Wozu braucht die USAF das X-37B?

X-37B DiagrammLetzte Woche startete die US Luftwaffe das X-37. Es kam sogar in den Nachrichten und man fragt sich wozu das Ding den gut sein soll. Einen großen Bock schoss die Tagessschau ab, die eine Expertin brachte die vermutete das Ding würde Waffen im die Umlaufbahn bringen und diese später an jedem Platz der Welt abzusetzen.

Nun für letzteres braucht man keine Fähre die wieder landen kann, dazu würde auch ein Satellit ausreichen. Der wäre billiger und leichter und würde länger als 270 Tage im All bleiben können. Vor allem macht es militärisch keinen Sinn: Die USA können jedes Land der Welt mit ICBM angreifen und wahrscheinlich die meisten Länder auch mit konventionellen Waffen. Derartige Systeme wären nur teuer würden aber keinen Gewinn an militärischer Stärke bringen.

Nun zuerst mal isst es nur ein Shuttle also ein Transportvehikel. Die eigentliche Nutzlast ist beschränkt. Der Nutzlastraum hat Abmessungen von 7 Fuß Länge und 4 Fuß Breite und kann nach Air Force Angaben “several Hundert Kilos” aufnehmen. Also: Maximal 2,10 m Höhe, 1,20 m Durchmesser und <1 t Nutzlast.

Was kann man damit machen? Meiner Ansicht nach nicht viel. Es gibt Spekulationen ob das Vehikel andere Satelliten inspizieren, bergen (entführen) oder beschädigen soll. Doch braucht man dazu ein X-37B. Einen Satelliten zu zerstören geht heute sehr einfach mit Boden-Luft Raketen sie kosten einen Bruchteil einer Trägerrakete und wiegen nur einige Tonnen. Vor allem sind sie viel schneller einsatzbereit. Auch das Inspizieren kann ich mit einem kleinen Satelliten und Kameras erledigen. Dazu brauche ich keine Raumfähre. Das Bergen scheidet wegen der geringen Größe aus – die Nutzlast ist begrenzt auf Satelliten die eine Pegasus, Minotaur oder Falcon 1e transportieren kann – da wäre angesichts des Startpreises der Atlas V wahrscheinlich ein neuer Satellit billiger und fremde Satelliten der Russen die noch größer sind gehen erst recht nicht.

Als Transportvehikel für Satelliten scheidet das X-37B auch aus, denn um einen neuen Satelliten zu starten brauche ich keine Raumfähre, bei der kleinen Nutzlast wäre das sogar ziemlich dumm. Die Raumfähre verursacht sehr hohe Startkosten. Das limitierende ist die Flügelspannweite von 4,5 m – daher kommt nur die Atlas 501 oder Delta 4M (5,2) als Träger in Frage – Träger die eine Nutzlasthülle von 5,0 m Durchmesser aufweisen. Sie sind für die rund 5 t schwere Fähre aber enorm überdimensioniert, denn sie transportieren 10,5 und 10,3 t in den Orbit. Mehr als das doppelte Gewicht. Dadurch entstehen hohe Startkosten. Wegen der Größe scheiden preiswertere Träger wie die Delta 2 oder auch Falcon 9 aus.

Ich sehe nur einen begrenzen sinnvollen Einsatzzweck des X-37B: Den Test von neuen Materialen und Technologien im Weltraum und Missionen die durch Ressourcen begrenzt sind. Zum ersten: Es ist so möglich Materialen im Orbit zu testen – neue Beschichtungen, Legierungen, Gläser. Solarzellen etc. Anders als bei Satelliten ist eine Rückführung möglich. So kann z.B. das Erblinden von optischen Gläsern durch atomaren Sauerstoff untersucht werden. Die NASA hatte mal solche Forschungen an Bord des LDEF betrieben. Doch ansonsten geht es seit vierzig Jahren auch so, ohne das man Satelliten zurückführt. Wenn ein Material versagt zeigt sich dies aber auch anders, z.B. durch schlechtere Abbildungsleistungen von Teleskopen oder Abnahme des verfügbaren Stroms oder durch Erhitzung oder Auskühlung von Satelliten.

Den einzigen Zweck den ich heute erkennen kann wäre es das X-37B mit einem IR Teleskop auszurüsten um hochempfindliche Wärmeaufnahmen zu machen. Es kann dann solange betrieben werden, solange es Kühlmittel (flüssiges Helium) gibt und dann zurückkehren. Doch auch hier: Der Nutzen ist begrenzt. Bei astronomischen Satelliten ist die Betriebsdauer von IR Teleskopen laufend länger geworden. IRAS arbeitete 10 Monate, Spitzer schon 69 Monate. Natürlich ging dies auch weil Spitzer nun nicht mehr die Erde umkreist und damit eine Wärmequelle wegfällt. Doch auch hier: Eine einfache Güterabwägung muss erfolgen: Da die Nutzlast nur einige Hundert Kilo beträgt wäre ein Satellit mit größerem Heliumvorrat für mehrere Jahre vielleicht einige Tonnen schwer. Dem müssen dann die Startkosten von vielleicht mehreren X-37B Starts gegenübergestellt werden.

Die einzige Besonderheit des X-37B dürfte (wenn die obige Abbildung stimmt) ein großer Treibstoffvorrat sein. Der Wasserstoffperoxidtank ist in etwa so groß wie die Breite des Nutzlastraumes. da dieser 1,20 m Durchmesser hat nimmt ein zylindrischer Wasserstoffperoxidtank von 1,20 m Länge rund 1,9 t auf. Das Volumen wird wegen der Druckförderung nicht voll genutzt werden, aber es kommt ja noch der Kerosintank dazu. Also sind sicher rund 1,5 t Treibstoff zuladbar. Das ermöglicht eine Geschwindigkeitsänderung um 700-800 m/s. Das ermöglicht es der Fähre von einem mittelhohen Orbit (maximal 3000-4000 km hohe Kreisbahnen) wieder zur Erde zurückzukehren. Um in diesen Orbit zu gelangen benötigt das X-37B keinen Treibstoff, denn sie wiegt bedeutend weniger als die maximale Nutzlast der Atlas V und könnte so von ihr in diesem Orbit abgesetzt werden.

Was ist nun das X-37B? Vielleicht ist die Antwort viel einfacher: Es ist einfach ein experimentelles Vehikel, wie viele andere X-Flugzeuge auch. Nur wird es eben in den Weltraum gestartet. Es wird neue Technologien für Wiedereintritte, neue Hitzeschutzschilde und eine andere Auftriebskörperform als beim Space Shuttle erproben und zeigen ob diese besser oder praktikabler sind als beim STS. Erstmals wird auch ein Raumfahrzeug der USA automatisch landen (beim Shuttle wurde mechanisch dies verhindert, schließlich könnte ja sonst jemand auf die Idee kommen, dass man keine Besatzung für das Ding braucht). Mehr aber auch nicht. Vielleicht wird es Daten liefern die man brauchen kann wenn man später an einen neuen Shuttle geht. Ich glaube aber kaum, dass es nun viele X-37B Flüge mit irgendwelche Nutzlasten geben wird.

7 thoughts on “Wozu braucht die USAF das X-37B?

  1. Eine Möglichkeit der Nutzung, die mir beim lesen deines Blogs eingefallen ist, wäre die eines getarnten Spionagesatelliten mit minimaler visueller, IR und Radar-Signatur. Einen Spionagesatelliten kann man nur blenden oder abfangen (oder auch nur sagen, was er beobachtet), wenn man ziemlich genau weiss, wo er ist.

    Mit einem Satelliten ähnlich der X-37 könnte man zum Beispiel folgendes machen:

    Man versieht die X-37 mit einer radarabsorbierenden Hülle, ähnlich der des B-2 Bombers oder ähnlicher Flugzeuge, um die Radarsignatur zu minimieren. (Notfalls vor jedem Start neu aufgetragen.)

    Ein Vorrat an Kühlmitteln könnte dazu dienen, Abwärme (und damit die IR-Signatur) zu minimieren und Aufheizung im Sonnenlicht für einige Tage zu verhindern, selbst wenn der Satellit einen schwarzen Tarnanstrich trägt. Die heißen Triebwerke könnte man zur Erde hin abschirmen.

    Der Start des Satelliten läßt sich natürlich nicht verheimlichen, aber mit dem großen Treibstoffvorrat könnte man die Bahn im Anschluss so weit verändern, dass sie kaum noch vorhergesagt werden kann.

    Der Satellit landet kurz bevor entweder seine Batterien, seine Treibstoff- oder seine Kühlmittelvorräte aufgebraucht sind.

    Die einzige Möglichkeit einen solchen Satelliten zu verfolgen, wäre ein Netz von Beobachtungssatelliten in einem höheren Orbit, der die IR-Abstrahlung der heißen Abgase bei Kurskorrekturen beobachtet. Diese hätten aber fast keine Chance den Orbit des Satelliten mit der Genauigkeit zu erreichen die man braucht, um ihn mit einem Laser zu blenden oder mit einer Rakete abzufangen.

    Das dürfte in etwa die Komplexität eines Satelliten sein, ab der die Wiederverwendung auch nur anfängt, Sinn zu machen.

  2. Da man mit Radar schon Teile im Orbit erkennen kann die nur einige Zentimeter groß sind müsste die Radarsignatur schon arg klein sein. Etwa um den Faktor 1 Million kleiner als bei einem nicht beschichteten Raumfahrzeug.

    Die IR Signatur ist kaum zu verhindern, da jeder Körper IR Strahlung entsprechend seiner Temperatur ausstrahlt – und auf der Nachtseite fällt dann jeder Körper auf, der nicht so kalt wie das Weltall (3K) ist.

    Fazit: Es ist kein Flugzeug mit Nachbrenner. Der Vergleich hinkt.

  3. Die Sache ist auch, dass das X-37B nicht so viel Treibstoff hat, dass es seine Bahn beliebig verändern kann.

    Was ich aber schlimm finde ist, dass in verschiedenen Foren das Raumschiff für Vorkommnisse auf der Erde verantwortlich gemacht wird. Da gibt es dann so Artikel wie „Immer mehr UFOs in China gesichtet“ und verschiedene Leute behaupten dann, X-37B trägt ein Gerät des Projektes „Blue Beam“, welches eine Art weltraumgestützter Projektor sein soll. Die Sache ist nur, dass eine Recherche nach „Project Blue Beam“ nur andere „Mystery“-Foren auftut. Dieser Projektor soll dann für die blauen Leuchtkugeln, die in China gesehen worden, verantwortlich sein.

    Der Spiegel schrieb sogar in seiner Onlineausgabe vom „Beginn der Weltraumrüstung“. Die würde ich aber eher auf den Start von Discoverer 1 setzen. Den Laser-Dummy beim ersten Energija-Start hat man bei SPON wohl auch nicht gekannt.

  4. Mit dem Beginn der Weltraumrüstung würde ich wohl eher die ersten FOBS Starts der UdSSR Mitte der sechziger Jahre gleichsetzen. Rüstung impliziert ja dass man zumindest das System entwickelt um Waffen zu stationieren, auch wenn bei Erprobungsflügen noch keine dabei sind. Der Start des ersten Corona steht für mich eher für Weltraumaufklärung.

    Immerhin mal was neues wenn nun UFOS in China gesichtet werden – vorher gab es die nur über den USA…

  5. Moin,

    *hm* du schaetzt 1.5 Tonnen Treibstoff – ich hatte 1 Tonne geschaetzt.

    Beides is ne menge Sprit, insbesondere wenn ich noch dazurechne, dass die Centaur nach dem stabilisieren eines LEOs noch mehr als Halbvoll ist. Nach meiner Rechnung komm ich auf eine Delta-V von ca 4200m/s (Centaur) 800m/s (X37) nach stabilisierung des LEOs. Das reicht um einmal um den Mond zu fliegen, und wieder zu landen. Oder um recht haeufig Inclination und Orbit zu Wechseln.

    Als Gearhead kommen mir dabei drei Gedanken:

    – SciFi: Die X37 ist der Prototyp fuer den ersten Luftraumjaeger mit einem Delta-V von 8einhalb G-Minuten.

    – Pragmatisch: Die X37 ist ein wiederverwendbarerer Spionagesattelit, der durch sein hohes Delta-V nur von den grossen Weltraummaechten geortet werden kann. d.h. der Taliban kann nicht einfach im Computer schauen, ob der x37 ihn grade sehen kann.

    – Zufall: Der Durchmesser der Nutzlastverkleidung erfordert eine so grosse Rakete. Was kleineres als ne Atlas 501 Centaur SEC gabs nicht, und nur die ca 700-800m/s Delta-V sind wirklich noetig, um den Wiedereintritt zu initieren.

    ciao,Michael

  6. Moin,

    eine dazu relevante Frage:

    – Machen Spionagesatelliten wie der 16. April 2010 gestartete Kosmos 2462 heutzutage eigendlich noch Sinn? D.h. gibt es irgendeinen Grund warum die Russen immernoch echte Kameras mit Wiedereintrittskapseln fuer den Film verwenden?

    ciao,Michael

  7. @Michael K. : Nicht Zufall sondern die Nutzlastverkleidung bestimmt einfach die Trägerrakete. Die Japaner starten in wenigen Tagen Akatsuki und haben auch keine Alternative zur H-IIA und nutzen so nur ein Viertel der Nutzlast aus. Da der Treibstoff der Centaur nicht lagerfähig ist, nützt er nichts um den Orbit zu verändern.

    der Grund warum die Russen noch die alten Aufklärungssatelliten verwenden? Sie haben nicht das Geld neue zu entwickeln. Dieses Jahr soll nach mehr als einem Jahrzehnt wieder der erste Forschungssatellit gestartet werden….
    Bei der Sojus bezeichnet man das etwas positiver als „bewährte Technologie“

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