Die Zahl für heute: 2,0

Die Bundeswehr hat sich verpflichtet, 2,0 Prozent ihres Bruttoinlandproduktes für Militär auszugeben. Das Thema ist nicht neu. Trump hat schon vor Jahren das angemahnt, was bei uns auch durch die Presse ging von Politikern empörte Reaktionen hervorrief und mich auch zu einem Blog inspirierte. Nun hat er Soldaten abgezogen als weiteres „Druckmittel“. Für mich zeigt das eher Trumps Charakter auf als Sinnhaftigkeit. Als ob die knapp 10.000 US-Soldaten, die wegfallen, unsere Sicherheit ernsthaft gefährden und vor allem, als ob Deutschland derzeit nicht genügend andere Probleme hat. Wahrscheinlich will er aber nur von dem eigen Versagen in der Coronakrise ablenken – in den USA sinken ja die Infiziertenzahlen nicht, sondern steigen weiter. Immerhin ist der gefürchtete Peak nach dem Unabhängigkeitstag (einen großen Anstieg gab es auch nach dem Memorial Day (31. Mai)) ausgeblieben.

Was mir in der Form nicht klar war: die Bundesregierung hat sich verpflichtet, 2,0 Prozent des BIP für militärische Ausgaben auszugeben. Das Ziel kam erstmals 2002 in die Diskussion und wurde verpflichtend durch die damaligen Regierungen der NATO 2014 beschlossen. Dafür gibt es zehn Jahre Zeit – also bis 2024. Die Kritik der Bundesregierung ist daher etwas unverständlich, vor allem weil es dieselbe Konstellation unter derselben Kanzlerin ist wie 2014. Auf der anderen Seite ist das Ziel 2024 und nicht 2019 als Trump das erstmals zur Sprache kam. So gesehen ist das Anmahnen etwas verfrüht, zumal die Regierung ja die Ausgaben gesteigert hat.

Im Anschluss an meinen früheren Blog zu dem Thema hier einige ernst gemeinte Vorschläge wie man das 2.0 Ziel erreichen kann ohne wahnsinnig auszurüsten und vor allem in Gerät zu investieren die ich bei den heutigen Herausforderungen die eher in internationalen Friedensmissionen als der Landesverteidigung bestehen als überflüssig ansehe

Einsatzbereitschaft

Ich habe, wie viele, genug von den Negativschlagzeilen der Einsatzbereitschaft. Muss ein Chor für eine Friedensmission oder ein Manöver zusammengestellt werden, dann muss man in der ganzen Republik das Gerät zusammensuchen – von Großgerät wie einem Hubschrauber bis zu Kampfstiefel. Das ist eine Folge der Abbau der Bestände an Reserven und Ersatzteilen, die nach dem Ende des kalten Kriegs einsetzte, als „Freidensdividende“. Vorher musste man eine hohe Einsatzbereitschaft aufrechterhalten. Zeit das zu ändern und so viele Ersatzteile, Ausrüstungsgegenstände vorrätig zu halten, dass man eine hohe Einsatzbereitschaft hat. Angeblich soll ja sogar die Munition im Falle eines Krieges schon nach wenigen Tagen aus gehen. Diue Bundeswehr dementiert aber. Das kostet Geld und bringt einen dem 2,0 Ziel näher.

Zusätzliches Gerät

Bestandteil der Vereinbarung ist auch das 20 % der Militärausgaben in Großgerät und deren Entwicklung auszugeben ist. Das sind über 12 Mrd. Eure pro Jahr. Das ist eine Menge. Wenn dann sollte das Geld nicht für typisches Gerät ausgegeben werden, dass man für eine direkte Konfrontation mit einer anderen Armee braucht – das wäre ja im Prinzip nur Russland, sondern das besser in das neue Einsatzprofil passt, also für Freidensmissionen oder Kriseneingreifmissionen. Dort braucht man weniger einen Kampfpanzer oder ein Jagdflugzeug als vielmehr gepanzerte Fahrzeuge egal ob Mannschaftstransporter oder Schützenpanzer, Hubschrauber, Transportflugzeuge. Auch die Marine würde angesichts immer unsicherer Meere und Missionen im Mittelmeer zur Bekämpfung der Schleusertums von mehr Schiffen profitieren, aber wohl kaum von U-Booten. Wenn man etwas neu entwickelt dann eher so etwas wie ein Erdkampfflugzeug – hat die Bundeswehr im Gegensatz zu Russland oder die USA nicht, oder damit man das Geld auch losbekommt einen Flugzeugträger. Zugegeben, den braucht man nicht wirklich, aber er macht Eindruck. Man kann auch über Nachbestellungen von schon vorhandenem Gerät nachdenken. Das hat zwei Vorteile. Zum einen scheinen alle neuen größeren Rüstungsprojekte egal ob G-36, A-400 oder Kampfhubschrauber Tiger massive technische Probleme bei der Einführung zu haben, die über Jahre anhalten. Da wäre es konsequent wenn man diese mal angestellt hat von dem nun funktionierenden Gerät nachzustellen anstatt etwas Neues zu entwickeln, was wieder Probleme hat. Zum Zweiten kostet ein Anschlussauftrag wegen der fehlenden Entwicklungskosten und eingespielten Produktion weniger als eine Neuentwicklung.

Was sich nicht geändert hat, ist die Bedrohungslage. Russland hat ja ebenfalls zum Ende des Kalten Kriegs massiv abgerüstet, vorher hatte sie erheblich mehr konventionelle Truppen als in Europa von der NATO-Seite stationiert waren. Heute ist die NATO technisch und militärisch überlegen. Die Bedrohungslage kommt vor allem dadurch das die Nachbarstaaten Russlands befürchten wie die Ukraine annektiert zu werden, doch cih sehe die Gefahr nicht. Das würde den Bündnisfall auslösen und das will Russland sicher nicht, denn dann würden sie garantiert verlieren.

Bezahlung und Soldatenzahl.

Was sich mit den vielen Auslandmissionen geändert hat, ist auch das ein ziemlicher Teil der Bundeswehr nun in verschiedensten Missionen, internationalen Brigaden oder Chören unterwegs ist. Man hat mit der Vereinigung Deutschlands ja die Soldatenzahl – die Bundeswehr und Volksarmee zusammengezählt 600.000 überschritt – radikal reduziert, ich denke man kann über eine moderate Erhöhung nachdenken und man sollte auch über eine adäquate Bezahlung nachdenken. Neu in der Diskussion wegen der zahlreichen Vorkommnisse über rechtsradikale Äußerungen / Symbole / etc. ist ja auch die Wehrpflicht wieder einzuführen – auch wenn nur die AfD so dafür ist. So wie vorher geht es sicher nicht mehr. Aber wie wäre es mit einem Pflichtjahr für alle Jugendliche einzulegen nach der Lehre oder Schulabschluss. Das könnte man bei der Bundeswehr ableisten, aber auch in sozialen, kulturellen oder ökologischen Einrichtungen und Projekten. Und zwar dann auch adäquat bezahlt, mindestens so gut wie bei einer Lehre. Das würde zum einen verhindern das sich nur Menschen einer bestimmten Ideologie und Hang zum Militär bei der Bundeswehr melden zum andern würde es den Pflegenotstand mildern, der ja durch Wegfall des Zivildienstes wieder zugenommen hat und die Möglichkeit kulturelle oder ökologische Arbeit zu leisten bietet ein breites Spektrum, auch um auszuloten was einem liegt und was nicht.

Forschung und Entwicklung

Fast jeden Tag lese ich in den US-Raumfahrt Newsportalen von Auftragen des DoD an die US-Raumfahrtindustrie. Malk einige Millionen, mal einige Milliarden. Die Spanne reicht von Studien bis Produktionsaufträgen. Um nur mal den Bereich Raumfahrt zu nehmen: Das Militär betreibt das GPS-System, alle Satelliten werden von der USAF beschafft und gestartet. Das Militär hat ein eigenes Wettersatellitensystem, bezahlt die Industrie für die Entwicklung von Trägern die dann auch Aufträge erhalten (früher entwickelte die USAF die Träger noch selbst), betreibt eigene Kommunikationssatelliten und „Hosted Payloads“ auf kommerziellen Kommunikationssatelliten, ja das Militär betreibt sogar eigene Forschungssatelliten. Früher zur Detektion von Atomwaffentests (Vela Hotel) heute vor allem für die Space Weather Vorhersage (DSCOVR), hat sogar mal eigene Raumsonden (Pioneer 0-4, Clementine) betrieben und ist neben den eigenen Aufklärungssatelliten der beste Kunde von Firmen, die hochauflösende Erdaufnahmen anbieten. Ähnliches ist bei Starlink und OneWeb zu erwarten, erste Aufträge haben beide Firmen schon erhalten. Demgegenüber hat die Bundeswehr nur einen Kommunikationssatelliten und einige Radarbeobachtungssatelliten im Einsatz. Forschungsaufträge gibt es fast gar keine. Die Radartechnologie der Satelliten wurde z.B. zuerst für die zivilen TerraSar / Tandem Satelliten entwickelt. Das könnte man ändern. Neben neuen Aufträgen kann man einiges umdeklarieren, so Ausgaben für Ariane 6 (damit man einen eigenen Träger hat und unabhängig von Russland ist), Galileo, Eumetsat. Man könnte auch einige Forschungssatelliten mit „Dual Use“ Charakter entwickeln und natürlich viele Entwicklungsaufgabe für Technologien, die man prinzipiell militärisch wie zivil nutzen, kann formal durch die Bundeswehr vergeben. So kann man einige Gelder formal dem Verteidigungsministerium zuordnen, was mehr oder weniger kreative Buchführung ist, aber es bietet auch die Chance mehr Geld in die Forschung zu investieren, wo es sicher besser aufgehoben ist als in Form von neuen Eurofightern. Raumfahrt ist ein Bereich, in dem ich mich auskenne. Dasselbe geht sicher auch in anderen Bereichen z.B. Chemie (Schutz vor chemischen Kampfstoffen, Abwehrmaßnahmen, medizinische Betreeung), Biologie (gerade aktuell durch Covid-19, das könnte ja auch eine biologische Waffe sein).

Erweiterung des Einsatzspektrums

Derzeit ist die Bundeswehr nur für die Landesverteidigung mit Waffen tätig. In Anlehnung des obigen Aspektes kann man ihre Kompetenz auch erweitern und ihr damit Bereiche unterstellen die es schon gibt die man aber noch ausbauen kann. Deutschland ist bedroht durch Cyberangriffe. Zumindest alle die aus dem Ausland kommen, gegen die könnte schon jetzt die Bundeswehr aktiv sein. Dafür benötigt man sicher viel Personal und Geld. Die Bundeswehr soll in Friedensmissionen auch Infrastruktur reparieren, das macht heute das technische Hilfswerk innerhalb Deutschlands. Man könnte das THW reduzieren und dafür wesentlich mehr Ressourcen in der Bundeswehr vorrätig halten die wenn sie nicht gerade im Ausland gebraucht werden, eben im Inland zum Einsatz kommen.

Ebenso zeigt die Coronakrise, wie wichtig es ist genügend Krankenhäuser mit adäquater Ausstattung zu haben und vor allem man die nötige Schutzausrüstung / Masken etc. vorrätig hat und nicht erst, wenn die Krise beginnt, zusammenkaufen muss. Da das auch beim Abwehr eines biologischen oder chemischen Angriffs nötig ist wäre die Aufstellung solcher Lager eine Aufgabe der Bundeswehr, ebenso könnte sie viel mehr Krankenhäuser betrieben – im Kriegsfall würde es ja auch sehr viele Verwundete in kurzer Zeit geben. Solange es keinen Krieg gibt, kann man die für zivile Zwecke nutzen.

Ich meine, wenn man das alles mal richtig durchdenkt, kommt man auf das 2,0 Ziel, ohne das man gleich die Bundeswehr massiv aufstocken muss und der Haushalt groß belastet, wird. Ein Teil der Mittel muss zusätzlich aufgebracht werden, aber viel wird einfach umgeschichtet, indem man die obigen Organisationen formal der Bundeswehr unterstellt und so deren Ausgaben zu den Militärausgaben zählen.

3 thoughts on “Die Zahl für heute: 2,0

  1. Na klar ist es sinnvoll, DT und der Öffentlichkeit mal zu erklären, wieviel Geld für die Verteidigung und Kriegskosten ausgegeben werden. Und natürlich gibt es so Ausgaben für kriegerische Dinge, wie der Regierungsbunker, der historisch irgendwo im Etat des Innenministeriums verbuddelt worden war. Ich habe keine Ahnung wo im Bundeshaushalt Ausgaben für Flurschäden, ausländische Kasernen, Sprengschächte, Brückenverstärkungen für Panzertransporte bei Straßen und Bahnen verbucht werden. Also wäre es Aufgabe der Bundesregierung, nicht den offiziellen Etat für das Verteidigungsministeriums zu nehmen, sondern übliche Ausgaben für ähnliche Dinge dem Ganzen hinzuzurechnen. Zum Beispiel die Deutschland entstehenden Folgekosten eines illegalen Angriffkrieges der USA, GB und Polens auf den IRAK (siehe Flüchtlingskrise), meinetwegen sogar die Folgekosten des Austritts von GB aus der EU, weil diese wegen den vielen Flüchtlingen (Grund für diese, siehe oben) derart angepisst waren, dass sie lieber die EU verlassen. Es könnte auch sinnvoll sein, diverse Kosten, wie den Etat für die Grenzschutz, Küstenschutz, DGzRS, ESA, Galileo etc. einfach zu dem Verteidigungsetat hinzuzurechnen, wenn die Erfüllung des 2,0 %-Zieles betrachtet wird.

    Nun aber zu meiner Kritik: dieses 2,0 %-Ziel ist nicht verbindlich. Es ist ein Soll-Ziel aber kein Muss-Ziel (siehe https://www.bundestag.de/resource/blob/505886/e86b5eecc480c0415bff0d131f99789f/wd-2-034-17-pdf-data.pdf) sondern nur Soll-Ziel.

    Und mal ganz ehrlich, wie intelligent ist es, die Abschaffung des erweiterten Katastrophenschutzes, hier THW, zu fordern? Antwort: sicherlich genauso intelligent, wie keine Schutzmasken für eine Pandemie vorzuhalten, oder diese, siehe Belgien, ersatzlos kurz vorher zu vernichten. Das THW kostet gerade einmal 315 Mio.EUR pro Jahr (2019). Der Verteidigungsetat liegt 2020 bei 45,2 Mrd. EUR, also kostet das THW weniger als 7 Promille des Wehretats. Es gibt auch Gründe, weshalb die Bundeswehr nicht im Inland eingesetzt werden soll, einfach mal darüber schlau machen. Soldaten sind im übrigen in einem Kriegsfall, erlaubte Ziel bei der Bekämpfungen. Personen des THW, (und der freiwilligen Feuerwehr, Roten Kreuzes, ASB, Johanniter, Maltheser, siehe erweiterter Katastrophenschutz (1997 aufgelöst)) eben nicht. Wenn man also diese Helfer militarisiert, macht man sie im K-Fall zu militärischen Zielen. Und das nur, um dem amerikanischen Präsidenten unnötigerweise in den A…. zu kriechen. Sorry, bleib bitte bei der Raumfahrt!

    BTW: THW und andere im Katastrophenschutz arbeiten dort ehrenamtlich, und sonst meisten in einem anderen Beruf bei anderen Arbeitgebern, argumentiere bitte mit unseren geliebten Politikern, warum diese für spezielle Aufgaben ausgebildeten Menschen plötzlich Bundeswehrsoldaten werden sollen und bezahlt werden sollen? Okay, ca. 4 Mrd. EUR Mehrausgaben interessieren seit Corona keinen Bundespolitiker mehr und immerhin werden so ca. bis zu 80.000 zivile Arbeitsstellen frei (oder abgebaut).

    1. Nicht abschaffen, sondern wie Du schreibst einfach die Ausgaben in einen anderen Etat verschieben, bzw. sogar noch zu erweitern um dem 2,0 % ziel näher zu kommen ohne Militärhardware kaufen zu müssen.

      Das THW bleibt, gehört nur rein organisatorisch dann zur Bundeswehr. Es gibt in der Bundeswehr übrigens nicht nur Soldaten sondern auch jede Menge Zivilangestellte.

      1. Die THW-Helferlein würden sich über den Reservisten-Tagessatz von mindestens 61,92 EUR sicher freuen, bislang bekommen diese m.W. nur Fahrgeld. Dann brauchenwir nur noch die Schützenvereine bei der Bundeswehr einzugliedern, dann wird sogar der Brauereiumsatz zu Verteidigungsausgaben. xD

        Es reicht einfach die entsprechenden Etatposten passend in der Auswertung zusamen zu führen. Umorganisieren ist nicht nötig. Es würde vermutlich schon fast reichen, den Sold unserer Soldaten zu verdoppeln und diese wie normale Bürger bei den Sozialversicherungen zu behandeln, dann wäre der Etat vermutluch schon hoch genug. Okay, ausreichend Geld für funktionierende Ausrüstung, statt dieses an Berater zu verschleudern, kann auch nicht schaden.

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