Die glorreichen 10 – die glorreichsten Raumsondenmissionen
Das ist der vierte Teil meiner Reminiszenz an die heutige Zeit mit Dokutainment und „leichter“ Information, wie die beiden vorherigen Teile an die ZDF Reihe „Die glorreichen 10“ angelehnt. Für alle die es nicht kennen: in einer knappen dreiviertel Stunde werden zu einem Thema Persönlichkeiten, Ereignisse, Länder etc. der Geschichte zusammengefasst wie „Die peinlichsten Familienmitglieder“. Das Video besteht aus Szenen aus anderen Dokus und die eigentliche Info steckt im Audiokommentar von Hannes Jaenicke.
Es erschienen schon drei Teile, die sich mit den stärksten Trägerraketen und den schwersten und leichtesten Raumsonden beschäftigen. Dies ist der letzte Teil – zumindest solange, bis ich weiß, ob ihr das auch mögt. Ich mache das an den Kommentaren fest und wenn es keine gibt, dann scheint es wohl keinen interessieren. Diesmal orientiere ich mich auch mehr am ZDF-Format, bei dem die Reihenfolge auch ziemlich subjektiv ist. So wurde Nummer 1 bei den glorreichsten Gründern der Geschichte Lise Meitner. Karl der Große – immerhin als der Gründer von Europa bekannt, wurde nur Platz 7 und Otto I, der das deutsche Reich schuf, kam gar nicht erst vor. Da Lise Meitner auch in einer Folge von MaithinkX vorkam und beide betonten, dass sie nie einen Nobelpreis bekam will ich dazu noch was sagen: Otto Hahn entdeckte die Kernspaltung, konnte die experimentellen Befunde aber nicht deuten Lise Meitner die als Jüdin im schwedischen exil lebte und mit der er vorher zusammengearbeitet hatte, fragte er um Rat und sie deutete das Phänomen richtig. Aber das war es dann schon: entdeckt hat das Phänomen Otto Hahn, der dafür einen nobelpreis bekam. Lise Meitner hatte die richtige Idee, aber das reicht eben nicht für einen Nobelpreis. Die physikalische Theorie, die das Phänomen erklärt und auch berechenbar macht, stellten aber ein Jahr später Niels Bohr und John Archibald Wheeler auf.
Also heute geht es um die bedeutendsten Raumsondenmissionen und ich will, da es sonst fast nur US-Missionen wären, auch andere Länder berücksichtigen und es geht auch mehr darüber etwas über die Missionen zu schreiben.
Platz 10: Al Amal oder Hope
Al Amal ist die bisher einzige Mission eines arabischen Staates, und zwar von den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE). Es ist ein Marsorbiter. Seit Februar 2021 umkreist er den Mars, derzeit in der erweiterten Mission, die bis Mitte 2025 läuft. Für mich ist die Sonde symptomatisch wie Projekte in arabischen Ölstaaten laufen. Denn es ist eigentlich keine arabische Raumsonde. Die Raumsonde wurde Laboratory for Atmospheric and Space Physics der Universität Boulder (Colorado) gebaut, die schon Erfahrung mit Raumsonden haben. Gestartet wurde sie mit einer japanischen H-IIA, das ist insofern noch nachvollziehbar, weil es keine arabische Trägerrakete gibt. Irgendwie müssen auch die Daten empfangen werden. Die Vereinigten arabischen Emirate haben keine Bodenstation dafür gebaut, sondern sie haben auch diese Dienstleistung eingekauft. Eine Firma übernimmt den Datenempfang und diese nutzt dafür das DSN der NASA.
Was ist nun von den UAE an der Sonde? Bei einer Startmasse von 1.350 kg (also in etwa so viel wie bei Mars Express) sind es nur drei Experimente: eine Kamera, ein UV- und ein IR-Spektrometer. Alle drei machten bisher nicht durch großartige Entdeckungen von sich reden. Die Kamera hat einen 12 MP Sensor, aber die veröffentlichten Bilder sind relativ detailarm. Offensichtlich ist den UAE die Mission selbst peinlich, denn als ich für den Artikel die Website besuchte, fand ich zwar aktuelle Satellitenprojekte, aber nicht über Al Amal.
Wen erinnert das nicht an eine FIFA-WM wo die Örtlichkeiten durch Fremdarbeiter gebaut wurden. Arabische Clubs voll mit Legionären aus anderen Staaten? Das gilt nicht nur für die UAE. Als ich mal für einen Artikel nach den weltweiten Rüstungsausgaben suchte, stellte ich fest, das Saudi Arabien auf Platz 5 liegt, Deutschland hat (mit „Sondervermögen“) nur Platz 6 und die Ukraine, obwohl im Krieg Platz 7. 75,6 Mrd. Dollar gab Saudi Arabien im Jahre 2023 für Rüstung aus. Das ist insofern viel, weil Saudi Arabien ein viermal kleineres BIP als die BRD hat, aber das meiste Geld durch den Ölhandel landet ja auch nicht im Staatshaushalt, sondern bei der Herrscherfamilie. Eigentlich sollten diese Staaten ja wissen das ihr Reichtum durch Erdölexporte zeitlich begrenzt ist und dafür sorgen, dass die Einnahmen genutzt werden um ein nachhaltiges Wachstum zu schaffen. Das wichtigste ist dabei Bildung. Deutschlands Reichtum liegt nicht in Rohstoffen, sondern dem Wissen und dem Einfallsreichtum der Menschen.
Platz 9: Mars Orbiter
Mit den profanen Namen „Mars Orbiter“ bezeichnete Indien ihre erste Marsmission. Sie ist fast gleich schwer wie Al Amal und hat auch nur drei einfache Experimente, deren wissenschaftlicher Wert ebenfalls umstritten ist. Es gibt aber einen riesigen Unterschied zur Hope-Mission: Indien hat alles selbst gebaut: die Raumsonde, die Trägerrakete und auch die dafür nötige Emfpangsstation. Indien arbeitet seit Jahrzehnten an einem eigenen Raumfahrtprogramm von der Pike auf, nachdem man zuerst Satelliten im Ausland bauen ließ. Der Weg war steinig und langsam, bis Indien eine verlässliche Trägerrakete hatte brauchten sie drei Generationen, inzwischen wird die PSLV aber auch von Drittkunden gebucht. Langfristig will man auch bemannte Missionen mit der größeren GSLV durchführen, die jedoch deutlich seltener startet und bei den ersten Missionen nicht gut aussah. Indien hat drei Mondmissionen durchgeführt, und sich dabei stufenweise gesteigert. Der Mars Orbiter gilt als technologisches Experiment. Dafür war sie sehr erfolgreich. Nominell sollte sie nur sechs Monate dauern, real hielt die Sonde fast acht Jahre beim Mars aus. Sie war nach dem geplanten Verlust des Funkkontaktes bei einer Konjunktion 2022 stumm geblieben.
Kleines Detail am Rande: da die größte indische Trägerrakete GSLV beim Start 2014 noch nicht sehr zuverlässig war, startete Indien sie mit der kleinen PSLV, die dazu eigentlich nicht ausreicht. So musste die Sonde selbst durch mehrere Zündungen des eigenen Antriebs den Erdorbit zuerst aufweiten und dann mit einer letzten Zündung verlassen.
Platz 8: Venera 9+10
Ich habe mir überlegt wo ich in der Liste sowjetische Missionen platziere. Die sowjetischen bzw. zwei russischen Missionen glänzen vor allem durch Erfolgslosigkeit. Raumsonden die viel schwerer als ähnliche Sonden der USA waren, scheiterten viel häufiger oder lieferten nur wenige Ergebnisse und arbeiteten nur kurz. Doch zwei Programme haben den Sprung in diese Liste geschafft. Das erste ist das Venera 4V-1 Programm. Es hat eine Vorgeschichte. Wie an der Nummerierung erkennbar, ist dies die neunte und zehnte Venusmission der Sowjets. Dazu kommen nochmal so viele Raumsonden, die bei Fehlstarts verloren gingen oder nur einen Erdorbit erreichten. Die USA hatten bis zum gleichen Zeitpunkt nur drei Missionen zur Venus geschickt, von denen zwei auch den Planeten erreichten. Beginnend ab Venera 4 versuchten die Sowjets eine Landung auf der Venus. Doch die ersten drei Sonden Venera 4 bis 6 die auch bei der Venus ankamen verstummten lange bevor sie die Oberfläche erreichten. Das ist kein Wunder, denn sie waren für einen Druck und eine Temperatur ausgelegt, bei der sie einfach zerquetscht wurden. Die sowjetischen Wissenschaftler glaubten nicht den amerikanischen Messerten von Mariner 5 über den geschätzen Druck und Temperatur an der Oberfläche. Erst bei Venera 7 mit einem viel dickeren Schild stellte sich ein Erfolg ein. Sie erreichte zumindest die Oberfläche. Venera 8 lieferte dann mehr Daten der Atmosphäre.
Mit Venera 9 und 10 ging man dann daran, auch Bilder von der Oberfläche zu übertragen. Dies und das gesamte weitere Messprogramm musste in einer halben Stunde abgespult werden, denn das war die „Solllebensdauer“ der Kapseln die mit fast 700 kg Masse enorm schwer waren. Und es gelang. Die Bilder sind nur in schwarz-weiß und grob aufgelöst, da die Datenrate nur 256 Bit/s betrug. Aber es waren noch vor Viking die ersten Bilder von einem anderen Planeten. Venera 9+10 hatten auch zwei Orbiter, die in eine Umlaufbahn einschwenkten. Da diese aber nur kurz arbeiteten und wenige Ergebnisse lieferten, setzte man in der Folge nur noch auf Landekapseln und lies die Busse, die sie zur Venus brachten, nicht in eine Umlaufbahn einschwenken. Sie mussten sich dadurch der Venus nicht so stark nähern, was die Frist für den Datenempfang verlängerte – Venera 9+10 waren noch aktiv, als die Funkverbindung zum Orbiter abriss, der von der Landestelle aus hinter dem Horizont verschwand. Venera 11 bis 14 sollten Farbaufnahmen machen. Bei Venera 11+12 lösten sich aber die Kameradeckel nicht ab, sodass nur die letzten beiden Sonden ein Panorama übermittelten – auf der Venus ist wegen der dichten Atmosphäre alles in Gelb-Orange getaucht.
Bis heute sind dies die einzigen Aufnahmen der Venusoberfläche, die wir haben. Einige Jahrzehnte nach diesen Missionen sollte die NASA-Mission DAVINCI weitere aufnahmen liefern, doch diese schon auf 2029 verschobene Mission steht derzeit auf Trumps-Streichliste.
Platz 7: Cassini/Huygens
Es folgt die erste NASS Mission, genauer gesagt eine NASA-ESA Mission. Die Zusammenarbeit der beiden Raumfahrtnationen bei Raumsonden ist eher problematisch. Es gibt mehr Beispiele wo die Zusammenarbeit nicht klappte, als wo sie klappte, und immer wurde der NASA-Teil des gemeinsamen Projektes eingestellt. Cassini-Hyugens ist eine Ausnahme. Cassini ist eine der schwersten Raumsonden, die je gebaut wurden und es ist eine der am besten instrumentiertesten. Die europäische Landesonde Huygens glänzte dagegen eher durch zwei Pannen, zuerst stellte man bei einem Check fest, dass der Empfänger für die Daten bei Cassini nur auf einem kleinen Frequenzintervall empfangen kann. Das konnte man noch durch eine veränderte Bahn von Cassini und eine Extrarunde kompensieren. Bei der Landung selbst wurde einer der beiden Datenkanäle dann nicht aktiviert. Man verlor so Daten eines Experiments und die Hälfte der Bilder. Trotzdem landete Huygens erfolgreich auf dem Saturnmond Titan und funktionierte noch Stunden nach der Landung, selbst noch als Cassini außerhalb der Empfangreichsweite blieb.
Cassini hat 14 Jahre lang den Saturn umrundet. Die Zahl der Entdeckungen ist kaum aufzuzählen. Bei Saturn wurde ein Hexagon-Wirbel an den Polen entdeckt. Die Feinstruktur der Ringe, inklusive Gebirge und Minimonde wurde aufgeklärt. Alle inneren Mond wurden fotografiert. Darunter Kuriositäten wie der Ufo-Mond Atlas oder der pockennarbige Hyperion oder Ying-Yang Mond Iapetus. Am genausten erforscht wurde Titan, auf dem man Sanddünen, Seen und Flüsse entdeckte und auch jahreszeitliche Veränderungen beobachtete. Cassini war eine der teuersten Missionen, aber sie ist auch eine der erfolgreichsten Missionen.
Platz 6 bis 1
So nun habe ich schon viel geschrieben, aber gerade mal die halbe Liste durch, im nächsten Teil findet ihr dann die Plätze 6 bis 1. Aber ihr könnt schon mal raten, was sich da tummeln könnte. Wer mich kennt oder ab und zu mal auch was von mir gelesen hat, dürfte zumindest wissen, was Platz 1 ist.
Ach ja gerade schaute ich von den „glorreichen 10“ die Folge „Die Faszinierendensten Länder der Geschichte„. Ratet mal was auf Platz 1 kam – das Ländle. Tja, da kann ich nur zustimmen. Ich möchte auch nirgendwo anders leben.
Ich finde Cassini auf Platz 7 schon sehr weit hinten einsortiert. Aber ich will mal spekulieren, was bei dir auf den vorderen Rängen landet.
– Also für Platz 1 tippe ich auf Voyager. Das ist auch meiner Meinung nach die ambitionierteste Mission aller Zeiten.
– New Horizons, als schnellste Raumsonde aller Zeiten mit den weitesten Zielen.
– Curiosity ist mit seiner Größe und dem Landeverfahren auch beeindruckend.
– Venera 14 hast du ja schon gespoilert.
– Giotto mit seiner Annäherung an Halley
Es ist gar nicht so leicht sich hier festzulegen. Möglich wären auch:
– Messenger als Merkurorbiter
– Rosetta/Philae
– Hayabusa mit der Probenrückführung
– Ich mich zu erinnern, dass die Phobos-Mission bei dir ein Stein im Brett hat. Auch wenn die nicht weit gekommen ist.
Ich habe es vielleicht nicht ganz präzise ausgedrückt, aber ich wollte auch eine Rangliste in der möglichst viele Nationen dabei sind (Japan fehlt, aber die hatten auch wirklich Pech) und ob eine Mission hier reinkommt hat weniger mit dem absoluten Erfolg zu tun, als vielmehr mit dem technischen Sprung den es für die Nation gab. Ginge es nur um den absoluten Erfolg dann wären hier vor allem US-Missionen und einige europäische Missionen (Rosetta, Mas Express) vertreten.