Mit dem Ballon um die Welt, die vergessenen Versuche (Teil 1)

Es ist nun auf den Tag genau 11 Jahre her, dass Bertrand Piccard und Brian Jones es geschafft haben, mit einem Ballon um die Welt zu fahren (der Start war am 1. März 1999 in der Schweiz, die Landung am 21. März 1999 in Ägypten).

Wer sich etwas mehr mit der Materie auseinandergesetzt hat, weiß, dass es außer den beiden noch andere Teams gab, die versucht haben, dieses Ziel zu erreichen. Richard Branson und Per Lindstrand versuchten es insgesamt drei Mal mit dem Virgin Global Challenger (beim dritten Versuch ICO Global Challenger). Steve Fossett versuchte es insgesamt sechs Mal, mit den Ballons Solo Challenger, Solo Spirit 1-4 und 2002 mit dem Bud Light Spirit Of Freedom, mit dem er endlich sein Ziel einer Solo-Weltumrundung im Ballon erreichte. Kevin Uliassi versuchte es ebenfalls zwei Mal alleine mit dem Ballon J.Renee. Dazu kommen noch die Versuche von Dick Rutan (Global Hilton, der nach einem Ballonfehler unbemannt in eine Starkstromleitung driftete, worauf die Propantanks explodierten), und den Ballon Cable & Wireless, mit Andy Elson und Colin Prescott (der nur wenige Tage vor Piccard und Jones startete aber wegen elektrischer Probleme bei Japan wassern musste). Außerdem gab es die Ballone Spirit Of Peace von Jacques Soukup und seinem britisch-amerikanischen Team, sowie den südafrikanischen The Global Conqueror von Gerrit Coetzee.

Piccard brauchte drei Versuche, bis er es schaffte: Breitling Orbiter 1 landete im Mittelmeer nach nur sechs Stunden Fahrt, weil durch ein defektes Ventil Kerosin in die Druckkapsel floss. Breitling Orbiter 2 konnte wegen einer defekten Luke für einige Tage nicht in die benötigten Höhen aufsteigen und verbrauchte dadurch in niedrigen Höhen zu viel Treibstoff für die Brenner, was zur Landung in Myanmar führte. Der Breitling Orbiter 3 kam dann schließlich ans Ziel.

Es gibt aber zwei Teams, die heute fast vergessen sind, zu Unrecht wie ich finde, da beide anstatt der bei allen anderen Teams verwendeten Rozier-Ballons (Heißluftballone mit einer Heliumzelle) ganz andere Ballone verwendet haben. Dies sind die Teams Earthwinds (1992-1995) und RE/MAX (1998). Dieser Teil beschäftigt sich mit ersterem.

Der Leiter dieses Projektes war der Amerikaner Larry Newman. Er hatte bereits mit Maxie Anderson und Ben Abruzzo im Double Eagle II 1978 als erste per Ballon den Atlantik überquert, 1981 mit Abruzzo, Ron Clark und Rocky Aoki im Double Eagle V auch den Pazifik. Nach der Fahrt dieses Ballons erfuhr Newman, dass unter günstigeren Umständen (d.h. ohne die Vereisung die der Ballon erfahren hatte) der Ballon von Japan aus über die USA bis nach Spanien hätte fahren können, in 10 Tagen hätte er sogar die Welt umrundet.

Nun ist es so, dass Maxie Anderson und Don Ida 1981 ebenfalls versuchten, den Pazifik zu überqueren, jedenfalls kündigten sie das an, der Start war aber am 11. Januar 1981 in Luxor, Ägypten. Der Gasballon Jules Verne kam in zwei Tagen nach Indien, wo er dann landen musste, weil der Ballast ausging. Am 20. Dezember 1981 zeigte der zweite Start, dass nicht nur der Pazifik überquert werden sollte (das hatte Newman ja schon geschafft): Der Ballon hob in Indien nahe der Landestelle vom Januar ab, nach 32 km landete er aber wieder, weil die Hülle leckte. Am 7. November 1982 versuchten die beiden es schließlich von der „Stratobowl“ in South Dakota erneut, landeten aber nach 16 Stunden in Midland, Ontario, Kanada; ebenfalls wegen eines Hüllenschadens. Beide Piloten starben 1983 bei einem Ballonrennen in Westdeutschland, weil sich der Ballon erst nicht vom Korb löste und dann in 100 m Höhe die Absprengung doch zündete.

Ben Abruzzo verbrannte 1985 bei einem Absturz mit seiner Frau in seinem Privatflugzeug, bis zu diesem Tag hatte auch er am Traum der Weltumrundung gearbeitet. Damit war nur noch Newman übrig. Er hatte die Idee, dass ein normaler Gasballon bei längeren Fahrten chronisch unter Ballastmangel leidet. (Die Gondel des Double Eagle II war kurz nach dem Start noch voller Gegenstände, am letzten Tag über Frankreich war sie nahezu leergeräumt)

Die Regeln der FAI (Federation Aeronautiqe Internationale) erlaubten es, vom Ballon Wasser oder Luft als Ballast aufzunehmen, ohne dass dies als Ende der Fahrt gezählt wird. Daher ging Newman an ein neues Ballondesign: Über einer länglichen, zylindrischen Druckkapsel mit abgerundeten Enden (diese sah wie der spätere Breitling Orbiter aus) befindet sich der normale Heliumballon aus PE-Folie (31.150 Kubikmeter). An der Kapsel befinden sich allerdings zwei große Tanks mit flüssigem Helium, mit denen man den Ballon nachfüllen kann. Unter der Kapsel hängt ein großer Ballon aus festem Gewebe, der mit kalter Luft gefüllt ist (15.575 Kubikmeter). Dieser Ballon kann nach Belieben entleert und durch einen Kompressor wieder gefüllt werden. Damit sollte der normale Ballast ersetzt werden und die Fahrt um die Welt sollte nun zu schaffen sein. Hier bei einer Testfahrt 1990/1991: http://www.aerostar.com/hotair/images/HAB/Earthwinds.jpg

Leider funktionierte das Projekt nicht so wie geplant, obwohl man sich sehr viele Gedanken über den internationalen Aspekt gemacht hatte, und den Russen Vladimir Dzhanibehov mit an Bord geholt hatte, wie auch den britischen Milliadär Richard Branson (der aber wieder aus der Crew ausschied). Das Projekt verlief dann so:

  • 13. bis 21. Januar 1992: L. Newman, V. Dzhanibehov, Don Moses Virgin-Earthwinds: Der Ballon wartet mit gefülltem Ballastballon im Zeppelinhangar von Akron, Ohio auf ein günstiges Wetterfenster, das aber nicht eintritt. Daher Umzug der Basis nach Reno, Nevada.
  • 19. November 1992: Ein starker Windstoß zerstört den leichten Hangar des Ballastballons und beschädigt auch die Kapsel, der Schaden kann aber repariert werden. (Das gleiche passiert auch am 27. Dezember 1992)
  • 12. Januar 1993: L. Newman, V. Dzhanibehov, D. Moses Virgin-Earthwinds (Earthwinds 1). Der Ballon startet erfolgreich, trifft aber auf eine Inversionsschicht, die den Aufstieg aufhält. Weil nicht schnell genug Ballast abegegeben werden kann, wird der Ballastballon durch den Kontakt mit dem 2.393 Meter hohen Petersen Mountain beschädigt, der Ballon muss nach nur 19 km landen.
  • 5. November 1993: L. Newman, Richard Abruzzo, David Melton, V. Dzhanibehov Earthwinds: Bei den Startvorbereitungen zieht der Ballon einen Erdanker aus dem Boden, worauf die Kapsel in die Höhe schnellt und die Crew den oberen Ballon zerstört, was zur Folge hat, dass die Kapsel hart landet. Mehrere Helium- und Treibstoffleitungen sind zerbrochen, der Start muss aufgegeben werden.
  • 12. Januar 1994: L. Newman, R. Abruzzo, D. Melton, V. Dzhanibehov Earthwinds-Hilton (Earthwinds 2): Der Start ist erfolgreich und der Ballon fährt zunächst nach Süden. Völlig unerwartet friert eines der Ventile im Ballastballon zu, was dazu führt, dass die Crew den Ballon nicht mehr richtig steuern kann. Nach 320 km Landung bei San Joaquin, Kalifornien.
  • 31. Dezember 1994: L. Newman, D. Melton, George Saad Earthwinds-Hilton (Earthwinds 3): Der Ballon steigt normal auf und erreicht eine Höhe von 9.750 Metern. Dort platzt der Ballastballon, was die Crew wiederum zwingt, zu landen, 113 km vom Startplatz entfernt.

Im Jahre 1995 war Newman bei einem Fallschirmtraining, als sich sein Fallschirm mit dem von einem anderen Springer verhedderte und beide aus 18 Meter Höhe zu Boden fielen. Newman erlitt einen Schädelbruch, überlebte aber. Er wurde davor gewarnt, je wieder Fallschirm zu springen, was effektiv das Ende von Earthwinds bedeutete. Newman hatte zuletzt noch erwogen, seine Konstruktion durch einen Rozier-Ballon zu ersetzen, diese Überlegungen verliefen dann aber im Sande. Heute lebt Larry Newman in Arizona und fliegt noch immer ab und zu Frachtmaschinen nach Europa und Südamerika.

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