Die theoretischen Maximalimpulse von Treibstoffen

Auf meinen heutigen Beitrag komme ich, weil mir vor einigen Wochen jemand geschrieben hat, der meint durch Veränderung des Verbrennungsprinzips einer Brennkammer den spezifischen Impuls verdoppeln kann. Im Prinzip meinte der Verfasser, durch eine Explosion, also Umstellung auf einen Pulsantrieb dies erreichen zu können. Nun war ich mir sicher, dass dies nicht klappt und der prognostizierte Impuls den Energiegehalt, der letztendlich in der Verbindung steckt, überschreitet.

In Büchern über Raumfahrt findet man interessanterweise keinerlei theoretische Maximalimpulse der Treibstoffkombinationen. Es gibt Formeln, um Ausströmgeschwindigkeiten zu berechnen, doch für die braucht man weitere Werte, wie die Temperatur die per se nicht bekannt sind.

Mir wurde ja schon vorgeworfen, das ich als Chemiker mich zu stark mit der Chemie der Verbrennung beschäftige, während die ganze Raumfahrt in den Grundlagen nur von der Physik diktiert wird. Aber ich denke, hier kann man mit der Chemie weiter kommen. Um es vorwegzusagen: das alles was jetzt im ersten Teil kommt basiert auf meinem Mist, aber ich will begründen, warum ich es für richtig halte.

Für jede chemische Reaktion kann ich eine Reaktionsenergie nachlesen. Für die stöchiometrische Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff folgt z.B:

2 H2 + O2 → 2 H2O + 286 kj/Mol

Ein Mol Wasser wiegt 18 g, daraus kann man einen Energiegehalt von 1000 g / 18 g * 286 kJ = 15,88 MJ. Wem der Energiegehalt zu gering vorkommt (er ist kleiner als der von Kohlehydraten mit 17,2 MJ), der sollte bedenken, dass wir sonst nur den Energiegehalt des Verbrennungsträgers angeben, den benötigten Sauerstoff zur Verbrennung aber ignorieren und der macht bei obiger Gleichung 8/9 der Masse aus. Für einige Verbindungen kommt man so zu folgender Tabelle.

Treibstoff Energie pro Reaktionsgleichung Energie pro Kilogramm
LH2/LOX 286 kJ 15.88 MJ
LNG/LOX 802 kJ 10,02 MJ
Kerosin/LOX Nicht definiert da Gemisch 7,32MJ*
Hydrazin 336,5 kJ 3,50 MJ
Wasserstoffperoxid 182,7 kJ 2,68 MJ
Hydrazin/LOX 622,7 kJ 6,48 MJ

Damit kann ich die Energie berechnen, die ein Kilogramm Treibstoff liefert. Energie kann man umwandeln, z.B. in kinetische Energie. Die Energie, die in einem beschleunigten Körper steckt, ist berechenbar nach:

E = ½ m v²

Damit bin ich bei der Mechanik gelandet. Die Gase verlassen die Düse mit einer Ausströmgeschwindigkeit, die multipliziert mit der Menge der Gase einen Impuls liefert, die Rakete beschleunigt:

P = m * v

Die Energie ist schlussendlich nur die Summe dieser Impulse über die Zeit. Damit kann ich die Ausströmgeschwindigkeit v berechnen nach:

v = Quadratwurzel (2 * Echem)

Für die obigen Treibstoffkombinationen erhält man so folgende theoretische Ausströmgeschwindigkeiten:

Treibstoff Energie pro Reaktionsgleichung Praktisch erreicht
LH2/LOX 5.635 m/s 4.560 m/s
LNG/LOX 4.476 m/s 3.512 m/s
Kerosin/LOX 3.826 m/s* 3.315 m/s
Hydrazin 2.645 m/s 2.200 m/s
Wasserstoffperoxid 2.315 m/s 1.800 m/s
Hydrazin/LOX 3.602 m/s 3.450 m/s (aber mit UDMH)

*: In beiden Tabellen: Korrigiert nach den ergänzenden Daten von Kommentaren

Die Unterschiede sind deutlich. Doch warum kann man die Energie nicht vollständig ausnutzen?

Punkt 1 ist (nun hole ich wieder die Physiker ab und es folgen etablierte Erkenntnisse) der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Danach kann ich niemals die volle Energie aus einem Treibstoff herausholen. Wenn das Gas die Düsenmündung passiert hat, kann es keine Energie mehr auf die Rakete übertragen. Es hat aber noch eine endliche Energie. Bei einem Raketenstart ist das deutlich zu sehen an dem Flammenschweif den eine Rakete hinterher zieht. Bei einem Start vom Boden aus gibt es eine Begrenzung: Der Druck an der Düsenmündung darf nicht viel kleiner als der Luftdruck sein, sonst kommt es noch in der Düse zu turbulenten Strömungen, die die Düse beschädigen können. Daher haben sie kurze Düsen und nutzen einen Teil der Energie nicht aus. Daher gibt es auch immer die Angabe einen spezifischen Impuls auf Meereshöhe (Sea Level SL, also 1,013 bar Außendruck als Definitionswert für Meereshöhenniveau).

Der zweite Faktor ist das nur Gase die Rakete beschleunigen können. Sie prallen auf die Brennkammer und Düsenwand und werden von dieser gleichgerichtet und übertragen einen Impuls auf die Rakete. Bei der Verbrennung können Feststoffe entstehen, das ist bei obigen Treibstoffen nicht der Fall, aber bei festen Treibstoffen und es können Flüssigkeiten entstehen. Im Vakuum, nur dort können wir die maximalen Impulse erreichen wird aber sobald die Temperatur, ab der eine Kondensation möglich ist – bei Wasser z.B. unterhalb 100 Grad Celsius, es dazu kommen das am Flüssigkeitstropfen im Vakuum ein Teil der Flüssigkeit verdampft und die Energie dafür entzieht sie dem Rest der Flüssigkeit, die so zu Eis gefriert. Dann fällt sie aus dem System heraus und trägt nicht mehr zum Antrieb bei.

Noch bedeutender ist das bei der Kondensation Energie gebunden wird, die Verdampfungsenthalpie. Sie ist beim Wasser relativ hoch und liegt bei 2.267 kJ/kg also ein Siebtel der gesamten Energie.

Das ist aber nur ein Teilaspekt. In der Praxis setzt man ja nicht die Treibstoffe in dem stöchiometrischen Verhältnis ein, sondern einem das reicher an Verbrennungsträger ist. Bei Wasserstoff/Sauerstoff beträgt das stöchiometrische Verhältnis 8 zu 1, gängige Antriebe arbeiten mit 5 bis 6 zu 1. Bei LOX/Kerosin ist es 3,4 zu 1, gängige Antriebe arbeiten mit 2,2 bis 2,5 zu 1.Was ist die Folge? Nur ein Teil des Verbrennungsträgers wird verbrannt. Der Rest nicht oder nur unvollständig. Dieser Teil ist aber vorhanden und wirkt so, wie ein inerter Stoff den man zusetzt und der an der Reaktion nicht teilnimmt. Aber nur im Idealfall. Das ist noch so bei Wasserstoff Sauerstoff, weil hier keine stabilen Reaktionsprodukte außer Wasser entstehen können. Bei den anderen Stoffen ist dem nicht so. Bei Kohlenwasserstoffen entsteht bei unvollständiger Verbrennung noch Kohlenmonoxid, daneben können sie untereinander reagieren, so kann auch aus Methan höhere Kohlenwasserstoffe entstehen oder Graphit. Stickstoff kann Lachgas oder Stickoxid bilden. Der Betrieb mit dem Überschuss ist aber nötig, denn so verhindert man einen Überschuss an Oxidator, der bei der Verbrennung die Brennkammer beschädigen kann, wie SpaceX bei ihrem SN8 Versuch demonstriert haben. In diesen Produkten der Verbrennung steckt aber noch Energie, also Kohlenmonoxid kann man noch zu Kohlendioxid verbrennen.

Als weiteres kann es sein, dass beim Verlassen die Düse die Reaktion noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt dann noch Reaktionszwischenprodukte, aber auch noch unverbrannten Verbrennungsträger und Treibstoff. Diese haben natürlich noch Energie bzw., durch die Nichtreaktion wurde die Energie nicht vollständig ausgenutzt.

Daher macht man eine Düse so groß, wie es geht. Das hat Grenzen. Je größer sie wird, desto schwerer wird sie, was die nicht nützliche Masse der Rakete erhöht. Dabei wird der Gewinn immer kleiner. Es gibt auch räumliche Beschränkungen. So kann der Durchmesser nicht größer sein als der der Rakete. Da sie auch eine Länge hat, verlängert sie den Stufenadapter, der viel mehr wiegt als die Düse selbst. Das alles ist Totgewicht, das ab einer bestimmten Masse den Vorteil einer großen Düse egalisieren oder sogar ins Negative umkehren.

Daneben geht man im Idealfall davon aus, dass die Reaktion vollständig ist, also alle Moleküle miteinander reagiert haben. Das ist aber nur eine Idealvorstellung. In der Praxis ist dem nicht so. Das ist zum Teil physikalisch bedingt, zum Teil aber auch technisch. So wird der Treibstoff so injiziert, dass um die Brennkammerwand es einen Überschuss des Verbrennungsträgers gibt. Dort herrscht ein reduktives Milieu, das verhindert das die Brennkammer selbst verbrennt, und die Temperatur ist durch den Überschuss geringer.

Kurz es gibt etliche Grenzen, die physikalisch oder chemisch gezogen werden.

Dann gibt es aber auch technische Grenzen. Eine offensichtliche Grenze sieht jeder bei einem Video eines Raketenstarts: Die Düsen werden heiß und glühen. Die Wärme dafür geht natürlich von den Verbrennungsabgasen verloren. Gekühlt werden aktiv die Brennkammer und ein Teil der Düse, dabei wird Treibstoff erwärmt. Dieser Treibstoff wird genutzt, er wird später verbrannt. Aber er begrenzt nur die Temperatur, trotzdem werden die Brennkammern sehr heiß, typisch 800 bis 1000 Grad Celsius und wie bei der Düse muss man die Energie die dafür notwendig ist von der verfügbaren Energie abziehen. Als weitere technische Nebenbemerkung überträgt nicht das Gas seine gesamte Energie auf die Düse. Dann würde es in einem eng begrenzten Strahl die Düse verlassen, doch wie jeder weiß, fächert er sich auf.

Zuletzt kann der Antrieb selbst noch einen Teil des Treibstoffs nicht verbrennen. Es gibt zwei Antriebstypen. Beim Hauptstromantrieb gibt es nur einen Strom, den der ganze Treibstoff durchströmt. Er kann durchaus Umwege durchlaufen wie einen Vorbrenner oder die Brennkammer und Düse umlaufen um sie zu kühlen. Letztendlich landet aber der gesamte Treibstoff in der Brennkammer. Solche Verfahren sind das Staged Combustion Verfahren (Space Shuttle Haupttriebwerke, viele russische Triebwerke) oder Expander Cycle Verfahren (RL-10, Vinci). Beim Nebenstromverfahren wird schon nach dem Tank ein Teil des Treibstoffs abgezweigt und separat verbrannt. Das dabei entstehende Gas treibt die Turbinen an, welche wiederum die Pumpen für die Treibstoffförderung antreiben. Dieses Gas wird nicht in die Brennkammer entlassen, sondern in einem separaten Auslass. Solche Triebwerke sind daher nicht so effizient. Eine Prozent des Treibstoffs werden so nicht zur Schuberzeugung genutzt. Ebenso ist der Brennkammerdruck von Bedeutung. Je höher der Brennkammerdruck ist, desto kleiner ist der Düsenmündungsdruck und die Düsenmündungstemperatur bei einer gegebenen Größe. Das ergibt sich daraus, das ein Kennwert einer düse das Flächenverhältnis zwiuschen Brennkammerquerschnitt und Düsenmündungsquerschnitt ist. Je höher der Brennkammerdruck ist desto kleiner ist die Fläche des Brennkammerquerschnitts und desto höher das Expansionsverhältnis. Für den Brennkammerdruck muss aber Energie aufgebracht werden. Pumpen pressen den treibstoff in die Brennkammer. Die Kraft davon haben sie von Gasturbinen, die wiederum mit einem Teil des Treibstoffs der vorher verbrannt wurde, beziehen. Dieser Anteil steht dann für die eigentliche Verbrennung nicht zur Verfügung.

Mit dem NASA-Programm CEA2 kann man zumindest die theoretisch nutzbare Performance berechnen, also die, die nun technische Aspekte eines konkreten Triebwerks außen vor lässt. CEA2 liefert immer zwei Werte, die auf unterschiedlichen Annahmen beruhen. Der eine beruht auf der Annahme, das die Reaktion vollständig erfolgt und immer das chemische Gleichgewicht herrscht. Das ist zu optimistisch. Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Gleichgewicht nach Verlassen der Brennkammer „eingefroren“ ist und sich nicht mehr verändert. Das ist ebenfalls wirklichkeitsfern, aber im negativen Sinne. Wenn man Erfahrungen mit der Treibstoffkombination hat, kann man einschätzen, wo das Triebwerk zwischen den beiden Werten liegt, wenn man das nicht weiß muss, man selbst schätzen, ich nehme meist den Mittelwert zwischen beiden Angaben. Ich habe dies mal für effiziente Triebwerke getan, deren Kennwerte bekannt sind: Alles sind Triebwerke im Hauptstromverfahren. Beim Nebenstromverfahren muss der Nebenstrom bekannt sein, das ist aber selten der Fall.

Triebwerk Ausströmgeschwindigkeit real Ausströmgeschwindigkeit

„Frozen“ nach CEA

Ausströmgeschwindigkeit

Gleichgewicht nach CEA

Mischung
RS-25 4436 4364 4537 58 / 42 %
RD-170 3336 3306 3509 85 / 15 %
NK-33 3247 3213 3446 85 / 15 %
NK-43 3394 3349 3643 85 / 15 %
RL-10B2 4565 4438 4721 55 / 45 %

Die „Mischung“, also die Kombination beider theoretischer werte ist so zu verstehen: Multipliziert man den niedrigeren wert mit x % und den zweiten mit 100-x % so erhält man genau die beobachtete Performance. Bei den beiden Triebwerken mit Wasserstoffantrieb liegt das auch genau in der Mitte, bei allen drei russischen Triebwerken dagegen mit einer Abweichung von nur eine, Prozent beim Verhältnis 85 / 15. Dies scheint für die jeweilige Treibstoffkombination eine Konstante zu sein. Das lässt dann natürlich auch eine Abschätzung für neuere Triebwerke zu. Bei Nebenstromtreibwerken wäre dieser Nebenstrom noch zu berücksichtigen. Dieser hängt vom Brennkammerdruck ab. Beim Übergang vom Vulcain 1 zum 2 stieg er von 3,4 auf 4,5 %. Schon das F-1 benötigte bei niedrigem Brennkammerdruck 3,2 % des Treibstoffs für den Gasgenerator. Das heißt, dass ein Nebenstromtriebwerk nur 94 bis 97 % des mit CEA2 berechneten Impulses liefert.

Gegencheck

Wie nah kommt nun ein reales Triebwerk den theoretischen Impulsen? Wenn man den höchsten Verbrennungsdruck annimmt, den man bisher erreichte – 300 bar – und dazu eine extrem große Expansionsdüse mit einem Flächenverhältnis von 1000 (die Düse eine 1.000 kN Triebwerks hat dann einen Durchmesser von 2,07 m, dann kommt man auf folgende Impulse (Seal Level / Vakuum).

Triebwerk Mischung Ausströmgeschwindigkeit

„Frozen“ nach CEA

Ausströmgeschwindigkeit

Gleichgewicht nach CEA

LOX/Kerosin 85/15 3362 / 3402 3831 / 3949 3432 / 3484
LOC/LNG 80/20 3514 / 3562 3952 / 4059 3602 / 3640
LOX/LH2 55/45 4312 / 4370 4690 / 4790 4482 / 4559
LOC/LH2 5,5 zu 1 55/45 4625 / 4679 4694 / 4752 4656 / 4712

Zumindest bei LOX/LH2 erreicht man bei der nicht stöchiometrischen Verbrennung noch etwas höhere Impulse. Hier endet dann die Chemie und man muss zur Physik wechseln – man kann das Verbrennungsgas als ein ideales Gas ansehen und da hat jedes Gasmolekül bei einer bestimmten Temperatur eine mittlere Geschwindigkeit, die von der Temperatur aber auch Molekularmasse abhängt. Wasserstoff den es bei LOX/LH2 und nicht stöchiometrischer Verbrennung (z.B. LOX/LH2=6 anstatt 8) im Überschuss gibt ist aber neunmal leichter als das Reaktionsprodukt Wasser und hat so eine sehr hohe Geschwindigkeit mit der Er gegen die Düse prallt und so Impuls überträgt. Dieser Effekt ist viel stärker als der Verlust an Energie, zumal die Temperatur in der Brennkammer zur vierten Potenz der Energie ansteigt, also so nur leicht abfällt.

Jenseits der Physik

Es gibt natürlich dann immer wieder Meldungen, wo jemand einen Rekord beansprucht. Manchmal sogar mehr als die Physik zulässt. So bei SpaceX. Ich lasse mal das Raptor außen vor, ist schließlich noch nicht zu Ende entwickelt und die Daten daher fließend. Aber für das Merlin, mit folgenden Daten:

  • Brennkammerdruck: 97,2 Bar
  • Expanionsratio 16 (Bodenversion), 165 (Vakuumversion)
  • LOX/Kerosin: 2.327 zu 1

kann man folgendes Berechnen:

Triebwerk Expansionsratio Ausströmgeschwindigkeit

„Frozen“ nach CEA

Ausströmgeschwindigkeit

Gleichgewicht nach CEA

SpaceX
Merlin Boden 16 2419 / 2752 2491 / 2857 2766 / 3051
Merlin Vakuum 165 2980 / 3151 3120 / 3317 3414

Zur Erklärung: SpaceX gibt eine „Expansion ratio“, das ist der Druckabfall entlang der Düse von 16 und 165 an. Das erscheint mir wenig, denn dann beträgt der Düsenmundungsdruck bei 97 Bar noch fast 2 bar. Normalerweise liegt er bei Erststufentriebwerken zwischen 0,2 und 0,4 bar.

Gemeint kann auch die „Area ratio“ sein, also das Flächenverhältnis von Düsenmündung zu Brennkammerdurchmesser. Doch da gehen die 165 nicht, denn bei 934 kN Schub kann man leicht ausrechnen, dass die Düse einen Durchmesser von 4,53 m haben müsste – so was geht aber nicht in einen Stufenadaper mit 3,60 m Durchmesser. Bei 92 bzw. 3,3 m Durchmesser können es maximal 7,5 bzw. 87,3 sein.

Triebwerk Area Ratio Ausströmgeschwindigkeit

„Frozen“ nach CEA

Ausströmgeschwindigkeit

Gleichgewicht nach CEA

SpaceX 80:20 Mischung
Merlin Boden 7.5 2776 / 3002 2855 / 3119 2766 / 3051 2791 / 3025
Merlin Vakuum 87 3276 / 3370 3440 / 3564 3414 3408

Damit rücken die SpaceX Angaben in reale Nähe, nur eben nicht unter den Bedingungen die SpaceX angibt. Vor allem aber: es sind Angaben für ein Hauptstromtriebwerk. Das Nebenstromtriebwerk Merlin dürfte bei diesem Druck rund 4 bis 5 Prozent des Treibstoffs für den Gasgenerator eingesetzt werden. Also sollte man den spezifischen Impuls um diesen Prozentsatz absenken. Dann rutscht man selbst bei moderaten 4 Prozent aber in den Bereich, den andere Triebwerke haben (2655 / 2928 / 3277). Mal sehen wie sie das Raptor hochgerechnet haben ….

6 thoughts on “Die theoretischen Maximalimpulse von Treibstoffen

  1. Mal ne Frage:
    In deiner Tabelle bei dem theoretisch maximal erreichbaren Impulsen ist der Unterschied zwischen Methan und Kerosin nicht mal 100m/s. Bei den Praktischen Werten ist Methan aber um 200m/s besser als Kerosin. Woran liegt das das man mit Methan näher an Optimum Kommt als mit Kerosin?

    1. Bei Kerosin als Gemisch ist es schwer, da auch als Energiegehalt ein Bereich angegeben wird. Mich hat auch verwundert, das es deutlich über Heizöl liegt, das ich vom Siedepunkt und damit Zusammensetzung ähnlich ansehe.

      Der Hauptgrund dürften C-C Doppel- und Dreifachbindungen sein. Dadurch entfällt die Masse zweier Wasserstoffatome die sonst gebunden wären. Bei der Verbrennung entsteht dann aber mehr Kohlenmonoxid und kohlendioxid, das senkt die Impulse ab.

      Weiterhin kenne ich nicht das stöchiometrische Verhältnis LOX/Kerosin und habe die Valenzwewerte von CEA2 genommen (3,42 zu 1), mir erscheint das angesichts der praktisch eingesetzten Mischung (2,3 bis 2,8) zu hoch, vor allem wenn man bei Methan deutlich höher geht auf 3,5 bis 3,8 bei 4 als stöchiometrisch idealem Wert).

  2. Ich vermute das bei RP1 störchiometrisches Mischungsverhältnis die Umsetzung zu CO und H2O gemeint ist. Macht auch Sinn bei der grossen Molmasse von CO2.
    Nochwas: das Molverhältnis CO/H20 beträgt bei
    RP1 1:1
    CH4 1:3
    Wenn ich dich richtig verstanden habe Bernd müsste das den spezifischen Impuls deutlich beinflussen.

  3. Der letzte Abschnitt zum Expansionsverhältnis des Merlins hat mich etwas verwirrt. Zuerst dachte ich an einen Tipp oder Rechenfehler aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher.
    Ich habe darunter bisher immer automatisch das Verhältnis der Querschnitte an den Düsenenden verstanden.

    Wie hast du die 20 bar an der Düsenmündung berechnet? Mit meinen Halbwissen würde ich ihn zu maximal 97/16 = ~6 bar schätzen. Adiabatisch komme ich auf 97/16^1,3 = ~2,6 bar (1,3 war glaube ich das Kappa von Luft, das von Raketenabgasen kenne ich freilich nicht).

    Die Rechnungen für den nächsten abschnitt würden mich auch interessieren (z.b für den Durchmesser um den Vakuumschub zu erreichen).

    Ansonsten schöner Artikel, ich freue mich immer was technisches/historisches oder qualifizierte Betrachtungen von Neuigkeiten zu lesen.

  4. Aus der Forschung

    Vor einigen Zeit habe ich in einer US-Publikation über neue Wege bei der Erhöhung von Impulsen gelesen. Bin mir über den aktuellen Stand aber nicht sicher. Mache ganz kurz:

    1. 564s im Vakuum mit Allotrop Tetrasauerstoff, soll stabiler als Ozon sein.
    2. 750s mit Wasserstoffradikalen als Treibstoff, dabei wird er unter den flüssigen Wasserstoff gemischt und mit flüssigem Sauerstoff verbrannt.
    3. 2825s mit metastabiles Helium, durch die Reaktion von metastabilem Helium zu Helium, an der Université d’Orsay in Paris, das ist mehr als bei atomaren Antrieben.

    Patent: (RF №2273754, МПК F02K 9/48), zu 1

    1. Die Verwendung von Helium in Sauerstoff-Kerosin-Kraftstoffdämpfen kann die Energieeigenschaften von Triebwerken erheblich verbessern. So ist es beispielsweise mit der Einführung eines Heliumadditivs in Höhe von 10% des Kraftstoffmassenverbrauchs möglich, den spezifischen Impuls des Motors um 20 bis 30 Sekunden zu erhöhen. Nachteil: Hohe Kosten und durch Schwierigkeiten mit Lagerung und Einspritzung in hohe Drücke begrenzt.

    2. Durch Zugabe von Wasserstoff ist es möglich bei einen Kerosin-Sauerstofftriebwerk den Impuls um 23% zu erhöhen.

    Zu Detonationstriebwerk

    1. In den Vereinigten Staaten wurde ein mit Wasserstoff und Sauerstoff betriebener Rotationsdetonationsmotor entwickelt und getestet, dessen Implementierung bisher als unmöglich angesehen wurde. Das Auftreten von Detonationsmotoren verringert die Masse der oberen Raketenstufen, erhöht die Flugreichweite und die Treibstoffeffizienz – sie sind zehnmal höher. Vorteil: Sind sehr einfach, klein, billig. Bei Detonationsmotoren wird der Druck im Brennraum nicht von der sehr teuren Turbopumpeneinheit, sondern von der Druckwelle selbst erzeugt. Shuttle hatte einen Brennkammerdruck von 200 atm, und ein Detonationsmotor benötigt unter solchen Bedingungen nur 10 atm.

    2. Entsprechende Arbeiten gehen auch bei Energomasch. Bereits 2014 kündigte NPO Energomash die Entwicklung eines Detonationsraketenmotors an. Zwei Jahre später wurde der weltweit erste Prototyp, der mit einer Mischung aus Kerosin und Sauerstoff betrieben wurde, erfolgreich getestet. Mit einem Druck von nur 40 Atmosphären konnte ein Schub von zwei Tonnen erreicht werden.

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