Software und ihre Preise

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Auf das heutige Thema kam ich als ich mich kürzlich mit der Geschichte von MITS und den Anfängen von Microsoft nochmals beschäftigt habe. Der Aufhänger war, dass die erste Software von Microsoft, das Altair BASIC, für 350 bzw. 500 Dollar ohne Kauf einer Speichererweiterungskarte für den Altair verkauft wurde und mit sank der Preis unter 100 Dollar. Meine bisherige Ansicht war, das MITS, bzw. Edward Roberts der Firmeneigentümer, den Preis so hoch setzte, damit er seine Speichererweiterungskarten verkaufen konnte, die unzuverlässig waren. Im Prinzip fuhr man billiger, wenn man eine Karte mit BASIC kaufte, als wenn man das BASIC alleine kaufte.

Aber so war dem nicht. Der Preis wurde von Bill Gates so festgelegt und als sie sich von MITS gelöst hatten, war ihr erstes Produkt FORTRAN-80 und das verkauften sie auch für 500 Dollar. Zeit mal zu beleuchten, was das besondere an Software ist und wie sich das auf die Preise auswirkt.

Preisliste 12/1989
Preisliste ct‘ 12/1989

Technisch und organisatorisch gesehen hat Software mehr etwas mit Literatur oder Musik zu tun. Software ist ein Produkt des menschlichen Geistes. Nur ist es eben kein literarischer Text, sondern Code in einer Programmiersprache. Der passendste Vergleich im Schöpfungsprozess ist der mit einem Fachbuch. Wer mal an einer Uni studiert hat, weiß das es für jedes Fach eines oder mehrere Standwerke als Lehrbücher / Nachschlagewerke gibt, in denen man vieles zu dem Fach nachlesen kann. Die waren schon zu einer Studienzeit teuer und kostete um die 100 Mark, heute wohl dieselbe Summe in Euro, was jedes Mal bei Beginn eines Semesters ein großes Loch in meinen Geldbeutel riss. Hinsichtlich der Distribution, also Verbreitung dürfte Musik eher passen, denn man vertreibt einen Datenträger, der relativ preiswert herzustellen ist. Es kam damals dann noch ein Handbuch dazu, aber das fiel bei den Preisen für Software nicht ins Gewicht.

Es gibt aber einen Riesenunterschied: eine Langspielplatte kostete damals 15 bis 20 Mark, das erste Softwarepaket von Microsoft in DM umrechnet 1.200 Mark. Dabei ist die Vorgehensweise die gleiche: es ist viel Aufwand das Produkt herzustellen. An einem Fachbuch schreiben Autoren über Jahre, dann kommen noch Lektoren hinzu. Bei Musikproduktionen muss man ein Studio mieten, Tontechniker bezahlen. Die Investitionskosten für die Erstellung von Software sind dagegen relativ klein. Man braucht nur einen Computer, idealerweise den für den man programmiert. Das taten damals übrigens Bill Gates und Paul Allen nicht. Es existierte noch keinen Altair den man kaufen konnte. Paul Allen programmierte einen Emulator, eine Software die einen 8080 Prozessor simulierte auf dem Großrechner PDP-30 seines Arbeitsgebers Honeywell. Der Simulator lief dann auf einer PDP-30 der Uni Harvard wo Bill Gates dann das Basic im Emulator entwickelte.

Als richtungsweisend betrachten viele daher auch den Vertrag den Bill Gates dann mit Edward Roberts abschloss. Sie verkauften nicht BASIC an MITS, sondern sie lizenzierten es an die Firma. Der Deal wird von einigen Autoren als bahnbrechend beschrieben. MITS sollte BASIC vermarkten – nicht nur als Version für den Altair, sondern mit Anpassungen an die Hardware auch für andere Computer. Da zeigte sich das Bill Gates eben Sohn eines Anwalts ist und in Harvard Wirtschaft und nicht Computerwissenschaft studierte. Der Vertrag war anfangs für beide Seiten gut. Edward Roberts hatte als er mit dem Altair anfing Schulden. Die konnte er zwar dann begleichen und kam schnell in die Gewinnzone, doch zu dem Zeitpunkt als der Vertrag abgeschlossen war liefen die Verkäufe erst an. So musste er nur 3.000 Dollar Handgeld zahlen. Für Gates und Allen garantierte der Vertrag dagegen Lizenzeinnahmen für jede Kopie. Er hatte aber eine Kappungsgrenze von 180.000 Dollar. Als die nach zwei Jahren erreicht wurde, kündigte Gates den Vertrag. Das ging, weil es auch einen Passus gab in dem MITS sich verpflichtete BASIC nach besten Möglichkeiten zu vermarkten. Als aber weitere Rechner mit dem 8080-Prozessor auf den Markt kamen, lehnte Roberts Anfragen von Konkurrenten ab und verstieß so gegen diesen Passus.

Nebenbei gesagt haben Gates und Allen sich dabei eine goldene Nase verdient. 180.000 Dollar waren recht viel Geld, auch wenn es später noch weitere BASIC-Versionen als nur das erste „4K-BASIC“ gab. Gary Kildall war zur selben Zeit angestellter Professor bei der Navy. Sein Jahresgehalt betrug 20.000 Dollar. Für das BASIC das Gates und Allen in vier Wochen zur ersten Version entwickelten bekamen sie also das neunfache Gehalt eines Uniprofessors. Als Bill Gates sich über mangelnde Verkäufe bei Ed Roberts beschwerte, setzte er diesen auf die Gehaltsliste – für 10 Dollar pro Stunde, demnach entspräche die Maximalvergütung für das Altair-BASIC einen Umfang von 18.000 Mannstunden oder über 2.000 Arbeitstagen / 9 Mannjahren.

Spätere Versionen waren dann viel billiger. Für die Adaption von BASIC an den Motorola 6800 Prozessor zahlte Ed Roberts nur noch etwas über 30.000 Dollar und in einem ähnlichen Umfang lagen auch Adaptionen des „Microsoft BASIC“, an verschiedene Rechner. Demgegenüber sind 500 Dollar für eine Kopie schon viel, vor allem wenn man dies auf den damaligen Kaufwert bezieht. Der Altair 8800 kostete in der Basisausführung nur 400 Dollar. Gary Kildall konnte sich keine neue Floppy-Disk leisten, die 500 Dollar kostete und entwickelte CP/M auf einer ausmusterten Floppy, die die MTBF-Tests bestanden hatte. Nimmt man an das sein 20 K Jahresgehalt heute wohl eher 100 k wären, so verlangte Microsoft den Gegenwert von 2.500 heutigen Dollar für ihre Software.

Nun war das vielleicht etwas viel – Kildall verkaufte seine erste CP/M Version für 75 Dollar, obwohl der Codeumfang größer war als der von BASIC. Auffallend ist aber, das es noch bis in die Neunziger so war, dass Software recht teuer sein konnte. Ich habe hier mal eine Preisliste vom Dezember 1989 beigelegt. Deutlich werden einige Dinge. Die Preise differieren auch in den Kategorien. Gilt eine Software als „Standard“ so ist sie viel teuer als die Konkurrenz. Am deutlichsten ist das bei Autocad zu sehen. Daneben wird Software mit der man Geld verdienen kann, oft teurer verkauft als Hilfsprogramme, unabhängig vom Codeumfang. Vor allem aber gibt es eine direkte Beziehung zu den Rechnerpreisen. Es gab damals noch den IBM PC, die beiden folgenden Generationen mit 286 und 386 Prozessor waren auch im Markt, aber natürlich teurere Rechner. Unix-Betriebssysteme für den 286 oder 386 Prozessor waren ziemlich teuer, weil ich die Rechner, die deutlich potenter als MS-DOS Rechner sein mussten, teuer waren. Business-Software für einen Heimcomputer, einen Atari ST oder Amiga war bei derselben Leistung viel preiswerter, weil auch die rechner weniger kosteten.

Umgekehrt waren Spiele für Heimcomputer viel billiger, kostete oft unter 50 DM. Klar, wer einen Computer für 500 bis 1000 DM kauft, kauft kein Spiel für 200 Mark. Dabei steckt in einem guten Spiel durchaus ähnlich viel Aufwand wie für eine Anwendung, auch der Codeumfang ist vergleichbar. Es gab sogar unterschiedliche Preispolitiken: DBase, Wordstar und Multiplan gab es auch als CP/M Versionen. Ich und ein Freund legten zusammen und kauften die drei Programme, er bekam die Handbücher und Disks von Multiplan und ich die beiden anderen, die Programmdisketten kopierten wir. Wir zahlen 200 DM pro Version, anstatt 800 oder 1500 DM. Bis heute ist dem so: ein Spiel kann durchaus ähnlichen Codeumfang wie eine Anwendung haben, aber man kann dafür nicht Hunderte von Euros verlangen. Der Preis richtet sich also nicht nach dem Arbeitsaufwand

Mit Software konnte man reich werden. Lotus 1-2-3 wurde zur Killerapplikation für den PC. Geschrieben hat die erste Version Jonathan Sachs. Bekannter ist der Firmengründer von Lotus Mitchell Kapor, der als Schöpfer des Programms gilt. Er selbst bezeichnet seine Rolle als „Software-Designer“. Das Programm in Maschinensprache war viel schneller als die schon etablierte Konkurrenz Visicalc und Multiplan die nur von CP/M adaptiert war. Innerhalb eines Jahres war Lotus einen zweistelligen Millionenbetrag wert.

Erinnert sich noch jemand an die deutsche PC-Schmide Escom? Die warben in den frühen Neunzigern für ihre PC damit, das sie Software belegten, die mehrere Tausend Euro im Einzelverkauf kostete. Das zeigte schon das Paradoxon. Es gab schon immer Lizenzverträge zwischen Firmen. Da flossen dann immer kleine Beträge. Von den Summen für die Erstellung von BASIC-Interpretern habe ich ja schon gesprochen. Legt man die typisch 10.000 bis 30.000 Dollarbeträge auf die Produktionszahl eines Heimcomputers um so kommt man auf Beträge von einigen Cent pro Rechner. Ein frühes Beispiel des Bundle-Prinzips war der „tragbare“ Rechner Osborne 1. Adam Osborne, Journalist und Buchautor ließ ihn für Journalisten konstruieren und verhandelte mit Softwareschmieden über günstige Lizenzen und bekam die auch. So warb man damals das der Rechner Software umfasste, die fast genauso teuer war wie der Rechner selbst. Eines der ersten Hardwareprojekte der Computerzeitschrift ct’ war auch „Osborne-Kit“. Wie ein Redakteur später schrieb, kauften viele nur die Basisplatine, bauten aber keinen Rechner, nutzen aber die Software die mitgeliefert wurde.

Das änderte sich im Laufe der Zeit tendenziell wurde Software billiger, wie auch Rechner billiger wurde. Die große Wende kam mit Shareware und Freeware. Shareware also Software, die man ausprobiert und wenn sie einem gefällt dann bezahlt, gab es schon frühzeitig, ebenso wie Freeware, also Software für die man gar nichts zahlen muss. Aber mit dem Internet fiel eine große Hürde – nämlich wie man an die Software kommt. Wie sollte man vorher von der Existenz einer Software wissen? Es gab Tests in Computerzeitschriften und dort auch Anzeigen der Hersteller. Doch wie erfährt man von der Software eines Autors, der vielleicht sogar in den USA sitzt? Es gab Gruppen die sammelten solche Programme und veröffentlichten Katalogdisks. Die bestellte man und schaute sich am Rechner die Beschreibungen an, um dann die Programme zu bestellen. Dafür verlangten Firmen Kopiergebühren. Pearl begann so und von denen habe ich damals einige Sharewareprogramme auch bestellt.

Mit dem Internet ist das viel einfacher. Eine Suchmaschine ermöglicht es einem jedes Programm zu finden. Linux als kostenloses Betriebssystem war erst durch die Zusammenarbeit vieler Programmierer über das Internet möglich und die Konkurrenz durch kostenlose Programme hat die Preise gesenkt. Es wurden viele Pakete die mal Geld kosteten zu Freeware. So das Libreoffice, die Web-Editionen von Visual Studio oder die Virtual-Box. Ich habe inzwischen fast nur noch kostenlose Software im Einsatz. Es gibt bei mir zwei Ausnahmen: wo die Software nicht preiswerter wurde: Das Betriebssystem kostete Ende 1989 unter 100 DM, heute kostet Windows in der Home Version 115 Euro. Ebenso kostete damals Tuerbo Pascal 250 DM, der Nachfolger Delphi kostet in der kleinsten Version 1.869 Euro + MwSt. Es gibt aber auch eine kostenlose Version, die ich aber bisher nicht getestet habe, da ich festgestellt habe, das früher gekaufte Software nicht mehr compiliert, sodass ich weiterhin mit meinem uralten Rad Studio Seattle von 2016 arbeite. Auch der Grund warum ich bisher nicht zu Windows 11 gewechselt habe. Bezieht man die Preise auf die Verkaufspreise eines PC so wird der Unterschied noch deutlicher: Wenn ich nur mal das Betriebssystem nehme das jeder Rechner braucht, dann kostete das Ende der Achtziger 3 Prozent des Rechners, und heute 14 Prozent – jeweils berechnet für einen Durchschnitts-PC.

Insbesondere Microsoft ist ja sehr erfinderisch in ihren Lizenzbedingungen. Als sie mehr Dominanz in den Handymarkt haben wollten und dafür sogar extra Nokia aufkauften, damit auch jemand Handys produziert versprachen sie, Windows 10 wäre auf Lebenszeit kostenlos. Nun ja die Lebenszeit endet im Oktober dieses Jahres dann gibt es keine Updates mehr und Windows 11 ist natürlich nicht kostenlos. Nachdem man mit den Officepaketen nicht mehr viel verdiente und auch deren Preis durch die Freeware-Konkurrenz senken musste, ging man zu einem Abomodell über, das auch Adobe einsetzt. Man kauft die Software also nicht mehr, sondern mietet sie. Generiert dauerhafte Einnahmen denn ohne Mietvertrag sind alle bisher erstellten Dokumente etc. nicht mehr bearbeitbar.

Den Preis hochhalten kann man, wenn man marktführend ist. Das gilt z. B. Für Autocad, das schon 1989 über 7000 DM kostete, also so viel wie ein gut ausgestatteter PC. Das dürfte auch der Grund sein, warum Delphi als Turbo Pascal Nachfolger so teuer ist. Es gibt mit Lazarus eine Freeware Alternative, aber hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit aber auch Ausstattung mit Komponenten also fertigem Programmcode hinkt Lazarus eben doch ziemlich hinterher.

Aber eines ist sicher: mit Software – etwas weiter gefasst mit Dingen die man auf oder fürv einen Pc erstellt – kann man reich werden, weil man sie nur einmal erstellen muss und dann von vielen genutzt werden kann. Heute sind Google und Amazon die „wertvollsten“ Firmen weltweit. Sie verkaufen keine Software, sondern haben Software erstellt mit denen sie über Werbung oder den verkauf von Produkten Geld verdienen können. Aber auch klasssiche Firmen wurden enorm wertvoll. Ich habe Apple Aktien seit 2009, die sind heute das 50-fache wert. Haupteinnahmequelle von Apple ist der Verkauf über den iTunes Shop und Apple TV, nicht die Handys oder Rechner. Microsoft Aktien sind, seit ich sie 2011 kaufte auch das 14-fache heute wert.

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