Die Ionentriebwerke bei BepiColombo

Derzeit widme ich der Raumsonde BepiColombo. Zum Glück für faule Autoren wie mich hat die ESA den Start ja regelmäßig verschoben, von ursprünglich August 2013 auf Oktober 2018 – zumindest derzeit. Gewisse Ähnlichkeiten zu Nauka und der Falcon Heavy sind nicht zu leugnen.

BepiColombo wird Ionentriebwerke einsetzen. Es sind zwei T6 Triebwerke, die mehrere Schublevel haben. Der minimale Schub beträgt 75 mN, der maximal 145 mN. Mit zwei Triebwerken ergibt sich so ein Stromverbrauch von 2,533 bis 9,256 kW. Die Benutzung von solarelektrischen Ionentriebwerken (SEP) war schon geplant als die Mission 2001 aufgelegt wurde. Damals ging man davon aus, das dadurch die Reisedauer von 6 auf 2,6 bis 3,6 Jahren je nach Träger sinken würde. Davon ist heute nicht mehr die Rede. Obwohl die Raumsonde inzwischen mit einer Ariane 5 anstatt einer Sojus gestartet wird – mit entsprechenden Reserven, da es wohl ein Einzelstart wird, wird die Sonde 7,5 Jahre unterwegs sein. Das ist länger als bei MESSENGER die 6 Jahre unterwegs war. Ebenso sind fünf Vorbeiflüge an Merkur geplant. Bei MESSENGER waren es nur drei.

Bahn von BepiColombo 2007
Bahn von BepiColombo 2007

Eigentlich sollte man mit Ionentriebwerken, wie in der Planung 2001 vorgesehen, die Reisedauer verringern. warum ist dem nicht so bei BepiColombo? Nun eine Erklärung liefert das Orbitdiagramm. Ich habe keines für die aktuelle Missionsplanung. Doch dieses von 2007 zeigt schon die Phasen und ich denke sie treffen auch auf die derzeitige Mission zu. Rot ist jeweils der Teil in dem die Ionentriebwerke aktiv sind. Die Raumsonde startet zuerst in einen GTO-Orbit. Das war damals notwendig, weil die Sonde nach den Planungen 3.065 kg wog und mit einer Sojus 2-1B starten sollte, deren maximale GTO Nutzlast 3.290 kg beträgt. Mit dem eigenen chemischen Antrieb hebt sie das Apogäum der Bahn an und fliegt schließlich am Mond vorbei der sie auf eine Fluchtbahn bringt. Danach dreht sie erst mal eine Runde um die Erde, wobei sie mit den Ionentriebwerken die Bahn so anpasst, dass sie die Erde so passiert, das diese sie zur Venus umlenkt. Es gibt dann zwei Venusvorbeiflüge. Der erste reduziert die Umlaufdauer der Transferbahn auf 225 Tage, der Umlaufszeit der Venus. Der zweite Vorbeiflug bringt sie weiter ins innere Sonnensystem. Nun folgen zahlreiche Umläufe im inneren Sonnensystem, in denen jeweils rund um das Perihel der Ionenantrieb das Aphel absenkt. Schließlich lässt sich BepiColombo von Merkur einfangen. Auch das ist neu, es wird kein Bremsmanöver durchgeführt. Die langsame Absenkung der Relativgeschwindigkeit zu Merkur ist der eigentlich Zwecke des Ionenantriebs.

Warum dauert die Reise zu Merkur nun so lange? Nun eineinhalb Jahre könnte man schon beim Start einsparen. Wenn BepiColombo (was wahrscheinlich ist) als Einzelnutzlast startet, kann die Ariane 5 sie gleich zur Venus transportieren. Die Ariane 5 kann rund 6 t zur Venus transportieren, die Raumsonde ist mit derzeit 4,1 t deutlich leichter. Das zweite ist das die Sonde zwar ein Ionenantriebsmodul hat, aber die Solarzellen dieses Moduls nur 6 kW Leistung in Erdnähe. Selbst wenn die Leistung ansteigt wenn man ins innere Sonnensystem kommt – mehr als 9,3 kW wird man für die beiden Treibwerke nie bauchen.

Nur als Vergleich: die viermal leichtere Raumsonde Dawn hatte Solarpanels mit 11 kW Leistung und fünf Triebwerke. (allerdings geringerem Stromverbrauch). Auch der Vorschlag von 2001 der die geringeren Reisezeiten voraussetze, ging zwar von 6-10 kW Leistung aus, aber damals bei zwei Sonden die jeweils maximal 1.500 kg wiegen sollten. Macht man eine Simulation so ergibt sich, dass wenn BepiColombo beim heutigen Startgewicht von 4,1 t nur Ionentriebwerke nutzen würde sie auch über 7 Jahre brauchen würde. (Diagramm 2).

Bahn von BepiColombo nach Simulation
Bahn von BepiColombo nach Simulation

Doch wie immer lässt mir das keine Ruhe. Wenn man annimmt, das die Solarpaneele, wenn man sich weiter der Sonne nähert bis zur doppelten Leistung (verglichen mit den 6 kW in Erdnähe abgeben können, (dann muss man beginnen sie schräg zu stellen um die Aufheizung zu begrenzen) dann wäre es mit einer Spitzenleistung von 12 kW auch möglich ein weiteres Ionentriebwerk im reduzierten Schubmodus zu betreiben. Das würde immerhin die Reisedauer auf 6 Jahre reduzieren. Von Nachteil bei diesem geringen Schub ist aber, das man so einen fast kreisförmigen Orbit bekommt. Das würde nun noch weitere Manöver notwendig machen um Merkurs elliptischen Orbit zu erreichen. Da die Ariane 5 aber die Sonde schon zur Venus schicken kann, wäre es konsequent auch diese Bahn als Ausgangsbahn zu nehmen. Dann sieht es deutlich günstiger aus: nach etwas über 5 Jahren hat man die Umlaufbahn von Merkur erreicht und zwar mit den fast exakten Bahnparametern (46,09 x 68,55 Mill km). Was noch fehlt wäre eben die Anpassung der Bahnneigung.

Nutz man die maximale Leistung der Ariane 5 aus, so kann die Bahn sogar noch sonnennäher sein und nach nur 3 Jahren 324 Tagen ist man in einer 46,1 x 89 Millionen km Bahn. Da man diese aber noch anpassen müsste bringt dies keinen Vorteil. Doch ein Venusvorbeiflug könnte auch die letzte Anpassung durchführen. Trotzdem wäre so, ohne Veränderung des Konzeptes der Sonde die heliozentrische Reise verkürzbar. Deutlich kürzere Reisezeiten erfordern dann wirklich deutlich mehr Strom. 11 kW, die Leistung die Dawn hatte, senken sie z.B. nur auf 2 Jahre 250 Tage,

Doch dann wäre die Sonde auch schwerer. Von den 4.100 kg die BepiColombo wiegt sind nur 580 kg Xenon Treibstoff. Hier müssten es 1300 kg sein. Das zeigt, das in der Realität die Planetenvorbeiflügen eben am meisten Geschwindigkeitsänderung bringen. Insgesamt sind es 17 km/s, die beim Flug zum Merkur abgebaut werden müssen. Nur ein Drittel liefert der Ionenantrieb, den größten Teil die drei Vorbeiflüge an Erde und Venus.

Mal sehen ob ich die Ankunft der Sonde noch erlebe, das wird nach den derzeitigen Planungen erst 2026 der Fall sein. Immerhin kann ich mir so viel Zeit mit der Fertigstellung des Aufsatzes lassen…

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