Die glorreichen 10 – Rekorde im Sonnensystem (1)
Heute ein etwas anderer Beitrag in dieser Rubrik. Wie immer geht es um 10 Punkte, diesmal will ich aber über die 10 Punkte verteilt etwas Wissen über die Entstehung des Sonnensystems verbreiten und zwar indem ich bei jedem Planeten einen Punkt hervorhebe, der dazu dient. Okay, wir haben nur acht Planeten, aber ich nehme noch den Asteroidengürtel und die Kometen mit hinzu. Die Reihenfolge orientiert sich nicht nach der Bedeutung, sondern ich gehe einfach von der Sonne weg. Wie immer in zwei Teilen, komplexe Sachverhalte kann man eben nicht in einem X-Posz erklären. Morgen kommt dann Teil 2.
Platz 10: Merkur – der dichteste
Nach den gängigen Theorien begann unser Sonnensystem als eine interstellare Wolke. Beim Urknall entstanden die Elemente Wasserstoff und Helium, Sternexplosionen reicherten das Medium noch mit kleineren Mengen schwerer Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff, Silizium und Eisen an. Eine weitere Sternexplosion und ihre Schockwelle brachte die Wolke zum Kollabieren, dabei fing sie an zu rotieren und durch die Gravitation strömte immer mehr Masse zum Zentrum wo die Sonne entstand. Sobald die Sonne so massereich war, das im Inneren die Bedingungen für eine thermonukleare Reaktion erfüllt waren, begann sie Kernfusion zu betreiben.
Die Wärmestrahlung, die sie abgab, sowie der Sonnenwind aus Protonen führten dazu das sich das Gas in der Nähe der Sonne verflüchtigte. Übrig blieben nur Elemente oder Verbindungen die bei den Temperaturen (abhängig von der Entfernung) nicht gasförmig waren. Metalle haben unter diesen Bedingungen einen Vorteil: während man für Verbindungen erst genügend Atome der richtigen Elemente zusammenbringen muss, sodass ein Elementarkristall entsteht, können Metalle sich atomweise aggregieren. Daher verarmte die Wolke nahe der sonne nicht nur an flüchtigen Verbindungen wie Wasserstoff, Helium oder Wasser, sondern auch an Silikaten, Verbindungen aus Silizium und Sauerstoff, die ebenfalls sehr häufig neben den Metallen vorkamen. Bedingt durch die Fusionsprozesse bei Sternen ist das Element Eisen bei den Metallen am häufigsten vertreten und so besteht der Merkur zu 70 % aus einem Metallkern, der wiederum zu zwei Dritteln aus Eisen und einem Drittel aus Nickel besteht. Damit hat er die höchste (korrigierte) mittlere Dichte aller Körper im Sonnensystem. „Korrigiert“ heißt: das die Dichte im Zentrum eines Himmelskörpers durch den Druck der Massen darüber höher ist als wie wenn dieser Druck fehlt. Merkurs mittlere Dichte liegt etwas unter der Erde, aber nur weil die Erde erheblich massereicher ist und den Kern so stärker zusammenquetscht. Der Metallkern von Merkur, obwohl inzwischen erkaltet ist auch für das geringe Magnetfeld des Merkurs verantwortlich.
Platz 9: Die Venus – die retrograde
Wie erwähnt fing die solare Urwolke an zu rotieren. Daher umkreisen alle Planeten die Sonne in derselben Richtung. Aber auch die Teilwolken, aus denen sich die einzelnen Himmelskörper formten, begannen zu rotieren und zwar aufgrund physikalischer Gesetze ebenfalls in die gleiche Richtung wie sie um die Sonne rotieren. Es gibt von der Regel nur zwei Ausnahmen, die Venus und der Uranus (siehe Platz 7). Die Venus rotiert in die andere Richtung, das bezeichnet man in der Astronomie als „retrograd“ (in der „richtigen“ Richtung wäre dann prograd). Sie rotiert zudem sehr langsam, einmal in 243 Tagen um die eigene Achse. Das ist länger als die Umlaufperiode um die Sonne, die 224 Tage beträgt. Ein Tag (also die Rotation um die eigene Achse) dauert bei der Venus also länger als ein Jahr. Für den Sonnenverlauf, den wir als Maß für die Tageslänge nehmen hat dies einen seltsamen Effekt, denn die Sonne braucht so nur 116 Tage für einen Zyklus, diese Verkürzung ergibt sich daraus, dass die Venus der Bahnbewegung entgegen rotiert, bei der Erde ist es „normal“: die Erde rotiert in 23 Stunden 56 Minuten um die eigene Achse. Weil sie sich aber in dieser Zeit etwas weiter um die Sonne bewegt hat, braucht sie weitere 4 Minuten um dieses Stück Weg aufzuholen, weshalb bei uns ein Zyklus 24 Stunden dauert. (Wer es genauer wissen will schaut unter siderischer und synodischer Periode nach). Als Ursache für diese Abweichung wird angenommen, dass die Venus wie auch die Erde während der Entstehung von einem weiteren Protoplaneten getroffen wurde, der hat die Rotationsrichtung umgedreht. Das geschah aber wohl direkt am Äquator, denn die Neigung der Rotationsachse beträgt bei der Venus nur 2,7 Grad, auch sie müsste, wenn es keine Einflüsse wie Kollisionen gibt, senkrecht zur Bahnebene stehen, also im Winkel von 0 Grad.
Platz 8: die Erde – Wasser in Massen
Wasser ist im Sonnensystem eine der häufigsten Verbindungen. Sauerstoff ist wie Eisen das Endprodukt einer Fusionsreaktion, der Wasserstoff ist das häufigste Element überhaupt. Anders als viele andere Verbindungen aus den häufigsten Elementen des Urnebels bildet Wasser aber schnell eine Flüssigkeit oder einen Feststoff und dies bei relativ hohen Temperaturen. Methan als Pendant des Kohlenstoffs tut dies nicht. Wasser gilt als Schlüssel für die Entstehung des Lebens. Wichtiger aber ist, dass die Erde viel Wasser enthält. Wasser dominiert im äußeren Sonnensystem – die Monde von Saturn, Uranus und Neptun und wahrscheinlich die meisten KBO bestehen vorwiegend aus Wasser in Form von Eis. Es gibt Hinweise das die Venus auch einmal viel Wasser besaß es aber verloren hat und auf dem Mars sieht man die typischen Phänomene von flüssigem Wasser wie ausgetrocknete Flusstäler, verschobenes Geröll, Strände. Auch er besaß einmal Wasser. Nur die Erde hat heute noch Wasser, und zwar jede Menge. Es täuscht etwas, aber die Ozeane, die zwei Drittel der Erdoberfläche bedecken, sind im Mittel 3800 m tief, zum Vergleich: die mittlere Höhe der Landmasse beträgt nur 800 m. Insgesamt sind es 1,4 Milliarden Kubikkilometer. Würde man daraus eine Kugel formen und es gäbe keine Kompression durch die Eigenmasse, sie hätte einen Durchmesser von 1.388 km. Die Erde enthält also mehr Wasser als die Saturnmonde Mimas, Enceladus, Dione und Tethys. Es ist fast so viel das man einen Doppelgänger des Saturnmondes Iapetus daraus formen könnte. Der Großteil des Wassers bekam die Erde schon bei ihrer Entstehung. Sie hat es nur nicht, wie die anderen erdähnlichen Planeten verloren. Es war wohl vorher chemisch gebunden, als sich die Erde durch die Kollisionen aufheizte, gingen dann zahlreiche Mineralien in ihre wasserlose Form über.
Platz 7: Der Mars – entstanden in einer ungünstigen Zone
Es wurde schon erwähnt: die Häufigkeit der Elemente ist im solaren Urnebel nicht überall gleich gewesen. Je schwerer die Elemente sind, desto näher waren sie an der Sonne, der Anteil an Metallen wie Eisen nahm daher von der Sonne nach außen ab. Der Anteil an Silikaten und anderen Gesteinsverbindungen dagegen zu und ebenso der an Nichtmetallverbindungen wie Wasser, Methan, Ammoniak, Kohlendioxid. Doch in der Region, in der Mars sich bildete, reichte es nicht aus, um die meisten dieser Nichtmetallverbindungen zu Eis werden zu lassen und alle Gase blies der Sonnenwind nach außen. Der Merkur ist so klein, weil er fast nur aus Eisen besteht, kaum aus Silikaten die eigentlich viel häufiger vorkommen. Venus und Erde bestehen vorwiegend aus Metallen, aber einem höheren Slikatanteil und der Mars hat viel weniger Metalle, dafür einen großen Mantel und eine Kruste aus Silikaten. Er blieb daher klein und massearm, konnte so weder ein Magnetfeld aufbauen (dazu braucht er einen flüssigen Metallkern) das ihn vor dem Sonnenwind schützt noch die Atmosphäre halten, die so weggeblasen wurde. Ohne Atmosphäre wird flüssiges Wasser aber zu Eis und Wasserdampf, der dann verloren geht. Über Millionen von Jahren verlor der Mars so das meiste Wasser. Einiges ist im Boden als Permafrostboden fixiert.
Dazu beigetragen hat auch der Jupiter, der durch seine Gravitation nicht nur dafür sorgte das die Region um den Mars an Material verarmte, bis heute beeinflusst er den Mars gravitativ. Von allen Planeten außer dem Merkur hat der Mars die exzentrische Bahn. Sie verändert sich über längere Zeit ebenso wie die Rotationsachsenneigung nicht konstant ist. Auch dadurch verliert der Planet weiter Wasser, denn so kann über einige Zeit die Temperatur an bestimmten Stellen ansteigen, das sich Wasser wieder verflüssigt – ansonsten ist es beim Mars zu kalt dafür. Und dann verdampft es wieder und geht durch den Sonnenwind verloren.
Platz 6: Der Asteroidengürtel – Jupiter stört
Der Asteroidengürtel liegt nochmals doppelt so weit von der Sonne entfernt wie der Mars, auf halben Weg zwischen Mars und Jupiter. Ab 1801 entdeckte man immer mehr Asteroiden. Der größte, Ceres ist knapp 1000 km groß, nach unten gibt es auch eine Grenze. Bisher wurden 600.000 Körper entdeckt, geschätzt wird ihre Gesamtzahl auf 1,1 bis 1,9 Millionen. Ganz kleine Körper kollidieren häufiger mit anderen und werden durch den Strahlungsdruck der Sonne abgebremst und nähern sich so der Sonne. Die Gesamtmasse wird aber von den größten Körpern geprägt und ist nicht sehr groß, etwa 5 Prozent der Masse des Erdmondes, entsprechend einem Körper von etwa 1.300 km Durchmesser. Das ist zu wenig um einen Planeten zu bilden. Der Asteroidengürtel ist so auch nicht ein Protoplanet, der an der Entstehung gehindert wurde, es ist der Rest von vielen kleinen Körpern wie es sie einmal im ganzen Sonnensystem gab, die später zu größeren Körpern kollidierten. Jupiter mit über 300 Erdmassen hat über die letzten Jahrmilliarden alle aufgefangen die exzentrische Bahnen hatten und ihm so nahe kamen. Übrig blieben die, bei denen dies nicht der Fall war. Jupiters gravitativer Einfluss sieht man bis heute an den „Kirkwood-Lücken“: trägt man die Asteroiden in ein Diagramm ein, bei dem die X-Achse für die Bahnhalbachse steht, und die Y-Achse für die Anzahl der Asteroiden mit einer bestimmten Achse, so ist die Verteilung nicht gleichmäßig. Es gibt Einbrüche, die eben erwähnten Kirkwood Lücken. Sie entsprechen Resonanzen: Körper deren Umlaufszeit mit der von Jupiter in einem einfachen Bruch in Beziehung steht nähern sich Jupiter immer an derselben Stelle. So gibt es eine Delle bei 3:1 sprich nach einem Jupiterumlauf hat der Asteroid genau drei Umläufe absolviert und nähert sich wieder Jupiter. Der wird ihn durch seine Gravitation über Milliarden Jahre anziehen und so ist diese Zone verarmt.
Es gibt noch zwei weitere Gürtel im Sonnensystem. Jenseits von Neptun liegt der Kuipergürtel. Die meisten kleineren Körper dazwischen wurden von den Planeten irgendwann eingefangen oder verschluckt. Der Kuipergürtel hat ohne den gravitativen Einfluss eines weiteren Planeten daher auch noch Objekte mit sehr exzentrischen Bahnen und den unterschiedlichsten Bahnneigungen. Und noch weiter draußen, wo der gravitative Einfluss der Sonne endet, liegt die Oortsche Wolke, (siehe Platz 1).
Hallo Bernd,
danke für die Artikelreihe. Ich habe mich schon immer gefragt, woher die ganzen Steine im Sonnensystem kommen … Höhere Elemente, Sternexplosionen etc. – das ist alles Physik. Aber Silikate? Braucht es für deren Bildung nicht lange Zeiträume „interstellarer Chemie“? Wie hat man sich das überhaupt vorzustellen? Das müssten doch unglaublich langsame Reaktionsgeschwindigkeiten sein, in so einer dünnen, kalten „Urwolke“, wenn solche Reaktionen überhaupt in Gang kommen. Weißt du mehr darüber, oder wo man das nachlesen kann?
Viele Grüße – Mark B.
Na ja Sie entstehen ja spontan wenn die Elemente da sind. Also zumindest die Elementarverbindungen sie SiO2, damit daraus Silikate werden müssen eigentlich nur genügend SiO2-Moleküle zusammenkommen. Es kann natürlich sein, dass die schon entstanden als der Stern der sie feisetzte explodierte, denn in den Hüllen warn die Elemente ja in hoher Dichte vorhanden und die Hüllen durchmischten sich bei der Explosion. Deutlich länger dürfte es dauern bis aus kleinen Elementarzellen makroskopisch sichtbare Staubkörner werden wenn das Medium kalt und verdünnt ist.