Cannabislegalisierung – gar nicht so einfach

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Ein Punkt, den die Ampelkoalition beschlossen hat ist die Legalisierung von Cannabis, sprich Marihuana oder Haschisch. Im Koalitionsvertrag steht folgendes:

Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen. Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglichen und bauen wir aus.“

Klingt erst einmal toll, aber mit dieser Formulierung bleibt vieles offen wie dies konkret umgesetzt werden soll. Damit ihr auch die Problematik versteht, will ich zuerst einmal die Gesetzeslage wie sie noch existiert erläutern. Nach dem Bundesbetäubungsmittelgesetz sind alle Drogen verboten außer denen die explizit erlaubt sind nämlich Tabak und Alkohol. Nein ich mach jetzt kein Fass auf, darüber das diesen beiden Drogen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sowohl für den Einzelnen als auch die Gesellschaft gefährlicher und kostspieliger sind. Das habe ich schon an anderer Stelle getan.

Das Betäubungsmittelgesetz deckt alles in Zusammenhang mit Drogen ab, von der Herstellung, über den Handel, Kauf bis hin zum Konsum.

Nachdem beim Bundesverfassungsgericht gegen das absolute Verbot von Drogen Beschwerden gab, hat dieses zuerst festgestellt, dass Drogenkonsum durch das Grundgesetz geschützt ist, da das Recht am eigenen Körper (Artikel 2) auch das Recht beinhalte ihn absichtlich zu schädigen. Das änderte in der Praxis aber nichts, außer man würde Drogen auf der Straße finden oder sie flögen einem in den Mund. Denn in der Regel muss man sie vor einem Konums kaufen oder selbst anbauen / herstellen und das bleibt unter Strafe. 1994 gab es dann durch das Bundesverfassungsgericht den sogenannten Cannabisbeschluss wonach Strafverfolgungsbehörden bei einer geringen Menge von Drogen (nicht nur Cannabis, aber meist darauf angewandt) der Strafverfolgung absehen können. Das entkriminalisierte den Erwerb von Drogen für den täglichen Konsum für den Konsumenten, nicht aber den Händler. Bei Cannabis liegen die kleinen Mengen je nach Bundesland zwischen 5 und 10 g, was bei der Droge bei Inhalation für mehr als einen Monat mit einem täglichen Joint und bei oraler Aufnahme immerhin noch für zwei Wochen ausreicht. Eine einzelne Pflanze liefert aber selbst bei schlechter Ernte mehr, sodass selbst der Selbstanbau weiterhin kriminalisiert bleibt, selbst wenn man davon nichts an andere abgibt. Händler stellten sich dagegen schnell auf die Regelung ein und bunkerten den Großteil des Cannabis und waren auf der Straße nur noch mit der „kleinen Menge“ unterwegs. Im Wesentlichen ist der Beschluss eine Erleichterung für die Polizei und Gerichte die sonst bei 3,7 Millionen Erwachsenen in der BRD die regelmäßig Cannabis konsumieren, viel zu tun hätten. Dann bräuchten wir auch erheblich mehr Gefängnisse. Es gibt 57.600 Gefänngnissinsassen in Deutschland, würde man nur 2 % aller Cannabiskonsumenten einsperren, es wären mehr Insassen als wir heute insgesamt an „Kapazität“ haben.

Der „Cannabisbeschluss“ ändert aber nichts daran das Cannabisanbau und Handel generell verboten bleiben und fördert damit natürlich den illegalen Anbau und den Schwarzmarkt.

Nun soll dies sich ändern wie oben geschrieben, mir deucht, aber man macht denselben Fehler wie Holland als diese vor über 40 Jahren Marihuana legalisierten. Denn sie machten genau das, was hier steht: sie legalisierten den Handel. Sie legalisierten aber nicht den Anbau. Auf so was kommen nur Politiker. Denn vorn irgendwo muss der Stoff ja herkommen. In Holland hat das nach dem Kriminologen Robin Hofmann von der Universität Maastricht negative Folgen:In den Coffeeshops konnte man legal Cannabis erwerben, aber sie hatten nie die Möglichkeit, es legal einzukaufen. Und diese Lücke haben die Drogenbanden damals ausgefüllt und ein großes Netzwerk aufgebaut“.

Ich vermute der Bundesregierung schwebt eine Regelung vor, wie sie jetzt schon im Einsatz ist. Es gibt wie auch bei anderen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz natürlich den legalen Einsatz als Medizin. Es finden sich neben synthetischen Drogen dort auch abhängig machende Medikamente wie Schmerzmittel mit hoher Potenz. Und wie bei diesen Substanzen muss es für Ärzte eine legale Möglichkeit geben die Substanzen zu beziehen und zu verschreiben. Nachdem es druch Studien nachgewiesenen Wirkungen von Cannabis bei eienr Reihe von Krankheiten gibt und darunter leidende bei Gerichten durchgesetzt haben das sie nicht nur Cannabis legal erwerben können, sondern sogar die Krankenkassen dies bezahlen müssen wurde schon beschlossen, das Cannabis für medizinische Zwecke angebaut werden darf. Ansonszten müssten Apotheken sich das Marihuana ja auf dem Schwarzmarkt besorgen.

Wie immer setzt man bei uns eine neue Behörde ein, die nach Vorbild der „Agenatur für Arbeit“ Cannabisagentur heißt. So gibt es Anbaugenehmigungen bei denen Hanfpflanzen in Hallen unter künstlichem Licht aufgezogen werden. Gut bewacht und abgeschirmt von der Außenwelt. So läuft es auch in den US-Bundesstaaten die schon für die Allgemeinheit zugängliche Cannabisstores haben. Auch hier werden die Pflanzen in Hallen aufgezogen, jede sogar mit einem eigenen RFID-Code damit ihr Werdegang nachvollziehbar ist und der Anbauer nicht mehr Marihuana produziert und schwarz verkauft. Nur so ist auch eine Kontrolle der Qualität möglich: Qualität heißt in diesem Fall: Gehalt an wirksamem THC oder auch CBD, das derzeit einen Boom erlebt, auch wenn wirklich wissenschaftlich abgesicherte Beweise für eine Wirkung noch dürftig sind. Das kann man durch chemische Analyse des Marihuanas. Standard für Analysen ist die Hochdruck-Flüssigkeitschromatografie (HPLC), ein leistungsfähiges und präzise Verfahren, aber die Gerätschaften sind nicht ganz billig und das beschränkt den Einsatz auf Produzenten mit vielen Pflanzen. Großproduzenten können zudem durch Mischen einen definierten Wirkstoffgehalt gewährleisten.

Das grundlegende Problem, verglichen mit den beiden schon legalisierten Drogen Alkohol und Tabak ist, dss es bei den Schwarzhandelspreisen es sich lohnt dieses selbst anzubauen und der Aufwand dafür klein ist. Alkohol kann man sicher auch selbst herstellen, aber Bier und Wein sind so billig, das es sich nicht bei den kleinen Mengen, die man als Konsument benötigt lohnt. Bei Schnaps lohnt es sich zumindest bei einigen Sorten, für die das Ausgangsmaterial billig ist, weil dann auch noch die Branntweinsteuer obendrauf kommt. Aber bis man die Kosten für eine Destille wieder hereinholt, muss man das schon geschäftlich betreiben. Tabak kann man bei uns auch anbauen, die Pflanze gilt aber als anspruchsvoll und die Verarbeitung ist aufwendig: „Das Herstellen von Rauchwaren aus selbst gezogenem Tabak ist dagegen äußerst aufwendig und komplex. „Es bedarf einiger Expertise und vieler Wochen (bis Monate) Sorgfalt und Geduld, um aus den Pflanzen eine schmackhafte Tabakmischung zu produzieren. Zigaretten und Zigarren aus einer selbst gezogenen Tabakpflanze herzustellen, ist kein Kinderspiel, sondern vielmehr eine Aufgabe für Spezialisten, Tüftler und Liebhaber.“

Für den Anbau von Hand braucht man nicht mehr als für jede andere Gartenpflanze: Pflanzenerde, Töpfe, Dünger, Wasser. Die Ernte beschränkt sich darauf die Blüten aus dem dicken Blattgewirr herauszuschneiden, was zeitaufwendig, aber nicht kompliziert ist. Die Investitionskosten sind gering. Die Samen sind noch das teuerste, aber mit etwas Suche findet man auch einen kostengünstigen Anbieter aber verglichen mit den Schwarzmarktpreisen wird man, wenn die eigene Arbeitskraft umsonst ist so Marihuana für einen einstelligen Prozentsatz des dortigen Preises gewinnen können.

Es gibt etliche Menschen die privat Hanf anbauen und nicht um es zu verkaufen. Entweder in einer Growbox wie bei den großen Produzenten unter künstlicher Beleuchtung, was bei den Strompreisen hier aber sich nicht wirklich lohnt oder als Kübelpflanze, die man notfalls auch schnell verstecken und während der Blühphase, wenn sie ziemlich streng riechen ins Haus nehmen kann, selten normal im Garten, da dann unbeweglich. Heute verstehen da Staatsanwälte keinen Spass. 2014 posierte der derzeitige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, damals noch Abgeordneter für eine „Ice Bucket Challenge“ neben einer Hanfpflanze, obwohl die Hanfpflanze bei der schlechten Auflösung des Videos kaum erkennbar, war reicht das aus damit die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren aufnahm, später aber ohne Ergebnis wieder einstellte.

Alle diese „Hobbygrower“ könnten heute ja schon Marihuana auf dem Schwarzmarkt kaufen, tun das aber nicht. Warum Marihuana für 10 Euro pro Gramm kaufen wenn man es für weniger als 1 Euro selbst herstellen kann? Im Gegenteil: durch eine Legalisierung könnten das mehr Leute tun, die gerne gärtnern und Geld sparen. Schon heute ist es relativ einfach. Samen kann man in Holland bestellen, in Österreich bekommt man Setzlinge. Hanf ist eine robuste, anspruchslose Pflanze die jeder anbauen kann.

Die Regierung täte gut daran sich Gedanken zu machen wie sie den Nicht-Staatlichen Handel und den Anbau regeln will. Eines ist klar: mit einer Legalisierung eines kontrollierten Handels in „lizenzierten Geschäften“ kann die große Keule die heute das Betäubungsmittelgesetz bildet, nicht mehr gehalten werden. Ich vermute, man wird den „nicht-lizensierten“ Handel oder Anbau als Ordnungswidrigkeit einstufen, also mit einer Geldbuße belegt. Ich würde aber ein anderes Modell anregen. Das lehnt sich an die Regelung an, wenn heute jemand Schnaps brennen lässt. Dann muss der Eigentümer der Maische entweder entsprechend dem Alkoholgehalt die Branntweinsteuer zahlen oder einen Teil des erzeugten Schnapses abgeben. Warum das nicht auch so bei Marihuana handhaben. Man kann auf Basis von Erfahrungswerten den Ertrag abschätzen – genau weiß man es erst nach der Ernte und festlegen das man einen Anbau melden muss und einen Teil der Ernte abgeben muss. Die Problematik ist nur, das man jemanden zum Brennen braucht, nicht aber für den Hanfanbau. Aber dafür könnte man den Anbau ohne Anmeldung eben mit Geldstrafe belegen.

Besser wäre eine Regelung wie in Kanada wo jeder vier Pflanzen selbst anbauen darf. 2017 stand auch eine solche Forderung noch im Wahlprogramm der Grünen. Alles andere bedeutet immer noch eine Teilkriminalisierung und zusätzliche Arbeit für die Polizei und Gerichte. Da die meisten Konsumenten aber heute schon den hohen Schwarzarmaktpreis bezahlen denke, ich nicht wird durch den privaten Anbau den lizenzierten Geschäften eine Konkurrenz entstehen. Eher eine zweite Einkaufsquelle, denn man muss schon viel konsumieren, um den Ertrag von vier Pflanzen aufzubrauchen. Warum dann nicht den Überschuss an die lizenzierten Händler verkaufen – so könnte als Nebeneffekt der Preis auch sinken.

Ich bin mal gespannt, wann die Cannabislegalisierung kommt und wie sie dann aussieht.

2 thoughts on “Cannabislegalisierung – gar nicht so einfach

  1. Moin,
    Keine schlechte Idee. Einen Haken hat die Sache die Legalisierung zielt auch darauf ab die zum Teil extrem hohen THC Gehalte (bis 70 % hab ich mal gelesen) der Schwarzmarktsorten in den Griff zu kriegen, da müsste man bei freigegebenen Selbstanbau auch ne Liste ‚erlaubter‘ Sorten führen sonst verschiebt sich das Problem der Hochpotenten Sorten in den teils semiprofessionellen Heimanbau. Qnsonsten logisch und durchdacht. Also das was Politik selten liefert da sibd ja eher Halbgare Lösungen Standard, warum auch immer…

    1. Also 70 % THC halte ich für biologisch für unmöglich. Wie bei anderen Pflanzen hat man in den letzten Jahrzehnten auf immer höhere THC-Gehalte gezüchtet, aber soweit ich informiert bin schaffen selbst Spitzensorten nur unter optimalen (kontrollierten) Verhältnissen 20 bis 25 % und den Aufwand dafür leistet kein Homegrower.

      Für den Konsumenten sind so hohe THC-Gehalte unbedeutend, dann mischt man bei niedrigem Gehalt eben etwas mehr Grass unter den Tabak oder das Mehl oder in die Bong. Für den Anbau unter Kunstlicht ist natürlich wegen der Stromkosten die potentere Pflanze die lukrativere.

      Die Argumentation verstehe ich aber nicht: Die Spitzen-THC Gehalte gibt es nur bei Kunstlicht, nicht bei Sonne, aber wenn ich das Grass im Freiland anbauen kann mit Null Stromkosten die sonst den Grißteil des Erzuegngspreises ausmachen, warum sollte ich dann das nicht nutzen.

      Vergleich mit Alkohol: man wird betrunken auch wenn man anstatt 100 ml Schnaps 500 ml Wein trinkt. Es geht ja nur um die aufgenommene THC Menge, nicht den Gehalt im Marihuana. Wollte man den Potenzieren dann wäre es einfacher aus Marihuana (ganze Blüten) Haschisch (nur fettlösliche Stoffe) zu gewinnen. Das konzentriert und für medizinische anwendung (definierte Dossis) müsste man sowieso das THC isolieren, so wie man das heute schon mit dem CBD macht, dann kann man vielleicht die 70 % THC erhalten – aber aus jeder Sorte.

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