Die Flugbahn von BepiColombo

Ich arbeite ja gerade am Artikel für BepiColombo und die Missionsbeschreibung ist auch schon fertig. Da verstand ich einiges nicht und habe mich an einen Experten gewandt und das liefert mir den heutigen Aufhänger zum Blog. Aber fangen wir zuerst mal mit der Mission von BepiColombo an.

Studien für eine ESA Mission gab es schon lange. Sie gehen bis 1993 zurück. Richtig konkret wurde die Mission auch schon unter dem heutigen Namen 2001 als man das Konzept genauer definierte und für eine Cornerstone-Mission der ESA vorschlug. Damals war die Mission noch dreiteilig: Ein Orbiter den den Planeten beobachtet, der MPO. Dazu ein Orbiter in einer exzentrischeren Umlaufbahn, der das Magnetfeld untersucht, der MMO und ein kleiner Lander der nur wenige Tage auf der Oberfläche arbeiten sollte. Der ESA war dies zu teuer und als die Genehmigung anstand brauchte auch die Ariane 5 Rettung Geld. So wurde das Projekt abgelehnt.

Das Projekt 2001

Man fand jedoch eine Lösung. Die JAXA wollte den kleineren Orbiter für die Magnetosphäre bauen und das Surfaceelement wurde gestrichen. Als Nebeneffekt brauchte man so auch keine zwei Starts (geplant mit Sojus) und der Start der Sojus vom CSG aus, würde die Nutzlast der Sojus erhöhen. So sollte Bepicolombo mit einem Start auskommen. So wurde die Mission 2007 genehmigt.

Schon im allerersten Konzept war als Option der Einsatz von Ionentriebwerken vorgesehen. Sie hätten nach damaliger Veröffentlichung im ESA Bulletin 103 die Reisezeit auf 2,6 bis 3,6 Jahre gedrückt. Ionentriebwerke gab es nun auch, und sie waren auch notwendig, denn der Plan sah nun so aus:

Das Projekt 2007

Eine Sojus 2B transportiert BepiColombo in eine GTO-Bahn. Diese wird mit einem 400 N Triebwerk über zwei Monate ausgeweitet, bis man die Umlaufbahn des Monds erreicht hat. Ein Vorbeiflug am Mond bringt die Sonde dann auf Fluchtkurs. Der Mond liefert aber zu wenig Geschwindigkeit um das nächste Ziel, die Venus zu erreichen. Nun treten die Ionenantriebe in Aktion die die Bahn so verändern das BepiColombo erneut die Erde passiert. Beim derzeitigen Startdatum Oktober 2018 wäre das im April 2020 der Fall. Sie beschleunigt die Sonde und passt die Inklination an. Danach passiert sie zweimal die Venus und einige Male den Merkur. Nach der zweiten Venuspassage sind die Ionentriebwerke wieder rund um das Perihel aktiv. Sie passen die Bahn so an, das die Sonde von Merkur einfangen wird. Kurz vorher wird das Zusatzmodul abgeworfen und der Planetare Orbiter bremst in eine Umlaufbahn ein, trennt den Magnetosphärenorbiter ab und senkt seine Bahn weiter ab. Danach kann die wissenschaftliche Phase beginnen.

Das ganze dauert 6,5 bis 7,2 Jahre, also länger als bei Messenger der keine Ionentriebwerke einsetzte. Es gibt auch nicht drei sondern mindestens vier Merkurvorbeiflüge, es können je nach Startzeitpunkt auch bis zu sechs sein. Kurzum: Ionentriebwerke scheinen hier die Mission nicht zu verkürzen.

2009 – Umzug von BepiColombo auf die Ariane 5

2009 war BepiColombo so schwer, dass man die Mission auf eine Ariane 5 verschob. Dadurch konnte man im Transfermodul den Treibstoff für das Verlassen der Erde einsparen. Die ESA buchte einen Einzelstart bei dem Ariane 5 BepiColombo auf einen Fluchtkurs bringt. Die grundlegende Mission blieb aber gleich. Das bedeutet es gibt wieder zuerst einen Erdvorbeiflug und das war der Grund warum ich mich an einen Experten der ESA wandte (auf eigenen Wunsch nicht genannt). Die Ariane 5 ECA kann nach meinem Kenntnisstand mindestens 6 t auf einen Fluchtkurs bringen. Da die Nutzlast in den letzten Jahren gesteigert wurde (die Ziffer von 6 t geht von 10 t GTO aus, mittlerweile sind es aber 10,73 t in den GTO) wäre es meiner Berechnung nach sogar möglich einen der beiden Venus-Vorbeiflüge einzusparen da man so BepiColombo in eine solare Bahn von 83 x 150 Millionen km bringen könnte. Die Sonde ist mit nur 4,1 t Gewicht in jedem Fall direkt zur Venus zu bringen. Schon das würde die Mission um eineinhalb Jahre verkürzen.

Ursache für die Ehrenrunde Bepicolombos

Die Antwort die ich bekam, bezog sich nicht wie ich dachte auf die fehlende Wiederzündbarkeit die die ESA für ihre Planetenmissionen so bemängelt. Sie ist der Grund warum man das Vinci Triebwerk will. Die Wiederzündbarkeit des Vinci ist schön, aber in vielen Fällen nicht notwendig. So hat die NASA mit der Atlas Centaur alle Mond und Planetensonden (Surveyor, Mariner 6-9, Pionier 10) bis zum Start von Mariner 10 immer direkt gestartet, also ohne Parkbahn. Bei den niedrigen Inklinationen der Planetenbahnen würde das auch vom CSG aus gehen. Auch Rosetta wurde mit einer Zündung gestartet, obwohl die EPS prinzipiell wiederzündbar ist (allerdings wurde sie erst für ATV Missionen auch dafür qualifiziert)

Das Problem ist ein anderes. Die Bahn muss, je nachdem wo die Venus steht, leicht nördlich oder südlich zum Äquator geneigt sein. Da die Nutzlast für Fluchtbahnen viel leichter als bei einer GTO-Nutzlast ist hat die EPC bei einer höheren Geschwindigkeit und einem längeren Weg Brennschluss. Sie wird also später abgetrennt. Die EPC darf aber nicht über bewohntem Land verglühen. Damit scheiden mittlere Bahnneigungen beim Start nach Norden ab etwa +25 bis +55 Grad aus, außer die Nutzlast ist schwer wie beim ATV. Dann würde die EPC über Westafrika niedergehen. Beim Start nach Süden scheiden Inklinationen von -10 bis -15 Grad immer aus, da dann die Aufstiegsbahn schon kurz nach dem Start über bewohntes Gebiet führt und je nach Geschwindigkeit auch die Inklinationen von -25 bis -40 Grad, da dann ebenfalls die EPC in Südamerika neidergehen würde. Das Diagramm zeigt einige von der ESA/Arianespace berechnete Nutzlasten für Exomars (2008, schwarz), JUICE (rot) und LAPLACE (blau) und die „verbotenen“ Zonen.

Diese Tatsache ist leider bei jedem Startdatum gegeben und so macht man eben die Ehrenrunde um die Sonne, was die Mission schon um mindestens ein Jahr verlängert. Die Ariane 6 wird das Problem nicht in der scharfen Form haben (der -10 bis -15 Grad Streifen wird immer verboten bleiben). Bei ihr ist die Oberstufe mit Nutzlast schwerer (bei Fluchtbahnen mindestens 40 t gegenüber 24 t) und die Zentralstufe weniger leistungsfähig, das heißt ihre Brennschluss erfolgt früher. Sie wird in jedem falle im Atlantik niedergehen.

Doch hätte man es nicht besser machen können? Ich will hier keine neue Mission skizzieren, aber zwei Dinge fallen mir auf:

Festhalten am alten Konzept

BepiColombo wiegt 4,1 t. Damit wäre sie leicht genug um bei einem Start in den GTO noch einen zweiten Passagier mitzuführen. Warum also nicht die Mission so beibehalten wie damals mit der Sojus geplant: BepiColombo kommt bei einem Doppelstart in einen GTO, hebt diesen Zwischenorbit selbst an und macht einen Mondvorbeiflug. Bei etwa 750 m/s dV Geschwindigkeitsdifferenz zu einem Mondkurs addiert das 1.110 kg Treibstoff und etwa 150 kg für Tanks, zusammen also 1.260 kg. BepiColombo wäre mit leichten Reserven etwa 5,4 t schwer. Mit Sylda, zwei Satellitenadaptern ist man bei 6,3 t Startmasse und das lässt dann noch Platz für einen maximal 4,4 t schweren Satelliten in der unteren Position. So hätte man zwar die Mission nicht verkürzt, aber zumindest einen Teil der Startkosten eingespart. Wenn Die Kosten linear pro Kilogramm berechnet werden müsste das die Mission um 70 Millionen Euro verbilligen.

Volle Ausnützung der Trägerrakete Ariane 5

Was mich auch nervt, ist das BepiColombo länger braucht um zu Merkur zu gelangen obwohl sie Ionentriebwerke einsetzt und die im inneren Sonnensystem wo es genug Energie gibt, sie zu betreiben. Schuld daran ist die Wahl des Einfangens durch Merkur. Dafür muss man den Orbit an den von Merkur angleichen und genau das machen die Ionentriebwerke. zusätzlich haben sie keine große Stromversorgung für eine so schwere Sonde. Dawn hatte in etwa die gleiche Leistung, war aber viermal leichter. Daher muss man sie sehr lange betreiben und das verlängert dann die Mission entsprechend.

MESSENGER, der bisher erste Merkurorbiter, hat sich klassisch einfangen lassen. Der Preis: Messenger besteht beim Start aus fast 55% aus Treibstoff, während es bei BepiColombo 34 % sind und dabei erreicht die Sonde sogar noch einen niedrigeren Orbit der sie mehr Treibstoff kostet. Was aber wäre, wenn man die Fluchtbahnnutzlast von 6,3 t voll ausnutzt, die Ionentriebwerke weglässt und durch chemischen Treibstoff ersetzt? Die Ariane 5 könnte nach obigem Diagramm mindestens 6,3 t auf einen Fluchtkurs bringen. Das sind 2,2 t mehr. Es entfallen die 580 kg Xenon in ihren Hochdrucktanks, die dann auch etwa 120 kg wiegen. Das Solarpanel des MTM kann entfallen, der MPO kann die Stromversorgung mitübernehmen. Das elektrische System des MTM wiegt 290 kg. Wenn ich 200 kg als Einsparungen ansetze, ist man bei einer neuen Trockenmasse von 3.300 kg. Das bedeutet das man 3.000 kg in chemischen Treibstoff, ein 500-N-Triebwerk und Tanks investieren kann, netto etwa 2.500 kg Treibstoff und 500 kg Tanks / Druckgas, Antrieb. Das würde den Treibstoffanteil auf 60,8 % anheben, genug um auch den niedrigeren Orbit zu erreichen. Man könnte auch so die Mission verkürzen, den MESSENGER brauchte nur viereinhalb Jahre um Merkur zu erreichen und nicht wie BepiColombo beim Start im Oktober 2018 über sieben Jahre.

Mal sehen ob sie im Oktober 2018 auch tatsächlich abhebt. Bisher wurde die Mission mehrfach verschoben. Ursprüngliches Startdatum war der August 2013 …

Weiter geht es Ende nächste Woche

Soviel für heute. Ab Morgen bin ich für acht Tage nach dem Rechten sehen in meinem Ferienhaus im Allgäu. Eventuell stelle ich auch von dort einen Blog ein, aber rechnet nicht damit. Das bedeutet dass es so bis ende nächster Woche wenig neues gibt. Aber ihr könnt die Aufsätze von Ostern noch genauer durchsehen und vielleicht publizieren Martin M, Thierry Gschwind und Nils etwas. Zumindest sehe ich dort acht Artikel in meinem Entwurfsordner, von Niels ist es sogar eine ganze Reihe.

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