Der Windows-Schweinezyklus

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In der aktuellen ct’ gibt es das Titelthema „IT-Mythen“ in denen angebliche Vorurteile auf ihre Korrektheit geprüft werden. Ein Thema ist „Jedes zweite Windows taugt nichts“. Dies sei nach Ansicht der ct’ falsch. Nun ja, ich sehe das anders und will dies auch begründen. Ich spreche gerne vom Windows-Schweinezyklus. Sprich: nach einer guten Version von Windows folgt eine schlechte. Diese Meinung ist natürlich rein subjektiv, wird aber im Artikel durch die selbst von der ct’ als schlecht angesehenen Versionen Windows ME, Windows Vista und Windows 8 unterstützt. Die ganze Windows Geschichte findet ihr in ausführlicher Form auch auf der Website.

Fangen wir mit Windows 1 an. Als Erstling kann man ihm schlecht eine Beurteilung abgeben, ob es schlechter oder besser als die vorherige Version war. Ich nutze das mal um zu erklären was Windows damals – es erschien im November 1985, also vor fast 40 Jahren – war. Windows war kein eigenständiges Betriebssystem, es war eine grafische Oberfläche, entsprechend sprachen die Programmierer auch von einer GUI. Das Betriebssystem war DOS und Windows wurde wie ein DOS-Programm nach dem Booten von DOS gestartet.

Es erbte so die Nachteile von DOS – nur für den 8086 Prozessor geschriebener Code, auf 640 KB beschränkter Adressraum, was schon damals wenig war. Ein Jahr vorher war der IBM-AT herausgebracht, der schon 1 MB Arbeitsspeicher hatte und im selben Jahr erschienen der Atari ST mit ebenfalls 1 MB Speicher und GUI. Es gab einige Programme wie eine Uhr, Kalender, Editor (als Notepad bis heute dabei) und Paint. Diese Zusatzprogramme wurden dann auch als Kaufargument genannt. Es gab aber kaum Software für Windows und der Speicher war zu klein für die Ausführung von größeren DOS-Programmen unter Windows, wenn diese nicht abstürzten.

Windows 2 folgte nun dem Schweinezyklus, denn anstatt das System zu verbessern und zum Beispiel auf den 80286 Code anzupassen, sodass mehr Speicher zur Verfügung war und sich von DOS zu trennen, gab es nur einige Detailverbesserungen. Die waren nötig, weil inzwischen Microsoft Excel und Word die sie für den Macintosh geschrieben hatten, portiert hatten und diese setzten bestimmte Funktionen voraus. Als Folge wurde Windows 2 noch ähnlicher zum MacOS, was eine Klage seitens Apple zur Folge hatte.

Eigentlich wollte Bill Gates Windows nach dieser Version begraben. Offiziell arbeitete man zusammen mit IBM an deren Betriebssystem OS/2. Das sollte all das haben, was Windows nicht hatte – es lief ohne DOS, nutzte den 80286 Prozessor und war sicher. Das Problem das Microsoft hatte war das sie den Code für Windows debuggen mussten. Wollten sie Code für den 80286 oder sogar 80386 Prozessor schreiben, so konnten sie den nicht unter DOS testen. DOS war aber die Entwicklungsplattform. OS/2 als Testplattform war keine Alternative, weil Windows eben immer noch ein DOS-Aufsatz war. Der Durchbruch war ein Debugger einer Fremdfirma, der den Code für den 80286 im DOS Mode ausführen konnte. So kam wieder Schwung in die Windows Entwicklung.

Die Version 3.0 hatte denn auch einige Verbesserungen. Es gab endlich einen Modus für den 80286 und sogar einen für den 80386 Prozessor. Der hatte ein sehr nützliches Feature, den „virtuellen DOS Modus“, hatte man genügend Speicher, so konnte man von Windows aus mehrere DOS-Programme gleichzeitig starten und diese konnten nicht mehr das ganze System abstürzen lassen. Das war, da es immer noch wenige Programme für Windows gab, sehr wichtig. Neu waren die skalierbaren Truetype Schriften, das Feature OLE bei dem man Programme über Objekte verknüpfen konnte, z.B. eine Tabelle in ein Textdokument übernehmen konnte. Nach wie vor war aber der Kern des Beitreibsystems meist 16 Bittig, es gab zwei Ressourcen für GUI und User und deren Bereich war nur 64 KByte groß und je mehr man installierte desto kleiner wurde er und um so instabiler und träger das System.

Trotzdem war Windows 3 ein deutlicher Fortschritt, Microsoft besserte nach und führte weitere Features mit Windows 3.1 ein, mit Windows 3.11 wurde das Betriebssystem auch netzwerkfähig, was notwendig für den Zugang zum Internet war. Ich selbst habe mit Windows 3.1 bis 1998 gearbeitet, meist im Wechsel zwischen DOS und Windows – meine Programmierumgebung lief unter DOS und viele Utilities auch, Textverarbeitung und Grafik erledigte ich unter Windows.

Als kommerzieller Durchbruch gilt Windows 95 – Microsoft setzte nun für einige Jahre auf Jahreszahlen anstatt Versionsnummern. Diese Version führte die bis heute verwendete Oberfläche (Shell) ein – den Desktop mit Icons, das Startmenü und die Taskleiste. Vorher wurden die Icons in Fenstern organisiert und es gab einen Programmmanager. Startmenü und Taskleiste gab es bis dato nicht. Ich habe diese Version deswegen übersprungen und halte sie auch nicht für gelungen, weil Microsoft angab, man habe nun Windows komplett 32-bittig geschrieben und sich von DOS getrennt. Das stimmte aber nicht. Nur die Shell war 32-bittig, dazu einige Treiber. Nach wie vor war Windows 95 ein DOS Aufsatz, das man auch separat booten konnte. Da mit jeder Version aber die Probleme mit diesem DOS größer wurden und ich noch viele DOS-Programme nutzte, war dies für mich keine Alternative.

Microsoft arbeitete dann weiter an der Verbesserung von Windows. Eine Verbesserung war das FAT32 Dateisystem. Das alte Dateisystem FAT16 erlaubte pro Festplatte maximal 65.535 Blöcke. Selbst wenn diese 32 KB groß waren (das heißt jede Datei belegte mindestens 32 KB) war bei 2 GB pro Partition Schluss und Festplatten wurden bald so groß, dass dies eine ernste Einschränkung war. Bei Windows 98 wurden etliche dieser Verbesserungen, die man vorher als Updates (von CD!) nachinstallieren konnte, integriert. Das kam erstmals serienmäßig mit dem Internet Explorer, was Microsoft eine Klage seitens der Regierung wegen Machtmissbrauch einbrachte und kannte auch erstmals USB-Geräte. Ich habe drei Jahre lang mit Windows 98 gearbeitet.

Windows ME (Millenum Edition) war die letzte Version, bei der Windows ein DOS-Aufsatz war. Die Verbesserungen gegenüber der letzten Version von Windoes 98 (Windows 98 SE) hielten sich in Grenzen, das System war aber viel instabiler, es gab sehr häufig die berüchtigten BlueScreens.

Inzwischen gab es eine zweite Windowslinie von Microsoft. Schon Ende der Achtziger Jahre zerbrach die Allianz mit IBM (OS/2) und als Folge entwickelte Microsoft nun ein eigenes 32 Bit Betriebssystem genannt Windows NT und diesmal ohne Kompromisse – mit 32 Bit Code und stabil. Die erste Version erschien 1993 und heiß Windows NT 3.1. Erfolgreich wurde NT mit der Version 3.0 und der Shell (Oberfläche) von Windows 95. Viele Firmen setzten dieses Windows ein. Die nächste Version von NT war dann Windows 2000 mit neuer Oberfläche und dann löste Windows XP beide Linien ab. Windows XP war im Prinzip ein Nachfolger von Windows 2000, kam in der Standardeinstellung mit grellen Farben für Kontrollelemente, ich habe das immer als „Teletubbi-Windows“ bezeichnet. Man konnte es aber mit wenigen Klicks auf den dezenten Stil von Windows 2000 „klassicher Stil“ umstellen.

Windows XP brachte Ende 2001 den Spagat fertig, dass es den Unterbau aus Windows NT hatte, also vollständig 32 bittig, war ohne das es noch ein verstecktes DOS gab, die alten 16 Bit Programme waren aber noch ausführbar. Gleichzeitig war es für Privatpersonen gedacht, es mussten nicht Benutzerkonten eingerichtet werden, das erste Benutzerkonto war automatisch ein Administrator. Das führte aber in der Folge zu Problemen. Programme konnten überall hin schreiben und hatten alle Rechte. Selbst namhafte Hersteller gewöhnten sich an, die Einstellungen im Programmverzeichnis abzulegen, anstatt in dem dafür vorgesehenen Verzeichnis Appdata im Benutzerbereich. Als dann die ersten Schädlinge auftauchten, die durch das Internet verbreitet wurden, war dies fatal. Diese konnten sich, da die Nutzer sich als Administrator einloggten, problemlos verbreiten und alles im System verstellen.

Microsofts Lösung für dieses Problem wurde in der nächsten Version, Windows Vista vorgestellt: Sobald ein Programm etwas tat, wozu es Adminrechte benötigte, selbst wenn der Benutzer als Admin eingeloggt war, fragte das System nach. Allerdings nicht einmal, sondern bei jeder Aktion, sodass die meisten Anwender diese Warnboxen einfach wegklickten, mehr Sicherheit wurde so nicht gewonnen. Neu war auch die Oberfläche „Aero“ mit durchsichtigen Elementen und Farbverläufen. Sie konnte aber über die Nachteile des Systems mit den Nachfragen hinwegtäuschen. Windows Vista wurde zum Fiasko. Bisher folgten Hardwarehersteller immer Microsofts Kurs, diesmal aber gab es den breiten Konsens, dass auf neuen Rechnern Windows XP und nicht Vista installiert wurde, weil die Kunden dies auch so wollten. Selbst etliche Jahre nach Einführung von Windows Vista gab es mehr Rechner mit installiertem Windows XP als mit Vista. Microsoft musste den Produktlebenszyklus von Windows XP mehrfach verlängern. Dabei arbeitete Microsoft recht lange an Vista – es erschien erst Ende 2006, fünf Jahre nach Windows XP, so lange hatte Microsoft noch nie für eine neue Version gebraucht.

Mit Windows 7 – erneut eine Neunummerierung – sollte alles besser werden. Technisch ist Windows 7 ein Update von Windows Vista, nur hat man nun die Nachfragen auf eine pro Vorgang reduziert. Damit konnte man wieder an den vorherigen Erfolg anknüpfen. Für mich persönlich war Windows 7 die optisch beste Windows Version, ebenso gefielen mir die Gadgets, Miniprogramme, die nützliche Dinge wie das Wetter anzeigten.

Als Windows 7 im Jahre 2009 erschien, begann aber schon der Siegeszug der Smartphones. Nicht das Microsoft die mobilen Geräte bisher ignoriert hatte, es gab sogar mehrere Versuche auf dem Markt für Mobilgeräte Fuß zu fassen, aber keiner, egal ob es Windows for Mobiles oder Windows Phones war, war erfolgreich. Was sich der Konzern dann dachte war eine echte Schnapsidee – warum bauen wir, anstatt ein eigenes Windows für Mobilgeräte zu schaffen, nicht Windows so um das es auch auf Mobilgeräten läuft. Das war Windows 8, das nun Anwendungen ohne die typische obere Leiste kannte, dafür im Kachelstil, die sich nun nebeneinander anordneten anstatt übereinander oder im Hintergrund – so was wie Alt+Tab gibt es bei Smartphones ja nicht. Das Resultat war dasselbe wie bei den vorherigen versuchen bei Smartphones/Handys erfolgreich zu sein: im Smartphonemarkt konnte man nicht Fuß fassen, aber bei den PC-Benutzern stieß der Bruch in der Bedienung und dem Verhalten von Programmen auf Ablehnung. Daran änderte auch ein schnell nachgeschobenes Update nichts.

Mit Windows 10 – die Nummer 9 übersprang man – kam dann die Rückkehr zu den alten Standards, zusammen mit einem Versprechen: Das Windows bleibt aktuell so lange der PC lebt, gleichzeitig konnte man ohne Kosten von Windows 7 oder 8 auf die neue Version 10 wechseln. Kernpunkt waren neben den normalen Sicherheitspatches halbjährliche Systemupdates, bei denen ein komplett neues Windows installiert wurde. In der GUI gab es wieder den Rückschritt von der Aerooberfläche von Vista und Windows 7 wieder zu einfarbigen Elementen. Auch die Gagdets, die schon bei Windows 8 wegfielen gab es nicht mehr.

Das neueste Windows ist Windows 11, und da der Support auch für Sicherheitsupdates (Systemaktualisierungen von Windows 10 gibt es seit Oktober 2021 schon nicht mehr) nun auslaufen, wird jeder ab Oktober 2025 umstellen müssen, wenn er nicht riskieren will, mit einem PC ins Netz zu gehen, der keine Sicherheitsupdates mehr bekommt. Ich habe absieht nicht umgestellt, weil wieder Dinge dabei sind die mir nicht passen, wie z.B. das die Taskleiste nur noch unten angebracht ist – bei den Tätigkeiten die ich mache und die viel mit Texten zu tun haben, ist das von Nachteil. Die Hauptkritik am System war aber, dass Microsoft willkürlich rigide Hardwareanforderungen einführte, die dazu führten, dass selbst ein (beim Erscheinen) drei Jahre alter PC sie nicht erfüllt. Mit der tatsächlich benötigten Hardware hat dies nichts zu tun, man kann sie sogar durch Patches von Microsoft umgehen, es bleibt aber die Drohung, dass irgendwann dann eben keine Systemaktualisierung mehr gibt und das Versprechen von Windows 10, das das Windows das so lange aktuell bleibt, wie es den PC noch gibt? Natürlich gebrochen.

Wir haben also mindestens drei Versionen, die definitiv schlecht waren – Windows ME, Vista und 8, über andere Versionen kann man diskutieren. Daneben wird auch etwas anderes immer schlimmer – Microsoft versucht immer mehr den PC Benutzer ins Microsoft-Universum zu ziehen. Drängt auf eine Anmeldung mit einem Konto bei Hotmail, warnt bei Anwendungen die nicht aus dem Microsoft Store stammen bei der Installation oder macht diese immer umständlicher.

3 thoughts on “Der Windows-Schweinezyklus

  1. Windows 95 brachte eine wesentliche Verbesserung: Einen Treiberstandard. So etwas gab es bei DOS nicht, obwohl es rein technisch durchaus möglich gewesen wäre. Aber man wollte ja Windows verkaufen…
    Ein weiterer Vorteil war die automatische Hardware-Erkennung Plug and Play.

  2. Windows 95 war definitiv ein Riesen schritt nach vorne. Die GUI von Windows 3.x war scheiße, mit Windows 95 kam die GUI die in den Grundlagen noch bei Windows 11 existiert. (schreibst du auch)

    Das mir Windows 95 eingeführte Direct X war auch ein Riesen schritt. Damit wurde ernsthaftes spielen unter Windows möglich.

    USB Unterstützung und FAT32 kamen schon mit Windows 95B (erstes aber wohl ziemlich fehlerhaft, zu der Zeit hatte ich aber noch keine USB Geräte)

    Ja, es war immer noch noch nicht komplett 32 Bit und das darunterliegende DOS machte Probleme. Aber bei der Einführung waren eben viele wichtige Programme nur als DOS Programm verfügbar (schreibst du ja indirekt selber) man brauchte also eine hohe Kompatibilität mit DOS Anwendungen und das hat man geschafft.

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