Ballast Water Management 1

Hallöchen: Heute wieder ein Gastbeitrag, diesmal von Johan und in zwei Teilen. Der erste Teil heute, der nächste übermorgen.
Ich möchte dran erinnern, dass ich immer noch den Superblogger suche. Johan ist nun das zweite Talent das sich dieser Herausforderung stellt. Manuels Luftschiff-Beitrag ging wohl in dem Neujahrstrubel unter und fand nur 70 Leser in den ersten zwei Tagen, die für den Kontest zählen.
Ach übrigens, wenn ihr mehr über den Blog 2011 wissen wollt, hier eine öffentliche Statistik, wobei ich nicht allen Punkten traue, so halte ich die Anzahl der Kommentare z.B. für recht niedrig….

Anfang des 20. Jhds wurde durch eine Invasion von Phytoplankton in der Nordsee die ursprünglich in Asien beheimatet war bekannt, dass Wasserorganismen auch in fremden Gebieten existieren können. In den siebziger Jahren wurden erstmals wissenschaftliche Untersuchen angestellt. Der WWF hat festgestellt das derzeit allein in den US-Gewässern stündlich 7.5 Millionen Liter Ballastwasser von Schiffen gepumpt wird. Jährlich werden etwa 10 Mrd Liter Ballastwasser rund um den Erdball transportiert. Warum überhaupt so viel Ballastwasser transportiert wird, möchte ich an einem Beispiel erklären. Ein typischer Supertanker bzw VLCC (Very Large Crude Oil Carrier) verkehrt zwischen den Ölquellen im arabischen Raum und den USA. Er macht sich von Housten, Texas unbeladen, das heißt im Ballastzustand auf in die Arabischen Emirate. Aus Stabilitätsgründen aber sind seine Ballasttanks voll gefüllt. Für ein Schiff dieser Größe sind das etwa 106.500t Wasser. Im Hafen angekommen wird es mit Rohöl beladen, und gleichzeitig das Ballastwasser außenbords gepumpt. Voll beladen macht sich das Schiff wieder auf die Rückreise, dann aber ohne Ballastwasser, denn die Ladung sorgt alleine für ausreichende Stabilität. Durch die neuen Erkenntnisse wurde die Problematik etwa Ende der achtziger Jahre erstmals ein Thema für die International Maritime Organisation (IMO). Dort wurden Lösungsansätze diskutiert und Richtlinien erarbeitet um das Problem des Transports von Lebewesen im Ballastwasser von Schiffen lösen zu können. Kanada war 1989 das erste Land die Empfehlungen für einen freiwilligen Ballastwasseraustausch für Schiffe veröffentlichte, die die Great Lakes und den St. Lawrence Strom befahren wollten.

 Es wird geschätzt das mehr als 4000 verschiedene Organismen, neben Plankton, Algen und Kleinkrebse auch Krankheitserreger im Ballastwasser und deren Sedimenten teils monatelang lebensfähig sind. Es überleben längst nicht alle aufgenommen Organismen, die unterschiedlichen Salzgehalte, Wassertemperaturen und Wassertiefen wirken potenteill tödlich, aber die überlebensfähigen Spezies können großen Schaden wirtschaftlicher und umwelttechnischer Art hervorrufen. Das eine effiziente Ballastwasserbehandlung nicht nur dem Schutze maritimer Umweltsysteme, sondern auch direkt uns Menschen zu Gute kommt mag sich nicht sofort erschließen. Wie bereits geschrieben werden im Wasser auch Krankheitserreger transportiert, die dann in unsere Nahrungskette eingeschleust werden. Die ersten Cholerafälle in den Küstenregionen Lateinamerikas stehen im Zusammenhang mit kontaminiertem Ballastwasser.

 Die IMO hat mittlerweile eine Konvention entwickelt, die u.a. Grenzwerte und eine Zeitvorgabe festgelegt hat. Vom Stand 30.09.2011 haben die für die Ratifizierung notwendige Anzahl von 30 Staaten unterschrieben. Diese Länder führen 26,44% der Welttonnage. Dadurch ist der ebenfalls notwendige Prozentsatz von 35% aber noch nicht erreicht. Die meisten EU-Staaten, darunter Deutschland haben noch nicht unterzeichnet, da die Planung der praktischen Umsetzung noch nicht abgeschlossen ist. Die Konvention wird 12 Monate nach ihrer Ratifizierung rechtlich bindend sein.

Bei der Umsetzung der Vorgaben wird zwischen drei Methoden unterschieden, die je nach Baujahr und Ballastwasserkapazität des Schiffes bis Ende 2015 parallel gültig sein werden. Die erste Methode ist der Austausch des Ballastwassers vor Hafeneinfahrt im Meer: Wann immer es möglich ist, soll der Wasseraustausch soll der Austausch mindestens 200 Seemeilen (1sm≙1852m) in mindestens 200m Wassertiefe erfolgen. Ist dies aufgrund des Fahrplanes nicht möglich, so ist auch ein Austausch bis 50sm in ebenfalls mindestens 200m erlaubt. Beim Austausch wird zwischen zwei Techniken unterschieden:
Flow-Through-Method: Jeder Tank muss mit der 3-fachen Größe seines Volumens durch gepumpt werden. Dabei wird das alte Ballastwasser durch Überläufe aufs Schiffsdeck verdrängt und läuft über Speigatten ins Meer. Wird nachgewiesen das 95% des ursprünglichen Ballastwassers auch mit weniger als 3 Durchgängen erreicht werden kann, gilt dieser neue Wert für das Schiff.
Sequential-Exchange-Method: Jeder Tank wird der Reihe nach geleert und mit „frischen“ Ballastwasser gefüllt. Dabei muss auf die allg. Stabilitäts- und Festigkeitsgrenzen des Schiffes geachtet werden. Sie ist die gängige Methode. Vorteile gegenüber der ersten Methode ist die Zeitersparnis, das keine zusätzlichen Belastungen durch Überdruck im Tank auftreten, und die Arbeitssicherheit der Crew an Bord nicht durch das geflutete Deck herabgesetzt wird.

Es folgt ein Vergleich zwischen verschiedenen Schiffstypen

Schiffstyp

Tragfähigkeit

[t]

Pumpleistung

[m³/h]

Ballastwasser

[m³]

Sequentiel

[h]

Flow-Through

[h]

Container

24 000

650

14 100

60

66

Massengut

77 000

2 000

24 600

32

37

Rohöltanker

122 000

5 000

59 700

28

33

Supertanker

250 000

7 400

106 500

29

33

Mehrzweck

22 000

200

4 950

68

75

Diejenigen von Euch die kritisch nachgerechnet haben ist aufgefallen, dass die theoretisch mögliche Zeit beim sequentiellen Austausch kürzer ist. Dieser Wert wird aber in der Praxis durch Änderungen der Pumprate und das Umschalten zwischen den verschiedenen Tanks aber nicht erreicht. Um ein Gefühl für den zeitlichen Aufwand an Bord zu bekommen, dem sei gesagt, dass der Massengutfrachter bei 13 Knoten Fahrt bei der sequentiellen Methode 416sm und 481sm bei der Flow-Through-Methode zurücklegt. Das sind 770km respektive 890km. Man muss also schon gut im voraus planen.

Die zweite Methode ist die Ballastwasserbehandlung. Sie ist ab 2016 für alle Schiffe die unter die Konvention fallen gültig. Ich werde später die gängigen Techniken vorstellen, die heute schon eingesetzt werden. Jeder Hersteller muss seine Gerätschaft bei dem Flaggenstaat des Schiffes wo es installiert werden soll typprüfen lassen. Bei Erfolg erhält er dafür das Zertifikat wo drin steht das die geforderten Grenzwerte eingehalten wurden. Dafür hat die IMO folgende Minimumkonzentrationen festgelegt:

Art des Organismus

IMO Vorschrift

Organismen 50µm

< 10 lebensfähige Organismen / m³

Organismen 10-50µm

< 10 lebensfähige Organismen / ml

Vibro Cholerae (Cholera)

< 1 cfu / 100ml oder < 1cfu pro Gramm Sediment

Escherichia coli (u.a. EHEC)

< 250 cfu / 100ml

Intestinal Enterococci (Harnwegserkrankungen)

< 100 cfu /100ml

Cfu = colonie forming unit

Die dritte Möglichkeit ist die Landabgabe. Das Ballastwasser wird im Hafen in entsprechende Lagerstätten gepumpt wo es weiter aufbereitet wird. Im zweiten Teil werde ich mich der Bordpraxis widmen, und verschiedene Filtertechniken mit ihren Vor- und Nachteilen erläutern.

2 thoughts on “Ballast Water Management 1

  1. Kontrolliert wird es während einer Hafenstaatskontrolle. Dort werden alle vorhandenen Dokumente überprüft. Da der Kapitän die Einträge signiert, haftet er für die Daten (§511 HGB „[…]Er haftet für jeden durch sein Verschulden entstandenen Schaden […]). Falsche Einträge gelten meines Wissens nach als Ordnungswidrigkeit nach §15 Abs.1 Nr. 1b des Seeaufgabengesetzes da eine Unterlage nicht richtig vorgelegt wurde, geahndet. Geldbußen bis 10k€ sind möglich.

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