Der Titan Rover Teil 2

So heute zum zweiten Teil des Titan Rovers. Er kommt etwas verspätet weil ich durch die nun häufigeren Berechnungen von Daten von Ionenantriebsmodulen erst mein Programm angepasst habe, da dies nun häufiger ist und komfortabel als jedes Mal Excel zu bemühen. Heute will ich die Mission genauer skizzieren. Natürlich geht das nicht „vom the Sketch“. Ich orientiere mich daher an schon existierenden Missionen. Grundlage für den Rover sollten die derzeitigen Mars Rover sein, nicht das geplante Labor, vor allem wegen der Gewichtsbeschränkung. Teile der stationären Phoenix Landermission, von Philae und Cassie werden auch genutzt. Titan und Mars sind recht vergleichbar in den Bedingungen für einen Rover: Sie sind beide recht kalt (Titan noch kälter, aber das ist durch Heizung gut beherrschbar) und die Schwerkraft ist ähnlich. Bei Titan gibt es noch eine dichtere Atmosphäre als auf dem Mars.

Daher sollte die Basis ein veränderter Mars Exploration Rover sein.

Die Veränderungen sind:

Stromversorgung: Bei Titan kommt nur eine nukleare Stromversorgung in Frage. Die Abschätzung ist nicht so einfach. Die MER hatten anfangs pro Tag 950 Wh zur Verfügung und benötigen mindestens 350 Wh zur Arbeit. Das entspräche einer Dauerleistung von nur 15-40 W. Allerdings sind die Anforderungen an einen Rover auf Titan deutlich höher: Aufgrund der großen Entfernung muss die Sendleistung höher sein, da die Daten direkt zur Erde gesandt werden. Auch ist durch die Dichte Atmosphäre mehr Energie für die Fortbewegung nötig. Vor allem ist das Regime ein anderes: Titan hat einen Tag/Nacht Zyklus von rund 16 Tagen, also 8 Tage Betrieb am Tag und 8 Tage keine Aktivität. Daher denke ich benötigt die Sonde eine bessere Stromversorgung. Ich habe 80 W Dauerleistung angesetzt. Die Abwärme heizt dann zugleich den Rover auf. Schaut man im NASA Archiv nach, so gibt es den älteren 110 W Stirling-RTG mit einem Gewicht von 30,6 kg und in der Projektion, aber noch nicht verwirklicht der 110 W Advanced Version mit einem Gewicht von 15,8 kg. Beide wären als Stromversorgung geeignet. (Viking kam mit 70 W Leistung aus).

Kommunikation: Ein wichtiges Problem: Der Saturn ist zwischen 4 und 20 mal weiter entfernt als der Mars mit entsprechender Abnahme der Datenrate. Anders als bei den MER wird also eine Richtantenne benötigt. Deren Größe ist aber auch aufgrund des aerodynamischen Widerstandes begrenzt. Ich habe mich für ein Exemplar mit 90 cm Durchmesser entschieden. Trotzdem wird eine hohe Sendeleistung benötigt. Aufgrund der Verluste hat eine Wanderfeldröhre mit 90 W Eingangsleistung aber maximal eine Sendeleistung von 30 W. Die Nachführung ist auch ein Problem. Sofern vom Titan aus die Sonne zumindest als Aufhellung erkennbar ist, kann eine Sendeantenne erst mal auf die Sonne ausgerichtet werden (die Erde ist nicht weiter als 6 Grad von der Sonne entfernt, wenn man von Saturn aus ins innere Sonnensystem schaut). Vier kleine Empfänger die am Rand der Parabolantenne positioniert werden, können dann die Feinausrichtung erlauben, indem ihr Signal jeweils in einer Achse subtrahiert wird. Von der Bodenstation muss dazu eine starke Trägerwelle gesandt werden.

Landung: Bei den MER entfiel recht viel Gewicht auf eine Plattform mit einem Raketentriebwerk und Airbags. Erst danach wurden die Rover aus ihrer zusammengefalteten Position ausgefahren und fahren davon. Bei m Titan ist die Situation anders. Die langsam dichter werdende Atmosphäre von Titan macht einen recht leichtgewichtigen Schutzschild möglich und nach Abwurf dessen vergehen noch eineinhalb Stunden bis zum Aufsetzen. Das ist genug Zeit um zumindest die Räder auszufahren, auch wenn Experimente und Antenne noch nicht aktiviert werden. Gesteuert durch ein Radar sollte der Fallschirm etwa 100 m vor der Landung abgeworfen werden und die letzten 100 m werden dann zurückgelegt abgebremst durch Hydrazintriebwerke. Selbst ohne wäre bei der dichten Atmosphäre des Titan und geringen Schwerebeschleunigung die Landung noch relativ weich.

Cruise Stage. Meine Planung basieret auf dem Start mit Ionentriebwerken von der Erde aus. Das Modul dient zugleich als Cruise Stage und liefert Strom und Kurskorrekturkapazität, ergänzt bei Saturn durch kleine Hydrazintriebwerke für Feinkorrekturen und den Strom des Landers zur Unterstützung. Die Cruise Stage kann zwei Experimente aufnehmen (eine Kamera und ein abbildendes Spektrometer) und nach Abtrennung des Landers noch bis zum Saturn weiterfliegen und dort oder auf den Ringen aufschlagen (der Betrieb über etwa 2 Tage kann dann durch Batterien erfolgen).

Experimente

Die Experimente müssen natürlich angepasst werden. Praktisch keine Änderung gibt es bei den Kameras, sei es den Navigationskameras oder Kameras für Aufnahmen der Landschaft oder von Proben. Aufgrund der großen Entfernung oder dem Betrieb bei Nacht sollten sie mit LED Leuchten und Blitz ausgerüstet werden.

Da die Möglichkeiten für die direkte Analyse begrenzt sind, ist es wichtig ein leistungsfähiges Fernerkundungsinstrument zu haben. Mini-TES sollte durch ein Spektrometer mit einem viel größeren Chip und einer höheren spektralen Auflösung ersetzt werden. Ich denke hier an einen HgCdTe Chip mit 256² Elementen. Er ist bei entsprechender Dotierung gut für den Spektralbereich von 1,5 bis 14 µm. Da die meisten Komponenten die man sucht organischer Struktur sind und somit im langwelligen Bereich liegen. Diese Kamera kann weitwinkelig sein (60 x 60 Grad). Am Arm sollte zur genaueren Untersuchung ein deutlich höher auflösendes Spektrometer sein, das aber nur einen Punkt untersucht und vom Arm auf eine Probe ausgerichtet wird.

Eine direkte Untersuchung von Proben habe ich verworfen. Dazu wird ein GC/MS als Kombination benötigt. Derartige Instrumente wiegen deutlich mehr als die derzeitigen Experimente der Rover und haben nur eine begrenzte untersuchungszahl, begrenzt durch den Gasvorrat des GC oder begrenzte Anzahl an Öfen (wobei dieses wahrscheinlich bei der Oberfläche aus Wasser/organischen Substanzen besser recycelt werden können indem man sie einfach erhitzt). Stattdessen sollten am Arm einfach Sensoren für die Bestimmung elementarer Oberflächeneigenschaften (Leitfähigkeit, Widerstand, Temperatur, Erhitzen zur Feststellung der Veränderung etc.). Hier kann man Anleihen am Kometenlander Phiale machen.

Das Alphateilchenspektrometer kann bleiben, da es auch Elemente kleinerer Ordnungszahl detektiert. Die anderen Instrumente des Rovers machen auf dem Titan keinen Sinn. Ergänzt wird dies aber durch eine Wetterstation (Druck, Temperatur, Wind) und ein Seismometer – beide machen nur Sinn, wenn der Rover steht, aber das ist über 8 Tage pro Zyklus der Fall.

Zusätzlich müssen sich an der Seite des Rovers und in der Unterseite sieben Kameras mit jeweils 60 Grad Blickwinkel befinden, die beim Abstieg Aufnahmen machen.

Daraus ergibt sich für den Rover folgende Gewichtbilanz:

  • MER Rover: 174 kg
  • Zusätzliche Experimente: 10 kg
  • Stirling RTG: 33 kg
  • Kommunikationsausrüstung: 10 kg
  • Hydrazinvorräte für 200 m/s (rund 100 m/s): 33 kg
  • Zusammen: 260 kg

Die Kapsel wog bei Huygens nur 104 kg bei 318 kg Gesamtmasse. Eine ähnliche Massebilanz beim Rover angesetzt, kämen nur 90 kg für die Kapsel hinzu (und dies obwohl die Kapsel von Huygens genauso groß ist wie die der MER). So resultiert eine Masse von 350 kg für die Kapsel mit Lander, selbst bei Hinzunahme einer Landeplattform wie beim Mars Rover von 348 kg Gewicht kommt man nur auf eine Gesamtmasse von 800 kg.

Cruise Stage

Für die Cruise Stage habe ich zusätzlich zu den Strukturen des Antriebsmoduls noch Treibstoff für 100 m/s Kurskorrektur und das Antriebssystem (80 kg), die Experimente (20 kg) und 50 kg für die Kommunikationssysteme (4 m Antenne, anlog Cassini) hinzu. Dies sind 150 kg Mehrmasse.

Das ergibt dann eine Gesamtstartmasse von maximal 950 kg + Ionenantriebsmodul. Für dieses habe ich eine Startmasse von 2300 kg (Vega kompatibel für niedrigen Orbit mit 7° Inklination) angesetzt und daraus resultieren dann folgende Daten:

Ionentriebwerk:
Spezifischer Impuls: 44000 m/s
Stromverbrauch 5000 W
Schub 0,15 N
Wirkungsgrad 66 Prozent
Gewicht eines Triebwerks 7 kg
Treibstoffverbrauch 34,1 mg
Gewichtsbilanz:
Strukturgewicht: 180 kg
Treibstoff: 705 kg
Tankgewicht: 84 kg
Triebwerkszahl 10
Triebwerksgewicht: 70 kg
Nutzlast: 950 kg
Startgewicht: 2280 kg
Solargenerator:
Leistung: 300 W/kg
Gewicht: 290 kg
Mittlere Distanz zur Sonne: 200,0 Mill km
Bahndaten:
Geschwindigkeit um die Erde zu verlassen: 3900 m/s
Geschwindigkeit um zum Planeten zu gelangen: 12400 m/s
Gesamte Geschwindigkeit: 16300 m/s
Gesamte Reisedauer: 321 Tage
Davon in der Erdumlaufbahn (12 h/d) 131 Tage
Davon in der Sonnenumlaufbahn (24 h/d) 190 Tage

Damit steht die Umsetzbarkeit der Mission. Sie ist mit einer Vega möglich. Bei Abstrichen in der Reisedauer ging auch ein SLA von 180 W/kg, wie er in jedem Falle heute schon verfügbar ist.

Daraus kann man folgende Eckdaten für die Kommunikation berechnen: Bus: 134,4 KBit/s bei Saturn, 450 KBit/s bei Jupiter (übernommen von Cassini, 850 W stehen zur Verfügung). Für den Lander sind es bei 30 W Sendeleistung von 10 KBit/s,

Missionsablauf

Ich habe schon im ersten Teil skizziert, welche Alternativen es gibt. Da keine Abbremsung am Zielplanet nötig ist diese Mission ein heißer Kandidat für einen Start mit einem Ionennantrieb. Ich habe hier mal die wesentlichen Daten für ein ?V von 3900 m/s für das Verlassen der Erdbahn und 12,4 km/s zum Planeten. Das sind die Minimaldaten für einen Hohmanntransfer mit 6 Jahren Flugzeit. Beim Start 2016 (zu bevorzugen) wäre ein FlyBy über Jupiter möglich. Das erlaubt es noch zahlreiche Aufnahmen des Jupiters anzufertigen und gleichzeitig die Reisezeit zu Verkürzen.

Mit einem 20 cm Teleskop mit 3,4 m Brennweite und einem 1024² Chip für Aufnahmen und einem 256² Chip für ein abbildendes Spektrometer, ebenfalls mit einem 20 cm Teleskop errechnen sich Auflösungen von 0,6″ und 2,3″. Wird 90 Tage vor und Nach Jupiter jeweils 6 Stunden am Tag zur Erde gesandt, dann können rund 104.000 Bilder und 6500 Spektren angefertigt werden.

In den 90 Tagen vor Erreichen des Saturns kommen noch weitere 31.000 Bilder und 1950 Spektren hinzu. Der verfügbare Strom von rund 850 W würde auch einen Betrieb nach der Passage erlauben. Ziel sowohl bei Jupiter wie auch Saturn sollte es seinen einen der Monde die noch nicht gut erforscht sind nah zu passieren. Bei Jupiter einen der näheren Monde (Amalthea, Io, Europa) und bei Saturn Phoebe oder Iapetus, die von Cassini nicht mehr angeflogen werden.

Die Landung erfolgt ähnlich wie bei Huygens. Gekoppelt durch einen Radarhöhenmesser wird rechtzeitig der Fallschirm abgeworfen und danach die Raumsonde durch Triebwerke die mit Hydrazin betrieben werden abgebremst. Für 100 m/s reicht der Treibstoff. Das sollte ausreichen einen freien ungebremsten Fall aus 3000 m abzufangen. Wichtig sind zahlreiche Aufnahmen beim Abstieg, da nicht aus dem Orbit die Umgebung einsehbar ist. Die Bilder beim Abstieg sind daher die wichtigste Planungsgrundlage für die erste Route.

Der erste Tag nach der Landung besteht also darin die Aufnahmen des Landeplatzes und beim Abstieg über 12 h über 8 Tage zur Erde zur Senden. Das sind 3,4 GBit oder bei 8:1 Komprimierung rund 3400 Bilder mit je 1 MPixel. Bei 7 Kameras sind dies 460 Aufnahmen pro Kamera beim Abstieg und 75 Bilder für das Landepanorama. Über Nacht kann das AXPS schon einmal eine Stelle am Boden untersuchen.

Die richtige Exkursion beginnt am zweiten Tag. Dabei sollen sich jeweils 12 h mit Kommunikation mit 12 h Fahren abwechseln. Während der 8 Tage dauernden Nacht erfolgen nur Untersuchungen von Wetter und des AXPS. Interessant ist es natürlich einen Flusslauf oder See zu erreichen. Da der Lander eine nukleare Stromversorgung mit einer Wärmeleistung anfangs 496 W hat sind seine Langzeitüberlebenschancen erheblich besser als bei den Mars Rovern, sofern nicht mechanische Verschleißerscheinungen die Mission beenden.

Kostenabschätzung

Durch Benutzung eines existierenden Rovers, des Schildes von Huygens und Antriebseinheiten von Phoenix sollte die Mission recht gut finanzierbar sein, zumal nur eine Vega als Trägerrakete nötig ist. Auch der RTG schlägt nicht so arg auf die Mission durch, da die Stirling Motoren weniger radioaktives Material benötigt wird. Ein MER Rover kostete rund 325 Millionen Dollar. Dazu kommen noch ein paar Extras, Instrumente, RTG, Trägerrakete und Ionenantriebsmodul. Eine Kostenabschätzung würde daher im Bereich von 400 Millionen Euro liegen.

4 thoughts on “Der Titan Rover Teil 2

  1. Ich hätte da mal eine Frage:

    Sie schreiben, dass der Downlink 12h am Stück betragen würde. Kann man solange Zeiten mit dem bestehenden Deep Space Networks für Lauschen auf nur ein Ziel bekommen? Oder müsste man da nicht überlegen ob man nicht ein eigenes Deep Space Network nur für diese Mission (oder eine Reihe solcher Missionen) aufbaut?

    Ein Empfänger im Erdorbit würde wohl keinen ausreichenden Antennengewinn aufweisen … obwohl diese neuen Anwendungen für mobile Endgeräte schon große Antennen besitzen … aber ka wie groß deren Gewinn ist …

    HElados

  2. Voyager hatten bei den Vorbeiflügen in den letzten Tagen 24h Support am Stück. Dafür gibt es ja mehrere Antennen über die ganz Welt verstreut und deswegen will auch die ESA ein solches Netzwerk aufbauen.

    Es ist aber schon eine kritische Ressource, da die Datenraten nur mit einer 70 m Antenne möglich sind. Das DSN wird derzeit auf den Ka Band Betrieb umgerüstet (Tests damit laufen seit einem Jahrzehnt), doch die hohen Frequenzen sind empfindlich und werden z.B. durch Wasserdampf geschwächt. Ich war mir nicht sicher ob CH4 in der Titanatmosphäre nicht den glichen Effekt haben kann und habe daher das X-Band bei 8418 MHZ als Basis für die Berechnungen genommen.

  3. Vielen Dank für Ihre Antwort!

    Ich finde es interessant, dass man tatsächlich die Ressourcen hat um eine 70 Meter Schüssel alleine auf eine Mission zu allozieren … andererseits braucht man vielleicht diese Größe nur bei wirklichen Deep Space Missionen und da gibts ja nicht allzu viele ….

    In Sachen Absorptionsspektrum habe ich mir einmal auf spectralcalc.com das Absorptionsspektrum von CH4 im Vergleich zu Wasser plotten lassen, und da sehe ich keinen grossen Unterschied um die 8418 MHz (ich kenne aber weder die benutzte Bandbreite noch habe ich wirklich Ahnung inwieweit sich die Konzentration von Methan auf dem Titan in Schichtdicke und Teilchen pro mol von der Konzentration von Wasser in der Erdatmosphäre unterscheidet). Ich würde also mal die Vermutung wagen dass es zu einer von der Größenordnung her nicht zu vernachlässigenden Dämpfung kommen würde … ist aber mehr geraten als gewusst 😉

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