Ein historischer Tag …
ist heute, denn am 20.8.1975 bracht Viking 1 auf und am 20.8.1977 Voyager 2 – beide die ersten Sonden eines Pärchens die beide Geschichte schreiben sollten. Beides waren zu ihrer Zeit Großprojekte. Viking kostete 914,6 Millionen Dollar bis zum Ende der Primärmission, Voyager zwischen 450 und 487 Millionen, je nach Quelle. Nimmt man den GDP-Chain Index, denn die NASA als Basis nimmt, so entspricht dies 2494 und 1203 Millionen Dollar von 2011. Sie gehören damit zu den teuersten Raumsonden, wenn sie auch noch preiswert sind vergleichen mit anderen Projekten wie Galileo, Cassini oder gar Hubble oder dem JWST.
Beide Projekte sind herausragend. Zu einer Zeit als die Elektronik noch auf einem völlig anderen Stand war als heute, übertrafen sie ihre vorgegebenen Primärmissionen deutlich. Für Viking waren 6 Monate angesetzt, für Voyager vier Jahre. Voyager hält den absoluten Rekord an Betriebszeit von allen Körpern die wire je gestartet haben (passive Satelliten ausgenommen). Beide Raumsonden waren breit instrumentiert, wobei mir die Qualität erst Jahre später klar wurde, als ich wusste wie die Instrumente funktionieren und vor allem wie empfindlich sie sind.
Bei Viking waren die Instrumente auch die Gründe, warum das Programm die geplanten Kosten von 400 Millionen Dollar soweit überschritt und man die Landung auch um zwei Jahre verschob, weil vor allem die Entwicklung der Landerinstrumente sehr kompliziert war und teuer wurde. das traf allerdings auch auf die Kamera des Orbiters zu, die fast so viel kostete wie eine kleine Raumsonde.
Trotzdem: Man hat im Vergleich viel bekommen, nicht nur an Erkenntnissen, sondern auch an Hardware. Bei beiden Programmen wurden drei Sonden gebaut. Bei Viking war das dritte Exemplar sogar in Bereitschaft, um es bei einem Problem vor dem Start mit einem der beiden Flugexemplare auszutauschen. Bei Voyager gab es Pläne das dritte Exemplar 1979 über Jupiter zu Uranus und Neptun zu schicken, doch es gab nicht die dafür nötige Finanzierung, obwohl diese (wenn man sich an den Kosten für Trägerraketen, RTG und Betrieb orientiert) nur weitere 75 Millionen Dollar gekostet hätte. Verglichen dazu ist New Horizons als Einzelsonde teurer, bei weniger Fähigkeiten. Selbst Viking ist noch billiger als das MSL, obwohl man dafür drei Lander und drei Orbiter bekam. Für 15% Mehrkosten hätte man den dritten Viking starten können. (Es gab dann Pläne den Lander zu einem Rover umzubauen doch die wurden nie umgesetzt).
Damals sah es aus, als würde die Planetenforschung in die nächste Phase gehen – die erste Phase das waren die Mariner und Pionieer Sonden, Vorbeiflüge oder einfache Sonden zur ersten Erkundung. Mariner 8+9 waren zwar Orbiter, aber im Prinzip nichts anderes als Mariner 6+7 ausgerüstet mit einem Tank und einem Triebwerk. Nun ging es an Orbiter und Lander und auch weiter ins äußere Sonnensystem. Mit der Titan 3E hatten die USA auch die nötige Rakete dafür (so viel leistungsfähiger sind die heutigen Modelle nicht – zwischen Titan 3E und Atlas 551 liegen gerade man 30% höher (bezogen auf einen Fluchtkurs) – und sie war damals sogar noch erschwinglich (etwa 26-35 Millionen Dollar pro Träger). Aber es sollte ja noch besser kommen. Geplant waren eine Jupitersonde (Jupiter-Orbiter Probe, aus dieser wurde Galileo), VOIR als Radarspäher und eine Raumsonde welche wie heute Rosetta den Kometen Temple 2 begleiten sollte. wer das von mir wärmstens empfohlene Buch „100 x Raumfahrt“ hat, sollte mal auf S.82 gehen, dort findet man die damals noch herrschenden optimistischen Pläne.
Wie man wusste wurde nichts draus. In den späten Siebzigern wurde das Shuttle so teuer, dass es zeitweise 60% des NASA Etats ausmachte, in den Achtzigern lag das Interesse von Reagan an bemannter Raumfahrt und erst mit Clinton besserte es sich. Seitdem hatten wir bis vor wenigen Jahren eine Renaissance der Planetenforschung. So viele Missionen wie jetzt waren noch nie aktiv.
Was allerdings heute von damals unterscheidet, ist der Anspruch. Wenn man von Curiosity absieht, so gibt es heute noch Missionen die preiswert sind, maximal „mittelteuer“. MAVEN der nächste Orbiter wird z.b. 450 Millionen Dollar kosten, das sind weniger als die 300 Millionen die Discovery Missionen 1998 kosten dürften – inflationskorrigiert. Das man zu den äußeren Planeten aufbricht ist selten. Juno ist nun unterwegs, doch mit Galileo kann man sie nicht vergleichen. Die nächste geplante Mission ist die ESA-Mission JUICE. Doch die startet erst 2022. Zu Saturn, Uranus, Neptun ist gar nichts geplant.
Was ich mir wünschen würde, währe mehr Erforschung des äußeren Sonnensystems, doch wird es dazu nicht kommen. Schon jetzt ist MAVEN die einzige US-Sonde die in der Planung ist. Bei Projektlaufzeiten von 4-6 Jahren bis zum Start bedeutet dies, dass vor 2016/18 nichts neues mehr startet.
Abhilfe? Zumindest einen Tipp hätte ich: Rückkehr zu mehreren Sonden. Typisch kostet das zweite Exemplar einer Raumsonde nur noch 30-50% des ersten. Bei extrem komplexen kann es noch ungünstiger sein (Viking: 15%). Bei einfachen ist es nicht ganz so günstig (Venus/Mars Express= 70%). Bei Neuentwicklungen bekommt man so mehr Wissenschaft für wenig Mehrgeld. Das gilt vor allem bei Landern. Jeder Lander kann nur einen Ort erkunden. Bei Vorbeiflugsonden zeigten Voyager die Vorteile: Zum einen wurden die Vorbeiflüge an den Monden zwischen beiden Sonden aufgeteilt, und zum anderen konnte Voyager 2 die Monate nach Voyager 1 bei Jupiter und Saturn ankam Dinge genauer untersuchen die Voyager 1 entdeckt hatte und so einige Rätsel lösen die Voyager 1 hinterließ. Bei Orbitern ist zugegebenermaßen der Gewinn geringer. Hier geht es meist um eine Kartierungsmission und die ist dann eben doppelt so schnell abgeschlossen oder man kann doppelt so viel Fläche erfassen.
Das war auch die Intension bei Voyager und Viking: Es ging hier nicht wie bei früheren Missionen um die Absicherung gegen einen Ausfall, sondern um mehr zu erkunden – einen zweiten Landeplatz bei Viking und mehr des Planeten durch die Orbiter und bei Voyager konnte man die Untersuchungszeit verdoppeln und alle Monde besuchen – das wäre mit einer Sonde nicht möglich gewesen.
So gesehen wäre ein Ansatz Curiosity nochmals zu bauen und vielleicht eine zweite JUICE mal zu Saturn zu schicken oder einen zweiten MAVEN zur Venus. Damit kann man auch noch Planetenforschung betreiben, wenn das Budget gekürzt wird.
Mich wundert das eh etwas das hier nicht viel mehr Serienbauweise eingesetzt wird. Das teure ist ja eher die Entwicklung und weniger der Bau selbst.
Das die äußeren Planeten weiterhin abgemeldet sind, zeigt diese Meldung:
http://www.spacenews.com/civil/120820-mars-lander-discovery.html
Ein Titan Lander oder eine kometenhüpfsonde – das stand zur wahl und was baut man? Noch einen Marslander, als gäbe es nicht schon acht von denen….
Das äußere Sonnensystem ist derzeit „abgemeldet“, weil man keine Energiequelle mehr hat, um dort Satelliten zu versorgen. Die NASA hat den Rest ihres Plutonium 238 vor kurzem zum Mars geschossen. Sowohl die USA als auch Russland haben die Produktion schon vor Jahrzehnten eingestellt. Selbst, wenn die entsprechenden Anlagen überhaupt noch funktionieren, ist zu bezweifeln, dass sie heutigen Sicherheitsstandards entsprechen.
Andere Nationen haben noch nie Plutonium 238 produziert.
Die Plutonium-238-Produktion ist auch nicht gerade einfach in den zivilen Nuklearkreislauf zu integrieren. Man braucht eine WAA, die nicht nur Uran und Plutonium, sondern auch Neptunium aus dem normalen Atommüll abtrennt, was im Regelbetrieb nicht erfolgt. In einer bestehenden WAA aber einfach so die „heiße Zelle“ ändern und dort einen Neptunium-Seperations-Zweig einzubauen, ist alles andere als trivial. Neue WAAs, wo man die Neptunium-Stufe mit vertretbarem Aufwand vor der Intebetriebnahme ergänzen könnte, sind m.W. nicht in Planung.
Das Neptunium-238 muss zurück in den Kernreaktor, und zwar möglichst in einen, bei dem man im Betrieb die Brennelemente tauschen kann, denn bei langer Bestrahlzeit wandelt sich ein Teil des zwischendurch erzeugten Plutonium 238 zu Plutonium 239 oder gar noch höheren Nukliden. Also muss man mit Russland kooperieren (deren Reaktoren vom Tschernobyl-Typ sind die einzigen „zivilen“ Leistungsreaktoren, die einen unterjährigen Brennelementwechsel ermöglichen) oder einen Forschungsreaktor mittlerer Größe (wie den FRM-II in München) exklusiv zum Plutonium-Brüten abstellen.
Am Ende dürfe es kaum möglich sein, die Plutonium-238-Produktion wieder aufzunehmen, ohne mindestens eine Milliarde zu investieren.
Sinnvoller erscheint mir, echte Kernreaktoren für den Einsatz in Satelliten zu entwickeln. Diese sind zwar komplexer als RTGs, aber bei Startunfällen auch viel sicherer, da nur schwach radioaktives Uran und nicht hoch radioaktives Plutonium-238 enthalten ist. Andererseits ist es nicht trivial, sicherzustellen, dass so ein Reaktor nicht kritisch wird, wenn er bei einem Unfall in Wasser fällt. Aber auch hier dürfte man am Ende kaum unter einer Milliarde an Investitionskosten wegkommen. Das beginnt ja schon damit, dass man ein bis zwei Testmissionen mit Erdflucht braucht, um das Verhalten des Reaktors im Weltraum zu prüfen.
Kai