

870 / 1.030 kg

867 kg

Schub:

257 / 304 kN

363 / 404 kN

422 / 490 kN

431 / 500 kN

Brennkammerdruck:

16 Bar

21,2 Bar

23,6 Bar

23,9 Bar

Spezifischer Impuls:

1991 / 2324 m/s

2060 / 2324 m/s

2.158 / 2.438 m/s

2.158 / 2.432 m/s

Entwicklungszeitraum:

1845 – 1950

1947 – 1951

1952 – 1953

1952 – 1955

Treibstoff:

Sauerstoff / 75 % Alkohol

Sauerstoff / 92 % Alkohol

Sauerstoff / 92 % Alkohol

Sauerstoff / 92 % Alkohol

Schon bei der R-2 zeigte sich das es leicht war die Fehler der A 4 zu benennen, es aber eine völlig andere Sache war sie auch zu korrigieren. Das Abtrennen des Sprengkopfs erwies sich als problematisch. Die Abtrennung durch Federn war relativ einfach zu lösen. Dies musste zeitgleich mit dem Brennschluss erfolgen, weil danach die Rakete ungelenkt war. Nun gibt es aber noch Restflüssigkeiten und Gase die einen weiteren Schub erzeugen. Das musste berücksichtigt werden um eine Kollision des Rumpfes mit dem Sprengkopf zu vermeiden. Abwarten konnte man aber auch nicht, weil die induzierte Restbeschleunigung sonst dazu führte, dass das Ziel überflogen wird. Es gab daher neben der R-1A weitere Tests der Abtrennung des Sprengkopfes auf R-1W Höhenforschungsraketen.

Ebenso war es leicht zu sagen das die Konstruktion der A 4 unnötig massiv war. Als sowjetische Ingenieure dann aber beide Tanks tragend auslegen wollten, zeigte sich das die Aufheizung beim Flug so hoch war, dass dies beim Sauerstofftank zur Explosion führen würde, also gingen sie einen Schritt zurück und betteten diesen Tank in eine äußere Stahlhaut ein. Gröttrup hatte dagegen einen Integraltank mit gemeinsamen Zwischenboden vorgeschlagen.

Die Entwicklung der R-2 verlief weitestgehend parallel mit der R-1. Am 21. September 1950 fand der erste Teststart statt. Am 26.10.1950 wurde erstmals die Nennreichweite erreicht. Am 20.12.1950 wurde die erste Erprobungsserie abgeschlossen und die Erfahrungen verarbeitet. Eine zweite Erprobungsserie fand vom 2. bis 27. Juli 1951 statt. Schon am 27. November 1951 wurde die R-2 vom Militär abgenommen. Drei Tage später, am 30. November 1951 wurde die Spermienproduktion in Jangels OKB-586 in Dnipro angeordnet, wo die erste R-2 im Juni 1953, nur sechs Monate nach der ersten R-1 fertiggestellt wurde. Ein Vorteil war, dass die R-2 die gleiche Ausrüstung und denselben Abschusstisch wie die R-1 einsetzen konnte. Es wurden zwei Brigaden mit je sechs Raketen stationiert. Es dauerte sechs Stunden eine R-2 startbereit zu machen, davon 15 Minuten für die Programmierung des Steuersystems. Dann konnte sie, aber anders als ihr Nachfolger R-5 auch 24 Stunden betankt bleiben. Die Radiolenkung wurde auf zwei Wagen installiert.

Die R-2 wurde auch als Höhenforschungsrakete eingesetzt. Kurzzeitig wurde überlegt, um vor den Amerikanern im All zu sein, einen Kosmonauten mit einer R-2 auf eine suborbitale Bahn zu schicken, wie dies die USA mit der Redstone mit Gus Grissom und Alan Shepard taten. Aber diese Idee wurde verworfen und stattdessen die Wostok-Raumkapsel entwickelt. Es gab daneben noch die R-2E mit Eigenschaften der R-1. Dies war eine R-1 mit Änderungen die für die R-2 vorgesehen waren, aber noch den alten Treibstofftanks und dem RD-100. Sie wurde vom 25. September 1949 bis zum 11. Oktober desselben Jahres fünfmal getestet. Dazu kamen die R-2R zum Test des neuen Radiolenksystems, welches den Brennschluss kommandierte und die R-2A als Höhenforschungsrakete mit einer Gipfelhöhe von etwa 200 km. Sie wurde bis Ende 1959 als Höhenforschungsrakete eingesetzt. Insgesamt 221 R-2 aller Versionen sollen gebaut worden sein.

Von 1957 bis 1961 wurde die Technologie der R-2 nach China transferiert, welche die Rakete nachbauten und als ihre erste ballistische Rakete Dong Feng 1 (DF-1) in Dienst stellten. Das Dekret dafür gab es am 6. Dezember 1957 abgefasst. Sowjetische Ingenieure bauten in Beijing die erste Produktionsstraße auf. Die Dong Feng 1 bildete die Basis der chinesischen Raketenindustrie.

3 thoughts on “Von der R-1 zur R-5: Teil 2

  1. Also deine neue Serie von Blogs und Artikel finde ich super. Es kommt mir so vor, dass du gegenüber deinen alten Artikeln nochmal einen deutlichen Qualitätssprung getan hast.
    Danke, dass du so viel kostenfrei ins Netz stellst. Das macht zumindest mir schon Lust auf das nächste Buch.

    Ein paar Fragen habe ich dann aber auch noch:
    Zur R-1: Warum hat die R-1 mit deutlich mehr Treibstoff (8%) bei nur geringfügig höherer Leermasse (2,5%) und einem besseren spezifischen Impuls eine geringere Reichweite als die V-2?
    Und du schreibst, dass die Funkkontrolle bei der R-2 neu war, aber wurde nicht auch bei der A-4 schon der Brennschluss per Funk übermittelt? Außerdem habe ich irgendwie im Kopf, dass auch die A-4 Telemetrie gesendet hat. Das kann aber auch durchaus nur bei ihren Vorgängern vor dem Krieg gewesen sein.

    1. Die Daten sind die offiziellen, aber offen ist vieles was einfluss hat ob z.B. die flugbahn der R-1 anders war.

      Also die Biografie von Huzel sagt man habe versucht Telemetrie zu erhalten es bis Kriegsende aber nicht geschafft und der sollte es wissen, hat schließlich die Abschüsse lange Zeit geleitet.

      In Jedem Falle gab es kein Funksignal das Brennschluss auslöste, das tat der Analogrechner.

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