Karl Lauterbach, Talkshows und die FDP

Loading

Nachdem ich nun endlich meinen Artikel über die Prozessorarchitektur Alder Lake fertiggestellt habe und meine x86-Sparte nun wieder „Up-To-Date“ ist, widme ich mich mal wieder dem Blog. Auf den heutigen Blog mit drei Themen, die man aber relativ gut ineinander überleiten kann bin ich durch zwei Sendungen gekommen.

Zum einen bin ich bei Phoenix über die Dokumentation „Konfrontation: Markus Feldenkirchen trifft Karl Lauterbach“ gestolpert. Der Autor hat Lauterbach die ersten 100 Tage als Gesundheitsminister begleitet. Der Bericht war für mich sehr interessant. Karl Lauterbach kannte ich bis vor zwei Jahren nur als Abgeordneten der SPD. Mir fiel er eigentlich nur in der Heute-Show auf, wo die Reporter der Heute-Show gerne im Plenum den Abgeordneten unbequeme Fragen stellen und die meisten Abgeordneten vermeiden daher einen Kontakt und laufen schnell weg. Anders Karl Lauterbach. Der stand immer Rede und Antwort, selbst auf dumme Fragen und Lauterbach verstand oft satirisch gemeinte Fragen nicht und nahm sie ernst – einen Charakterzug den auch ich habe.

Karl Lauterbach war ja schon vor der Coronakrise häufiger Gast in Talkshows, doch da ich dieses Format meide, ist das an mir vorbeigegangen. In dem Beitrag ging es auch darum, dass seine Referenten wünschen, dass er (nun als Minister) weniger in Talkshows geht. Doch Lauterbach verteidigt das damit, dass er darin mehr erklären kann als in Schalten in den Nachrichten. Dem Vorwurf er würde alles schwarzmalen begegnet er damit das er nur die Lage beschreibt und dann Lösungen vorstellt. Kann sein, aber den zweiten Teil habe zumindest ich nie gesehen.

Es ist auch klar geworden, das er auch als Minister primär noch Wissenschaftler ist, auch wenn er diplomatisch auf die Frage, ob es für einen Minister wichtig wäre vom Fach zu sein antwortet. Ich glaube aber, dass er zwar sicher der fähigste Gesundheitsminister ist, den wir in den letzten Legislaturperioden hatten, man sieht aber auch, wie er nun von dem Kurs de reinen Leere abweichen muss, den er früher hatte. Früher zählten für ihn für die Coronabekämpfung die Ergebnisse der Wissenschaft. Nun muss er Kompromisse machen und sie auch noch gut verkaufen. Das Unwohlsein ist ihm im Beitrag schon anzumerken, als es auf das Thema gesetzliche Krankenversicherung für Alle geht, das die FDP verhindert hat. Dabei endet dieser Beitrag über die ersten 100 Tage noch vor dem von der FDP als „Freedom Day“ ausgerufenen 22.3.2022, als das Infektionsschutzgesetz auslief. Schaut man seine Warnungen in den letzten Wochen vor dem Verharmlosen der Omikron-Variante an, so ist ihm sicher nicht wohl bei dem Gedanken, dass nun alle Maßnahmen auslaufen. Vielleicht ein Grund warum so wenige Minister vom Fach sind. Ihnen fällt wesentlich schwerer etwas zu beschließen und öffentlich zu verteidigen, was gegen ihr Wissen, Überzeugung und ihre Erfahrung in diesem Gebiet ist. Also ich könnte das nicht. Ich merke das schon im Kleinen. Praktisch jeden Tag bekomme ich eine Anfrage, ob ich einen gesponsorten Artikel veröffentlichen könnte. Doch das geht eben nicht. Vor allem, weil viele dieser Artikel ja nur verdeckte Werbung sind und die Aussagen oft nicht stimmen. Ein besonders populäres Gebiet ist derzeit CBD – Cannabidiol, ein Cannaboid ist legal handelbar und glaubt man den Firmen, die Präparate damit vertreiben, soll es gegen Alles und Jedes wirken, aber wissenschaftliche Nachweise stehen dafür eben noch aus. Zurück zu Lauterbach: seit er Gesundheitsminister ist, muss er dauernd Positionen vertreten, die er früher abgelehnt hat, ich denke, daran ist auch die FDP mit schuld, die ja dauernd nur öffnen will und bei denen es innerhalb der Fraktion ja auch Corona-Verharmloser um Kubicki gibt.

Mit Wissenschaft und Talkshows hat auch mein zweiter Subpunkt zu tun. Auf den bin ich durch die Wissenschaftsshow „Maithink X“ gekommen. Ich hatte meine Probleme mit der Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim, als sie als Moderatorin von Quarks die Fernsehlandschaft betrat. Ich fand, dass die Sendung seichter wurde und mehr die Moderatorin im Mittelpunkt steht, anstatt das Thema. Doch das hat sich seitdem ja nicht gebessert und ist auch bei ihrer Nachfolgerin so. Inzwischen schaue ich Quarks kaum noch, die Sendung war die vorletzte von früher zahlreichen Wissenschaftsendungen, die ich noch regelmäßig angeschaut habe. Nun ist nur noch Leschs Kosmos übrig.

Mit dem Wechsel von Mai Thi Nguyen-Kim zum ZDF hat sich meine Meinung geändert. Zum einen hat sie dort die wirklich gute dreiteilige Dokumentation „Wunderwelt Chemie“ gemacht und nun hat sie eine eigene Show. Okay, ich weiß schon was ihr denkt. „Wissenschaft und Show, das ist doch Klamauk oder Zaubertricks – gab es da nicht mal diese unselige „Knoff-Hoff-Show?“. Doch das täuscht. Den Begriff Show, haben meiner Ansicht nach die Fernsehmacher gewählt. Es klingt eben viel besser und spricht ein größeres Publikum an. Es gibt Show-Elemente, die teilweise lustig sind (Wrestler erklären Paragraphen beim Kampf), manchmal sind sie aber auch nur platt wie die Auftritte von Personen in Kostümen. Aber der Großteil der Sendung besteht darin, das Mai oder Prominente einfach nur was erklären, also erzählen, vielleicht noch mit einem Diagramm, aber kein Filmchen mit Animationen und wenig Fakten wie es sonst in heutigen Wissenschaftssendungen der Fall ist. Die Sendungen haben es in sich. Also ich habe manchmal Probleme dem Informationsfluss zu folgen, weil ich über etwas noch nachdenke und schon die nächsten Informationen verarbeiten muss und sie zweimal anzusehen schadet nicht. Also ich entdecke da immer etwas neues, während ich bei Quarks und Co die inzwischen viele alte Sendungen recyceln gerne vorspule, obwohl ich den Beitrag nur einmal gesehen habe. Die Moderatorin vermittelt viel Wissen und etliches abseits des Mainstreams. So Grundlagen der Statistik – was sagen die Quoten über eine Sendung aus, wenn sie gerade mal 54 Personen mit einem Erfassungsgerät angeschaut haben. Oder was ist ein Prädiktor und was eine Korrelation. So trockene Themen findet man sonst nie. Die Sendung hat Anspruch, sie sticht aus dem Programm heraus. In einer Sendung ging es auch um die Erfahrung von Wissenschaftlerinnen bei Talkshows, wo sie zum Thema Corona ja öfters erschienen. Es geht in Talkshows nicht um Fakten oder ob eine vertretene Meinung die von der Wissenschaftscommunity ist ober die persönliche Meinung einer Person. Es geht nicht um Krawall, nicht Dialog oder Erkenntnisgewinn. Das ist auch der Grund, warum ich Talkshows nicht anschaue. Denn die Meinung anderer interessiert mich nur peripher. Eigentlich hat Wissenschaft dort nicht viel zu suchen. Man kann über Erkenntnisse und Tatsachen nicht diskutieren. Es geht aber um Diskussionen und man nutzt das Format nicht anders, so könnten die Gäste ja an den Experten Fragen stellen, aber das wäre eben dann keine Diskussion.

Ein grundsätzliches Problem der Politik in den vergangen zwei Jahren war ja nicht, dass man zu wenig über die Bekämpfung von Covid-19 wusste. Zwar wusste man anfangs relativ wenig über das Virus selbst, wie man es bekämpfen kann und wie man die Überlebenschance der Betroffenen erhöhen kann. Aber das was die Politik regelt – Verhaltensmaßnahmen wie Masken tragen, Nachweise das man geimpft oder negativ getestet ist, Festlegung wo was gilt, das beruht auf allgemeinen Erkenntnissen wie sich Viren ausbreiten. Die sind nicht neu, die hat man schon nach dem ersten Weltkrieg gegen die spanische Grippe angewandt. Trotzdem hat sich die Politik oft nicht an die Empfehlungen gehalten. Das Virus breitet sich wie alle Viren, die die Atemwege befallen über Tröpfcheninfektion aus und so ist es sinnvoll in Innenräumen Masken zu tragen. Zum Höhepunkt der Hysterie musste man aber auch im Freien eine Maske tragen oder dürfte nur alleine auf eine Parkbank sitzen, obwohl schon bekannt war, das 99 Prozent aller Infektionen in Räumen stattfanden. Es gab Ausgangssperren nachts im Winter, wo man eigentlich niemanden trifft. Umgekehrt sollte die Maskenpflicht und Testpflicht natürlich überall gelten, man hat nach dem ersten Lockdown aber praktisch alle Betriebe, die keinen Kundenverkehr hatten, ausgenommen. Entsprechend wurde mit jeder Welle die Inzidenz größer. Wir haben eine Spitze von 1700 erreicht. In der ersten Welle war der Spitzenwert unter 50. Logisch, wenn man den Bereich ausklammert bei dem die meisten Leute die meisten Kontakte über die längste Zeit des Tages haben. Und nun erklärt die FDP den 22.3. zum „Freedom-Day“. Also bis zum 21. war das Virus gefährlich und einen Tag später ist es einfach verschwunden – zumindest wenn es nach der Politik geht. Die jetzige Bundesregierung meinte ja, sie würde mehr auf die Wissenschaft hören, tut es aber nicht, ja sogar noch weniger als die vorherige. Ich habe sowieso das Gefühl, das die Politik der derzeitigen Regierung die der FDP ist. Sei scheint alle ihre Positionen in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt zu haben. Doch das kann auch nach hinten losgehen. Das schaffte sie schon einmal 2009, als das Guido Westerwelle als damaliger Generalsekretär beim FDP-Parteitag feierte. Aber weil ihre Positionen eben nur Reiche betrafen, anstatt wie versprochen Steuersenkzungen für alle, sank sie 2013 in die Bedeutungslosigkeit ab.

Zumindest eines scheint sich geändert zu haben. Die FDP hat sich von Kernforderungen wie „Einhalten der Schuldenbremse“ und „Der Markt soll alles regulieren, der Staat sollte nicht eingreifen“ entfernt zu haben. Nun werden wieder Schulden gemacht. Zuerst indem man Coronamittel für den Klimaschutz umwidmet. Dann gibt es ein „Sondervermögen“ für die Bundeswehr. „Sondervermögen“ sind neue Schulden. Nur klingt das besser wie „temporäres Cash-Flow-Problem“ und nun gibt es einen Rabatt für den teuren Sprit. Profitieren davon natürlich die die Autos haben die viel Sprit brauchen. Wer einen sparsamen Wagen fährt oder gar ein E-Auto also sich schon jetzt klassenbewusster verhält, geht leer aus. So sieht die FDP ihren Beitrag, für die nun nach dem jedem klar ist, dass wir möglichst schnell von russischem Gas und Öl wegkommen müssen bei der Energiewende.

Aber liebe FDP, wenn ihr eure Positionen ändert, wenn es nur anders klingt. Ich hätte da einige Vorschläge:

„Komfortgeschwindigkeit“ – neu Bezeichnung für Tempolimit 130 km/h

„Priviligiertenspende“ – für die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf eine Höhe, die wir schon mal unter einer Regierung mit der FDP hatten (unter Kohl waren es 52 Prozent, nicht 45 Prozent).

„Bürgerversicherung“ – für eine Krankenversicherung für alle, nicht nur Arbeitnehmer und freiwillig Versicherte. Wer mehr will, kann wie heute schon Zusatzversicherungen abschließen wie für Zahnbehandlung. In Anlehnung an ein US-Vorbild kann man es gerne auch „Lindner-Care“ nennen.

„Privatierpension“- für eine Rentenversicherung für alle, auch Beamte und Selbständige.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.