Ballonaufstiege in Friedrichshafen am 26. Juni 2010

Ich habe am letzten Juniwochenende die Amateurfunkmesse Ham Radio 2010 in Friedrichshafen besucht, weil dort zwei Ballone vom Amateurfunkverband P56 (Taubertal) mit französischer, österreichischer und polnischer Beteiligung gestartet wurden. Ich habe viel gelernt und möchte hier einmal beschreiben, was ich erlebt habe.

Die Ballone:

Die beiden Ballone trugen unterschiedliche Nutzlasten, deren Beschreibung nun folgt.

Ballon 1:

  • Lineartransponder (Österreich), der Funksignale vom 2 Meter-Band in das 70 cm-Band „übersetzt“ hat
  • Hauptnutzlast mit Sender, Empfänger, Datenlogger, GPS, Druchksensor, Temperatur- und Feuchtigkeitssensor, gedrucktes Solarpaneel zur Feststellung der Leistung, Ozonsensor (Fraunhofer Institut)

Ballon 2:

  • Amateurfernsehanlage (ATV) mit zwei Kameras (eine senkrecht nach unten und eine zur Seite gerichtet), welche alle drei Minuten automatisch umgeschaltet wurden.
  • Kameranlage (Polen), die automatisch Bilder nach schräg unten aufgenommen hat
  • Hauptnutzlast wie oben, aber mit modifizierter Vaisala-Sonde (Wettersonde für „normale“ Wetterballone), Geigerzähler

Beide Ballone wurden gegen 10:30 Uhr am 26.6. auf dem Messegelände mit Helium gefüllt. Währenddessen wurden die jeweiligen Nutzlasten mit einem Nylonfaden miteinander verbunden, sodass die Geräte jeweils in einer Reihe untereinander hingen, ganz oben der Fallschirm (rote Plastikfolie) und der Radarreflektor (der aus aluminiumbeschichteter Pappe bestand). Die Ballone wurden dann kurz nacheinander um11:50 Uhr (Nr.2)  und 12:02 Uhr (Nr.1) gestartet.

Nach dem Start wurde auf einem Fernseher neben dem Startfeld das Bild der ATV-Anlage gezeigt, auf dem die Rotation des Ballons gut zu erkennen war. Weil aber der Start im Innenhof des Messegeländes stattfand, verschwand der Ballon schnell aus der Sichtlinie der Antenne hinter der Dachkante, woraufhin das Signal nicht mehr empfangen wurde. Am Messestand wurde inzwischen über eine Internetseite der Aufstieg live verfolgt, d.h. der Downlink vom Ballon wurde direkt in eine Tabelle eingespeist, die sich automatisch aktualisierte. Nach einiger Zeit stellten wir fest, dass es im Router zur Webseite eine Fehlfunktion geben musste, da sich die Messdaten der Sensoren in der Tabelle nicht aktualisierten. Die Sensoren arbeiteten aber, wie wir am direkt empfangenen Downlink sehen konnten.

Nach einiger Zeit fiel das GPS des zweiten Ballons aus, sodass wir von dort an nicht wussten, wo er sich befand und wo er niedergehen würde (dies war aber schon auf dem absteigenden Ast der Bahn, sodass die Maximalhöhe bekannt ist). Ballon 1 hingegen sendete weiter Positionsdaten. Ballon 1 platzte um 13:43 Uhr in 28917 m Höhe (was also eine durchschnittliche Steiggeschwindigkeit von 4.7 m/s bedeutet, für die Rechnung wurde die Meereshöhe von Friedrichshafen (400 m ü.N.N.) abgezogen). Ballon 2 platzte um 13:47  Uhr in 27778 m Höhe (Durchschnittliche Steiggeschwindigkeit hier 3.9 m/s).

Der erste Ballon sendete bis in eine Höhe von ca. 1000 m noch Daten bevor die Verbindung aufgrund der Berge zwischen dem Ballon und der Bodenstation abbrach. Weil die Ortschaft Weisslingen in der Schweiz, wo der Ballon niederging, 576 m ü.N.N. liegt, gab es also noch bis ca. 400 m über dem Boden Daten vom Ballon. Der Ballon landete gegen 14:12 Uhr, was eine durchschnittliche Fallgeschwindigkeit von -16.3 m/s und eine Gesamtaufstiegsdauer von 130 Minuten bedeutet. Nach der Landung allerdings konnte der Ballon nicht gefunden werden, auch nicht als ein Flugzeug gemietet wurde, um den Ballon aus der Luft zu suchen. Es wird vermutet, dass jemand die Nutzlast mitgenommen hat, aber bis heute ist nichts weiteres darüber festgestellt worden.

Ballon 2 sendete nach dem Aufprall auf dem Boden wieder Positionsdaten aus und konnte von dem Team, welches den Ballonen hinterherfuhr, schnell gefunden werden. Er landete in der Ortschaft Maur am Greifensee (476 m ü.N.N.) gegen 14:18 Uhr, also nach einem Fall mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von -14.7 m/s und einer Aufstiegsdauer von 148 Minuten.

Anmerkung zur durchschnittlichen Fallgeschwindigkeit: Diese Werte scheinen hoch zu sein und sie sind es auch. Das liegt daran, dass in den ersten Minuten des Falls die sehr geringe Luftdichte in der hohen Atmosphäre (im Falle von Ballon 1 nur 1.7% und bei Ballon 2 nur 2% der Dichte am Erdboden) den Fallschirm nur eine sehr kleine Reibungskraft ausüben lässt, weshalb der Fall am Anfang sehr schnell ist. Eine Rechnung mit der Annahme, dass der Fallschirm einen Durchmesser von 60 cm hat und die Nutzlast 2 kg wiegt, zeigt den folgenden Verlauf der Fallgeschwindigkeit von der Maximalhöhe des ersten Ballons bis zum Boden:

Die Rechnung ergibt eine Geschwindigkeit von etwa 300 m/s nahe der Maximalhöhe. Auf der Höhe der Landungsorte erhält man eine Geschwindigkeit von 5.5 m/s. Dies war langsam genug damit an der Nutzlast keine größeren Schäden auftreten konnten.

Die Bilder des Aufstieges gibt es hier: http://en.copernicus-project.org/galeria,104,european_balloon_project_-_fly5_-_part_1/1

Und einen Bericht hier: http://p56.de/ballonprojekt/20100626.php

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