Tetesept Magnesium mit „Wirkbeschleuniger“
Derzeit gibt es wieder mal einige Werbespots für Mineralstoffpräparate. Einen habe ich schon vor Jahren unter die Lupe genommen, das war das „Apothekenmagnesium“ in „Apotheken Qualität“. Dieser Begriff ist nicht genau definiert und bezieht sich meist auf Wildkräuter wo man Verunreinigungen nicht ausschließen kann bzw. die Wirkstoffe unterschiedlich stark konzentriert sein können. Bei einem Mineralstoff ist er völlig unangebracht, weil dieser als Salz relativ einfach analytisch auf Reinheit geprüft werden kann und man ja eine Quelle mit unveränderlicher Aufarbeitung oder Reinheit nimmt. Da hätte ich eher Abkürzungen wie „p.A.“ (pro Analysi, für die Analyse geeignet, eine der wichtigsten Qualitäten bei chemischen Substanzen).
Aber darum geht es heute nicht, sondern um die Aufnahme von Mineralstoffen im Speziellen und das Werbeversprechen von Tetesept mit dem Magnesium mit dem Wirkbeschleuniger „MTS“. Ein Besuch der Website von Tetesept ergab, dass es nicht nur Magnesium mit diesem Zusatz MTS gibt.
Fangen wir mit etwas grundsätzlichem an. Wie werden Mineralstoffe aufgenommen? Es gibt drei Mechanismen wie der Körper Nährstoffe, Vitamine oder Mineralstoffe aufnehmen kann. Die grundsätzliche Problematik ist diese: es gibt in einem Medium, das eine Zelle umgibt oder an sie angrenzt eine Konzentration eines Stoffes und innerhalb einer Zelle eine andere. Das Medium kann der Darminhalt sein, aber auch das Blutserum oder der Harn sein. Der Stoff soll nun in die Zelle gelangen. Die einfachste Möglichkeit ist die der Diffusion. In diesem Falle ist in der Zelle die Konzentration des Stoffes kleiner als außen. Sofern die Membran durchlässig für diesen Stoff ist, kann dieser in die Zelle eindringen und die Konzentration ausgleichen. Dieser Transport kommt zum Stillstand, wenn außerhalb der Zelle wie innerhalb die gleiche Konzentration herrscht. Dieser Transport wird als „passiver Transport“ bezeichnet. Angewandt auf die Aufnahme von Stoffen aus dem Darm muss dieser Transport zum Stillstand kommen, wenn innerhalb der Zelle die gleiche Konzentration wie im Nahrungsbrei herrscht. Die Zelle kann nun dem Stoff weiter in die Blutbahn abgeben und so die Konzentration im Zellinneren absenken, aber es wird immer Reste im Nahrungsbrei geben und dieser Transport ist zudem sehr langsam.
Am häufigsten in unseren Zellen ist jedoch der aktive Transport. Es gibt zahlreiche verschiedene aktive Transportvorgänge, aber alle benötigen Energie. Üblich ist das der Stoff der transportiert werden kann, an der Zellaußenseite an ein Transportprotein andockt, dieses Protein transportiert den Stoff durch die Zelle und an der Innenseite wird er wieder abgespalten, wofür Energie verbraucht wird, um die Bindung zu lösen. Der Vorteil dieses Transportmechanismus ist, dass er gegen den Konzentrationsgradienten erfolgen kann. Das ist wichtig (wenn z.B. die Zellen Glucose aus dem Blut aufnehmen sollen, obwohl sie selbst Glucose enthalten, oder die Niere den Harn konzentrieren muss, und dabei eine höhere Konzentration erreicht als im Serum herrscht. Vor allem aber kann man nur so die Nährstoffe und Vitamine aus dem Nahrungsbrei aufnehmen, da sonst die Aufnahme stoppen würde, wenn der Nahrungsbrei die gleiche Konzentration wie das Blut hätte. Ein Großteil der Nahrung wäre so ungenutzt. Daher braucht das Verdauungssystem auch einen guten Teil der Gesamtenergie unseres Grundumsatzes, etwa 15% nur um die Nährstoffe überhaupt aufzunehmen.
Eine Zwischenform ist die erleichterte Diffusion. Bei ihr koppeln auch Stoffe an Transportsysteme an der Zelloberfläche oder spezifische Kanäle an, aber es wird für den Transport keine Energie benötigt. Wie bei der Diffusion kommt dieser Transport zum Stillstand, wenn die Konzentration innen und außerhalb der Zelle gleich hoch ist. Er ermöglicht aber dass ein Stoff ins Zellinnere gelangt für den die Membran undurchlässig ist.
Nährstoffe und Vitamine werden vor allem aktiv transportiert, bei den Mineralstoffen ist die Situation von Element zu Element unterschiedlich. Calcium, das ist relativ gut untersucht wird wahrscheinlich durch Diffusion oder eine erleichterte Diffusion aufgenommen. Im Mittel wird nur 25 bis 35% des Calciums in der Nahrung auch in den Darm aufgenommen. Bei Magnesium folgt dieses zwar auch der Potentialdifferenz, aber einfache Diffusion kann man ausschließen. Kinder mit einem Magnesiummangel aber normaler Calciumversorgung lassen auf spezifische Transportproteine schließen, die aber noch nicht bekannt sind. Da auch Magnesium im Mittel nur zu 40% resorbiert wird, kann kein aktiver Transport vorliegen. Bei dem aktiven Transport der Makronährstoffe (Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate) werden über 90% aufgenommen.
Es ist bekannt dass die Aufnahme von Mineralstoffen aber von der genauen Zusammensetzung des Nahrungsbreis abhängt. Es gibt Faktoren, welche die Aufnahme erhöhen oder absenken. Calcium aus Milchprodukten, wo es als eine Verbindung als Calcium und Eiweiß, vorliegt wird sehr gut aufgenommen. Das gleiche gilt wenn sehr viele organische Säuren vorhanden sind, weshalb auch vorgeschlagen wird Calcium als Salz einer organischen Säure wie der Apfelsäure oder Zitronensäure zuzuführen. Die Säuren bilden einen Käfig um das Mineralstoffatom und mit den Säuren wird auch der Mineralstoff aufgenommen. Es ist aber auch möglich, dass Stoffe mit den Mineralstoffen, die ja alle Kationen sind reagieren und dann schwerlösliche Salze bilden. Bekannt ist dies von der Oxalsäure die in Rhabarber und Spinat steckt und der Phytinsäure, die im Getreidekorn vorkommt. Bei Calcium und Magnesium wird der Einfluss aufgrund der hohen Menge der Elemente und ihrer chemischen Natur als gering eingestuft. Bei Zink ist aber bekannt, das Zink aus pflanzlichen Nahrungsmitteln um ein vielfaches weniger stark aufgenommen wird als Zink aus tierischen Lebenmsitteln.
Bei Tetesept wird beworben, dass es ein spezielles Transportsystem MTS enthält, oder wie der Hersteller schreibt: „Das zum Patent angemeldete Transportsystem MTS® besteht aus speziellen Bausteinen, die eine körperverwandte Struktur aufweisen und besondere Transporteigenschaften besitzen. Diese aktivieren den Nährstoff-Transport und sorgen so für eine optimierte Nährstoff-Zufuhr im Körper. “
Ich dachte dann zuerst an einen Stoff der Magnesium bindet z.B. eine organische Säure wie Zitronensäure. Man kommt aber ins Grübeln, wenn damit auch Vitaminpräparate beworben werden, wie eine Packung mit B-Vitaminen. Nun werden aber Vitamin meist aktiv aufgenommen. Schauen wir und mal die Zutatenliste der Magnesiumtabletten an:
Magnesiumoxid (60,5%); Füllstoffe: Mikrokristalline Cellulose, Polyvinylpyrrolidon; Trennmittel: Magnesiumsalze von Speisefettsäuren; L-Argininhydrochlorid (1,1%); Cyclohexanhexol (Inositol 0,9%); Überzugsmittel: Hydroxypropylcellulose, Hydroxypropylmethylcellulose; Trennmittel: Siliciumdioxid; Farbstoff: Titandioxid; Trennmittel: Talkum; Pyridoxinhydrochlorid (Vitamin B6 0,08%); Überzugsmittel: Öl, pflanzlich.
Verwendet wird reines Magnesiumoxid, das nicht besonders gut wasserlöslich ist. Wenn es stark gepresst wird, das hat der Autor schon bei anderen Tabletten festgestellt, ist es unverdaulich und kommen als ganze Tablette wieder im Kot zum, Vorschein. Was das geheimnisvolle MTS sein soll? Nun man muss rätseln. Ein Vergleich mit zwei anderen Magnesiumpräparaten ergab als Unterschied nur das L-Ageninhydrochlorid und den Inosit. Der letztere könnte als Süßmittel fungieren, da auch andere Magesniumpräparate gesüßt sind. Mit seinen vielen -OH Gruppen kann Inosit auch Magnesium komplex binden. Arginin ist eine weitverbreitete Aminosäure, zahlreiche Lebensmitteln enthalten rund 10% Arginin. Sie hat drei Amino- und eine Säuregruppe, dadurch ist die Gesamtladung im dissoziierten Zustand positiv und das Salz erfordert ein Anion, wie hier das Chlorid. Auch diese Aminosäure könnte an Magnesium binden. Das diese beiden Substanzen unter dem MTS zu verstehen sind, dafür spricht auch die Angabe der Menge in Prozent, denn als Nahrungsmittel (beworben wird es als Nahrungsergänzungsmittel und nicht als Medikament) muss bei allem was ausgelobt wird, die Prozentangabe angegeben werden und das ist eben nach den Angaben auf der Verpackung das Vitamin B6, das Magnesium und das geheimnisvolle MTS.
Kann Magnesium mit dem Transportmittel, also Inosit oder Arginin aufgenommen werden? Es sind rund 30-mal mehr Magnesium als Inosit und Arginin zusammen enthalten. Weiterhin ist das Molekül sehr leicht (Atommasse 24), während Arginin eine Molmasse von 174 und Inosit eine von 180 hat. Jedes Molekül wird aber maximal ein Magnesiumatom binden, eher dürfte es wahrscheinlich sein, dass mehrere Moleküle ein Magnesiumzentralatom umgeben. So können die geringen Mengen kein wirksames Transportvehikel sein.
Noch mysteriöser wird es bei dem Calciumpräparat. Hier macht das Calcium schon 88,7% des Inhaltes ganzen aus. Da ist eigentlich klar, dass der Rest keine besonders resorptionsfördernde Eigenschaft haben kann. Sehr seltsam ist auch die Zusammensetzung des Präparates. Wie andere Calciumpräparate enthält es auch Vitamin D. Vitamin D ist notwendig für die Einlagerung des Calciums in die Knochen, sonst nützt das aufgenommene Calcium dem Körper nichts. Daneben enthalten die Tabletten aber auch Vitamin E und K, die nichts mit dem Knochen- oder Calciumstoffwechsel zu tun haben. Für die Aufnahme der fettlöslichen Vitamine benötigt man Fett. der einzige fettlösliche Stoff in dem Zutatenverzeichnis sind aber Speisefettsäuren, die jedoch erst nach dem Vitamin E (0,4%) folgen, also nur in kleiner Menge vorhanden sein dürften.
Dafür ist nicht in der Beschreibung Eisenphosphat erwähnt, obwohl eine Tablette 43% des Eisenbedarfs deckt. Vielleicht ist beim Calcium Eisenphosphat das geheimnisvolle MTS?
Was offen ist ist ob dieses „MTS“ überhaupt wirksam ist. Da der Hersteller schuldig bleibt, um was es sich in jedem Präparat handelt und in welcher Menge es vorhanden ist und wie es wirken soll, bleiben mir sehr große Zweifel. Bei den Mineralstofftabletten machen die Mineralien den Großteil der Masse aus. Es sind zwar resorptionsfördernde Mechanismen bekannt (siehe oben) doch in beiden Fällen handelt es sich um die billigsten und einfachsten Verbindungen nämlich Calciumcarbonat („Kalk“) und Magnesiumoxid („Magnesia“). Würde zu den gehobenen Preisen der Präparate, die Salze der Zitronensäure also Calcium- und Magnesiumzitrat eingesetzt werden, so könnte man von resorptionsfördernden Präparaten sprechen und dies zu recht bewerben.
Die kleinen Menge an diffusen Wirkstoffen, kann dies nicht leisten. Der Hersteller benennt daher auch nicht das MRS und gibt seine Funktion nur sehr schwammig an „Das zum Patent angemeldete Transportsystem MTS® besteht aus speziellen Bausteinen, die eine körperverwandte Struktur aufweisen und besondere Transporteigenschaften besitzen. Diese aktivieren den Nährstoff-Transport und sorgen so für eine optimierte Nährstoff-Zufuhr im Körper.“. Also anstatt durch Studien nachgewiesene Wirkung hat man ein Patent beantragt – ob es wirkt ist bei Patenten nicht wesentlich, sondern nur ob es etwas neues ist, und ein beantragtes Patent ist kein erteiltes Patent.
In der Summe sind es Mineralstofftabletten mit fast derselben Zusammensetzung wie diese für einen Bruchteil des Preises aus dem Supermarkt nur mit nicht bewiesenen Werbeversprechen.
Billige Präparate halten aber auch nicht immer was sie versprechen, wie ein Test der ALDI Marke Multinorm zeigte.
Lieber Bernd,
vielen Dank für den ausführlichen Artikel. Ich finde Sie haben den Artikel auf den Punkt gebracht, wie Magnesium hilfreich sein kann.
Relativ günstige Mineralien teuer verpackt und aufwendig beworben…das scheint zum Trend zu werden. Die Aufzählung kann man beliebig fortsetzen bei den Vitaminen wie z.B. B12 ( ohne jetzt Namen zu nennen)
Ich darf schon die Dinge beim Namen nennen:
http://www.bernd-leitenberger.de/blog/2012/09/29/vitasprint/
Hallo,
das ist ein gut recherchierter Artikel, der zeigt, dass der Autor rechnen kann. Respekt. Vielleicht darf ich in diesem Zusammenhang ein bisschen Werbung für mein Magnesiumcitrat machen.
Anmerkung zu Magnesium
Das einzige Magnesium das zu 100% auf Zellebene absorbiert wird, ist eine Entwicklung von Dr. Carolyn Dean das auch patentiert wurde. Die renommierte Ärztin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Mg. Heute sind viele Patienten dankbar, das selbst sehr schwere Herzerkrankungen nur mit ihren Mg heilbar sind. Hier handelt sich um eine pikometer-ionische Form von Magnesium, deren Durchmesser kleiner als die Mineralionenkanäle im Körper ist. Seine direkte und vollständige Aufnahme in die Zellen bedeutet, dass das Präparat den Darm umgeht und nicht einmal den Dünndarm erreicht, wo es einen Durchfall verursachen könnte. Der Präparat ist aber nicht billig.
Die Bedeutung von Magnesium wird leider von vielen Menschen unterschätzt, er ist ein notwendiger Cofaktor, gefordert von 700-800 Enzymsysteme, welche die Tausende von biochemischen Reaktionen im Körper unterstützen. Es reguliert die Temperatur, produziert und transportiert die Energie, transportiert die Nervensignale und entspannt die Muskeln. Das Magnesium ist von entscheidender Bedeutung für den Metabolismus von Glukose, Fetten und Proteinen und es beeinflusst alle Körperzellen auf positive Weise, welche das Leben unterstützt. Das Magnesium unterstützt weiter die gesunden Knochen, durch die Regulierung von Calciumabsorption und durch den Metabolismus der aktiven Form von Vitamin D aus seiner inaktiven gespeicherten Form.
Wir wissen, das noch vor 100 Jahren 500 mg Magnesium pro Tag aus guter Ernährung erhalten könnten. Heute mit Glück, wenn wir 150- 200 mg Magnesium aus Ernährung erhalten – deshalb gibt es so viele Krankheiten. Wir wissen alle, sprechen auch alle, über die Bedeutung von Vitamin C, aber der ist nur in 8 Enzymen im Körper aktiv. Magnesium dagegen ist für über 800 Enzymprozessen verantwortlich.
Citrat Magnesium wäre die zweite Wahl. Warum? Citrat bindet Protonen (H-Ionen), die Träger der Säure, dadurch vermindert sich die Säurelast im Körper. Es wird auch weniger Bikarbonat verbraucht und somit die Pufferkapazität geschont. Die Tägliche Norm liegt bei 600 bis 800mg bei einen Gewicht von 70-85kg, Frauen in der Schwangerschaft sollen mehr Einnehmen. Richtig ist: Wir trinken das Magnesium nur Schluckweise über den ganzen Tag verteilt.
Richtigstellung zu Vitamin D3. Er ist nicht ganz für die Kalziumeinlagerung verantwortlich, sondern K2 das von Bakterien wie E. coli produziert, die auch im menschlichen Darm vorkommen. Weitere Wirkungen von Vitamin K: Es verhindert Kalkablagerungen in Weichteilen wie Blutgefäßen und Knorpeln. Daneben hilft es bei der Regulation von Zellprozessen sowie bei Reparaturprozessen in Augen, Nieren, Leber, Blutgefäßen, Nervenzellen und verlängert das Leben und senkt den Blutdruck.
Vitamin K2 arbeitet als sogenannter Co-Faktor bei der Aktivierung entscheidender Proteine (Eiweißverbindungen) wie Osteocalcin und MGP (Matrix-Gla-Protein). K2 ist damit maßgeblich für den Calcium-Stoffwechsel verantwortlich und hält dieses für den Knochen so wichtige Mineral in Balance. Mit anderen Worten: Vitamin K2 trägt dazu bei, dass Calcium in die Knochen und nicht in die Gefäßwände der Arterien gelangt (daher auch der positive Effekt auf das Herz-Kreislaufsystem). Dies geschieht durch die sogenannte Carboxylierung – der Verbindung von Calcium und Proteinen. Erst durch diesen regulierenden Prozess wird Osteocalcin und MGP (Matrix-Gla-Protein) in einen aktiven Zustand versetzt. Der Tagesbedarf liegt bei 200mikrog., auch mehr sind möglich, wurde auf den medizinischen K2 Kongress 2017 in Warschau erörtert.
Zusammenfassung:
Magnesium, Vitamin D3, und K2 als auch Omega-3 sind heute unerlässlich für ein gesundes Leben, ihre Supplementierung ist dringend angeraten, auch jüngeren Menschen. Nur ein Bluttest von D3 und Omega-3 kann zeigen wie der betroffener unterversorgt ist.