Debakel Galileo Satelliten

Derzeit arbeitet man mit Hochdruck an dem ersten Paar Galileosatelliten, die im Herbst in den Orbit kommen sollen. Nächstes Jahr sollen es dann acht weitere werden, entsprechend vier Starts einer Sojus. Die Ariane 5 ist nur als Backup vorgesehen.

Nun mag der eine oder andere fragen: Warum? Schließlich ist Ariane 5 das europäische Arbeitspferd und Galileo umfasst nicht weniger als 30 Satelliten. Schuld dran soll sein, dass Ariane 5 nur drei Satelliten pro Start transportieren sollte (anstatt vorher 4), ursprünglich waren mal acht geplant. Also als erstes mal eine Analyse wie es denn mit der Nutzlastkapazität aussieht.

Die Galileosatelliten gelangen in einen geneigten Orbit in 23490 km Höhe. Es gibt zwei Möglichkeiten. Beide benötigen bei der Nutzlastkapazität einen Smart Dispenser, der mehrere Satelliten aussetzen kann. Der ist in den folgenden Massen nicht eingeschlossen. Es gibt zwei Möglichkeiten:

  • Ariane 5 ES – direkte Beförderung in den MEO Orbit (Zwei-Impulsmanöver) und
  • Ariane 5 ECA – Ein Apogäumsantrieb ist notwendig.

Die Geschwindigkeit für den 250 x 23490 km Orbit beträgt 9967 m/s, etwa 300 m/s als für einen GTO Orbit. Dann muss der Orbit noch zirkularisiert werden, dazu sind weitere 1458 m/s nötig. Dazu kommen noch rund 200 m/s für die Neigung von 56 Grad zum Äquator.

Für eine Ariane 5 ES errechnet sich nach den offiziellen Leistungsparametern eine Nutzlast von 3650 kg für den MEO Orbit. Sie ist so gering, weil die schwere VEB und die EPS Stufe auch diesen Orbit erreichen. Die Masse der Galileosatelliten ist in der Diskussion. Sie sollen laufend schwerer geworden sein. So kann es sein dass es beim oberen Limit (800 kg) nicht mehr für 4 Satelliten reicht, denn der Smartdispenser wiegt ja auch noch was. Doch diese Lösung ist dann wirklich teuer, auch weil die EPS-Oberstufe in der Produktion ausläuft und die Sojus bei weniger als 5 Satelliten die billigere Lösung ist.

Die Ariane 5 ECA kann nicht den Orbit direkt erreichen, aber 10.300 kg in den Übergangsorbit aussetzen. Wenn nun der Smartdispenser mit einem vergrößerten Apogäumanstrieb verbunden wird, so kann man auch so die Satelliten im endgültigen Orbit aussetzen. Setzt man die Voll/Leermasse dessen mit 6:1 an, so transportiert diese Lösung rund 5.700 kg in den MEO Orbit befördern, was für mindestens 6 Satelliten ausreichen würde.

Ich denke die ESA ist wohl von der Ariane 5 ECB für die Mission ausgegangen. Basierend auf den bekannten Daten und einer Nutzlast von 11.500 – 12.000 kg in GTO sollte diese Version 5.800  – 61.00 kg in den MEO Orbit bringen. Sie wäre wie die Ariane 5 ES zu einem direkten Transport fähig gewesen. Das hätte dann (je nach Masse des Dispenses wirklich für acht Satelliten gereicht, wenn diese nicht zu schwer sind. (Geplant waren ja mal 635 kg). Danke liebe Minister, dass ihr die Entwicklung immer wieder aufgeschoben hat. Danke auch für die 400 Millionen Euro für die Starts der ersten 10 von 30 Satelliten die nun nach Russland fließen. Das war wirklich gut gemacht!

Natürlich gäbe es mehr zu Galileo zu sagen. Das Projekt ist wahrscheinlich erheblich teurer als geplant, was mich angesichts des Hüh-Hotts nicht so wirklich verwundert. Aber ich beschränke mich auf der Raumfahrtteil. Mal eine kleine Rechnung: Wahrscheinlich werden die anderen 20 Satelliten auch noch mit der Sojus gestartet. Das kostet dann nochmals 800 Millionen Euro. Alternativ wären auch vier Ariane 5 ESC-B Starts ausreichend, die rund 560-600 Millionen Euro kosten würden, also rund die Hälfte. Die ESC-B Entwicklung wurde zuletzt auf 1.100 Millionen Euro geschätzt (als man die Entwicklung 2003 einstellte, waren es noch 700 Millionen Euro gewesen, doch 10 Jahre Verzögerung machen sie nicht billiger), damit hätte man die Entwicklung schon zur Hälfte finanziert.

Aber inzwischen gibt die ESA ja lieber Geld für die Errichtung von Startanlagen für russische Träger aus und kauft diese dann. Ach ja und sie will noch eine Ariane 6 entwickeln. Gibt es ein "Ich muss die Kohle zum Fenster rausschmeißen Gesetz" bei ESA und EU? Mich würde nicht wundern, wenn man noch das Angebot von ILS annimmt die Satelliten mit der Proton zu starten, weils vielleicht dann nochmal billiger ist

6 thoughts on “Debakel Galileo Satelliten

  1. Es gäbe ja noch eine andere Möglichkeit: Die Sache so „beschleunigen“, daß inzwischen die Ariane 6 fertig ist und zur Verfügung steht. So wie das Galileo-Projekt bisher lief, würde ich mich darüber nicht wundern.

  2. Nur, wenn (wie im Artikel dargestellt) man nur drei Satelliten mit der Ariane startet, was selbst bei 800 kg pro Satellit recht wenig ist. Die Preise mit der Sojus sind ja auch kräftig angestiegen. So kosten die 6 Starts ja auch rund 66 Millionen Euro pro Start.

  3. In der DDR gab es mal eine Studie über die Zweckmäßigkeit von Studien. Auch so kann man Geld verbraten, sogar ganz ohne Raumfahrt.

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