Die Glorreichen 10 – die extremsten Orte im Sonnensystem (2)
So, nun geht es weiter mit der Fortsetzung des letzten Artikels und zu den Spitzenreitern.
Platz 4: Miranda
Miranda war der einzige Uranusmond, den die Raumsonde Voyager 2 nahe passieren konnte und sie erwies sich als Glücksfall. Auf den Aufnahmen sah es aus, als wäre der nur etwa 500 km große Mond aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt worden. Die Oberfläche weist einige Strukturen, auf die abrupt enden – und an anderer Stelle wieder erscheinen. So die Coronae genannten gebänderten Gebiete. In Nahaufnahmen sieht man zahlreiche parallel verlaufende Rillen und Gräben in den Coronae. Die Coronae sind kraterarm und damit jünger als der Rest der Oberfläche mit höherer Kraterdichte. Es gibt Coronae mit gleichmäßiger Farbe und andere mit sich abwechselnden helleren und dunkleren Bändern. Diese Streifen enden abrupt und setzten sich an anderer Stelle wieder fort. Dazu kommen zwei ausgeprägte Grabensysteme, deren Einschnitte bzw. Erhebungen am Rand des Mondes deutlich sichtbar sind. Eine Klippe am Rand fällt an dieser Stelle 20 km ab – viel für einen so kleinen Mond. Würde ein Astronaut von der Klippe springen, so käme er bei der geringen Schwerkraft von Miranda erst nach 12 Minuten mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h am Boden an.
Etwa die Hälfte der aufgenommenen Südhalbkugel besteht aus Strukturen, die man auch von anderen Monden kennt – Kraterlandschaften. Doch auch hier fällt Miranda aus dem Rahmen. Es gibt kaum größere Krater – der größte hat einen Durchmesser von 25 km – und verhältnismäßig wenige Krater verglichen mit den Saturnmonden oder Kallisto.
Für diese merkwürdige Form gibt es zwei Erklärungsmodelle. Das eine geht davon aus, das Miranda von einem Objekt getroffen wurde, das den Mond in mehrere große Teilstücke sprengte. Diese blieben auf der ursprünglichen Bahn und fanden später wieder zusammen, nur nicht in der ursprünglichen Lage. So wäre zu erklären das Coronae abrupt enden und woanders wieder beginnen. Diese Theorie gilt heute als überholt, weil sie viele Fragen offen lässt, z. B. wie die Teile wieder zu einem kreisförmigen Mond zusammenfanden. Heute nimmt man an, dass sich Miranda anfangs in einer elliptischen Bahn mit einer geradzahligen Umlaufszeit mit den beiden nächsten, wesentlich größeren Uranusmonden Ariel und Umbriel befand. Die beiden massereicheren Monde erzeugten so Gezeitenreibung und führten zum Schmelzen des Wassers aus
dem Miranda größtenteils besteht. Dadurch kam es zu den tektonischen Prozessen, die die Oberfläche formten. Die Kräfte führten zu einer kreisförmigen Bahn, die keine Resonanz mehr aufwies und Miranda kühlte aus und die Oberflächenstrukturen blieben erhalten. Die geringe Kraterdichte des Mondes ist ein Hinweis, dass dieses Aufschmelzen erst nach Ende des intensiven Bombardements stattfand.
Platz 3: Io
Io ist der geologisch aktivste Körper im Sonnensystem. Es sind zwischen 150 und 200 von 400 Vulkane ständig aktiv, der größte Loki, wirft das Magma bis in 200 km Höhe aus und die Ablagerungen bedenken eine Fläche von 20.000 km². Am Südpol konnte Juno eine 100.000 km² große Region entdecken, die im letzten Dezember als die Aufnahmen gemacht wurden eine Spitzentemperatur von 1.500 Grad Celsius hatte und 80 Mrd KW an Leistung abgab – könnte man die Energie nutzen, so wäre der bundesdeutsche Primärenergieverbrauch von 2024 in 36 Stunden gedeckt. Die gesamte Oberfläche ist in gelb-roten Tönen getaucht, als Folge der Ablagerungen von Schwefelverbindungen. Natrium aus der ausgeworfenen Lava wird durch den Strahlungsgürtel des Jupiters ionisiert und zieht in einem Schlauch aus Natriumionen zu den Polen des Jupiters. Dieser Plasmatorus transferiert, indem er das Magnetfeld des Jupiters durchwandert, laufend 2 Billionen Watt an Energie – sowie viel rund 2000 Atomkraftwerke produzieren.
Die Ursache der Aktivität liegt in der Gezeitenreibung, verursacht durch Jupiter. Jupiter zieht mit seinen 318 Erdmassen den jupiternäheren Teil von Io stärker an, als den abgewandten und heizt so den Mond auf. Da der Mond wie viele Monde im Sonnensystem – auch unser Mond ist da keine Ausnahme – gebunden rotiert also Jupiter immer die gleiche Seite zuwendet sollten Strömungen so aber über die Jahrmilliarden zur Ruhe kommen und Io so wie unser Mond aufgebaut sein – die erdabgewandte Kruste ist dünn und unter ihr gibt es dichtere Gebiete als auf der erdabgewandten Mondrückseite, aber der Erdmond ist völlig ausgekühlt und nicht geologisch aktiv. Bei Io ist das anders. Die anderen drei galileischen Monde ziehen in der anderen Richtung ziehen und verhindern so, dass Io zur Ruhe kommt. Ihre Perioden haben gemeinsame Vielfache mit Io sodass sich dieser Effekt immer an derselben Stelle verstärkt und dadurch ist auch Ios Umlaufbahn leicht elliptisch, das heißt das die Gezeitenkraft von Jupiter auch je nach Abstand wechselt. Alle Faktoren zusammen bewirken das Io ein brodelnder Lavaklumpen ist, der nur deswegen eine Kruste hat, weil es in dieser Entfernung so kalt ist, dass Sauerstoff sich verflüssigen würde.
Platz 2: Olympus Mons
Gemessen an den Superlativen der anderen Himmelskörper in dieser Liste ist es auf dem Mars eigentlich richtig langweilig. Aber er ist am besten erforscht und bei ihm gibt es wohl am ehesten die Chance, das ein Mensch zumindest einige der Formationen mal aus der Nähe wird sehen können. Ich könnte eine Liste der 10 bemerkenswertesten Marsformationen aufstellen und mache das vielleicht noch, aber ich habe hier nur zwei aufgenommen. Platz 2 geht an Olympus Mons. Auf dem Mars gibt es zahlreiche erloschene Vulkane. Neben vielen kleineren Vulkanen gibt es einige sehr große Schildvulkane. Schildvulkane bestehen aus leichtflüssiger Lava und entstehen auf der Erde, wenn über zwei Plattengrenzen die Lava an einem Hotspot fortwährend nach oben gedrückt wird. Schildvulkane sind dauerhaft aktiv, nicht wie die meisten Vulkane, die ausbrechen und dann wieder Jahre oder Jahrhunderte lang ruhig sind. Sie speien dauernd, aber ruhig Lava aus, wachsen dabei und dieser Prozess hört erst auf, wenn durch die Bewegung der Platten auf der Erde der Vulkan vom Hotspot abgerückt ist. Die Hawaii-Inseln sind nichts anderes als erloschene Schildvulkane, einige sind noch aktiv.
Während Mauna Loa, der größte Schildvulkan der Erde, 9 km hoch (davon 5 km unter der Wasseroberfläche) und 120 km breit ist, ist Olympus Mons, der größte Schildvulkan auf dem Mars an der Basis über 600 km breit und 26 km hoch. Der Mantel des Mars besteht aus festem Gestein und die Gravitation des Mars beträgt nur 40% der irdischen, so konnte der Berg auf diese Höhe wachsen. Auf der Erde wäre er durch sein Eigengewicht bis auf die obersten 9 bis 10 Kilometer wieder in der Erdkruste versunken. Olympus Mons Caldera war noch vor 150 bis 350 Millionen Jahre aktiv, das belegen Kraterzählungen. Sie alleine hat einen Durchmesser von 90 km und eine Tiefe von 3 km. Der Blick vom Zentrum aus muss spektakulär sein. Leider kann man in ihr nicht landen – zumindest nicht mit der heutigen Vorgehensweise. Da der Mars nur eine sehr dünne Atmosphäre hat – in etwa so dicht auf „Nullniveau“ wie die Atmosphäre in 30 bis 33 km Höhe auf der Erde landen heute Sonden in möglichst tiefen gebieten damit die Fallschirme sie gut abbremsen. Die Caldera liegt in 22 km Höhe, da ist die Atmosphäre dann so dünn, dass Fallschirme kaum noch wirksam sind und man mit Triebwerken die meiste Geschwindigkeit abbauen müsste.
Landen könnte man am Fuß des Supervulkans. Da dieser so groß ist, würde man ihn dort nicht einmal als riesig empfinden, sondern nur eine langsam ansteigende Ebene von Horizont zu Horizont sehen. Dann müsste man rund 300 km zurücklegen bis man an der Caldera ankommt. Olympus Mons ist so riesig, das alle Aufnahmen, die ihn ganz zeigen, noch von Mariner 9 stammen – alle neueren Sonden haben höher auflösende Kameras die aber nur einen kleinen Blickwinkel abbilden. Olympus Mons steht alleine, doch in der Elysium-Hochebene und der Tharsis Region gibt es jeweils drei weitere große Schildvulkane.
Platz 1: Valles Marineris
Die zweite geologische Hauptaktivität, die man vom Mars kennt, sind tektonische Spannungen. Es gibt keine Platten, die sich verschieben, doch die Kruste ist Spannungen ausgesetzt, die sich in Brüchen manifestieren. Dazu trugen auch die beiden Ebenen mit Vulkanen bei, die sich mehrere Kilometer über den mittleren Planetenradius erheben und so Druck ausüben. Brüche gibt es in allen Größen. Der größte Canyon im Sonnensystem ist das Valles Marineris. Dies ist ein Grabensystem von 4.000 km Länge, etwa 200 km Breite und bis zu 7 km Tiefe am Marsäquator. Mit angeschlossenen weiteren Einbrüchen ist es bis zu 700 km breit. Es entstand aus einem Risssystem, das durch die Entstehung der nahegelegenen Tharsis Region stark ausgeweitet wurde. Die Erosion formte es dann zu dem heutigen Aussehen. Ähnliche Canyons gibt es überall auf dem Mars. Am Ende des Valles Mariners findet sich eine zweite für Mars charakteristische Struktur, das chaotische Terrain. Es ist kein einheitliches Grabensystem, sondern besteht aus mehreren jeweils rund 800 km breiten Teilsystemen, die sich dann auch wieder verzweigen. Der Boden ist stellenweise glatt, stellenweise aber auch aufgerissen. Gemeinsam ist das die Ränder schroff abfallen, teilweise mehrere Kilometer tief.
Obwohl es so riesig ist, entging das Valles Marineris den Beobachtungen der Astronomen und wurde erst von den Mariner Raumsonden „entdeckt“, weshalb es auch nach ihnen benannt wurde.
Eine Landung einer Raumsonde im Valles Marineris wäre heute möglich. Die Unsicherheit des genauen Landepunktes ist heute so klein, das man eine Raumsonde in einem der glatten Bereiche durchaus sicher landen lassen könnte. Alternativ landet man neben dem Grabensystem und fährt zum Rand, beide Perspektiven böten einen spektakulären Anblick. Mit Helikoptern wie Ingenuity wäre ein größeres Areal relativ risikoarm erkundbar. Sie könnten im Grabensystem starten oder am Rand, müssten für die Landung dann aber wieder auf das Plateau zurückkehren, denn das man bei der dünnen Marsatmosphäre eine Batterie einbaut mit der ein Helikopter den Höhenunterschied meisten kann dürfte ausgeschlossen sein.