Raumfahrer und Raumforscher

Am Samstag kam die neue SuW und darin ein Artikel von Eugen Reichl, wie er sich die nächsten 20 Jahre der Raumfahrt vorstellt. Der Artikel beginnt mit dem Problem der Finanzierung des Constellation Programmes, geht über in private Raumfahrtunternehmen die nach Ansicht des Autors alles besser machen sollen, und dann weiter zu internationalen Programmen. So prognostiziert der Autor ein nationales Marsprogramm von Russland neue Raketen und Raumschiffe und China soll auch auf dem Mond landen und schließt mit der Lamentiererei warum Europa seiner Ansicht nach zu wenig tut.

Ich kann schon die Einschätzung der Fakten nicht teilen. So ist eine „mündliche Übereinkunft“ die ISS bis 2020 zu betreiben absolut nichts wert – es gibt genug Beispiele von Verträgen mit der NASA, die wegen Haushaltskürzungen einseitig von den USA gebrochen wurden. Nicht zuletzt die ISS ist ein gutes Beispiel dafür: 2002 gab es Pläne sie nicht mehr fertigzustellen weil sie zu teuer ist. So tragisch es klingt: Columbia hat dies verhindert. Auch die Einschätzung des russischen Weltraumprogrammes ist sehr befremdlich, da in dem letzten Jahrzehnt praktisch alle neuen Projekte eingestellt, auf unbestimmte Zeit verschoben oder verzögert wurden. Als Beispiel seien nur genannt: die seit Jahren propagierte Raumsonde „Venera D“, die zweimalige Startverschiebung von Phobos-Grunt (nur durch chinesische Finanzspritzen überhaupt zustande gekommen), die Einstellung des Weltraumbahnhofs Swobodny und die schleppende Entwicklung der Angara. Dieselbe Basisstufe könnte schon längst zur Verfügung stehen, wenn es genug Geld gäbe, wie die Naro zeigt, bei der Korea für eine kleine Abwandlung des Angara URM zahlte. Klar gibt es laufend neue hochfliegende Pläne für neue Programme und Raketen, aber es wird nichts umgesetzt. Das durfte sich bei geringer werdenden Einnahmen aus Erdölverkäufen auch nicht bessern. Heute stößt schon die Routineversorgung der ISS an die Grenzen der Leistung Russlands. Die ESA will Sitze an Bord von Sojus Kapsel kaufen, doch so wie es aussieht kann Russland keine weiteren Flüge mehr durchführen. Die Raumfahrtindustrie ist soweit heruntergewirtschaftlich, dass nun die Versorgungsflüge zur ISS an der Kapazitätsgrenze sind.

Der Optimismus bei China und Indien ist auch stark von Wunschdenken geprägt. China dürfte das gleiche Problem wie Russland haben, durch die globale Rezession brechen auch hier die Einnahmen weg. Bislang ist das chinesische bemannte Raumfahrtprogramm auch überschaubar: Ein bemannter Flug pro Jahr mit Nachbauten von Sojuskapseln auf 30 Jahre alten Trägern ist nicht gerade viel und die neue Generation, ebenso wie neue Trägerraketen, existieren bislang nur auf dem Papier. Zumindest der Erstflug der CZ-2G sollte schon vor einem Jahr stattfinden.

Indien konzentriert sich vornehmlich auf die unbemannte Forschung und hat auch hier mit Rückschlägen zu kämpfen. Die GSLV erreicht bei weitem nicht die Sollnutzlast, Chandrayaan fiel schon nach 10 Monaten aus und die Weiterentwicklung der GSLV Mark III verläuft auch nicht nach Zeitplan.

Auch beim privaten Raumfahrtsektor kann ich die optimistischen Aussagen nicht teilen. Zum einen stimmen angeführte Fakten nicht (die angegebenen Startpreise von SpaceX sind 2 Jahre alt und inzwischen haben sich die Startpreise verdoppelt) und zum zweiten orientiert sich auch gerade diese Firma inzwischen vorwiegend auf den Regierungsmarkt. Damit wird das Henne und Ei Problem (nur billige Flüge machen neue Anwendungen möglich) auch nicht durchbrochen. Immerhin teile ich eine Einschätzung des Autors: In den Raumfahrtfirmen arbeiten inzwischen mehr Juristen als Ingenieure und sie haben es sich bequem gemacht, im Auftrag von Regierungen zu entwickeln. Ich würde das sogar noch weiter führen: Zumindest in Europa ist es so, dass EADS laufend irgendwelche neue Projekte präsentiert, welche die ESA finanzieren soll, selbst aber nicht dafür sorgt, dass schon laufendes Kerngeschäft wie die Ariane 5 Produktion profitabel ist zum Beispiel indem der Konzern selbst die ESC-B Oberstufe entwickelt, wenn die ESA dies nicht tut, alleine um im Geschäft zu bleiben. Stattdessen bettelt man um 960 Millionen Euro Zuschuss zur Produktion.

Der Autor ist übrigens Betriebswirt in einem Raumfahrtkonzern und damit selbst ein Ausdruck dieser Negativentwicklung. Das erklärt vielleicht auch die optimistische Einschätzung, sind heute Hauptprodukte der Raumfahrtfirmen ja keine Satelliten und Trägerraketen mehr sondern PowerPoint Präsentationen.

Diese lange Diskussion über den Artikel führt mich zu meinem eigentlichen Beitrag: Es ist nämlich das was fehlt: Der ganze Artikel ist nur fokussiert auf bemannte Raumfahrt, selbst wenn es um private Raumfahrt geht, so ist dann die Rede vom Passagiertransport und beim Henne und Ei Problem wird deutlich, dass der Autor tatsächlich daran glaubt, dass irgendwann jedermann wird ins Weltall fliegen können. Nirgendwo wird nach dem Sinn dessen gefragt. Das ist – ohne zahlreichen Bloglesern nahetreten zu wollen – eine weitverbreitete Haltung bei Personen die sich für bemannte Raumfahrt interessieren. Ich will diesen Menschenschlag mal so charakterisieren wie ich ihn erlebt habe: Es geht dabei weniger um die Technik, oder um Forschung, die eigentliche Aufgabe der Astronauten. Es geht mehr darum dass jemand da ist. Überspitzt gesagt: Die ISS ist dazu da, dass jede Nation vermelden kann „Wir haben da einen Astronauten“ (so wird jede Aktivität von Frank de Winne nun bei der ESA mit einer Nachricht gewürdigt) dazu ist ganz wichtig, dass es viele bunte Bildchen und Videos von freischwebenden Astronauten gibt. Das ganze ist also ein Selbstzweck. Oder es geht bei Mond- und Marsexpeditionen überspitzt darum zu sagen „Wir sind dagewesen“.

Charakteristisch sind auch Vergleiche wo woanders Geld ausgegeben wird, wie z.B. dem US-Verteidigungshaushalt oder notleidenden Banken so in dem Tenor: „Wenn man 10 % des US-Verteidigungshaushalts für das Constellationprogramm ausgibt, dann wäre man schon vor 2018 auf dem Mond“. Nur läuft das nicht in der Realität so. Wenn den USA es gelingt die Verteidigungskosten zu senken so wird man wohl zuerst das Staatsdefizit abbauen oder andere Baustellen schließen, so wie die nicht vorhandene medizinische Grundversorgung. Es wird sich wohl keine Mehrheit für einen Flug auf den Mond finden, solange Millionen von Amerikanern ohne Krankenversicherung dastehen und das Geld für diese Basisversorgung fehlt. Gerne verdrängt wurde auch, dass das Apollo Programm in einer Zeit florierender Wirtschaft mit fast zweistelligen Wachstumszahlen und niedriger Arbeitslosigkeit durchgeführt wurde, und es eines der ersten Dinge war, die zusammengestrichen wurden, als Vietnamkrieg und wirtschaftliche Rezession die Einnahmen verringerten.

Weiterhin charakteristisch ist dieselbe naive Einstellung, die sich dann bei Diskussionen äußert. Da gehen sehr bald die Sachargumente aus und die Gegenüber werden, dann meist als „Gegner der bemannten Raumfahrt“ bezeichnet. So nach dem Motto: „Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns“. Vor allem erspart das einem sachliche Argumente für die eigene Position zu finden.

Es gibt aber auch noch eine zweite Gruppe von Personen die sich für „Raumfahrt“ interessieren nämlich die an der Forschung interessierten, nennen wir sie mal „Raumforschungsinteressierte“. Ich würde mich dazu zählen. Schon das Grundinteresse ist ein anderes. Es geht primär darum, mehr über unsere Welt – die Erde, Planeten und das Universum zu erfahren und Satelliten und Raumsonden sind hier lediglich Werkzeuge. Das Interesse gilt dann sowohl den Ergebnissen, wie auch der Technik mit der diese gewonnen wird. Ich habe z.B. kein Problem von zahlreichen Raumsonden mindestens ein Experiment aus dem Stand heraus zu beschrieben und die Ergebnisse wiederzugeben. Ich kenne aber keinen Befürworter der bemannten Raumfahrt, der dies bei mehr als einem der Experimente an Bord der ISS könnte. Da es um Ergebnisse geht, sind die Missionen auch kein Selbstzweck – wenn eine zu teuer wird, so wird sie eingestellt, wie jetzt gerade Exomars. Es gilt immer abzuwägen zwischen Nutzen und Kosten. Wenn erdgebundene Teleskope leistungsfähig genug sind benötigt man keine Raumsonde. Gerade dies unterscheidet einen „Raumforscher“ von einem „Raumfahrer“. Die Frage nach dem Nutzen wird dort kaum gestellt, die Kosten dann immer mit Aufwendungen für andere Zwecke verglichen, niemals aber mit unbemannten Projekten. Denn dann ist die Entscheidung recht eindeutig.

Warum ich, wie viele andere die sich für Forschung interessieren, eine gewisse Antipathie für bemannte Raumfahrt entwickelt habe ist, weil es seit mehreren Jahrzehnten nach demselben Schema läuft: Wenn es ein teureres bemanntes Projekt gibt und es finanziell aus dem Ruder läuft, dann wird es nicht eingestellt, sondern viele unbemannte Projekte werden gekürzt oder gestrichen. Als Ende der 70 er Jahre das Space Shuttle zu teuer wurde und dann noch nach Challenger weitere Mittel nötig wurden, da stand z.B. die planetare Raumfahrt der USA für ein Jahrzehnt still: Zwischen 1978 und 1989 startete keine einzige Raumsonde, weil zeitweise das Space Shuttle 2/3 des Gesamtetats der NASA ausmachte. Als das Constellation Programm angekündigt wurde, flogen im Budget 2006 massenhaft geplante anspruchsvolle unbemannte Missionen aus dem NASA Programm. Und das alles für ein paar Videos von schwebenden Astronauten? Es läuft nun mal nicht so, wie sich die naiven Raumfahrtenthusiasten denken. Es gibt heute nicht mehr einen kalten Krieg der Unsummen freisetzt nur um erster zu sein. China ist da übrigens auch keine Ausnahme: diese wenigen bemannten Flüge mit Shenzou werden nicht von vielen unbemannten Missionen ergänzt: Auch hier ist das unbemannte Programm recht klein und das bemannte dient nur als Beweis „Wir können es“. Im Westen braucht man nicht darauf hoffen, dass es einen Gemeinkonsens für ein teures bemanntes Programm gibt. Ein solches ist meiner Ansicht nach nur durchführbar, wenn es eine kurze, verständliche Antwort auf die Frage nach dem „Warum sollen wir dafür so viel Geld ausgeben?“ liefert und das können weder ISS, noch das Constellation Programm.

Gibt es eine Lösung für beide Gruppen? Ja es gibt eine, aber sie wird nicht umgesetzt: Trennung der Etats von bemannter und unbemannter Raumfahrt. Die Zielstellung sind recht unterschiedlich. Bei der unbemannten Raumfahrt geht es primär um Forschung, sekundäre Aspekte sind Prestige oder PR-Erfolge oder die Weiterentwicklung von Technologien. Bei der bemannten Raumfahrt geht es primär um Prestige und sekundär um Forschung. Die Weiterentwicklung von Technologien ist inzwischen schon fast nicht mehr als Sekundärziel zu bezeichnen, da die Sicherheitsanforderungen eher zu einem Rückgriff auf schon bewährtes verleiten, wie man bei den Ares Raketen sehr deutlich sehen kann. Dann sollte das erste aus dem Forschungsetat finanziert werden und das zweite aus einem Etat für Werbung oder PR. Dann muss der Staat zuschießen, wenn Columbus 4 Jahre am Boden steht und trotzdem dreistellige Millionenbeträge pro Jahr verschlingt, aber er beschneidet nicht den Etat für die Forschung. So wäre eine faire Koexistenz gewährleistet. Nur wird es nicht so kommen. Die bemannte Raumfahrt wird nicht ausgegliedert werden, weil dann jeder ihre Kosten offensichtlich sieht. Heute geht das noch recht gut, weil sie zusammen mit der unbemannten Forschung in einem Topf ist, dann wird eben auch auf die Satelliten und Raumsonden verweisen oder andere teure Großprojekte wie beim CERN (dabei aber geflissentlich unterschlagen dass dort einige Tausend Wissenschaftler tätig sind, während es bei den Experimenten an Bord der ISS maximal Hundert sind). Das eine schließt natürlich nicht das andere aus: Sollte es tatsächlich ein Experiment geben dass unbedingt von Menschen durchgeführt werden muss dann kann dies natürlich vom Forschungsbudget finanziert werden. Nur lief es bisher immer umgekehrt: Während bei einer unbemannten Mission zuerst die Experimente selektiert werden und dann die Raumsonde für diese Experimente gebaut wird, ist es bei der bemannten Raumfahrt so, dass zuerst ein Raumfahrzeug entwickelt wird, und dann die Entwickler dieses Forschern Mitfluggelegenheiten für Experimente anbieten, die sie dann nichts oder wenig kosten (wahrscheinlich weil sonst der Ansturm recht gering ist).

16 thoughts on “Raumfahrer und Raumforscher

  1. Hallo Bernd,
    ich kenn mich mit dem Thema Raumfahrt nicht so aus wie du. Aber das was ich so mitbekomme bzw. bei dem was mich interessiert sehe ich genau das was du beschrieben hast. Du hast damit die Situation klar auf den Punkt gebracht!
    Leider besteht dieses Problem nicht nur in der Raumfahrt. In vielen Bereichen ist der schöne Schein wichtiger als das reale Ergebnis. Ich muß dabei immer an diesen Cartoon denken:
    http://magazine.web.de/images/558/9043558,h=665,mxh=1000,mxw=470,pd=2,w=470.jpg
    Ich glaube das ist aber nicht erst seit heute so, sondern ein uraltes Problem der Menschheit. Das schöne an der heutigen Zeit ist, man kann sich über alles selbst informieren und zudem die Informationsquelle selbst wählen kann (Stichwort Internet). Eine ähnliche Revolution war sicher der Buchdruck. Wobei es sicher eine ganze Weile gedauert hat, bis der Großteil der Bevölkerung lesen konnte. Mit dem Internet ist es ähnlich. Der Anteil der Bevölkerung, der sich unabhängig und kritisch informieren KANN, wächst auch erst zunächst langsam.
    Ich glaube das die Situation, wo Schein wichtiger ist als Sein, noch lange bestehen bleibt.

  2. Schade dass offensichtlich alle meiner Meinung nach, aber vielleicht ist der Blog auch zu anspruchsvoll für die Befürworter der bemannten Raumfahrt. Ich hätte doch ein paar bunte Bildschein und Videos von der ISS integrieren sollen…. 😉

  3. Hallo Bernd.
    Sieh es doch einmal anders rum. Kein Schw… hat der Weltraum interessiert bis zu dem Zeitpunkt als klar wurde, dass Menschen hinauf fliegen. Und ohne Stanley Kubrik und Gene Roddenbery würd sich heute immer noch keine Sau dafür interessieren. Und was die kommerzielle Seite betrifft (private Raumfahrt) – das kommt mit riesen Schritten.
    Schon heute gibt es Leute die sich eine Woche ISS leisten und Virgin Galactic hat wer weiß wie viele Anmeldungen für Suborbitalflüge. Eine Entwicklung wie in der Luftfahrt ist absehbar.
    Und ja du hast recht – rein finanziell betrachtet kriegt man ums selbe Geld mehr Forschungsergebnisse mit Sonden als mit Personal. Aber genau so gut könnte man sagen, dass man um den Preis einer Ägyptenreise eine Menge Bücher und DVDs kaufen könnte mit welchen man einmal gelesen dann sehr viel mehr wüsste über das Land und seine Geschichte – trotzdem fährt man hin…
    Eine „Sonde“ ist dem Steuerzahler eben nur schwer verkäuflich. Jeder Dolm weiß den Namen des ersten Menschen am Mond und was er gesagt hat – aber bring mir mal wen, der weiß wie die erste Sonde am Mond hieß und dann vielleicht noch wen der weiß was sie gefunkt hat.
    Apollo wurde nicht nur eingestellt weils teuer war, sondern vor allem auch weils niemand mehr interessiert hat. Das Interesse kommt erst wieder wenn die Leute ihre Bucks in die Hand nehmen und ein Ticket kaufen können um selbst hin zu fliegen – dann rollt der Rubel wieder….

  4. Kein Schwein? Natürlich nicht, denn die Schweine waren ja schon vor uns im Weltall:

    Ach ich habe nur darauf gewartet dass sich doch noch jemand meldet, auch wenn ich nicht so eine naive Sicht erwartet hätte. Wer sich die Schlagzeilen vor dem 10.4.1969 ansieht wird feststellen, dass sich vielleicht nicht Scheine aber eine Menge Leute schon vorher interessiert haben. Wer ab und an mal die Nachrichten anschaut wird feststellen, dass inzwischen unbemannte Ereignisse fast schon häufiger in der Berichterstattung kommen.

    Ich vergaß ja noch was bei meiner Kritik an den „Bemannten Raumfahrtbefürwortern“ zu erwähnen: Ihren Chauvinismus indem sie ihre Haltung als die einzige darstellen die Leute interessiert und den Hang zum Kleinrechnen (oder ne das hatte ich schon erwähnt). Besonders beliebt ist ja der unfaire Vergleich, den während sich eine Ägyptenreise jeder leisten kann, ist eine bemannte Mondexpedition nicht mal für die ganze Bundesrepublik erschwinglich, außer man gibt dafür mal 50 % des Staatshaushaltes aus.

    Und dass Weltraumtourismus nicht für jeden erschwinglich sein wird, selbst wenn mal alles komplett zu 100 % wiederverwendbar ist, dafür sorgen schon die Treibstoffkosten. Gegenüber einem Flug in den Weltraum ist ein Concored Flug richtig billig, und die fliegt auch schon nicht mehr weil sie unrentabel ist.

    Warum mal nicht eine Gegenrechnung machen: Einmal ins Weltall fliegen – 25 Millionen Dollar, einen Curbsat Kleinsatelliten selbst bauen und starten : Die Möglichkeit viel zu lernen, und für den Preis eines Mittelklassewagens zu haben: Unbemannte Raumfahrt ist die für die Menschen da ist und die für jeden erschwinglich ist. Aber zum Cubesat bauen braucht man ja ein paar Kenntnisse, Dumm nur dass man für die unbemannte Raumfahrt Wissen mitbringen muss und nicht nur Enthusiasmus reicht….

  5. Wahrscheinlich sollte man die bemannte Raumfahrt im wesentlichen unter „Kultur“ einordnen, während die Unbemannte Raumfahrt im wesentlichen kommerziellen und wissenschaftlichen Zielen dienen soll.

    Einen Menschen auf den Mond zu bringen ist für die Menschheit ungefähr so nützlich wie der Peters Dom in Rom. Über letzteren gibt es eigentlich keine Beschwerden (im Gegensatz zu einem Bewohner der früher auf den Namen Ratzinger hörte) und es verlangt auch keiner Rechenschaft über dessen Nutzen. Genauso wenig bei der Frauenkirche in Dresden, dem Dom in Köln, dem Eiffelturm in Paris, dem schiefen Turm von Pisa, der ständig vom Untergang bedrohten Stadt Venedig, dem Fernsehturm in Berlin oder der Freiheitsstatue in New Jersey (gleich neben New York).

    Wer bemannte Raumfahrt will, der sollte allerwenigstens frei heraus sagen, dass es um kulturelle Ziele geht und sich nicht versuchen mit sinnlosen Verweisen auf technischen Fortschritt heraus zu reden – denn damit schadet man den kulturellen Zielen genauso wie den wissenschaftlichen.

    Kennedy sagte schließlich nicht, dass wir den Mond erforschen sollen. Er sagte „I believe that this nation should commit itself to achieving the goal, of landing a man on the moon and returning him safely to the earth.“

    Wissenschaft? Pah. Es ging um ein Ziel, ein kulturelles Ziel das von der gesamten Gesellschaft getragen wurde, ohne irgentwelche Ausflüchte von wegen Wissenschaft oder (heute sehr beliebt) Arbeitsplätze.

    Wir packen ja auch nicht Kathedralen, Theater, Schlösser und Opernhäuser in die gleiche Kategorie wie Krankenhäuser, Wohnhäuser, Fabriken und Lagerhäuser.

    Kultur ist ein genauso guter Grund Raumfahrt zu betreiben wie Wissenschaft, Kommunikation und Wettervorhersagen. Aber man muss es ehrlich sagen – und Ehrlichkeit ist in der Politik Mangelware.

  6. @Bernd

    Frisch von berufenem Munde – heute veröffentlicht – Seite 115, Punkt 9.6:
    http://www.nasa.gov/images/content/395895main_Report_Widget.jpg

    „Although the Committee was tasked only to address the human spaceflight program, including robotic missions that are specifically encompassed within that program, it is appropriate to comment about the role and synergy of human and robotic exploration as a whole. The Committee believes that America is best served by a complementary and balanced space program involving both a robotic component and a human component. The robotic portion is often but not exclusively associated with science missions. Without a strong and sustainable science programâ

  7. Kleine Ergänzung: Der Ablasshandel der eingeführt wurde um den Petersdom zu finanzieren war der Anstoß Luthers seine Thesen zu veröffentlichen und letztendlich die Spaltung der evangelischen Kirche von der Katholischen – Der Petersdom hat also durchaus viel größere Auswirkungen gehabt als das Apollo Programm (ich bezweifele auch dass in 400 Jahren noch so viele am Apolloprogramm interessiert sind wie heute Leute am Petersdom).

    Ja Kultur ist wichtig, aber für Kultur geben die Leute meistens nicht so viel Geld aus wie für die ISS. Wenn es aber so läuft wie bei der Dresdner Frauenkirche (Wiederaufbau finanziert durch Spenden) so bin ich voll für das Konzept!

    Zu Kennedy: Das hatte nichts mit Kultur zu tun, sondern darum zu beweisen dass die USA den UdSSR technisch überlegen sind.

    Am beliebtesten ist heute aber die psychologisch-soziologische Erklärungsweise: Es stärkt den Nationalstolz oder man muss einfach immer das unbekannte erforschen das liegt im Menschen drin. Aber auch darüber könnte man streiten….

  8. Das Grundproblem der bemannten Raumfahrt ist immer noch der teure Zugang zum Orbit. Die Gelder, die für die ISS ausgegeben wurden und für zukünftige Progamme (Constellation, Marslandung) noch ausgegeben werden, wären besser in die Entwicklung eines Shuttle-Nachfolgers gesteckt worden, der die Anforderungen bzgl. Sicherheit und niedere Betriebskosten unter einen Hut bringt. Damit würde man zumindest die Basis für zukünfige Programme schaffen. Eine bemannte Mondlandung, die sich auf 2 Raketentypen stützt – Ares 1 und V – wird mindesten eine Millarde US-Dollar verschlingen und damit dem Programm sowieso das Grab schaufeln. Von Errichtung einer Mondbasis an den Polen gar nicht zu reden. Eine Raumfahrtnation wie die USA, die seit drei Jahrzehnten die Errichtung einer internationalen Raumstation als Wundermittel gegen alle Probleme der Menschheit propagiert und nach deren halbwegs erfolgten Fertigstellung nicht mal in der Lage ist, sie selbst anzufliegen und zu versorgen, ist sowieso nicht ernst zu nehmen. Wer bemannte Raumfahrt sinnvoll betreiben will, muss dafür die Voraussetzungen schaffen und das bedeutet in Tagen knapper Budgets eben in Kooperation mit allen interessierten Raumfahrtnationen neue Wege zu gehen und auf nationale Eigenheiten zu verzichten.

  9. Natürlich kann man sich bei der bemannten Raumfahrt die Frage stellen, was man für das ganze schöne Geld eigentlich zurück bekommt. Das Apollo-Programm liegt inzwischen lange genug zurück, um diese Frage beantworten zu können. Nein, es ist natürlich nicht die vielzitierte Teflonpfanne, die ebenso wie Apollo auf bereits vorhandene ältere Technologie zurück gegriffen hat. Neben Erkenntnisse der „reinen Wissenschaft“, inklusive der Fähigkeit, Raumfahrt zu betreiben, stammen aus dem Apollo-Programm Sonnenbrillen, erheblich verbesserte Computer, modernes Projektmanagement und Akku-Schrauber. Haben sich die Ausgaben damit für die USA oder die ganze Welt gelohnt? Nun, schwer zu sagen…

    Wenn man aber nun versuchen sollte, eine Kosten-/Nutzenanalyse für die Raumfahrt aufzustellen, steht bei allzu kurzfristiger Betrachtungsweise nicht nur die bemannte Raumfahrt vor dem Aus. Der unbemannten Raumfahrt stünden dann ebenso schmerzhafte Einschnitte bevor. Der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung in den reichen Ländern, die sich Forschung überhaupt zu leiten imstande sind, ist der Sinn von unbemannten Projekten noch etwas weniger einsichtig als der von bemannten. Dies gilt selbstverständlich auch für die von ihnen gewählten Volksvertreten. Was bringt ein weiterer Mond-Orbiter oder Lander? Wozu soll man Sonden zum Mars oder zur Venus schicken? Was hilft ein Weltraumteleskop, das Milliarden von Lichtjahren ins All blicken kann, gegen Arbeitslosigkeit, zerfallende Straßen oder den Hunger in der Welt? Direkten Nutzen können die meisten Menschen doch nur dort erkennen, wo sie selber profitieren, also etwa beim Satellitenfernsehen, Wetterberichten oder Navigationssystemen.

    Ich sage daher, dass die Frage nach dem Nutzen für die vielen Kosten eine sehr gefährliche ist, zumindest wenn man an Projekten im Weltraum interessiert ist.

  10. @Ruhri:
    Forschung ist bei uns gesellschaftlich akzeptierter Konsens, wir sind stolz auf die Forschung die wir machen und es ist auch seit Jahrhunderten Tradition nicht nur anwendungsorientiert zu forschen sondern auch einfach weil man etwas wissen will. Gerade diese Neugier verhalf uns ja zu vielen Erkenntnissen und gerade deswegen ist auch die Astronomie eine der ältesten (wenn nicht die älteste Wissenschaft). Natürlich muss Forschung auch Rahmenbedingungen gehorchen – ich bin der letzte der meint es muss jedes unbemannte Programm durchgeführt werden, nur weil es technisch möglich ist und finde es z.B. gut Exomars zu streichen, einfach weil er aus dem Kostenrahmen raus lief. Für das Geld wären 3-5 kleinere Missionen möglich gewesen.

    Das Problem bei der bemannten Raumfahrt ist aber, dass es dort nicht um Forschung geht, sondern die Forschung mehr dazu dient die Ausgaben zu rechtfertigen. Ich halte es deswegen für einen Kardinalfehler die Iss mit Forschung zu rechtfertigen.

    Wenn Du bis Samstag einen Blogartikel verfassen kannst, kann ich ihn vor dem Urlaub veröffentlichen und Du kannst mal deine Meinung in epochaler Breite hier wiedergeben…..

  11. Mal ehrlich, Herr Leitenberger, wovon träumen Sie denn nachts? Sie glauben an die Wissenschaft und sind stolz darauf – ich ebenfalls. Sie und ich stellen aber bei weitem nicht die Masse der Bevölkerung dar. Für die meisten Leute sind Wissenschaftler heute eher eine Mischung aus gemeingefährlichen Deppen, die die ganze Welt in die Luft jagen, wenn man sie nicht an die Kandare nimmt, und merkbefreiten Idioten, die starrsinnig und fantasielos an Irrlehren festhalten, die kein Mensch mit „gesundem Menschenverstand“ ernst nehmen kann. Ich habe es schon mehrfach geschrieben: Das Ausspielen der Karte „Kosten-/Nutzen-Analyse“ ist ein höchst gefährliches Spiel. Worin liegt denn der direkte Nutzen eines Weltraumteleskops oder einer Planetensonde? Genau, es gibt keinen – vielleicht wird es niemals einen geben.

    Bemannte Missionen haben sicherlich einen gehörigen Prestige-Anteil, der aber gerade die Politiker immer wieder bewegt, Geld dafür locker zu machen. Unbemannte Missionen gehen dagegen fast völlig unter. Nur ganz selten, wenn es einige spektakuläre Fotos gibt, wird auch schon einmal über eine unbemannte Mission berichtet. Leider interessieren sich selbst viele intelligente und gebildete Menschen nicht wirklich für Raumfahrt. Schwebende Astro- oder Kosmonauten bleiben da immer noch das beste Mittel, Interesse für die Raumfahrt zu wecken. Und wie ich schon früher gesagt hatte, würden die vorhandenen Forschungsmöglichkeiten auf einer Raumstation wie der ISS mit unbemannten Missionen nur mit erheblichem technischem Aufwand und den damit verbundenen Kosten möglich sein.

    Ich kann wirklich nur hoffen, dass Ihr Blog von den eingefleischten Raumfahrtgegnern nicht gelesen wird. Sie liefern letztlich selber die beste Munition, die gesamte Raumfahrt ohne unmittelbaren Gewinn einzustellen.

    Sie haben sich über die Kosten für Missionen schon des öfteren Gedanken gemacht, und haben dabei meines Erachtens vieles richtige gesagt. Die russische Raumfahrt etwa hat mit erstaunlich wenig Geld erstaunlich viel erreicht, und das liegt nicht nur an den niedrigen Lohnkosten, sondern auch daran, dass relativ nidriege Entwicklungskosten über einen sehr langen Zeitraum gestreckt werden konnten. Darin liegt eine zu lernende Lektion! Man kann Weltraumtechnik vielleicht nicht in Stückzahlen wie Flugzeuge bauen, noch nicht einmal wie Autos, geschweige denn wie Fernseher. Die Zielrichtung ist aber klar, nämlich Etablierung eines soliden industriellen Prozesses, bei dem man aus den notwendigen Kosten für die Entwicklung auch Nutzen zieht, bevor man das nächste Großprojekt für viel Geld aus dem Boden stampft.

    Übrigens, danke für das Angebot eines Gastbeitrags, aber dazu müsste ich doch noch einmal erheblich mehr Anstrengungen unternehmen, um einen qualitativ hochwertigen Beitrag zu verfassen. Vielleicht komme ich aber wirklich irgendwann noch einmal darauf zurück.

  12. @Ruhri
    Ich weiss nicht wovon ich nachts träume. Morgens erinnere ich mich auf jeden Fall an nix. Ich sehe nur die Welt etwas anders und nicht nur schwarz-weiss. So bin ich in meinen ganzen 44 Jahren noch keinem einzigen Raumfahrtgegner begegnet, nur jede Menge uninteressierten Leuten. Ich kenne aber keinen der dagegen ist, was wohl auch daran liegt dass die Summen die Deutschland dafür aufwendet sehr gering sind.

    Ich kann auch nicht die Einschätzung teilen, dass die unbemannte Raumfahrt schlechter repräsentiert in den Medien ist. Nicht einmal wenn ich mich nur auf Heute und Tagesschau beschränke. Da gab es in den letzten Jahren viel mehr Meldungen aus der unbemannten Raumfahrt. Wichtiger noch: Die Qualität. Was kommt von der bemannten Raumfahrt? Meldungen wie „Disovery ist heute zur ISS gestartet“ oder „Weltraumtourist xy ist heute gelandet“. Was kommt von der unbemannten Raumfahrt? „LRO hat die apollo Landeplätze aufgenommen“ oder „Herschel und Planck sind gestartet. Beide Observatorien sollen bis an den Ursprung des Universums zurückblicken“. Es sind qualitativ andere Meldungen.

    Wenn ich dann mal Dokumentationen oder Wissenschaftssendungen ansehe, dann sieht es noch viel besser für die unbemannte Raumfahrt aus. Ich glaube auch die unbemannte Raumfahrt bietet viel mehr Möglichkeiten für viele sich zu engagieren. Es können nur wenige Astronauten werden. Aber viele Techniker und Ingenieure werden gebraucht um Satelliten und Raumsonden zu bauen.

    Blogeinträge müssen auch nicht perfekt sein. Wenn ich für jeden Eintrag mehrere Tage brauchen würde, gäbe es nur einen pro Woche. In der Regel schreibe ich dass was ich zu sagen habe von der Leber weg in 1-2 Stunden auf. Wenn Sie allerdings mit dem Blog so unzufrieden sind so gibt es doch bestimmt zig verschiedene die sich mit der bemannten Raumfahrt beschäftigen. Ich interessiere mich nicht dafür und besuche z.B. keinen einzigen Blog oder lese regelmäßig was darüber weil ich es so uninteressant finde. (Wenn es trotzdem immer wieder auftaucht, dann weil ich jeden Tag Links und Nachfragen dazu zugeschickt bekomme, so dass ich mich trotzdem mit dem Thema beschäftige).

  13. @Bernd:
    Offenbar verkehrst du mit andern Leuten, als ich es tue. In meinem Bekanntenkreis gibt es zwar ca. 75 % Desinteressierte, wie du sie beschreibst, aber auch ca. 25 % AUSGEWIESENE GEGNER der Raumfahrt, bei denen die Galle schon hochkommt, wenn ich dieses Wort nur in den Mund nehme.

    Die Anzahl Befürworter der Raumfahrt in der Menge der ca. 2000 Menschen, welche ich in den 47 Jahren meines Daseins persönlich kennengelernt habe, beträgt genau 1 (ein Musikerkollege, welchen ich vor ca. 20 Jahren kennenlernte und kurz danach wieder aus den Augen verloren habe; Ich erinnere mich nur noch wegen unserer Raumfahrtdiskussion daran).

    @Bernd und tp1024:
    Wissenschaft ist auch „nur“ kulturell begründet (siehe die wunderschönen Beispiele von Ruhri). ==> somit kein bisschen „besser“ begründet als bemannte Raumfahrt ! Jeder Menschenfresser-Stamm in Papua-Neuguinea kann euch das nullkommanix erklären ! 😉 😉

    Wichtig erscheinen mir nun die folgenden Feststellungen:

    – Kulturelle Motivationen gehören zu den stärksten gesellschaftlichen Triebfedern. Das Wort „nur“ im obigen Abschnitt steht nicht zu Unrecht in Gänsefüsschen ! Es gilt sowohl für die bemannte als auch die unbemannte Raumfahrt.

    – Wenn die bemannte Raumfahrt gestrichen wird, kriegt die unbemannte keinen Rappen mehr. Auch die Entwicklungshilfe kriegt dann nicht mehr Geld.

    – Wie Ruhri schreibt: Wenn die bemannte Raumfahrt gestrichen oder gekürzt wird, wird auch die unbemannte Raumfahrt vom selben Schicksal ereilt. Warum ? Weil der Steuerzahler diese Unterscheidung nicht so scharf macht, wie wir Raumfahrtenthusiasten das tun. Für Otto Normalverbraucher sieht die Welt folgendermassen aus: „Was ? Jetzt schiessen die schon wieder so eine Rakete mit irgendwas für zig Millionen hoch, und ich muss in den Aldi gehen, um bis zum nächsten Zahltag durchzuhalten ?“ Dem guten Otto N. ist es nämlich völlig wurscht, ob von dieser Rakete eine bemannte Soyuz oder ein unbemannter Mars Express raufgeschossen wird ! So oder so wird er aber beim nächsten Mal einen Politiker wählen, der seine Meinung vertritt.

  14. Ich glaube nicht dass ohne bemanntes Programm das unbemannte verschütt geht. Dazu muss ich nur mal über den Tellerrand schauen oder mal auf das nationale Weltraumprogramm der BRD. Bevor nämlich Deutschland mit dem Spacelab begann hatten wir ein viel besseres unbemanntes Weltraumprogramm. Kann sich jemand daran erinnern, dass die BRD die dritte Nation war die eine Weltraumsonde startete? 23 Jahre vor China!

    Auch heute gibt es Länder die ein nationales unbemanntes Weltraumprogramm haben mit nur geringem Anteil an der bemannten Raumfahrt, Frankreich oder Japan zum Beispiel, obwohl es bei den Japanern nun auch mehr ist. Auch bei der ESA ist gottseidank nicht die bemannte Raumfahrt nicht ein so großer Posten wie bei den USA.

    Tja und bisher habe ich noch jeden Raumfahrtdesinteressierten in einen Raumfahrtinteressierten verwandelt….

  15. Hi,

    auch wenn der Beitrag schon älter ist, dennoch mal meine Meinung:
    Ich denke, der Kulturaspekt ist ein ganz wichtiger bei der Sache, zumindest auf einer höheren Ebene, so nach dem Motto: „Wir (als Volk) können das“ auch wenn es den einzelnen Bürgern (noch?) nicht möglich ist.

    Die Kosten/Nutzen-Analysen hier haben mich zwar gegenüber manchem etwas kritischer gemacht, als ich es bisher war. Aber insgesamt sehe ich es so, das man dabei in grossen Zeiträumen, d.h. in Generationen denken sollte, um eine wirkliche Analyse darüber anstellen zu können, ob die Kosten tatsächlich die Sache Wert waren.

    Zur Wissenschaft: Klar ist die Wissenschaft auch ein Teil der Kultur. Aber im Moment werden sie, wenn man sie getrennt betrachtet, beide mehr oder weniger abgewürgt; – von wenigen, prestigeträchtigen Ausnahmen mal abgesehen. Wenn man aber den Nutzen der Wissenschaft und speziell die Raumfahrt stärker ins kulturelle Bewusstsein verankern will, dann darf man sie nicht nur von der Kostenseite her betrachten. Und wenn man es doch tut, dann bitte aus der volkswirtschaftlichen Perspektive heraus. Ein möglicher Ansatzpunkt dazu wäre, das man damit Arbeitsplätze schaffen kann. Wie das? – Nun, ein anspruchsvolles Raumfahrtprogramm benötigt viel Personal. Dabei geht es mir jetzt gar nicht mal um die hoch spezialisierten Fachleute, sondern um alle, die irgendwie in der Infrastruktur eingebunden sind. Da wären die Ingenieure, die die Raketen, Triebwerke, Steuerungen, usw. entwickeln und bauen. Dazu braucht es aber auch Techniker, die den Ingenieuren zur Hand gehen, und weitere Handwerker für Vor- und Routinearbeiten aller Art. Schliesslich müssen gesammelte Daten ausgewertet werden, und die gewonnenen Erkenntnisse in eine Form gebracht werden, die nicht nur die Fachöffentlichkeit, sondern jeder interessierte Laie verstehen kann. Dazu sind weitere Leute notwendig.

    Das kann aber wiederum nur erfolgreich sein, wenn eine breite Allgemeinbildung auch im Bezug auf Raumfahrt und Astronomie vorhanden ist, was derzeit eher nicht der Fall ist. Damit wären wir beim Thema Bildung angelangt, das so direkt erst mal nichts mit der Raumfahrt zu tun hat, indirekt aber eine Menge. Wenn man jetzt noch die Bereiche der Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen benötigten Gütern für den Alltag (nicht nur der Raumfahrer) dazu nimmt, ist man bei der Volkswirtschaft, bzw. der Politik angelangt. Doch dazu später.

    Bleiben wir erst mal bei der Wissenschaft im Rahmen der Kultur. Um den Aufbau einer umfangreichen Infrastruktur zu ermöglichen, braucht es eine langfristige Vision, die in die Kultur eingebettet sein sollte. Die könnte etwa so aussehen: Langfristiges Ziel ist es, zum Ende des Jahrhunderts dauerhaft besetzte Basen auf dem Mond und dem Mars zu haben und zu unterhalten. Dazu Raumstationen, die um die äusseren Planeten kreisen, evtl. mit Versorgungsbasen auf den grösseren Monden der Selben, und Servicestationen zwischen den Planeten. Weitere Sateliten, die um die inneren Planeten und die Sonne kreisen eingeschlossen. – Ist sehr Visionär, ich weis, aber auch sehr langfristig.

    Weil diese Vision für manche wahrscheinlich eher nach Science Fiction klingt, mal ein Beispiel daraus: Auf einer Fanseite der Serie Stargate Atlantis (die hier hoffentlich einige kennen) wurde mal die Frage gestellt, was es kosten würde, so eine Stadt wie dieses Atlantis, die zur Not auch als Raumschiff operieren kann, zu bauen. Diese Frage ist meines erachtens Sinnlos, bzw. die falsche Frage. Denn von dem kulturellen Hintergrund der Erbauer (den Antikern) aus betrachtet dürften die Kosten eher zweitrangig gewesen sein. Wichtiger war es ihnen, heraus zu finden, wozu sie technisch in der Lage sind. Um diese Frage auch mit einem brauchbaren Projekt zu beantworten, haben sie eine mobile Basis entwickelt, wo sie die vollständige Infrastruktur zum leben und arbeiten für ein paar tausend Menschen zur Verfügung haben, von der aus sie das Universum weiter erforschen können. Ich denke, aus dieser Perspektive heraus sollte man auch die reale Raumfahrt betrachten, und jene Wissenschaft und Forschung, die die Raumfahrt als Werkzeug zum Erkenntnisgewinn nutzt.

    Damit noch mal zur Politik. Deren Aufgabe wäre es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen eine solche Kultur wachsen und gedeihen kann. Wie schon erwähnt, liessen sich mit der Umsetzung so einer Vision Arbeitsplätze schaffen. Nicht nur im Raumfahrtbereich, sondern in allen Bereichen, die das menschliche Leben betreffen. Das wäre aber nur ein Schritt auf diesem Weg. Ein anderer wäre es, die (Allgemein-) Bildung der Bevölkerung so zu gestalten, das sie überhaupt in der Lage ist, sich auch mit solch einem visionären Raumfahrtprogramm wie oben beschrieben, zu identifizieren. Denn nur dann kann es Teil der Kultur werden, und damit irgendwann mal Realität. Wenn allerdings Jugendliche heutzutage die Verfilmung des Apollo 13 Dramas für Science Fiction halten ist da irgendwas mächtig falsch, und ein solches Programm wie das Beschriebene eher eine Illusion anstatt einer Vision.

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