Endlich eine Nutzlast für die SLS
Noch konnte man die Blamage in letzter Minute verhindern: wollte doch Charles Boulden persönlich eine neue Ära in der bemannten Raumfahrt ankündigen. Er war wie die gesamte NASA Führungsriege einem Scherz seiner Mitarbeiter aufgesessen.
Wie kam es dazu? eigentlich sollte vom 30.9. bis 2.10 eine gemischte Arbeitsgruppe aus Ingenieuren des Manned Space Center, des Marshall Space Flight Center und des Jet Propulsion Laboratorys über zukünftige Missionen der SLS beratschlagen. Ihr ziel: Sie sollten Missionen erarbeiten welche die NASA mit ihrem auf Jahre festgeschriebenen Budget durchführen kann. Das könnten bemannte wie unbemannte Missionen sein.
Doch bevor die Gruppe ein Ergebnis liefern erarbeiten konnte, kam der Shutdown der NASA. Damit saßen erst einmal die Vertreter des MSC und JPL in Huntsville fest. Da der shutdown bedeutete, dass die NASA auch nicht für die Hotelrechnungen aufkam. Das stärkte die Zusammengehörigkeit der Gruppe enorm, denn sie wurden von den Ingenieuren des MSFC daheim oder bei Bekannten und Verwandten untergebracht.
17 Tage sind eine lange Zeit und so lernte man sich nicht nur kennen, sehr bald ärgerte man sich über eine Führungsriege die diese nationale Katastrophe zuließ und man erarbeitete einen Plan, diese bis auf die Knochen zu blamieren. Zeit genug hatte man ja. Und so präsentierte man den Vorgesetzen ein Konzept. Ein geniales Konzept und eines das beim Durchrechnen auch realistisch war. Es begeisterte jeden der es zu Gesicht bekam, lief ganz schnell in der Hierarchie nach oben und am Dienstag wollte Boulden nach Rücksprache mit Obama den neuen Kurs ankündigen.
Wenn 2020 die schon verlängerte Mission der ISS zu Ende geht, enden auch die Verpflichtungen der NASA für einen Weiterbetrieb. Dich anstatt die Station zu versenken wird ein MPCV andocken und sie in eine höhere, etwa 550 bis 600 km hohe Umlaufbahn schieben. Dort wird sie dann von einem STM (SLS Transfer Modul) genannten Modul besucht. Es koppelt an die ISS an, entfaltet seine Solararrays und ihre VASIMIR Triebwerke zünden. Die leichtgewichtigen Solararrays stammen von ATK, die schon welche für die Orion entwickelte, das VASIMIR Triebwerk von der ad Astra Company.
Das erste STM wird die ISS in einen geostationären Orbit bringen. Wenn sie nach etwa neun Monaten dort angekommen ist startet eine weiterer MPCV, diesmal mit der SLS. Die Besatzung wird dort neben spektakulären Aufnahmen der Erde vor allem das Reparieren von Satelliten und das bugsieren in einen Graveyard Orbit erproben. Sie wird auch einen Satelliten an die ISS ankoppeln. Gedacht ist an TDRS 9+10 die zu diesem Zeitpunkt ihr Missionsende erreicht haben sollten. Nach zwei Monaten sind die mit dem MPCV mitgebrachten Vorräte erschöpft und die Besatzung kehrt zur Erde zurück.
Später, je nach Finanzlage, denn der Orbit der ISS ist dort oben für Jahrtausende stabil, kommt der zweite STM. Er bringt die ISS in einen Mondorbit. Dies dauert weitere 9 Monate. Dort wird dann die Station ein zweites Mal von Astronauten besucht. Sie werden spektakuläre Erdaufgänge fotografieren und die Station mehrmals absenken sodass sie im Niedrigflug spektakuläre Aufnahmen der Mondoberfläche anfertigen wird, darunter die Apollolandeplätze.
Das STM wird dann die ISS erneut anheben und zum L2-Librationspunkt bringen. Dort kann sie echt lange verbleiben, während der Mondorbit ohne Korrekturen rasch instabil wird. Hier kann, wenn die Finanzierungslage es zulässt, ein weiteres STM ankoppeln und die ISS in einen Marsorbit bringen. Dies dauert etwa zwei Jahre. Damit allerdings eine Besatzung dort die ISS besuchen kann ist dann ein größeres Programm nötig. Längere Aufenthalte der Astronauten an Bord wären durch Frachtraumschiffe wie sie schon verfügbar sind denkbar.
Soweit der während des Shutdowns erarbeitete Vorschlag. Er fiel sofort auf fruchtbaren Boden und durchlief die gesamte NASA Administration bis hin zu Boulden. Jeder war fasziniert – ein bemanntes Programm das durchführbar ist, trotzdem neue Herausforderungen bietet und die Öffentlichkeit faszinieren dürfte. So war denn auch für Dienstag eine Pressekonferenz geplant in dem das neue Projekt öffentlich bekannt gemacht werden sollten. Da zogen am Freitag die Autoren die Reisleine. Das Konzept war zwar durchgerechnet sowohl technisch, wie auch finanziell und die Abschätzungen für die Zeitpläne auf Basis der Erfahrungen bei anderen Projekten gemacht worden, es gab nur ein kleines Aber…
Das „Aber“ war das man dies komplett ohne NASA Beteiligung gemacht hatte, als kleinen Racheakt für die zwei Wochen Zwangsurlaub. Weder bei den Kosten noch bei dem Zeitplan wurde irgendeine Beteiligung der NASA-Managements oder ihren Unterorganisationen wie den einzelnen Centern vorgesehen, sondern die Basis war was es kosten und wie lange es dauern würde, wenn die Industrie das Projekt durchführt.
Das war natürlich nicht hinnehmbar, mit NASA-Beteiligung sähe es aber komplett anders aus. Die Erfahrung in der US-Raumfahrt lehrt, das die Beteiligung der NASA enorme Kosten addiert. Ein Start einer US-Rakete kostet bei NASA-Nutzlasten 30% mehr als bei kommerziellen Nutzlasten. Dabei liegt diese Steigerung nur in den Startservices. Die Rakete ist die gleiche. Ein Kommunikationssatellit basierend auf einem kommerziellen Bus kostet als TDRS oder Milstar leicht das doppelte eines Kommunikationssatelliten für einen Betreiber von Satellitendiensten und als die NASA die Wartung der Space Shutles in den Neunzigern privatisierte wurden die Wartungskosten um 60% gesenkt. Daneben rechnet man mindestens zwei Jahre Verzögerung alleine durch die überall nötigen Gegenprüfungen und Genehmigungsverfahren.
So wird die Reise der ISS zum Mond wohl immer nur auf dem Papier stattfinden.