Die Shuttle Misere

Nachdem der Columbus Start verschoben wurde, ist das Space Shuttle wieder mal in die Schlagzeilen geraten, vielleicht zu Unrecht, denn die letzten Starts erfolgten ohne Verzögerung. Warum laufen die Space Shuttles aus? Warum will man nun zum Mond? Ich habe in Interview mit einem Raumfahrtexperten gehört, der Berater der US Regierung ist. Er meinte, man hätte dort abgewogen welches Risiko bei der bemannten Raumfahrt besteht – besonders dem Verlust der Besatzung – besteht und dem Nutzen. Man wäre zum Schluss gekommen, dass sich unter diesem Aspekt die Raumstation nicht lohnen würde, aber Expeditionen zum Mond.

Ich wäre ja fast bereit diese humanistischen Bestrebungen der US Regierung zu glauben, wenn es nicht jede Menge gefährliche Berufe gibt, bei denen man offensichtlich diese Abwägungen nicht macht. So gibt es in den USA "Firefighters" die bei großen Waldbränden hinter diesen per Fallschirm abspringen oder mit dem Hubschrauber abgesetzt werden und eine Schneise schlagen, damit sich der Brandt nicht ausbreitet. Wenn der Wind sich dreht, können immer wieder einige nicht rechtzeitig sich in Sicherheit bringen und sterben bei diesem Einsatz. Das könnte man durch eine Liste von anderen Berufen ergänzen, die gefährlich sind.

Natürlich ist der Start eines Shuttles gefährlich und er ist gefährlicher als der einer Kapsel. Aber die Astronauten kennen dieses Risiko und gehen es bewusst ein. Das Problem liegt in zwei anderen Punkten. Zum einen in der negativen Publicity die ein Verlust des Space Shuttles mit sich zieht. Ein Space Shuttle Start kommt einmal oder zweimal in den Nachrichten unter "sonstiges". Ein Verlust ist Thema von Sondersendungen, die Suche nach den Ursachen und die Behebung kommen dann noch monatelang in den Nachrichten, dann verzöget sich die Wiederaufnahme der Flüge – bei Challenger und Columbia standen die Shuttles jeweils 17 bzw. 20 Monate am Boden – das alles ist jede Menge negativer Publicity

Das zweite sind die explodierenden Shuttle Kosten. Es gibt zwar seit Jahren keine Auskünfte mehr zu den realen Startkosten, doch man kann sie indirekt ermitteln – indem man das Budget durch die Flüge pro Jahr teilt. Der Trend ist relativ eindeutig: Nach jedem Unglück stieg das Shuttle Budget an, aber die Fluganzahl sank. Macht man dies für die 3351 Millionen US-$ die das Space Shuttle Programm für 2007 kostet und teilt diese Summe durch die 5 geplanten Flüge, so kommt man auf 670.2 Millionen US-$ pro Start. Die beiliegende Grafik informiert über den Trend. Die beiden Ausreiser sind zum einen die Kostenreduktion in den späten 90 er Jahren durch Modernisierungen der Flotte und Übertragung der Wartung auf externe Firmen und zum anderen der Anstieg der Kosten direkt nach dem Verlust der Columbia.

Diese hohen Startkosten – 3 mal höhere als ein Start einer Verlustrakete für dieselbe Nutzlast – sind auch der Grund für das Einstellen des Shuttle Programmes. Man kann mir sicher nicht vorwerfen, ich wäre für die bemannte Raumfahrt, aber ich stehe noch kritischer zu dem neuen Programm, Bushs VSE. Tatsache ist, dass nun die ISS da ist, weitgehend fertig gebaut. Tatsache ist auch, dass sie nur einen Sinn macht, wenn man sie technisch auf dem Laufenden hält. Die meisten Forschungsmodule sind nicht umsonst so gebaut worden, dass sie standardisierte Racks aufnehmen können und diese einfach ausgewechselt werden können. Damit kann man Experimente austauschen, defekte durch funktionierende, veraltete durch neue Technik, Forschungsschwerpunkte verschieben, neue Dinge die man noch nicht kannte als man das Labor entwickelte, in Angriff nehmen. Doch diese empfindlichen und voluminösen Racks kann man nicht mit einem Progress Transporter befördern. Auch bei den ATV und HTV Beschreibungen habe ich nichts gefunden das darauf hindeutet, dass man Experimente damit befördert, sondern eher Nahrungsmittel, Gase, Wasser, Treibstoff. Selbst wenn, so war auch gedacht Proben zur Erde zurück zu bringen, ja eine Industrieforschung war einmal auf der ISS geplant, die Materialen produziert die dann auf der Erde zu Produkten weiterverarbeitet werden. Diese mit den Sojus Kapseln zurückzubringen ist nahezu unmöglich. Einige Kilogramm sind pro Flug möglich, doch das ist viel zu wenig.

So macht die ISS wenig Sinn. Ihre Technologie ist schon heute veraltet, weil der Aufbau so langsam vor sich ging (Start der Planung war 1994 ! Columbus hätte vor 5 Jahren gestartet werden sollen). Statt sich zu überlegen, wie man die ISS und die investierten Summen sinnvoll nutzt, stürzt man sich nun auf ein neues Ziel von dem man nicht weis ob man es erreichen wird oder es dann auch zu teuer wird.

Was wäre die Alternative? Ich halte das Raumgleiter Konzept für nicht grundsätzlich falsch. Aber ich halte das konkrete Space Shuttle Konzept für falsch. Sicherheitstechnisch sollte es bei einem bemannten Raumfahrzeug eine Möglichkeit geben den Shuttle abzusprengen mit kurz brennenden Feststoffraketen, analog dem Fluchtturm bei Kapseln. Dann wäre er auch auf der Rakete und herumfliegende Schaumstoffstücke wären kein Sicherheitsproblem. Vor allem aber wird ein Space Shuttle als bemanntes Gefährt immer teurer sein als eine einfache Rakete. Er sollte also nur Personen und kleinere Mengen empfindlicher Fracht transportieren und keine großen Nutzlasten. Dann aber reden wir nicht mehr von dem heutigen Space Shuttle, 78 t ohne Nutzlast schwer, mit einem 18.3 x 4.6 m großen Nutzlastraum. Dann reden wir von einem kleinen Shuttle, das gerade genug Platz hat für die Besatzung und etwas Fracht, so wie Hermes geplant war und Kliper gedacht ist. Das ist dann 15-20 t schwer und braucht eine Delta IV Heavy oder eine Atlas V als Träger. Ich glaube auch, wenn man moderate Anforderungen an Wiederverwendung stellt, und sich mit einigen Einsätzen zufrieden gibt, wird die Entwicklung finanzierbar und auch der Unterhalt. Nehmen wir an, ein Shuttle dieser Art kostet doppelt so viel wie eine Kapsel. Wenn er 5 mal fliegt verursacht er nur 40 % der Kosten und wenn er 10 mal fliegt 20 % der Kosten. Dazu kommt dann noch der fixe Preis der Trägerrakete, so das die Einsparung im Gesamtpreis immer geringer wird. Bei der Entwicklung ist es aber ein enormer Unterschied ob ich mich damit begnüge, etwas mehrmals zu verwenden oder gleich 100 mal wie das heutige Shuttle. Raketentriebwerke durchlaufen heute schon Tests mit der 10 fachen nominellen Brenndauer – ohne Probleme. Das ist einfach die normale Sicherheitsmarge. Doch für 100 Einsätze sind sie nicht qualifiziert, dann braucht man so teure Anfertigungen wie das SSME.

Ein sinnvoller Schritt wäre es gewesen, die X-38 Entwicklung für das CRV aufzunehmen, und ein Shuttle für die Versorgung der Station daraus zu bauen. Wenn dies funktioniert und die ISS läuft, dann hätte man sich über den nächsten Schritt zum Mond Gedanken machen können, oder ob es nicht gleich zum Mars gehen soll. Aber einfach die Shuttles auszumustern und keinen Ersatz zu planen. das eine Hasenfuss-Taktik.

Das ist das nächste Problem – die fehlende Langzeitperspektive bei der NASA – doch auch Thema eines eigenen Blogs.

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