Möglichkeiten für den ISS Ausbau

Wenn tatsächlich mal CST-100 oder Dragon einsatzbereit sind. Dann gibt es eine neue Herausforderung für die ISS-Planer. Dann könnte die Besatzung nämlich rapide ansteigen. Derzeit sind sechs Astronauten/Kosmonauten auf der ISS (eigentlich sollte man ja von Ionosphärenauten reden, denn in den Kosmos oder zu den Sternen ist noch keiner aufgebrochen). Selbst wenn die Russland eine Sojus aufgeben (mehr wird es nicht werden, denn es wäre ja blamabel, wenn man nicht mehr die eigenen astronauten zur ISS befördern kann), dann sind bis zu 10 Astronauten an Bord der ISS.

Was sind die Probleme. Also erst mal ein Platzproblem. Nicht dass die ISS eng wäre. es gibt sogar mehr Volumen als in jeder Raumstation vorher. Allerdings ist es beengt. Die westlichen Knoten haben z..B. ISS-Standardracks an den Wänden in denen Gerätschaften sind. Von 4,4 bis 4,8 m Außendurchmesser bleiben noch 2-2,5 m innen übrig und im Rahmen der Einsparungen wurde das einzige geplante Wohnmodul eingespart. derzeit haben die Ionosphärenauten hygienische Einrichtungen und Schlafkabinen verstreut über die ISS zwischen Lebenserhaltungssystemen und Forschungsapparaturen. Vor allem braucht man ja dann mindestens 4 weitere Kabinen, sicher noch eine Toilette und bei 10 Leuten vielleicht auch eine Messe.

Es wäre also an der Zeit das US-Habitatmodul zu starten. Brauchen vier Astronauten auch noch mehr Arbeit? Eigentlich nicht, denn schon heute nimmt Forschung nur einen kleinen Teil der Zeit ein. Die NASA selbst reklamiert, es wären 160 Stunden pro Woche, doch Äußerungen von Astronauten oder aktuelle Presseverlautbarungen sprechen von viel weniger. Hier eine vom Dezember 2011: 45 Stunden pro Woche im Durchschnitt der letzten Monate. Selbst wenn viele Experimente hoch automatisiert sind, sollte man bedenken, dass sich diese 45 Stunden auf drei Labore mit 33 Racks verteilen, jedes dieser 2 x 1 m großen Racks nimmt dann noch viele Experimente auf. Es ist so wenig Zeit weil es viele Routineaufgaben gibt, Sport getrieben werden muss und dauernd müssen Transporter bei und entladen werden. Von den vielen Aktivitäten für P&R ganz zu schweigen. (Es geht ja nicht um Forschung, sondern darum hübsche Videos zu drehen, Fotos zu machen und zu bloggen).

Trotzdem, ein Labormodul steht auch noch auf der Erde herum, das Zentrifugenmodul, das als einzige künstliche Schwerkraft erzeugen konnte. Es wurde von Japan als Bezahlung für den Kibotransport gebaut und die NASA hat es nie abgenommen.

Bei 10 Astronauten wäre auch vielleicht noch etwas mehr Wohnraum und Stauraum nützlich. Da würden sich die beiden MPLM anbieten die es noch gibt. Eines wurde ja schon umgebaut und ist nun an der ISS befestigt. Damit wäre das erschöpft was es derzeit an Hardware gibt. Allerdings kann man sie nicht an die ISS ankoppeln aus zwei Gründen – erst mal wie wie kommt sie ins All und zweitens, wohin. Zum zweiten: es gibt nun noch einen freien CBM, aber vier Module auf der Erde. Die Lösung wäre es einen neuen Kopplungsknoten zu bauen.

So gibt es noch die Frage, wie die Module in den Orbit kommen. Das sinnvollste ist es eines der Versorgungsgefährte umzubauen. Alle bestehen aus einem Servicemodul und einem Frachtmodul (bis auf die Dragon). Dies sind eigenständige Komponenten. Es bietet sich an entweder das ATV oder HTV zu nehmen, da diese schon auf den Transport großer Masse ausgelegt sind. Zahlen habe ich vom ATV. Bei diesem beträgt das Gewicht des Servicemoduls alleine 5.320 kg. Dazu kommen noch 2.200 kg Treibstoff für die Manöver. Bei einer Startmasse von 20.750 kg maximal lässt das noch 13.230 kg für das Modul übrig. In Wirklichkeit gibt es natürlich noch Einsparungen und Aufwendungen. Einsparen kann man die Treibstofftanks für Reboosttreibstoff, samt Heliumdruckgas. Dazu einen Teil des Treibstoffs (wenn das Servicemodul ablegt wiegt es nur noch <7 t anstatt rund 19 t und braucht weniger Treibstoff zum Deorbitieren). Umgekehrt muss man vorne an das Modul die Annäherungssensoren montieren, die es in den Nahbereich der Station bringen und es muss ein Adapter zwischen CBM Anschluss und Servicemodul gebaut werden. Dies soll sich in der Summe ausgleichen. Man erhält dann so rund 13 t für ein Modul. Das ist ausreichend für die meisten Module wenn sie leer sind. Columbus wog beim Start 12 t, leer 10 t. Selbst Destiny würde man noch unbestückt starten können. Nur Kibo ist mit 14,5 t Leergewicht zu schwer.

Beim Übergang auf die Ariane 5 EC-A kann man noch einige Hundert Kilo mehr transportieren (rund 14 t). Ich habe auch schon mal Pläne für einen solchen Modultransporter auf ATV Basis gesehen. Da es sowieso nur noch Teile für zwei ATV gibt wäre das auch eine Möglichkeit wie die ESA sich an der ISS beteiligen kann, denn sie muss wenn sie nicht bar zahlen will (was übrigens erheblich günstiger wäre) eine ART ATV-2 entwickeln, da Elektronikteile des ATV inzwischen nicht mehr verfügbar sind.

Das Problem, und deswegen will niemand erweitern ist doch etwas anderes. Die ISS ist schon jetzt teuer. 2014 wird die ISS 3.170 Millionen Dollar pro Jahr kosten, dazu kommen noch 830 Millionen für „commercial Spaceflight“. Dieses Niveau soll dann für einige Jahre konstant bleiben, nachdem es seitdem rapide anstieg (vor einigen Jahren waren es noch 2 Milliarden Dollar). Die JAXA zahlt ungefähr 450 Millionen Dollar und die ESA 325 Millionen Euro pro Jahr für die ISS, dazu kommen noch die ATV. Also die Gesamtkosten werden sicher bei rund 5 Milliarden Dollar pro Jahr liegen. Und das it nur der westliche Teil. Wenn dann es noch mehr Astronauten werden, dann braucht man mehr Fracht, mehr Flüge und es wird noch teurer. Immerhin: Für 5 Milliarden Dollar pro Jahr bekommen wir heute 45 Stunden Arbeit an den Experimenten pro Woche, oder rund 2.340 pro Jahr und eine Stunde kostet lächerliche 2 Millionen Dollar…

Vor allem: Wenn irgendwo derzeit bei der ISS etwas passiert so ist bei der derzeitigen Architektur die Station verloren. Es gibt keine Möglichkeit viel zu rangieren. Nur wenn es einen der abstehenden Knoten erwischt, kann man diesen lahmlegen. Aber wenn Sarja, Swesda, Unity, Harmony, Tranquality betroffen sind, ist die Station verloren. Ohne diese Knoten kommt man nicht mehr in andere Bereiche der Station oder zu Kopplungsstellen für Versorgungsflüge. Verzichten könnte man nur auf die Luftschleusen und Labormodule. Drei dieser Knoten sind nun aber schon 13 Jahre und älter ….Daher wird man sie wohl nicht erweitern.

5 thoughts on “Möglichkeiten für den ISS Ausbau

  1. Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn man dem ATV statt dem Frachtmodul ein Modul mit Treibstofftanks und einen Kopplungsadapter ausrüstet. Die zu transportierenden Module brauchen dann an beiden Enden einen Kopplungsadapter. Das sollte aber kein Nachteil sein, weil so auch mehrere Module hintereinander angebaut werden können. Das spart zusätzliche Knoten.

    Dann braucht man zwar für den umgebauten ATV und das zu transportierende Modul zwei Starts, könnte aber die maximale Nutzlastkapazität der Rakete voll ausnutzen. Studien dazu gab es ja schon, aber weil es keine zu transportierende Nutzlast gab, wurde das zu den Akten gelegt.

  2. Das braucht man nicht, denn das ATV kann ja bis 6,8 t Treibstoff mitführen, braucht aber maximal 2,2 t für die Mission. Die Tacks kann man mit anderen Transportern befördern, die so eher ihre Maximalnutzlast ausnützen können. Das ist ja gerade der Vorteil der Standard-Racks.

  3. Ich hatte mich früher schon gefragt, warum die ATV/HTV wieder in die Atmosphäre geschickt werden. Naja, zum Müllabtransport vielleicht.
    Ein Kapsel mit vorne und hinten (vllt auch links und rechts als knoten ausgelegt) einer Schleuse könnte doch dauerhaft an der Station bleiben.
    Als Abstellkammer wäre das doch ideal.

    Hat jemand eine Ahnung wie sich die Betriebskosten der ISS zusammensetzen, und ob man das auf ein bezahlbares Maß zusammensparen kann?

    Eventuell wäre das auch ein Einsatzgebiet für die zukünftige SLS. Zwar glaubt derzeit, mich eingeschlossen, daß das SLS-Programm die nächsten 2-5 Jahre nicht überlebt, aber sollte es doch fertigwerden, könnte man dann „dicke Bretter“ bohren.
    Wenn einer bei der Nasa mehr als ein halbes Hirn hat, wird man sich eventuell sogar um die Massenproduktion/Automatisierung gedanken machen, um von diesen horrenden Kosten herunterzukommen.

    Naja, Ideen gibts viele. Mal gucken was passiert.
    Ich bin sowieso eher für ein rein deutsches Mondprojekt! 🙂

  4. Die Druckbegälter sind relativ klein, etwa ein Drittel der Größe eines Labors, aber sie blockieren dann einen Kopplungsstutzen. Selbst wenn man also so verfährt hat man nach 1-2 Jahren keinen Kopplungsstutzen mehr übrig.

    SLS ist viel zu groß. Dann würde man nicht mehr so kleine Module starten sondern wieder eher etwas wie Skylab. Vor allem aber müsste man das dann JETZT parallel entwickeln….

  5. Das mit SLS ist auch so eine Kasperei. So wie es jetzt aussieht, wird das mit viel Kosten entwickelt, nur um dann sobald es fliegt wegen fehlender Nutzlasten eingestellt zu werden. Dann wacht man auf und entwickelt die dazu passennden Nutzlasten. Nur um dann zu merken, daß es inzwischen keine Rakete mehr gibt, die diese Nutzlasten starten könnte. Also stellt man diese Projekte wieder ein, und entwickelt eine neue Schwerlastrakete. Womit das Spiel von neuem beginnt…

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