Das Paretoprinzip
So heißt ein Fakt, das ich bis zum Nachschlagen für den Artikel nur als „80:20 Regel“ kannte. Die Wikipedia nennt es Paretoprinzip oder Paretoregel. Was ist damit gemeint? Besser als die Einleitung sind sicher die Beispiele in der Wikipedia, da die Regel nämlich nicht nur für die Zeit die man für bestimmte Projektabschnitt benötigt. Ich stieß darauf Ende der achtziger Jahre, als die ersten RISC Prozessoren auf den Markt kamen.
Eine Untersuchung zeigte dass von den Befehlen die ein Prozessor zur Verfügung hat nur 20% in dem größten Teil des Codes, 80 % aller Instruktionen verwendet wurden. Die anderen 80 % machten die restlichen 20 % des Codes aus. Daraus zogen Entwickler an amerikanischen Universitäten (wo das RISC Konzept damals neu belebt wurde) den Schluss, dass ein Prozessor, der nur 20 % der Befehle eines damals üblichen Prozessors verwendet insgesamt schneller sein könnte als dieser, weil er diese wenigen Befehle schneller ausführen kann, auch wenn er dann die nicht vorhanden Befehle durch mehrere elementare ersetzen muss. Für die Entwickler bedeutete das, dass die Komplexität des Chips geringer waren und damit eine eigene Chipentwicklung wieder möglich war, die bei den damals üblichen CISC Designs die Mittel einer Uni schon überschritten.
Dies ist sehr oft gegeben, wie auch die Wikipedia Beispiele zeigen. Wer selber programmiert, weiß das man eine Kernfunktionalität, die 80 % der Anwendungsfälle abdeckt schnell entwickelt ist. Doch die Absicherung gegen Fehleingaben, andere Spezialfälle oder eine hübsche Oberfläche beansprucht viel mehr Zeit. Ich wette auch dass 80 % aller verkauften Autos (Computer, Digitalkameras….) von nur 20 % aller Hersteller stammen und selbst bei Trägerraketen ist das Prinzip anwendbar: Nach sehr vielen Starts, wie sie z.B. bei der Delta oder Sojus vorliegen entfallen mit Sicherheit 80 % der Fehlstarts auf die ersten 20 % der Flüge.
Das gilt natürlich auch für das Produktdesign. Ich denke dass auch 80 % der Anwender nur 20 % der Funktionen benutzen. Das gilt sowohl für Softwarepakete (Wer nutzt den ganzen Funktionsumfang von Word, inklusive VBA-Script?) wie auch für Elektronik (Funktionen von Videorekordern, Handys ….). Nur selten wird das aber berücksichtigt. Bei Handys gibt es jetzt immerhin „Seniorenhandys“. Das Sind Geräte mit großen Tasten mit denen man nur Telefonieren kann – die eigentliche Kernfunktionalität. Ich finde den Begriff herabwürdigend. Denn es impliziert, das Senioren zu dämlich für andere Handys sind. Dabei denke ich gibt es genügend andere die ein Handys nicht brauchen um Fotos zu machen oder Musik zu hören.
Das Grundproblem ist folgendes: Manche Leute fahren auf Features ab. Leider gibt es die Einstellung „Mehr ist besser“, was sich ja auch in unnötig großen Pixelzahlen bei Kameras zeigt, die dafür verrauschte Bilder erzeugen. Zudem braucht man manche der Funktionen doch von Zeit zu Zeit. So mögen die meisten mit der Standardeinstellung ihres Fernsehers auskommen, aber manche müssen den Weissabgleich auf die Lichtverhältnisse abstellen.
Bei meinem Samsung Fernseher sind die meisten Funktionen auf der Fernbedienung sofort zugänglich und einige erst erreichbar wenn man unten eine Klappe öffnet – eine gute Idee die Überfrachtung der Fernbedienung zu vermeiden, aber es sind noch deutlich zu wenige ausgegliedert worden. Noch schlimmer ist nur der neue Toshiba Fernseher meiner Mutter: Er hat nur noch die wichtigsten Tasten auf der Fernbedienung und der Rest ist dann über ein Menü zugänglich – an und für sich ist die Idee gut, nur in der Form muss ich zu oft ins Menü.
Zumeist habe ich aber den Eindruck, dass man sich nicht die Mühe macht Produkte zu entwickeln die nur die Funktionalität haben die man braucht und nicht mehr und nicht weniger. Das ist bis heute so: Intel und AMD führen neue Befehle in ihre Prozessoren ein, die von Anwendungssoftware kaum und wenn nur in bestimmten Funktionseinheiten eingesetzt werden. Ich habe jetzt 1 Jahr lang einen tollen MP3 Player, der das Prinzip umgesetzt hat: Es ist ein drahtloser MP3 Player bei dem dieser im Kopfhörer enthalten ist. Dieser hat nur 5 Tasten, drei an der Oberseite, zwei an der Unterseite: Oben: Leiser, Lauter Ein/Aus, Unten Bass Booster und Vor/Rückwärts. Man bleibt nicht mit dem Kabel hängen. Nach einem Jahr waren beim Billigplayer nun der Ein/Ausbutton ausgeleiert und ich musste einen neuen kaufen. Leider hat man ihn verschlimmbessert: Das Nachfolgemodell arbeitet zwar immer noch mit AAA-Akkus, aber keinen NiMH sondern Li-Ionen. Das Austauschen des mitgelieferten Akkus durch einen NiMH geht nicht wegen der unterschiedlichen Spannungen. Aufladen des Lithiumionenakkus mit einem Akkuladegerät auch nicht. Der Akku kann also nur über USB aufgeladen werden. Ob er da lange lebt? Ich glaube kaum dass der 19,90 Euro Player einen Überladungsschutz hat.
Ansonsten: Das Musikspiel läuft noch… Nur weil ich gerade die Lösung für das aktuelle Rätsel von TP nicht weiss, heißt es ja nicht das sie keiner weiss.