Geld verdienen mit Schlacken
Heute wieder ein kleiner Auszug aus dem aktuellen Buchmanuskript ….
Besonders auf Webseiten, die eine rein vegetarische Ernährung propagieren, wird postuliert, dass zu viel Eiweiß im Dickdarm zu faulen anfangen kann. Das kann vorkommen, jedoch nicht wegen einer zu reichlichen Eiweißernährung, sondern eher bei einer Darmerkrankung oder gestörten Darmflora. Im Normalfall wird das Eiweiß auch bei großen Mengen quantitativ resorbiert. Es gibt schließlich Völker, die als Jäger fast keine pflanzliche Kost aufnehmen. Diese Vorstellung ist die Grundlage einiger Diäten oder Ernährungsformen, wie der Waerlandt Kost, der auch die Vorstellung inneliegt, der Körper würde bei einer zu reichlichen Eiweißernährung „Schlacken“ bilden. Dieses Bild stammt aus einer Zeit, als man noch nichts über die biochemischen Vorgänge im Körper wusste. Wenn es etwas gibt, das im Sinne einer Schlacke wie bei einem Hochofen anfällt, so ist es der beim Abbau entstehende Harnstoff. Dieser ist jedoch wasserlöslich. Probleme kann es nur geben, wenn man zu wenig trinkt.
Trotzdem kann man mit dem Begriff der Schlacke auch heute noch gutes Geld machen. So gibt es das Buch von Andreas Moritz. Er verspricht, dass man nach einer kurzen Fastenperiode durch den Genuss von Olivenöl, Grapefruitsaft und Bittersalz seine Gallen- und Lebersteine los wird. Auch dies sollen Schlacken sein, nur haben sie sich eben im Körper gebildet. Und in der Tat finden sich dann in den Ausscheidungen kleine Steinchen, sogar recht viele, so viele, wie niemals die Gallenblase oder Leber aufnehmen kann. Nur sind diese „Gallensteine“ doch sehr seltsam. Sie sind sehr weich, lassen sich problemlos schneiden, ohne zu zersplittern, und verfärben sich nach kurzer Zeit ins Dunkelbraune, Schwarze.
Das Rätsel löst sich auf, wenn man Grundkenntnisse in Chemie hat und die Physiologie des Körpers kennt. Das Bittersalz ist chemisch Magnesiumsulfat. Sulfate haben eine stark abführende Wirkung und werden daher auch vor Fastenkuren eingenommen, um den Darm zu entleeren. Das Bittersalz bewirkt daher eine stark verkürzte Darmpassage. Zur „Kur“ gehören noch 100 ml Olivenöl. Diese große Fettmenge kann in der kurzen Zeit nicht aufgenommen werden. Was passiert ist eine Reaktion zwischen den Fettsäuren, die durch die Enzyme aus dem Fett entstanden und dem Magnesium aus dem Magnesiumsulfat. Was entsteht ist eine Seife, nur mit Magnesium anstatt mit Natrium, woraus normale Haushaltsseife besteht. Eingeschlossen in sie Seifenkörner wird dann noch, was sonst noch so im Darm schwimmt, vor allem Abbauprodukte von eisenhaltigen Eiweißen, die dann an der Luft schnell nachoxidieren und so von einer ockergelben Farbe ins Dunkelbraune wechseln. Die steinförmige Struktur bekommen sie von der Darmperistaltik, die den Inhalt bewegt. Genauso wie sie im Schnee einen schönen Schneeball durch Rollen im Schnee bekommen, sammelt so ein kleiner Anfangsstein umliegende Seifenmoleküle auf und wächst zu einem kugeligen Seifensteinchen heran. Wie jede andere Seife sind die Steine dann leicht schneidbar und weich. Kurzum: Die Gallen- und Lebersteine sind erst durch die aufgenommenen Ingredienzien entstanden. Immerhin gehört zu dieser Masche einiges an Fachwissen, denn wählt man das falsche Öl, z.B. eines mit hochungesättigten Fettsäuren, so entstehen Schmierseifen, die man nicht mehr als Gallensteine ausgeben kann. Wenn diese Kur gesundheitsförderlich ist, dann vor allem durch den Glauben an sie und die vorher nötige Fastenzeit, denn sonst verbinden sich die Seifensteine mit dem Darminhalt und sind nicht aufzufinden.
Zu der im heutigen Beitrag dargestellten „Kur“ gegen Gallensteine gab es auch einen Bericht im TV. Das erinnert irgendwie an das Quacksalbertum und die Rosskuhren des 17.Jh.
Ich denke ausgewogene Ernährung mit möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln und ausreichend Bewegung ist der Kern eines gesunden Lebenswandels.
Ich muss mich langfistig um meine Gesundgheit bemühen. Aber es ist natürlich viel einfacher, den Leuten zu versprechen sie könnten bequem und verantwortungslos leben und mit einer kurzen, vielleicht unangenehmen, Kur alle wieder richten.
Dann kann man ach mal Nuss-Nougatcreme aufs Brot schmieren und das genießen. Aber man sollte sich doch bitte nicht einbilden, ein Lebensmittel das zu 97% aus Zucker und Fett besteht könne so gesund sein wie es die Werbung verspricht.