Chinas Raumfahrt
Als ich für mein Trägerraketenlexikon durch Chinas Raketenzoo durchgegangen bin, fühlte ich mich an die Anfänge der Raumfahrt erinnert. Damals schienen die Sowjets in enorm schneller Zeit zahlreiche neue Raketen in Dienst zu stellen – Auf die Sputnik folgte die Luna, dann die Wostok, Woschod, Molnija und die Sojus – bis sich 1967 herausstellte, als man erstmals eine Rakete in Natura bei der Pariser Luft & Raumfahrtausstellung sehen konnte, dass es immer ein und dieselbe Rakete war, nur mit unterschiedlichen Oberstufen, bzw., sogar nur unterschiedlichen Versionen einer Oberstufe.
Das System der Desinformation haben die Chinesen übernommen: Die Gesamte Serie Langer Marsch 2-4 mit offiziell nicht weniger als 13 Versionen, besteht aus nur vier Triebwerkstypen. Dabei haben alle in den ersten beiden Stufen dieselben Triebwerke, nur unterscheiden sich die Massen leicht. (Gleicher Durchmesser von 3,35 m, unterschiedliche Stufenlänge). Das wird dann ergänzt durch zwei Oberstufen und Booster, die im Prinzip aus einem der vier Triebwerke der ersten Stufe bestehen. Würde Europa es auch so machen, hätte man ohne Problem aus den sechs Versionen der Ariane 4 und drei Revisionen der Oberstufe auch angeblich 18 verschiedene Träger angeben können.
Das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit zur Sowjetunion zu kommunistischen Zeiten. Dazu gehört auch das Informationen zu den Trägern, aber auch Satelliten recht dünn gestreut sind. Bei den Trägern ist das insofern nicht ganz verständlich, weil es sich nicht gerade um Hochtechnologie handelt. Sie basieren auf der Dong-Feng 5, einer längst veralteten und ausgemusterten ICBM von China, technisch in etwa mit der Titan 2 oder R-36 (Zyklon) vergleichbar, also Trägern die inzwischen bei den USA und Russland nicht mehr eingesetzt werden und auch China hat modernere ICBM’s.
Das gilt auch für die wenigen wissenschaftlichen Nutzlasten. Es gibt davon wenige, die meisten chinesischen Nutzlasten sind wie in Russland militärischer Natur, oder anwendungsbezogen (Wettersatelliten, Kommunikationssatelliten). Noch weniger gibt es aber an Neuigkeiten. Von Chang’e-1 eigentlich nur zwei: Die Sonde hat den Mond erreicht und ein Bild zur Erde zurückgesendet, dass dann auch veröffentlicht wurde und knapp ein Jahr später: Die Sonde ist planmäßig auf dem Mond aufgeschlagen – was dazwischen passiert ist und ob vielleicht es nicht doch nicht so planmäßig lief, wie gedacht ist auch so offen. Die hohe Startfrequenz bei vielen Missionen lässt sich nur erklären, wenn diese nicht besonders lange leben.
Beim bemannten Programm sieht es so aus, dass man im Prinzip das nachholt was die Supermächte vor 40 Jahren gemacht haben: Einen Flug eines Astronauten. Erst kurz dann lang. Dann zwei Astronauten und dann eine kurze EVA. Das ganze in einer nachgebauten Sojus-TM Kapsel. Dass dies für über die westlichen Weltraumprogramme der frühen 60 er Jahre informierte, recht belustigend wirkt kann den Chinesen egal sein. Ich glaube kaum, dass der Großteil der Chinesen weiß, dass die Technik die sie benutzen aus Russland stammt und andere Nationen inzwischen zusammen an einer Raumstation arbeiten.
Gerade hier, wo China sich einbringen könnte – Mit Versorgungsflügen zur ISS, einem eigenen chinesischen Labor und Astronauten und auch der Erkenntnisgewinn für China viel größer wäre, zeigt sich dass China noch immer auf einem nationalen Kurs ist und es weniger um die Raumfahrt, Wissenschaft oder Technologie geht, als vielmehr um Propaganda. Das ist eben nicht so gut zu verkaufen wie das eigene Minilabor, das wohl als nächstes kommt (ich tippe auf eine Art Wiederholung der frühen Sojus-Sojus Koppelflüge).
Die Grenzen zeigen sich, wo selbst entwickelt werden muss: Das Bild das Chang’e-1 vom Mond zurücklieferte entspricht nicht gerade dem was heute technisch möglich ist. Selbst Indiens Raumsonde Chandrayaan 1 leistet hier mehr. Vielleicht ist das auch der Grund warum nur ein Bild veröffentlicht wurde. Es zeigt sich aber auch an der Entwicklung der Langen Marsch 5 Serie, bei der man nun nicht mehr einfach sowjetische Triebwerke kopieren kann, sondern mal etwas selbst entwickeln muss. Die Serie wird seit 2002 entwickelt und sollte eigentlich schon seit 2008 fliegen – anscheinend klappt das nicht so wie geplant, denn nun ist als frühester Starttermin 2014 die Rede. Tja Kopieren ist einfach, und darin sind die Chinesen ja Meister, aber selbst entwickeln?
Die nächsten Flüge der Shenzou-Kapsel konzentrieren sich tatsächlich auf das Ankoppeln, aber zuerst soll mit Shenzou 8 ein unbemanntes Raumschiff in den Orbit gebracht werden, das an „Tiangong 1“, einer Raumstation, andocken soll. Wenn Tiangong fehlschlägt, sollen wohl Shenzou 8 und 9 aneinander andocken.
http://de.wikipedia.org/wiki/Shenzhou_8
http://de.wikipedia.org/wiki/Tiangong_1 (mit englischen Quellen unten)
Auf jeden Fall soll das russische APAS-Andocksystem verwendet werden.