Faktor 125

Seit dem ersten PC hat sich die Technik rasant weiterentwickelt – nun ja bis etwa vor einem Jahrzehnt, seitdem geht es deutlich langsamer aufwärts, sowohl was die Kapazität von Arbeitsspeicher angeht, wie auch Festplatten oder Prozessorgeschwindigkeit. Doch in den ersten 30 Jahren hat sich die Technik enorm entwickelt. Ich nehme mal als Vergleich, den ersten IBM PC bei dem eine Festplatte serienmäßig vorhandenen war, den 1983 erschienenen IBM PC/XT. Für Kenner: IBM Modell 5160. Dessen wesentlichen Kenndaten waren:

  • 8088 Prozessor mit 4,77 MHz (16/8 Bit)
  • 256 Kilobyte Arbeitsspeicher
  • 10 MB Festplatte (optional)
  • 360 KB Floppydisk Laufwerke

Wenn ich heute einen Wald-und-Wiesen-PC nehme, der weitaus billiger als der IBM PC/XT ist, sowohl in damaliger wie heutiger Kaufkraft (er kostete mit Festplatte 1983 8.000 Dollar, was in etwa der heutigen Kaufkraft von 20.000 Euro entspricht), dann hat der in etwa folgende Daten:

  • 64 Bit Prozessor mit 3 – 4 GHz
  • 16 GB Arbeitsspeicher
  • 4 TB Festplatte oder 0,5 TB SSD als Datenspeicher
  • 64 GB USB Stick als mobiles Medium

Den USB Stick habe ich hinzugenommen, weil er heute das Pendant zu einer Floppy ist – ein mobiles Speichermedium. Ein 64 GB Stick kostet auch in etwa so viel wie damals eine 360 KB Diskette.

Der Prozessor ist also um den Faktor 600 bis 800 höher getaktet, bei der Geschwindigkeit ist der Unterschied noch erheblich größer, aber mangels Lauffähigkeit von 16 Bit DOS-Programmen unter Windows nicht mehr berechenbar.

Der Arbeitsspeicher ist um den Faktor 64.000 größer geworden, die Festplatte um den Faktor 400.000 und der USB Stock fasst so viele Daten wie 177.000 Floppys (und kostet in etwas gleich viel). Wie ich beim Verlinken festgestellt habe, kosten heute zehn 3,5 Zoll Disketten (zusammen 0,0144 GB Kapazität) 27,99 Euro, ein 64 GB USB Stick von Scandisk denn ich einsetze, dagegen nur 7,99 Euro, Disketten sind also um den Faktor 15.500 teurer als ein USB-Stick ….

Da erscheint ein Zuwachs bei einem anderen PC-Bauteil um den Faktor 125 doch gering oder? Der Faktor ist groß, wenn man von Elektronik auf Mechanik oder Interfaces zum Menschen wechselt. Ein Bildschirm hat heute um ein Beispiel zu nehmen, nicht 100.000-mal mehr Punkte als damals, einfach weil unser Auge sie nicht alle auflösen könnte. Ein IBM PC hatte einen Monitor mit einer diagonale von 12 Zoll. Es gab die option nur Text darzustellen (MDA Karte) auf einem grünen monochromen Bildschirm (720 x 348 Punkte bei Text) oder Grafik darzustellen (CGA-Kate) dann aber nur 640 x 200 Pixel. Heute ist ein Monitor größer – 27 Zoll Bildschirmdiagonale sind Standard aber auch Monitore mit einer Diagonale von 32 Zoll und noch größer gibt es und die Auflösung liegt zwischen 2560 x 1440 und 7.680 x 4.320, also maximal die dreifache Diagonale und zwölffache Punktzahl pro Achse, was einer Halbierung der Pixelgröße entspricht – kleiner geht es nicht mehr, sonst erkennt man das Pixel nicht mehr und bei beschränktem Platz auf dem Schreibtisch kann auch der Monitor nicht viel weiter in die Breite und Höhe wachsen.

Auch Drucker haben zugelegt. Vor allem an Geschwindigkeit. Normal war damals ein Matrixdrucker der 80 Zeichen pro Zeile schaffte, mit der Zeitverzögerung für den Zeilenvorschub vielleicht eine Seite in eineinhalb Minuten. (Komischerweise kann ich mich nicht erinnern, dass man damals die Zeiten für das Drucken einer Seite in Tests gestoppt hätte. Heute kommt ein Laserdrucker auf 30 Seiten Minute und ist zudem noch billiger. Das ist der Faktor 40 bis 50 und viel höher wird es nicht gehen, mein inzwischen 20 Jahre alter Laserdrucker schaffte auch schon 12 Seiten pro Minute. Die beiden Hauptschritte zur Geschwindigkeitssteigerung bei den Druckern waren: berührungloser Druck und Druck der ganzen Seite anstatt einzelner Zeichen.

Ebenso könnte man Scanner von damals mit heute vergleichen – auch hier ist der Zugewinn klein. 300 dpi schafften schon die ersten Exemplare, die es in den Achtzigern gab und heute erreichen wenige mehr als 2.400 dpi, die meisten blieben darunter. Zum einen, weil es kaum Vorlagen gibt die diese Auflösung benötigen. Zum anderen, weil dann die Sensorzellen immer kleiner und lichtunempfindlicher werden und als Drittes, weil ein Scanner mit einer mechanisch bewegten Scanzeile arbeitet, die auch auf diese Genauigkeit positioniert werden muss.

Gibt es ein mechanisches Gerät (im PC-Bereich) das in den letzten Jahrzehnten um den Faktor 125 zugelegt hat?

Ja das gibt es, es ist die Maus. Die ersten Mäuse hatten eine Auflösung von 200 dpi und wurden an die serielle Schnittstelle angeschlossen. Ich kam auf den heutigen Blog, weil ich in der aktuellen ct’ einen Bericht über „Gamer-Mäuse“ gelesen habe. Diese haben eine Abfragefrequenz von bis zu 8000 Hz und erreichten 10.000 bis 18.000 dpi Auflösung. Was bedeutet das? Die Abfragefrequenz ist das einfacher zu erklärende Kriterium. Es ist simpel, wie oft das Betriebssystem abfragen soll, wo sich die Maus gerade befindet, die dann die Koordinaten übermittelt. Das macht heute ein Treiber vom Hersteller. Die ersten Mäuse wurden an die serielle Schnittstelle angeschlossen, später gab es eine eigene Buchse („PS/2 Mäuse“) und inzwischen werden sie über USB angeschlossen. Bei maximal 9600 Baud an einer seriellen Schnittstelle, dem Overhead für das Protokoll und Koordinaten von (angenommen) 12 Bit Breite jeweils für eine Achse und noch 2 Bits für die Tasten kam eine damalige „Bus-Maus“ sicher nicht über 30 bis 40 Hz. Das wäre also ein Faktor von 200 bei der Abfragefrequenz. 8.000 Hz scheint aber auch keiner zu brauchen, denn in dem Test gab es außer einer erheblich höheren Prozessorlast keinen Unterschied zu 1.000 Hz, auch nicht bei Spielen. Interessanterweise sind „normale“ Mäuse die so ziemlich einzigen Geräte die heute noch mit dem ältesten USB Standard 1.0 auskommen, der maximal 600 kbit/s erlaubt. Diese Gamermäuse geben sich aber als USB 2.0 Geräte aus und dürfen dann bis zu 480 Mbit/s (real maximal 30 Mbyte/s) übertragen.

Das zweite Kriterium ist die Auflösung in dpi. Dpi (Dots per Inch – Punkte pro Zoll (2,54 cm)) kennt der eine oder andere vom Drucker. Beim Drucker gibt der dpi Wert an, wie fein das Punktraster des Drucks ist. Bei 300 oder mehr dpi geht man davon aus das ein menschlicher Betrachter die einzelnen Punkte nicht mehr wahrnimmt und das Schriftbild ohne Makel ist. Will man Farbe beim Druck, so muss man wegen der subtraktiven Mischung aber erheblich höhere Dpi Werte erreichen.

Der dpi Wert bei der Maus gibt an, wie fein sie die Bewegung auflöst. Dieser Wert geht linear in die Bewegung des Mauszeigers über. Damals hatte ein Monitor wie erwähnt maximal 640 x 350 Punkte. Wollte man die Maus vom einen zum anderen Ende diagonal bewegen (rund 730 Pixel) so betrug der Weg bei den damaligen 200 dpi genau 730 Pixel / 200 Pixel / Zoll = 3,65 Zoll oder etwa 9,3 cm. Das ist in etwa die Hälfte des Durchmessers eines Mauspads. Je höher der dpi Wert ist, um so weniger muss man die Maus bewegen um sich über den Bildschirm zu bewegen. Gamer bevorzugen einen hohen dpi Wert, weil man dann die Maus praktisch bewegen kann, ohne die Hand anzuheben, wie man es sonst bei längeren Distanzen tut. Nach dem Test kann man bei den hohen dpi Werten die Maus selbst über die Diagonale eines 4k-Displays komplett aus dem Handgelenk bewegen. Und es gibt Mäuse die noch höher auflösen – bis zu 25.600 dpi. Sofern man aber etwas genau treffen will, sei es ein Symbol auf der Arbeitsoberfläche, ein Detail bei einer Zeichnung, oder eben einen Gegner im Spiel, ist diese hohe Auflösung aber eher hinderlich. Denn so feinfühlig kann man die Maus dann gar nicht bewegen. Das überschreitet die motorischen Fähigkeiten eines Menschen. Für Spiele mit vielen präzisen Schießelementen sollte man daher die Auflösung nach Test reduzieren. Die 18.000 dpi sind übrigens nicht das Ende der Fahnenstange, 25.600 dpi sind mittlerweile möglich, Office-Mäuse haben typisch 800 bis 1.000 dpi. Damit sind sie mit den 200 dpi Mäusen vergleichbar, wenn die Pixelzahl pro Dimension um den Faktor 4 bis 5 höher ist, also in der Breite 2560 bis 3200 Pixel. Mit einer 200 dpi Maus müsste man schon bei einem Full-HD Display die Maus um 18,3 cm in der Diagonale bewegen, das ist dann schon Arbeit und so viel Platz haben viele gar nicht neben sich am Schreibtisch.

Mäuse sind also das Interface-gerät mit dem höchsten Zuwachs an Leistung. In der Auflösung um den Faktor 125 in der Abfragehäufigkeit sogar sicher ein Faktor 200, wobei ich mir relativ sicher bin, das ein IBM PC es nicht hinbekommen hätte, die Maus auch nur 40-mal pro Sekunde abzufragen. Ich kann mich noch meine frühen Tage und dem Einsatz einer Maus unter MS Word und Turbo Pascal (für DOS) erinnern und da sprang der Mauszeiger bei schnellen Bewegungen.

Die enorme Steigerung ging wie beim Drucker durch Änderung des Prinzips. Wird beim Drucker heute kontaktlos gedruckt (Tintenstrahler) oder eine ganze Seite gedruckt, wobei sie eigentlich nur über eine mit Toner beschichtete Walze gezogen wird, also der reine Papiertransportvorgang (Laserdrucker) so wurde die Mechanik der ersten Mäuse durch optische Methoden ersetzt. Die ersten Mäuse bis in die späten Neunziger waren Rollkugelmäuse. Unten war eine raue Kugel aus Gummi drin. Am Gehäuse an zwei Stellen Potentiometer, welche die Drehung der Kugel maßen. Wer jemals eine Rollkugelmaus hatte, kennt deren Innenleben, denn man musste regelmäßig Fusseln entfernen.

Später kamen zuerst optomechanische Mäuse (immer noch Rollkugel, aber Erfassung der Bewegung durch Lichtschranken). Heute sind alle Mäuse optisch, die älteren verwandten Leuchtdioden, die auf dem Mauspad ein Muster erzeugten und die Veränderung des Musters registrierten. Bei den allerersten Mäusen dieser Bauart funktionierte das nur auf speziellen Mauspads. Heute ist der Standard eine Laserleuchtdiode die im Infraroten arbeitet, auch wenn die Maus rotes Licht abgibt und die auf allen Oberflächen funktioniert. Ich nutze aber immer noch ein Mauspad, weil meinem Gefühl nach es hier reibungsloser geht. Da reicht auch ein billiges für 5 Euro.

Mein Eindruck ist das man mit dem Wort „Gamer“ gut verdienen kann. Gamer geben ja gerne viel für ihre Grafikkarten und PC aus und so gibt es auch Gaming Tastaturen und eben Gaming Mäuse. Da ich vor allem rundenbasiertes Spiele brauche ich beides nicht, aber meinem Gefühl nach müsste man auch mit normalen Tastaturen und Mäusen spielen können. Außerdem scheinen Lichteffekte sowohl beim PC wie auch Tastatur und Maus sehr wichtig zu sein, wahrscheinlich würde man ohne die kein Spiel gewinnen.

Beim normalen Durchschnittsanwender scheint das aber keine Rolle zu spielen. Viele, die ihren PC genau selektieren, welchen Prozessor, welche Grafik etc. nehmen eine Standardtastatur und Maus vom Grabbeltisch. Nun ja meine Mäuse sind auch nichts besonders, sie sind von Logitech, mit der Firma habe ich schon vor Jahrzehnten gute Erfahrungen gemacht und sind auch nicht teuer. Wert lege ich auf Tastaturen. Ich habe nur welche von Cherry im Einsatz bei mittlerweile drei Geräten (alter PC, neuer PC, Raspberry Pi). Ich wechsle auch mal aus, da ich verschiedene Typen habe, die sich im Anschlagsverhalten und Geräusch unterscheiden, obwohl es derselbe Typ ist (Fachleute wissen, dass ich von verschiedenen Switches unter den Tasten spreche). Cherry Tastaturen mit MX Switches sind aber nicht billig, neu zwischen 65 und 130 Euro. Aber sie sind unverwüstlich und für 10 Millionen Klicks pro Taste zertifiziert, sodass ich mir die letzte gebraucht zugelegt habe.

Gemessen am Preisverfall haben Tastaturen übrigens auch einen Spitzenplatz verdient: die erste IBM Tastatur kostete über 500 DM, fast so viel wie ein C64, heute liegen die billigsten Exemplare bei 10 Euro. Allerdings kann man die Qualität nicht vergleichen und für eine gute Tastatur muss man auch heute noch etwas mehr ausgeben.

7 thoughts on “Faktor 125

  1. Das mit den Lichteffekten im PC-Gehäuse ist auch so ein Schwachsinn. Alles muss leuchten wie eine Rummelbude und zusätzlich heizen. Auch wenn man auf den Bildschirm sieht statt ins Gehäuse. Oder mach ich da was falsch? Noch unsinniger wird das bei Gehäusen ohne Fenster.
    Und natürlich muss alles Gaming sein. Gaming-Kaffee, Gaming-Bier, Gaming-Sessel und Gaming-Klopapier. Fehlt nur noch ein Gaming-Bundeskanzler.

  2. Zum Thema Maus:
    Bei Funkmäusen ist irgendwann die Batterie alle (kann veraltet sein).
    Eine Kugel könnte durch Bewegung einen Akku/Kondensator laden oder induktiv?

    Gibts sowas schon?
    Fragt Ralf mit Z

  3. zu Druckern:
    wirklich schnelle Drucker gibt es schon ein bischen länger: an der IBM370 in der TU BS hat gegen 1985 der große Typenbanddrucker ~eine Seite pro Sekunde gedruckt, das war auf gefaltetem Endlospapier.
    Wenn es schneller sein muß: Es gibt Typenbanddrucker, die das Papier von der Rolle bekommen. Nach dem Drucker kommt dann die Schneidemaschine und das Eintüten in Briefumschläge.

  4. zu Monitoren:
    ich hätte seit ca. 4 Jahren gerne einen 16:10 4-5k Büromonitor in 24″-25″ und mit 3840×2400 Pixel. Ich habe Probleme mit antialiasten Schriften am Monitor. Habe bisher noch keinen gefunden.
    300dpi auf einem s/w Laserdrucker sind für mich ausreichend. 600dpi sehen etwas besser aus, besonders bei kleiner Schrift.

  5. Die Maus von Fusseln reinigen hat direkt Jugenderinnerungen, bei mir geweckt.
    Da ich als junger Mann immer knapp bei Kasse war, hat man gelernt alles oegliche zu reparieren (z.B. bekam ich einen Brenner von meinem Onkel fuer „UMSONST“, problem war nur dass der nie bis zum ende gebrannt hatte. Nach eingehender Pruefung hat man dann die Schiene auf der der Laser wanderten mit neuem Fett versorgt und voila, er lief noch viele Jahre danach ohne Murren).
    Die Maus hat auch immer gerne Probleme gemacht und Reinigung hat das meistens wieder gefixed

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