Anstatt dem ARV

Da nun die ESA ihre Marschrichtung bei der ATV Weiterentwicklung veröffentlicht hat, nun mein Senf dazu. Die ESA Politik ist ja die Weiterentwicklung des ICC zu einer Rückkehrkapsel. Meine Idee geht eher Nutzlastmaximierung.

Das ATV ist ja die eierlegende Wollmilchsau, oder das Non-Plus-Ultra der Transporter. Er kann praktisch alle Güter hochtransportieren: trockene Fracht im Druckbehälter, Wasser, Gase, Refülltreibstoff und Reboosttreibstoff. Ursprünglich waren die letzten beiden die wichtigsten Güter, weil nur das ATV soviel davon transportieren kann um die ISS wirksam anzuheben. sonst bräuchte man 3-4 Progresstransporter für diesen Zweck. So wird auch ATV-002 „Johannes Kepler“ (ich verwende weils kürzer zu schreiben ist lieber die Seriennummer) auch als wichtigste Funktion die ISS um 40 km anheben. Nur zwei Einschränkungen gibt es: Das ATV kann keine Paletten transportieren und in den Racks nur Fracht, aber keine Einbauracks, weil diese nicht durch den Kopplungsadapter transferiert werden können.

Bedingt durch die nun geringere Sonnenaktivität und den Ausfall der Shuttles wird nun aber mehr Fracht im Druckmodul transportiert werden und die ESA bemüht sich das ATV diesen veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.

Ich habe eine bessere Idee. Das Problem einer eierlegenden Wollmilchsau ist nämlich dass man alle Systeme mitführen muss. Spezialisiert man sich auf eine Frachtart, so könnte man die Nutzlast maximieren. Zuerst mal eine Vorbemerkung. Das ATV zerfällt in zwei Teile die erst vor dem Start montiert werden: Dem ICC, also dem Druckbehälter in dem auch das Wasser, Refülltreibstoff und Gase in einem abgetrennten Teil untergebracht ist und dem Serviceteil, das eigentliche Raumschiff mit der Elektronik und Stromversorgung. Hier befindet sich der Reboosttreibstoff.

  • Der ICC wiegt 3,7 t leer, 5,32 t beim Start mit allen Racks und er kann acht Racks und 100 kg Gase, jeweils rund 850 kg Treibstoff und Wasser zur ISS bringen.
  • Das Servicemodul wiegt 5,32 t und fasst bis zu 6,7 t Treibstoff.

So nun meine Idee: Man trennt diese Teile wieder auf in einen „Trockenfracht-Only“ und einen „Treibstoff-Only“ Frachter.

Der Trockenfracht-Only ist ein größerer ICC, oder vielleicht besser ein wesentlich verlängertes MPLM in dem nur Rack befördert werden. (Ohne Wasser, Gase und Refülltreibstofftransport) Je nachdem ob eine Ankopplung am US-Segment oder russischen Segment vorgesehen ist, mit einem RDS oder CBM Kopplungsadapter an einem Ende und einem passiven russischen Kopplungsadapter am anderen. Es enthält keine Elektronik. es werden zwar Annäherungssysteme benötigt, doch die haben eigene Elektronik und sind mit Batterien versehen und senden ihre Daten über Funk.

Geht man vom MPLM aus, so könnte ein verlängertes Modul für 12 Racks rund 6,9 t wiegen. Dazu kommen noch die Systeme für den Kopplungsadapter und die Annäherungssensoren. Rechnen wir mal mit 7,5 t. Die Fracht könnte ausgehend von den MPLM maximal 13,6 t betragen. Zusammen erhalten wir also einen reinen Frachtkontainer von 21,1 t Startmasse. Bei Komptabilität zur derzeitigen Ariane 5 müsste die Fracht auf 12,9 t beschränkt werden. (20,75 t Startmasse, 0,35 t Nutzlastadapter).

Dieser Container ist eben nur ein Container. Er kann nicht ankoppeln. Er ist ein Frachtmnodul wie das MPLM. Er ist also ziemlich „dumm“. Daher braucht man noch ein zweites Gefährt. Das „Treibstoff-Only“ ATV. Es ist ein verlängertes Servicemodul mit einem RDS Kopplungsadapter. Da Treibstoff nur Tanks benötigt, kann hier viel zugeladen werden. Ich schätze dass 7.3 t mehr Treibstoff zugeladen werden können (Trockenmasse nun 6,4 t). Dieses Treibstoff-Only ATV würde dann 20,4 t wiegen bei 14 t Treibstoffzuladung.

Was ist nun der Sinn des Ganzen?

Also wir starten erst mal einen „Trockenfracht-Only“ ATV in einen stabilen Orbit, danach das „Treibstoff-Only ATV“. Es koppelt automatisch an den RDS Adapter des Trockenfracht ATV an und bringt ihn nun zur ISS. dort koppelt es je nach Anschluss an das US- oder russische Segment an. Die Fracht wird entladen und der Frachter legt ab. Nun deorbitiert er sich nicht, sondern sinkt durch die Reibung auf eine niedrigere Bahn ab. Hat er 200 km Höhe erreicht, so zündet er die Triebwerke und schlägt zuerst eine Deorbitbahn ein. Trennt sofort den Frachtbehälter an und dreht sich und zündet nochmals die Triebwerke um eine höhere Bahn zu erreichen. Das Treibstoff-ATV hat damit sich selbst gerettet, den Frachtbehälter deorbitiert. Das ATV braucht für alle Manöver etwa 1,5 bis 1,8 t Treibstoff für seine Manöver. Dieses Gefährt ist doppelt so schwer, daher ist die Menge zu verdoppeln. Das Driften bis auf 200 km Höhe erfolgt daher auch um Treibstoff zu sparen. Ich rechne mit 3 t pro Manöver. Da ein Treibstoff-ATV aber 14 t Treibstoff mitführt kann er vier dieser Manöver durchführen, oder wenn er mal die ISS anheben muss eben eines weniger.

Der Nutzen wird nun wenn man die Rechnung beförderte Nutzlast pro Start aufmacht.

  • Fall 1: Nur Treibstofftransport zur ISS: Dann braucht ein Treibstoff-Only ATV 1,8 t Treibstoff, 12,2 t bleiben für die ISS Anhebung: 62% mehr als beim ATV. Dabei dürfte das Gefährt durch Wegfall des ICC sogar billiger sein.
  • Fall 2: Nur Trockenfrachttransport zur ISS: Dann wird ein Treibstoff-Only ATV für vier Trockenfracht-ATV benötigt. Das sind dann 4 x 12,9 t Fracht bei fünf Starts: 10,32 t pro Start also 37,6 % mehr als beim ATV.
  • Fall 3: Gemischt: Bei zwei Trockenfrachtern und Reboost der Station sind es 2 x 12,9 t Fracht und 8 t Reboosttreibstoff auf drei Starts also 11,2 t pro Start oder 50% mehr als beim ATV.

Was wegfällt ist der Transport von Wasser, Refülltreibstoff und Gase. Wasser kann wie beim HTV in Kanistern mitgeführt werden. Zudem ist der Wasserbedarf gesunken weil die NASA ein neues Umweltkontrollsystem bei STS-132 installierte, ein europäisches das weitere 450 l pro Jahr einspart, ist 2015 geplant. Refülltreibstoff kann von den Progress gebracht werden, genauso wie Gase. Wichtiger war der Reboosttreibstoff beim ATV.

Andere Vorteile

Analog wie so ein Frachtbehälter transportiert werden kann, kann auch ein Labor befördert werden. Es gibt aufgrund des Streichens von zwei Modulen und des CRV drei nicht belegte Andockstellen im US-Segment. Anstatt einem „Treibstoff-Only“ ATV kann auch ein Labor mit einem CBM und einem RDS Adapter gestartet werden. Es wird dann vom Treibstoff-Only ATV zur Station gebracht und im US-Segment angedockt. 20 t Startmasse reicht für ein gut ausgestattetes Labor, auf jeden Fall mehr als ein Space Shuttle zur ISS bringen kann. So könnte die Station ausgebaut werden, wenn schon ein längerer Betrieb geplant ist, dann wäre das sinnvoll. Es stände auch ein Gefährt zur Verfügung um die meisten Module abzukoppeln und zu deorbitieren oder ersetzen. Ausnahme wären die Verbindungsknoten, weil immer ein Kopplungspunkt ein RDS sein muss.

Mit 14 t Treibstoff wäre der „Treibstoff-Only“ ATV auch fähig die Station zu deorbitieren, wofür das heutige ATV mehrere Flüge bräuchte.

Das System ist flexibler als ein ATV, da man wenn es nötig ist einen Frachttransporter starten kann und wenn nicht einen Treibstofftransporter. Bei den ATV Flügen 4+5 ist ja die Problematik gegeben, dass vor allem Fracht benötigt wird, während ATV-002 fast nur Treibstoff trasnportiert – ein Teil ist immer nur teilbefüllt.

Tuning

Beim Wiederverwenden des einen ATV’s macht es eigentlich keinen Sinn jedes Mal den Frachtbehälter zu deorbitieren. Es würde reichen von der ISS abzukoppeln, die Bahn leicht um einige Kilometer abzusenken und dann den Frachtbehälter abzukoppeln und bis zum Start eines neuen Frachters eine höhere Bahn einzuschlagen (um den eigenen Treibstoffbedarf zu minimieren). Der Frachtbehälter sinkt ab und wird von alleine verglühen. Damit er in Einzelteile zerfällt, sollte einen Selbstzerstörungsmechanismus beinhalten der durch Funkkommando aktiviert wird oder noch besser durch einen Temperatursensor, dann sprengt er sich erst wenn er durch die Reibungshitze eh am Verglühen ist. Dann muss er nicht wie das ATV gezielt deorbitiert werden, da die Bruchstücke (anders als der komplette Behälter) in jedem Falle verglühen und nicht den Erdboden erreichen. Der Vorteil: Die Hälfte des Treibstoffs kann eingespart werden. Rechnet man mit nur noch 2 t pro Kopplungsmanöver so verbessert such die Frachtbilanz beim reinen Trockenfrachttransport auf 50 % anstatt 37%.

Ich denke auch dass ein reiner Frachtbehälter billiger kommt als das Servicemodul, sodass so sogar Einsparungen zu Realisieren sind.

2 thoughts on “Anstatt dem ARV

  1. Also was China angeht, da bin ich ja noch sehr skeptisch. Man stellt ja gerade fest, das China sich einen feuchten Dreck um Patente kümmert, auf die die westliche Industrie ja so Stolz ist, weshalb sie ja auch versucht, ihr Patentsystem in den Ländern einzuführen, die bisher auch sehr gut ohne Patentrecht auskamen. Ich glaube, da wird man doch eher versuchen, die Chinesen aussen vor zu halten, um seine Patente zu schützen. Weitere politische Gründe sind ebenfalls denkbar.
    Ach ja, und gegen die Schildbürgerstreiche der US-Regierung sollen ja bisher zumindest solide Verträge helfen, die hohe Strafzahlungen bei nichteinhaltung beinhalten, so das es für die US-Regierung letzlich billiger ist, sich auch an die Verträge zu halten.

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