Teleskope, Brennweiten, Montierungen und Firlefanz

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Ich habe ja eine ganze Sektion auf meiner Website zu Teleskopen. Dort erkläre ich alles haarklein. Aber wie immer es ist den meisten zu viel Erklärung. Nachdem ich in der aktuellen ct‘ einen ziemlich oberflächlichen Artikel gelesen habe, bei dem man merkt das der Autor noch nie ein Teleskop besessen hat, dachte ich mir, bringe ich etwas Licht in einige Kaufentscheidungen, jenseits der Kernentscheidung wie viel Geld man ausgeben will, welcher Basistyp es sein soll.

Allen potenziellen Käufern ist klar, das ein Teleskop mit einer größeren Öffnung sprich einer größeren Optikdurchmesser besser ist als eines mit einer kleinen. Doch dann gibt es noch eine zweite Größe die Brennweite. Es gibt Teleskope mit derselben Öffnung aber unterschiedlicher Brennweite. Was ist denn nun besser – kurzbrennweitig oder langbrennweitig?

Die Brennweite gibt zuerst einmal an, wie groß ein Gesichtsfeld in Grad im Fokus bei einer bestimmten Größe des Detektors oder Okulars ist. Dort sitzt dann eine Kamera oder wenn man visuell beobachtet wird dieses Bild noch durch ein Okular vergrößert. Aus der Tatsache wird schon klar, das die Brennweite für die Fotografie wichtiger ist als für die Beobachtung denn stimmt da die Vergrößerung nicht, kann man einfach das Okular auswechseln.

Rein technisch haben alle Teleskope Bildfehler die bei Linsenteleskopen aus der unterschiedlichen Brechung verschiedener Wellenlängen resultieren und bei Spiegelteleskopen aus den Spiegeln im Strahlengang. Die Bildfehler sind um so größer, je kürzer die Brennweite ist. Zwar gibt es zusätzliche Linsen (Fokalreduktoren) um die Brennweite zu verkürzen, doch als zusätzliches optisches System erzeugen sie weitere Bildfehler. Das Verlängern der Brennweite ist dagegen unkritischer.

Gehe ich davon aus, dass das erste Teleskop primär dazu dient überhaupt die praktischen Erfahrungen zu sammeln und die macht man eben zuerst nur durch Beobachtung, dann rate ich zu einem langbrennweitigen. Das minimiert die Bildfehler und sie sind oft auch etwas pressierter. Es gibt so etwas wie ein optimales Öffnungsverhältnis, wenn man den praktischen Umstand einbezieht, das die Okulare auch bezahlbar sein sollen. Teleskope enden in einem Gewinde von 1,25 oder 2 Zoll Durchmesser, meist 2 Zoll mit Adapter auf 1,25 Zoll. Okulare mit 2 Zoll Durchmesser sind recht teuer und schwer. Bei 1,25 Zoll Durchmesser wird eine Linse aber nie mehr als 29 mm Durchmesser haben. In dem Bereich sollte dann auch die Maximalbrennweite liegen also 30 bis 32 mm. Sonst engt sich das Blickfeld ein. Die kleinsten Brennweiten, die es bei Okularen gibt, sind etwa 3 mm, doch schon bei 5 mm wird die Auswahl klein. Kleine Brennweiten braucht man für große Vergrößerungen. Allerdings: je kleiner die Brennweite ist, desto kleiner die Linse, die dem Auge zugewandt ist und um so schwerer ist es, einen Punkt zu finden wo man das ganze Feld überblickt. Physiologisch sollte die Austrittspupille nicht größer als der Durchmesser der Pupille sein, das sind bei Babys 8 mm, mit fortschreitendem Alter wird sie immer weniger elastisch. Im mittleren Alter liegt sie bei 6 mm. Die schärfste Abbildung hat man bei einem Pupillendurchmesser von 1 mm, das entspricht der Region im Auge mit dem schärfsten Sehen. Man kann noch etwas drüber gehen, auf 0,7 maximal 0,5 mm, doch dann tauscht man eine größere Vergrößerung gegen mehr Unschärfe aus.

1 mm Austrittspupille entsprechen genau dem Verhältnis von Brennweite/Öffnung (f/d) eines Teleskops, das je nach Typ zwischen 4 und 13 liegt. Ein Okular mit einer 1 mm Austrittspupille hat dann genau eine Brennweite von 6 mm. Als oberste Grenze ergibt sich die altersabhängige Maximalpupille, also bei den meisten so um die 6 mm, bei Jugendlichen auch 7 mm. Nimmt man das Kriterium das dies maximal 30 bis 32 mm Okularbrennweite sein sollte, die Obergrenze für 1,25 Okulare, so liegt das optimale F/D bei etwa 5 bis 6. So ein Verhältnis haben viele Newtons. Bei Refraktoren muss man dagegen entweder viel Geld in die Hand nehmen, da dies für Linsen sehr kurzbrennweitig ist, oder mit Bildfehlern leben. Cassegrains und Maksutovs kommen in diesen Bereich konstruktionsbedingt nicht. Sie sind längerbrennweitig.

Der zweite Bereich ist die Fotografie, die immer als Wunsch auftaucht. Das grundsätzliche Problem: Bilder die veröffentlicht wurden stammen oft von guten Instrumenten und die Ersteller haben wirklich viel Arbeit da reingesteckt. Relativ einfach gestaltet sich noch die Fotografie von Mond und Sonne (natürlich nur mit Sonnenfilter vor der Optik), dann wird es schon kompliziert. Bei Planeten vergrößert man stark, damit auch die Luftunruhe und Störungen am Teleskop wie Berührung oder Wind bringen das Bild zum Vibrieren. Gute Fotos von Planeten entstanden durch Addition von Hunderten Einzelbildern und mit professionellen Kameras. Bilder von Galaxien und Nebeln sind langzeitbelichtet und benötigen eine gute Montierung und Nachführung. Bei uns in Deutschland ist zudem der Himmel so aufhellt, das man selten so lange belichten kann das man wirklich viele Details sieht.

Für professionelle Astrofotografie ist nicht nur ein kurzbrennweitiges Instrument wichtig, viel bedeutsamer ist eine Montierung, die stabil ist, bei der das Teleskop nicht beim kleinsten Wind wackelt und die standardmäßig Nachführmotoren mitbringt. Es gibt zwar Nachrüstkits auch für billige Montierungen, doch diese batteriebetriebenen einfachen Motoren werden anstatt den Nachführwellen aufgesteckt und wer jemals damit nachgeführt hat weiß, wie schwer das ist. De Fakto kostet eine gute Montierung für die Astrofotografie so viel wie die Optik selbst, bei großen Teleskopen (bei mehr als 8 Zoll Durchmesser) kann sie auch deutlich teurer sein. Mein Tipp – Astrofotografie als Wunsch erst mal zurückstellen. Das erste Teleskop sollte eines sein, um die Technik kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln. Dann weiß man beim zweiten das dann größer wird und vielleicht zur Fotografie eingesetzt wird genau, was für einen wichtig ist. Das ist sinnvoller als viel Geld ins erste Teleskop zu stecken das dann doch nicht das hält was man erwartet.

Dann gibt es etliches Zubehör, auf das ich immer angesprochen werde. Brauche ich eine Goto-Montierung, eine Smartphone Halterung etc…? Eine Goto-Montierung ist eine Komfortfunktion. Man findet so schneller ein Objekt. Nur: wer eine drehbare Sternkarte bedienen kann, findet das auch so schnell am Himmel. Den muss man sowieso irgendwann mal kennen lernen. Da die meisten für das erste Teleskop nicht viel ausgeben wollen, würde ich mir das Geld für die GoTo-Funktion sparen und in mehr Okulare, bessere Optik oder Montierung stecken.

Leute lieben zwar ihr Smartphone und benutzen es gerne als Kamera, aber als Kamera für ein Teleskop taugt es nicht viel. Zum einen schaltet man so ein weiteres Linsensystem in den Strahlengang. Das verschlechtert die Abbildung. Zum anderen sind die Pixel eines Smartphones klein, es müssen ja zig Megapixel mit einer nur wenigen Millimeter großen Linse belichtet werden. Pixel in der Astrofotografie können dagegen nicht groß genug sein.

Will man unbedingt fotografieren sollte man den Body einer Spiegelreflexkamera kaufen, wenn man sie für normale Fotos nehmen will, auch mit Objektiv und einen Adapter für das Gewinde der Spiegelreflexkamera. Die Kamera braucht nicht viele Megapixel, im Gegenteil, eine ältere Kamera, die es auf Ebay günstig gibt, ist besser, denn bei gleicher Sensorgröße sind da die Pixel größer. Allerdings gehen so ohne Nachführung nur Fotos mit kurzer Belichtungszeit von Mond, Sonne und Planeten, sodass ich Fotografie als Wunsch hintenan stellen würde.

Was man dagegen kaufen sollte, wären ein bis zwei Okulare mehr. Meist gibt es in der Grundaustatttung nur eines oder zwei. Ideal sind drei bis vier, in der Vergrößerung jeweils um den Faktor 1,5 bis 2 gestaffelt, z.B. 32 mm – 16 mm – 8 mm – 4 mm. Wer sparen will, kommt mit Zweien und einer Barlowlinse aus, die um den Faktor 1,5 bis 2 vergrößert, muss dann aber mehr wechseln, wenn er die Vergrößerung ändert. Bei einer Zweifach-Barlowlinse bräuchte man nur 32 und 8 mm. 16 mm und 4 mm bekommt man durch Kombination mit der Barlowlinse. Pössls oder bei kleinen Brennweiten Orthoskopische Okulare sind preiswert und bei mittleren Gesichtsfeldern gute Okulare. Weitwinkelokulare sind generell sehr teuer. Sie benötigen für das große Gesichtsfeld anstatt drei bis veri bis zu sieben Linsen. Anstatt Spezialfilter für Nebel würde ich in einen Objektivsonnenfilter investieren. Er wird vor die Optik montiert und sorgt so dafür, dass schon weniger Licht in den Tubus kommt. Okularsonnenfilter, die ins Okular geschraubt werden, sind dagegen enormer Hitze ausgesetzt und können zerstört werden. Das ist hochgefährlich. Einfache Filter mit Spiegelfolie reichen meist aus, wichtiger ist, dass man sie gut befestigen kann, denn wenn sie bei der Beobachtung abfallen …. Der Sonnenfilter erweitert das Spektrum der Beobachtung auf den Tag. Auf der Sonne ist immer was los, anders als der Mond verändert sie sich.

Mein Lieblingsteleskop ist aus mehreren Gründen ein Newton. Mehr hier dazu. Fertige Einsteigergeräte haben immer Macken, meist wird eine wackelige Montierung mit einem viel zu großen Tubus kombiniert. Wenn man sich die Mühe macht das zu trennen dann sucht man sich zuerst die Optik aus, die man haben will. Nimmt deren Gewicht, addiert noch mindestens ein Kilogramm für eine Kamera und Okulare und schaut nach einer Montierung die mindestens dieses Gewicht trägt. Dann kann man auch gleich schauen, ob sie integrierte Motoren hat. Doch dann liegt man selbst bei kleinen Instrumenten meist bei einem Budget das für Einsteiger zu hoch ist. Das Budget ist der letzte Punkt. Neueinsteiger haben keine Ahnung wie viel ein Teleskop kosten kann. Nun gibt es bei Teleskopen auch Premium-Marken, bei denen es deutlich teuer wird. Doch Bresser und Skywatcher sowie die chinesischen Eigenmarken wie Omegron oder GSO sind bei Teleskoplinsen das, was bei Autos VW und Ford sind. Man wird also bei diesen landen. In dem Bereich den ein Einsteiger ausgeben will, bekommt man in der Regel nur Komplettgeräte, weil man die billigen Montierungen gar nicht einzeln bekommt.

Die Untergrenze sind für ein brauchbares Teleskop bei mir 200 Euro, als Einsteiger würde ich (ohne Zubehör) den Bereich von 200 bis 300 Euro anpeilen. Da viele Teleskope von Erwachsenen für Kinder gekauft werden fängt da schon das nervöse Zucken an, doch ein Teleskop für 200 Euro entspricht bei einem Auto einem Golf oder Polo. In der Mercedesklasse kommt man bei sonst gleicher Ausstattung leicht auf 600 Euro und in der Porsche Klasse kann es vierstellig werden. Es gibt Teleskope, die sind billiger, es gibt auch Autos die nur 5.000 Euro kosten. Doch würden sie die kaufen?

Für das Geld bekommt man ein Linsenteleskop mit 80 bis 90 mm Durchmesser und ein Spiegelteleskop mit 100 bis 130 mm Durchmesser. Linsenteleskope in dem Bereich sind langbrennweitig, das ist im Handling nicht ganz einfach, weil man so ein langes Rohr als Tubus hat, und oft in die Knie gehen muss, wenn man steil nach oben schaut. Spiegelteleskope sind bei gleicher Öffnung billiger, müssen aber regelmäßig kontrolliert und nachjustiert werden.

Zuletzt noch ein Tipp, wie bekomme ich raus, ob ein Teleskop gut ist oder nicht? Nun ohne Test gar nicht, aber die häufigste Krücke kann man leicht herausfinden. Im Billigbereich gibt es nicht viele Montierungen, sehr verbreitet sind EQ-2 und EQ-3 von Bresser. Man schaut bei den technischen Daten nach, was der Tubus wiegt, z.B. 3 bis 4 kg bei einem Newton in der Preisklasse. Dann schaut man nach, wie viel die Montierung tragen kann. Viele Hersteller haben auch Infoseiten über die Montierungen, so hier der Astroshop für die EQ-Montierungen. Man sieht dort leicht, dass eine EQ-3 eine bessere Montierung als die EQ-2 ist, sollte aber auch Sätze lesen wie „Wer allerdings sehr hohe Ansprüche an die Fotografie stellt oder schon weiter fortgeschritten ist, wird sich für die große HEQ-5 Montierung entscheiden.“. Im Zweifel: lieber die Öffnung etwas kleiner und die Montierung besser wählen. Was man nicht vergessen sollte: Schon ein Objektiv mit 60 mm Öffnung ist 10-mal leistungsfähiger als das menschliche Auge. Der Sprung von 60 auf 80 mm oder 100 auf 130 mm ist dagegen nur noch der Faktor 1,3. Man sieht also nicht so viel mehr, vergleicht man es mit dem enorm Sprung zur kleinsten Öffnung. Über eine wackelige Montierung ärgert man sich aber jeden Tag.

Zuletzt noch zu der Frage die sich der eine oder andere schon am Anfang gestellt haben: Warum schreibe ich das erst jetzt, nach der Bescherung, sind Teleskope doch ein beliebtes Weihnachtsgeschenk? Ganz einfach: weil es sich um Mechanik und Optik handelt. Ich kann drauf wetten, dass ich sonst Mails bekomme in der Art was ich von Teleskop XY halte oder ob ich Teleskop A oder B empfehle. Wie soll ich das machen? Abgesehen davon das es immer mehr Produkte gibt – als ich damals einstieg, war es pro Öffnung gerade mal eines, kann man zwar Elektronik nur nach den Leistungsdaten aussuchen, aber bei einem Teleskop muss man es in Natura sehen, ausprobieren. Die Eltern würden ja auch nicht für ihren Zögling ein Fahrrad kaufen, ohne eine Probefahrt zu machen genauso wenig, wie sie dies bei ihrem nächsten Auto tun würden.

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