Viel Kohle für wenig Kohle, Bonpflicht

Heute ein kleiner Meinungsblog als Zwischen- und Lückenfüller. Es geht um zwei Themen die gerade so durch den Medienwald schwirren. Das erste ist der Kohlekompromiss. Beschlossen letztes Frühjahr, als erste Folge der Fridays for Future, gab es vor kurzer Zeit ein Treffen der Ministerpräsidenten der betroffenen Länder mit der Kanzlerin. Denn die wollten sofort Geld sehen, sonst stimmen sie dem Kompromiss nicht zu und kurze Zeit darauf die Retourkutsche der Kohlekommission, die den Kompromiss eigentlich erarbeitet hatte. Die Komission machte klar, das das was beschlossen wurde nicht der Kompromiss war, den man ausgearbeitet hatte. War eigentlich auch so erkennbar. Als Kompromiss betrachte ich eine Einigung bei dem jeder seinen Standpunkt nicht vollständig durchgesetzt hat, alle zufrieden und doch irgendwie unzufrieden sind. Aber 20 Jahre Restlaufzeit, 40 Milliarden Euro für eine Industrie ohne Zukunft mir nur 20.000 Arbeitsplätzen – das ist kein Kompromiss, das ist eine Vermeidung von Stress, indem man Geld ausgibt, das der Steuerzahler berappen muss.. Ich sehe noch ein, das es Regionen gibt, die an der Kohle hängen, sie wird ja punktuell abgebaut. Dort muss man Leute umschulen oder einfach neue Industrien ansiedeln – die Regionen liegen ja nicht in Ländern mit niedriger Arbeitslosenquote. Aber die Einrichtung eines Arbeitsplatzes kostet im Mittel 200.000 Euro, natürlich stark abhängig von der Industrie. IT-Arbeitsplätze die ja meist Büroarbeitsplätze sind, sind billiger als Arbeitsplätze in einer Automobilfabrik oder Chemieanlage. Da ja die IT-Branche boomt und man sicher in diese Branche investiert, auch weil sie nicht von Ressourcen außer „Human Capital“ abhängig ist, würde ich 200.000 Euro als die Obergrenze ansehen. Macht bei 20.000 Arbeitsplätzen dann 4, und nicht 40 Milliarden. Was mich ärgert: im selben Zeitraum verlor die Windkraft durch Hemmnisse, wie schleppende Bearbeitung der Anträge und neue Hürden wie vergrößerter Abstand zu Siedlungen (deren Grüße auch auf 5 Häuser heruntergesetzt wurde) 26.000 Arbeitsplätze. Getan wurde für diese Zukunftsbranche nichts.

Dann die lange Restlaufzeit. Das gleiche wie bei Atomkraftwerken. Warum? Wenn ich eine Solaranlage installiere, dann bekomme ich EEG Umlage über 20 Jahre. Der Staat rechnet also damit, dass 20 Jahre hier eine übliche Nutzungsdauer ist, und ich denke Unternehmen denken in noch kürzeren Zeiträumen, schließlich müssen die Anlagen ja finanziert und der Kredit zurückgezahlt werden. Als ich noch zur Berufsfachschule ging, entstand im Nachbarort Altbach ein neues Kohlekraftwerk. Das war 1982. Inzwischen habe ich noch das Abi gemacht, zweimal studiert, lange als Lebensmittelchemiker und Programmierer gearbeitet und mich nun aus dem Vollzeiterwerbsleben zurückgezogen – aber das Kohlekraftwerk arbeitet immer noch. Ich sehe die Dampffahne jeden Tag.

Wie mancher weiß, halte ich wenig von der FDP. Mit ihrer Politik, die nur auf die Gesetze des Markts fokussiert wird, ist sie für mich das Paradebeispiel einer Politik der sozialen Kälte. Aber bei der Kohle zeigt sich das dies manchmal funktioniert. Letztes Jahr wurde erstmals weniger Strom aus Kohle und Kernkraft als aus Windkraft und Photovoltaik produziert. Der Grund: schon vor dem Klimapaket mussten Kraftwerksbetreiber Emissionszertifikate erwerben um ihren Kohlendioxidausstoß zu „kompensieren“. Im Prinzip basiert dieser Emissionshandel darauf, dass es Länder gibt, die weniger Kohlendioxid ausstoßen, als nach Kyoto-Protokoll erlaubt und diesen „Überschuss“ auf dem Markt verkaufen. Mit jedes Jahr sinkenden Quoten werden diese Zertifikate immer teuer. Ein Zertifikat der Commerzbank kostete vor 5 Jahren noch 5 Euro, inzwischen 20 Euro. Bei Braunkohle sind es 1.175 g CO2 / kWh. (die im Internet oft auffindbaren, niedrigeren werte von 411 g CO2/kWh beziehen sich nur auf den Energiegehalt, berücksichtigen, aber nicht, dass ein Braunkohlekraftwerk nur 38 % des Energiegehalts in Strom umwandelt. Daten nach der Forschungsstelle für Energiewirtschaft). 20 Euro pro Tonne bedeutet das jede kWh Braunkohlestrom um 2,35 ct/kWh teurer wird und Steinkohle um 1,86 ct/kWh. Das Klimapaket addiert weitere 10 Euro pro Tonne, in den nächsten Jahren auf 25 Euro ansteigend, entsprechend etwa weiteren 1 bis 2,5 ct/kWh und dann ist Kohlestrom nicht mehr billig. Die Betreiber von Kraftwerken werden Gaskraftwerke nutzen die derzeit, weil Erdgas teurer als Kohle ist, meist Stillstehen und nur angefahren werden um Spitzen abzumildern dann wieder voll in Betrieb nehmen. Ebenso werden sie darauf achten möglichst die ineffizientesten Kraftwerke abzuschalten. Das Kohleproblem hat sich erledigt, und zwar ganz ohne politische Auflagen oder Subventionen.

Das Zweite ist die Bonpflicht, die seit Januar gilt. Im Vorfeld wurde ja diskutiert sie wieder abzuschaffen, weil die Bons aus Thermopapier sind, das eben nicht als Altpapier entsorgt werden darf. Inzwischen schimpfen alle auf die Bons, weil die meisten Bons die man bekommt wenn man nur wenige Artikel kauft nicht gelsen werden (beim Supermarkt kontrolliere ich gerne nach, weil immer wieder der Scanner einen Artikel mehrmals erfasst, oder die Kassiererin bei den Backwaren geirrt hat). Angeblich ist das um Steuerhinterziehung zu vermeiden. So was wird es vor allem dort geben, wo der Kunde nicht direkt mit der Kasse in Berührung kommt. Mir fallen als bonlose Bezahlvorgänge spontan da nur die Gastronomie ein und Kleinbetriebe wie eine Fahrradreparaturwerkstätte. Ich glaube kaum, dass eine Verkäuferin beim Bäcker erst die Summe an der Kasse ausrechnet, dann kassiert und auf „Storno“ drückt. Klar ist auch, dass man wahrscheinlich keine Bonpflicht für einzelne Branchen einführen kann also nur für die Gastronomie. Aber man hätte es auch anders lösen können.

Es geht ja darum, das der Bezahlvorgang elektronisch registriert wird, niemand wird erwarten das ein Kunde wenn er keinen Bon dann zum Finanzamt rennt und den Verkäufer wegen Steuerhinterziehung anzeigt. Aber man wird wohl in der Finanzverwaltung denken, dass wenn der Bon Pflicht ist, der Kunde einen fordert, weil er das nun überall gewöhnt ist. Falsch – die meisten wollen keinen Bon. Wenn es darum geht, dem Kunden zu signalisieren, dass alles Okay ist, sodass wenn er das Signal nicht bekommt, eine Abrechnung einfordert, dann geht das auch anders. Wenn die Kasse Töne von sich geben kann z.B. ein hoher Ton für „okay“ und ein tiefer für „Storno“, ähnlich wie früher bei Quizshows. Es würde auch einer, wie das früher übliche Klingeln, wenn die Schublade aufging, reichen. Ich vermute aber das die meisten Kassen können das nicht. Das zweite wäre eine Anzeige – selbst ein „OKAY“ wäre in einer 7-Segment-Anzeige noch einigermaßen lesbar. Bei einer Matrixanzeige in jedem Falle.

Das Gegenargument des Thermopapiers als Umweltschaden verstehe ich allerdings nicht. Es gibt ja auch noch Matrixdrucker mit Normalpapier. Früher druckten Nadeldrucker Endlospapier. Für den Bondruck müsste man nur die Breite auf die Bonbreite begrenzen und den Drucker kompakter bauen. Leiser und schneller geht es mit Tintenstrahler, wobei bei dem Druckvolumen sich wohl Geräte mit Tintenvorratsbehältern wie es sie seit einigen Jahren gibt, lohnen. Auch hier kann man ein kleines Gerät für Kassen entwickeln. Nachteilig ist, dass die Ausdrucke anfangs nicht wischfest sind. Doch ein kleines Heizelement nach dem Druckkopf könnte das lösen. Sie sind auch später nicht feuchtigkeitsfest, doch das ist Thermopapier auch nicht und es bleicht noch dazu aus. Man muss nur Druckeralternativen in die Kassen integrieren. Sofern es nur Zahlen sind, gibt es immer noch das früher in Tischrechnern übliche Walzenverfahren – es gibt eine Walze aus vielen Rädern, eine pro Stelle. Auf denen findet man die Zahlen und einige Zeichen wie „+“ und „-“. Durch Rotation wird die Walze an die Druckposition gefahren und dann durch ein Farbband gedruckt – ist billig umsetzbar und der Bon ist dokumentenecht.

Daneben finde ich Thermopapier heute bei dem Umweltbewusstsein, wo man sonst alles Mögliche regelt, selbst den Verbot von Plastikstrohhalmen als ein Relikt aus vergangenen Zeiten, das längst durch eine ökologische Alternative ersetzt werden sollte.

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