Gemietete Anwendungen?

Gestern lass ich in der ct eine Satire als Editional, welche das Konzept der Tintenstrahldrucker auf ein ipad überträgt – ohne "virtuelle Tinte" bleibt der Bildschirm weiß, dafür kostet das ipad nur 39,80 €. Ich dachte mir beim Durchlesen – das wäre für mich, der sich für so was nur als Buch-Ersatz interessiert sogar interessant – da braucht man wenig virtuelle Tinte, zumindest verglichen mit Bildern, Webseiten und Videos.

Irgendwie erinnerte mich das Grundkonzept – für die Nutzung von Hardware zu zahlen – an was anderes, das nun nach 10 Jahren erst im Kommen ist. Mitte der neunziger Jahre propagierte Larry Ellison, Chef von Oracle den Netzcomputer. Wenn man sich ihn so hört, hat er recht – warum soll man einen Computer installieren, dauernd auf dem neuesten Stand halten und dafür noch viel Geld für die Hardware ausgeben? Er sagte damals, dass kann man sich doch alles aus dem Netz holen. Der Computer wäre ein Thin Client, also nur Prozessor mit Speicher und Netzanschluss.

Aus Anwendersicht ist das sicher ein viel einfacher zu wartbares Gerät. Ellisons Gedanke war wohl auch, dass die Karten neu gemischt werden – Microsoft hätte da keine Macht mehr gehabt, auch wenn der Hersteller natürlich durch die Bootvorgaben noch mehr Macht hat als heute Microsoft.

Das ist damals gescheitert, dass es weder die dazu notwendigen Breitbandnetze gab, noch einen Prozessor der Java schnell genug ausführen konnte – Java war als interpretierte, plattformübergreifende Sprache mit den Fähigkeiten für Remote Access als Sprache auserkoren.

Heute ist beides verfügbar, aber weil ein PC heute weniger als die Hälfte von damals kostet und die Festplatte, die man als einziges einsparen kann, davon vielleicht 50 bis 80 Euro ausmacht gibt es so was nicht im Consumermarkt, ich habe die Dinger aber schon bei Büroarbeitsplätzen gesehen. Dort läuft aber normales Windows drauf und nur ein Fileserver übernimmt das Hosten aller Daten inklusive Backups.

Was aber wiederkommen könnte, ist das Grundkonzept: Ich installiere mir eine Anwendung nicht lokal, muss mich um die Updates etc. kümmern, sondern ich nutze sie nur übers Web. Microsoft und Google entwickeln schon Online-Offices. Die sind noch nicht für alle geeignet, was vielleicht daran liegt das es noch immer zu langsam ist – ich denke mit Java sollte es schnell genug gehen, aber meistens wird mit Ajax gearbeitet.

Ich weiß auch nicht ob Office als eine Anwendung die man recht häufig benutzt und die auch ziemlich komplex ist. Aber wenn ich mal Revue passieren lasse – so viele Anwendungen benutze ich nicht regelmäßig – Openoffice, WebExpression, Delphi, PicturePublisher und einige Tools. Viele Sachen braucht man aber nicht regelmäßig. Manche dinge sind nach einiger Zeit langweilig, so viele Spiele9. Warum also nicht nur für die Nutzung zahlen. Einen Dienst für die Online Steuererklärung gibt es schon – solange kostenlos, bis man sie abschicken will, was natürlich auf einen Bezahlservice rausläuft, denn wer will denn alles nochmal dann in das Formular von Hand eintragen.

Die Steuererklärung, die man nur einmal pro Jahr ausfüllen muss ist sicher auch dafür prädestiniert. Das ganze ist auch grafisch nicht anspruchsvoll. Nur zeigt sich da auch der Nachteil des ganzen: In der Regel werden dann auch die Daten extern lagern. Das mag mehr Sicherheit in Bezug auf Ausfälle von Festplatten geben, denn ich gehe mal davon aus, dass diese Server als RAID mit Backup angelegt sind. Auf der anderen Seite liegen dann persönliche Daten beim Anbieter – am brisantesten vielleicht die Steuererklärung. Da gehört schon viel Vertrauen in den Service. Doch denke ich kann man das lösen indem alle Daten bei Erstellen mit einem Passwort verschlüsselt werden – es muss dann beim Öffnen erneut eingegeben werden. Wird das Passwort als Basis für eine sichere Verschlüsselung wie AES genutzt, dann sollte aber auch das Problem gelöst sein.

Wie der eine oder andere bemerkt hat, gab es am Freitag erst spät einen Blog und Samstags gar keinen – zum einen, weil ich am Freitag nun meine Vorlesungen halte, also wenig Zeit habe. Zum andern fallen mir gerade nicht so viele Themen ein. Es wäre mal Zeit für ein paar Gastblogs…

3 thoughts on “Gemietete Anwendungen?

  1. Das Konzept ist ja uralt und war frueher viel mehr verbreitet als heute, nicht umgekehrt.

    Erst seitdem PCs so billig sind und Microsoft den Versuch unternommen hat, sie fuer jeden benutzbar zu machen (was klaeglich gescheitert ist und mit jeder neuen Windows-Version aufs neue scheitert), gibt es Firmen, in denen es keinen Systemadministrator mehr gibt und jeder seinen eigenen Arbeitsplatz mit voller Softwareausstattung hat. Ich muss es wissen, ich bin jeden Tag bei solchen Firmen, repariere alles, schmeisse die Viren runter etc. und frage sie dann, warum sie nicht wieder Karteikarten benutzen.

    Es gibt aber auch heute noch vernuenftige Firmen, die tatsaechlich irgendwo einen zentralen Server stehen haben, der nicht nur Dateien, sondern auch die Anwendungen hostet und wo die Arbeitsplaetze nur Thin Clients sind. Ich weiss nicht, wie Du darauf kommst, dass es sowas nicht mehr gaebe 😉 Oder hab ich Dich falsch verstanden?

    Ich kenne z.B. ein Steuerberaterbuero, das allen seinen Kunden sogar uebers Internet ueber VPN/RDP die Buchhaltungssoftware anbietet… das klappt sogar mit einer stinknormalen ADSL-Verbindung recht flott.

  2. Die Technik für solche gemieteten Anwendungen ist selbst im Windows Bereich spätestens seit Windows NT 3.5 verfügbar.

    Für ganz einfache Anwändungen hätte 2x ISDN gereicht, 1MBit ADSL reicht selbst heute für vieles aus.

    Microsoft hat das dann seit Windows NT 4.0 mit der damals neuen Lizenzpolitik zu verhindern gewußt. Es rechnet sich nur wenn man floating Lizenz einsetzen kann wie damals im Unix Bereich üblich, wobei eine floating Lizenz nicht mehr als das doppelte einer User gebundenen Lizenz kosten darf.

    Heute hätte ich solche Remote Anwendungen gerne im Büro. Jeder Arbeitsplatz sollte ein Linux oder Solaris PC sein, und für die erforderlichen Windows Anwendungen sollte ein dicker Server zentral gepflegt werden, so daß die Anwendungen auf dem Unix Desktop als Fenster erscheinen. (Wie remote X Fenster von anderen Servern.)
    Ist aber heute immer noch ein Lizenz Problem, man muß für jeden beteiligten Arbeitsplatz eine CAL kaufen, und ich hätte es gerne so, daß man ausschließlich für die gleichzeitig benötigten Anwendungen eine CAl benötigt.

  3. Also ich halte von dem Konzept gar nichts. Für Firmen mag ein zentraler Server der neben den Daten auch die Anwendungen hostet nützlich sein, weil viele Leute ständig damit umgehen müssen, und die Daten konsistent bleiben sollten. Aber meine persönlichen Daten, die ich selbst produziere, mit welcher Anwendung auch immer, die haben auf externen Servern absolut nichts verloren! – Völlig unabhängig davon, wie gut sie dort verschlüsselt sind. Denn gerade beim Passwort liegt auch immer der sicherste Angriffspunkt. Wer benutzt denn schon „sichere Passwörter“ à la „Qsr5tm3KtR0Bw59G“?

    Dann die ganz praktischen Fragen wie: Werden die Daten verschlüsselt übertragen oder nicht? Wie sieht es mit komplizierteren Anwendungen wie beispielsweise CAD aus? – Soll da jede Mausbewegung und jeder Klick erst übers Netz gehen, weil das CAD-Pragramm auf einem Server läuft, der irgendwo „in der Cloud“ des Webs steht? Oder Musiker, die ihre neu eingespielten Komopsitionen erst mal sonst wohin übertragen müssen, damit sie sie bearbeiten können? Oder um aus 30 Stunden Viedomaterial des letzten Urlaubs einen ansprechenden Film zu machen, der nicht länger als ca. zwei Stunden ist, so das man interessierter Verwandschaft und Freunden zwar alles mögliche zeigen kann, sie aber nicht langweilt. Soll das auch erst alles in „die Cloud“ kopiert werden, bevor man mit dem Schneiden beginnen kann? – Das kann es ja wohl nicht sein.
    Abgesehen davon beisst sich das Konzept mit dem OpenSource Gedanken. Denn Software, die nicht auf dem Rechner des Users vorliegt, so das er damit machen kann, was er will, ist nicht frei im Sinne von Open Source.

    Solange sich die Gesellschaft auf dieser Welt nicht in einer Richtung verändert, in der kein Mensch mehr einem anderen etwas Böses will, bzw. Neid, Misgunst und auch Konkurenzdenken nicht verschwunden sind, solange wird sich dieses Konzept nicht durchsetzen. (Meine Meinung.) Ein Anfang zur Veränderung der Gesellschaft liesse sich im Geschäftsleben machen, indem das Patentrecht ersatzlos abgeschafft wird und alles auf Open Access umgestellt wird. Und das mit sämtlichen Erkenntnissen und allem Wissen, das die Menschheit bisher hervor gebracht hat. (Nicht nur Forschungsergebnissse, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden.) Vergleichbares gilt fürs Urheberrecht. Parallel dazu ist das wirtschaftsleben wieder auf den Menschen und die Gesellschaft hin auszurichten, d.h. es hat der Menschheit als ganzer zu dienen, und nicht nur einigen wenigen Individuen. Und es darf schon gar kein Selbstzweck sein. Man könnte also sagen: „Der Mensch arbeitet um zu leben, aber er lebt nicht, um zu arbeiten“. Aber das greift zu kurz weil es nur einen Teil des Lebens umfasst und immer noch in einem materialistischem Denkmuster fest hängt.
    Wenn die Menschheit eine Gesellschaft wie die oben skizzierte hervor gebracht hat, dann liesse ich mit mir über so etwas wie gemietete Anwendungen diskutieren. Aber selbst dann hat ein persönliches Tagebuch (sofern der Mensch denn eines führt) nichts in einer Cloud zu suchen. Bzw. der Texteditor dafür hat auf einem lokalen Rechner zu liegen, den einzig der User kontrolliert, der das Tagebuch führt.

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