I know Saint Peter won’t call my name

Heute geht es um eine Rakete die ich nie gebaut hätte. Es ist die Proton. Mir fiel beim Nachbearbeiten meines Aufsatzes über die N-1 auf wie viele Fehlstarts die in den frühen Jahren hatte.  Ich kannte die miserable Zuverlässigkeit der Proton in den frühen Jahren, die noch um einiges schlechter war als heute. Hier eine Liste aller Starts der ersten vierstufigen Version, genannt Proton K / Block D:

Nr. Datum Uhrzeit Nutzlast Erfolg
1 08.04.1967 09:00 Kosmos-154
2 27.09.1967 22:11 [Zond-4]
3 22.11.1967 19:07 [Zond-4]
4 02.03.1968 18:29 Zond-4
5 22.04.1968 23:01 [Zond-5]
6 14.09.1968 21:42 Zond-5
7 10.11.1968 19:11 Zond-6
8 20.01.1969 04:14 [Zond-7]
9 19.02.1969 06:48 [Luna-15]
10 27.03.1969 10:40 [Mars-2]
11 02.04.1969 10:33 [Mars-2]
12 14.06.1969 04:00 [Luna-15]
13 13.07.1969 02:54 Luna-15 KT
14 07.08.1969 23:48 Zond-7
15 23.09.1969 14:07 Kosmos-300
16 22.10.1969 14:09 Kosmos-305
17 28.11.1969 09:00 [Kosmos-313]
18 06.02.1970 04:16 [Luna-16]
19 12.09.1970 13:25 Luna-16 KT
20 20.10.1970 19:55 Zond-8
21 10.11.1970 14:44 Luna-17
22 02.12.1970 17:00 Kosmos-382
23 10.05.1971 16:58 Kosmos-419
24 19.05.1971 16:22 Mars-2
25 28.05.1971 15:26 Mars-3
26 02.09.1971 13:40 Luna-18 KT
27 28.09.1971 10:00 Luna-19
28 14.02.1972 03:27 Luna-20 VA
29 08.01.1973 06:55 Luna-21
30 21.07.1973 19:30 Mars-4
31 25.07.1973 18:55 Mars-5
32 05.08.1973 17:45 Mars-6
33 09.08.1973 17:00 Mars-7
34 29.05.1974 08:56 Luna-22
35 28.10.1974 14:30 Luna-23 KT
36 08.06.1975 02:38 Venera-9
37 14.06.1975 03:00 Venera-10

Gesamt Starts Erfolge Erfolgreich [%]
Gesamt 37 23

Bis 1975 das Muster durch den verbesserten „Block D-1“ und Block DM abgelöst wurde scheiterten über 40% aller Starts. Beschränkt man sich auf den Zeitraum bis 1070, als sich die Situation deutlich verbesserte waren es sogar 12 von 17 Starts, also 70,5%!

Nun waren in den Sechziger Jahren die Trägerraketen insgesamt unzuverlässiger und auch die vierstufige Molnija hatte anfangs viele Fehlstarts (dort durch einen Design Fehler der Stufe). Aber ´die Proton K hatte ihren Erststart erst 1967 und damals war man schon schlauer als in den frühen Jahren und vor allem ist die hohe Zahl über 4 Jahre hinweg doch extrem hoch.

Wenn ich denke, dass Gluschko die RD-253 Triebwerke der Proton in die N-1 einbauen wollte – man mag nicht denken wie das ausgegangen wäre.  Die Proton hat zwei Ursprünge. Das eine war das man eine Trägerrakete für das Mondprogramm L1 mit Mondumrundungen brauchte (in der Startliste als „Zond“ erkennbar), und sie wurde auch Trägerrakete für die L2-Mondsonden (in der Liste die Lunas). Da man aber keine Rakete ohne Unterstützung des Militärs finanziert bekam verkaufte man sie Chruschtschow als Träger für seine Superbombe. Die wurde tatsächlich 1961 getestet. Die Proton hätte die 27 t schwere Bombe mit einer Sprengkraft von 50 bis 60 MT tatsächlich nach Amerika transportieren können. Dafür war die Rakete nur zweistufig. erst zwei Jahre später fand der Erstflug mit vier Stufen statt.

Man lies die Rakete auch nach Sturz Chruschtschows nicht fallen, obwohl niemand außer ihm an einen militärischen Nutzen der superbombe glaubte. Doch für die Raumfahrt hätte es eine Alternative gegeben. Koroljow wollte das Risiko für die N-1 so gering halten wie möglich. Wenn man schon nicht die erste Stufe am Boden testen konnte, dann sollte alles andere doch beim Jungfernflug erprobt werden. Beide Optionen, die es gab wurden, ihm jedoch genommen. Das erste war der Einsatz der Triebwerke der dritten und vierten Stufe der N-1 in der R-9. Sie wurden dort getestet doch das Militär entschloss sich für das Konkurrenzprodukt RD-111 von Gluschko. Die Testflüge der R-9 hätten so die Triebwerke unter realen Bedingungen qualifizieren können.

Das zweite war eine Version der N-1 ohne erste Stufe. Die Rakete war so viel kleiner und lag im Bereich der Proton mit 20 bis 25 t Nutzlast. Als man später die N-1 noch vergrößerte, da die geforderte Nutzlast von 75 auf 97 t anstieg, hätte die N-11 eine noch größere Nutzlast gehabt. Nach meinen Berechnungen 31 t in den LEO und 8,3 t auf eine Mondtransferbahn (mit dem leichteren Block-D der Proton sogar 9,5 t). Der Vorteil: man spart die Entwicklungskosten der Proton und kann die in die N-1 stecken, man hat vor dem ersten N-1 Starts im Prinzip die oberen Stufen „flugerprobt“ und man hat einen Träger, den man auch nach Ende des N-1 Programms nutzen und verbessern kann. (So wäre ein völliger Ausstieg aus der N-1 auch wesentlich unwahrscheinlicher gewesen). Würde heute Russland wieder ein Mondprogramm beginnen, so müsste es eigentlich nur noch Block A qualifizieren, denn die oberen Stufen würden ja seit 40 Jahren schon eingesetzt. Eine tolle Idee. So was ähnliches machten die USA mit der Saturn IB die die dritte Stufe und IU der Saturn V einsetzte. Gedacht war übrigens auch an eine noch kleinere Version die N-111 nur mit den oberen drei Stufen. Sie hätte 5,5 t in den Orbit befördert. Mit den vergrößerten Stufen der N-1 wären es sogar 8,3 bis 9,5 t gewesen. Damit hätte man einen träger gehabt der auch die Sojus ersetzen kann – hohe Serienproduktion der stufen und eine günstige Ökonomie. Aber so was zählt wohl im Kommunismus nicht. Ökonomie ist ja was wo aus dem Kapitalismus kommt ….

In dem Konkurrenzkampf der Konstrukteure, der das ganze russische Mondprogramm so bestimmte und letztendlich zum Fall brachte hatte aber Tschelomei die besseren Karten. In seinem Kombinat OKB-52, das die Proton fertigte arbeitete nämlich Chruschtschows Sohn Sergej als Chefingenieur …

Bis heute hat die Proton eine miserable Zuverlässigkeit. Das unterscheidet sie von anderen Trägern. Bei den meisten wird sie im Laufe der Zeit besser, weil man Kinderkrankheiten findet und beseitigt. Aber wenn ich bei einem der letzten Fehlstarts höre, dass de Fehler in der Drittstufe seit 30 Jahren vorhanden ist und nie beseitigt wurde, dann frage ich mich wie viele versteckte Fehler die Proton noch hat …

Sie wird aber noch mindestens 10 Jahre im Einsatz bleiben, denn so lange will man sich mit der Einführung der Angara Zeit lassen.

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