Guttenberg Nachlese

Noch eine Nachlese zu Gutti, der ja nun zurückgetreten ist. Insgesamt blieb doch ein schaler Beigeschmack, denn eingesehen hat er nichts. Kein Eingeständnis von Schuld obwohl man inzwischen ja mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann dass seine ganze Doktorarbeit zusammenkopiert ist. Warum auch? Von jemand der von sich schreibt „ „[Ich] habe vor dem Eintritt in die Politik in der freien Wirtschaft gearbeitet, war dort tätig, habe dort Verantwortung im eigenen Familienunternehmen getragen.“ und damit ein Unternehmen mit 20.000 Mark Jahresumsatz und „zirka“ drei Mitarbeitern meint oder von Autorentätigkeit und Auslandsaufenthalten spricht und damit Praktika und Hospiztätigkeiten meint und dann nachdem er sein erstes Staatsexamen mit einem „befriedigend“ abschloss, schon soweit protegiert wurde, dass er trotzdem eine Doktorarbeit machen dürfte und die dann wohl auch kaum geprüft oder vielleicht bewusst nicht geprüft wurde, der meint wohl mit Schwindeleien alles zu erreichen, man muss nur die Bildzeitung hinter sich haben, die ja auch Ratschläge für die Politik gibt.

Und wenn man dann der Liebling der Massen ist und die Kanzlerin dann noch von einem sagt: „Ich habe keinen wissenschaftlichen Assistenten oder einen Promovierenden oder einen Inhaber einer Doktorarbeit berufen, sondern mir geht es um die Arbeit als Bundesverteidigungsminister. Die erfüllt er hervorragend, und das ist das, was für mich zählt.“, dann hat man es doch geschafft? Wenn kann so jemand stürzen? Das Bildungsbürgertum und das Internet. Die kleine Minderheit die trotz intensiver Bemühung zahlreicher Regierungen noch nicht verdummt ist hat aufbegehrt. Und anders als man bei Familie Guttenberg vermutet, ist das Internet primär nicht dazu da, damit Pädophile nach Opfern suchen, sondern, dass Leute Informationen austauschen und zusammen die Arbeit auf kopierte Textstellen untersuchen – zack entdeckt man, dass die Arbeit zu 73% aus Plagiaten besteht…

Was erschreckend ist: Das ist wie lange es gedauert hat, fast zwei Wochen seit den ersten Vorwürfen. Meinte Guttenberg denn wirklich damit durchzukommen? Im Zeitalter des Internets? Dann noch diese unwürdige Salamitaktik, die noch nie irgend einem Politiker genützt hat. Viel schlimmer ist aber, dass ihn andere noch deckten, als schon klar war, dass es sich nicht um ein paar Stellen handelt, sondern ein Großteil der Arbeit zusammenkopiert ist. Vor allem der obige Satz der Kanzlerin ist für mich exemplarisch: Denn es geht um die Glaubwürdigkeit eines Ministers. Wenn jemand sich einen Doktortitel erschwindelt hat, seinen Lebenslauf „gepimpt“ um darüber hinwegzutäuschen, dass er bisher in seinem Leben studiert hat, mit ach krach sein erstes (von zwwei Staatsexamen) bestanden hat und dann sich nicht mehr die Mühe macht das zweite abzuschließen, sondern beschloss nun Berufspolitiker zu werden, ohne über Lebenserfahrung aus einer beruflichen Tätigkeit aufweisen zu können, vor allem wenn man selbst die Homepage titelt: „Verantwortung verpflichtet“. Verantwortung zu seinen Fehlern zu stehen? Verantwortung die Wahrheit zu sagen und nicht die Öffentlichkeit anzulügen?

Es ist beschämend, dass dieser Mann so lange gedeckt wurde und bis heute offensichtlich gedeckt wird – denn das der Rücktritt berechtigt war und gute Gründe hatte, das war ja auch heute nicht Merkel zu entlocken. Es ist die Arroganz einer machtkorrumpierten Regierung, die sich von moralischen Maßstäben wie Integrität, Anstand, Ehrlichkeit längst gelöst hat. Und sie hat nichts kapiert. So sagte sie heute in einer Wahlkampfveranstaltung im Musterländle: „Soviel Scheinheiligkeit und Verlogenheit war selten in Deutschland”, sagte Merkel am Dienstag bei einem Wahlkampfauftritt in Karlsruhe. Der Opposition gehe es nicht um den Erhalt der wissenschaftlichen Werte, sondern vor allem um die Schwächung der Union. „Wir müssen uns von niemandem erklären lassen, was Anstand und Ehre in unserer Gesellschaft sind.” (geklaut von Bild.de). Nein Angi es ist nicht die Opposition die sich darüber aufregt. Die Opposition regt sich über jeden Pubs auf. Was deinem Vorzeige-strahlemann das Amt gekostet hat ist dass ein immer größerer  Teil der Bevölkerung sein Verhalten als unredlich und verwerflich fanden. Aber du hast ja auch den Kontakt zum Volk verloren und in Wahlveranstaltungen mit Anhängern wirst Du ihn auch nicht mehr zurückbekommen.

Die Regierung lügt uns ja fortwährend an bzw. die Medien die auch gerne die frohe Botschaft verkündigen. So heute: Es gäbe einen Fachkräftemangel weil die Arbeitslosigkeit gesunken ist. Okay, in der Jobbörse stehen heute 3.514.623 Stellengesuche, 724.956 Stellenangebote und 225.081 Ausbildungsstellen, also rund viermal so viele Arbeitslose wie offene Stellen – Fachkräftemangel? Wie bezeichnet ihr denn den Zustand wenn es nur noch doppelt so viele Arbeitslose wie offene Stellen gibt? Als Überbeschäftigung? Dabei sind das ja nicht alle die arbeitslos sind, sondern nur die als arbeitslos gemeldeten, aber nicht die in Weiterbildungsmaßnahmen, die in 1 Euro Jobs, die im Vorruhestand und die die zwar nach Arbeit suchen, aber nicht bei der Agentur gemeldet sind, weil sie keine Gelder mehr bekommen und dort nur in regelmäßigen Abständen antanzen.

Aber die Medien greifen es gerne auf – klingt ja nach supertoller Nachricht: es mangelt an Arbeitskräften. Dumm nur das durch dummes Gerede keine Stellen geschaffen werden.

7 thoughts on “Guttenberg Nachlese

  1. Hallo Bernd,
    sein Verhalten und sein Lebenslauf – das passt ja wie die Faust aufs Auge. Der hätte ja noch versuchen können uns Staatsbürger, als „einfacher“ Abgeordneter von seinen Arbeits-„Qualitäten“ zu überzeugen.
    Dazu sah er sich nicht in der Lage.
    Aber seinen Abgang mit stilvollen Worten verzieren – das kann er. Wo er das bloß her hat?
    Bin gespannt welchen repräsentativen Job und von welcher Firma er in der Industrie nun zugedacht bekommt.

  2. Also ich finde das Verhalten und den Lebenslauf stimmig: Im Lebenslauf hat er nichts wirklich selbst geleistet und im Verhalten ist es ja auch so, dass nun immer andere Schuld sind: Seine Untergebenen in der Kundus Affäre, der Kapitän der Gorch Fock, nun die Medien am Rücktritt…

    Er selber kann nix – weder als positiv eine eigene Leistungdie er vorweisen kann noch im negativen z.B. selbst Fehler machen….

  3. Ich bin auch froh, dass KT neben seinem Ministeramt auch sein Bundestagsmandat niederlegt. Wir erinnern uns, ein Abgeordneter ist Volksvertreter, also eine Vertrauensperson, Sachwalter der Leute, die ihn gewählt haben.

    Fachkräftemangel in der Deutschen Wirtschaft? Ich hab mal gegooglet, in der Hoffnung belastbare Infoszu finden, in welchem Bereich welche und wieviele Fachkräfte gesucht werden. (Ich hatte die naive Hoffnung, ich sei einer davon….)

  4. Die Arbeit als Bundesverteidigungsminister erfüllt er hervorragend? Ausgerechnet einer der keine Vorschriften einhält verlangt von seinen Untergebenen, daß sie sich an die Vorschriften halten. Und der soll für diesen Job geeignet sein?
    Was kann er denn überhaupt? Moralisch eine Null, fachlich ebenfalls (ein Jurist sollte wenigstens wissen was Vorschriften sind und wie man sie einhält!), und beim Schummeln hat er sich so saublöd angestellt, daß es jedem Schüler nur ein mitleidiges Grinsen entlocken kann.

  5. @alle

    Fazit der Guttenberg-Geschichte (mit Joseph de Maistre, 1826):

    Der Wissenschaftspöbel kann zwar den Adel stürzen (siehe schon 1789), aber der Adel tut gut daran, sich nicht auf das zänkische (unterste) Niveau von Wissenschaftlern herabzulassenâ

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