Hochachtung und Respekt vor dem Amt
Gestern ist Margot Käßmann von ihrem Amt zurückgetreten, nur zwei Tage nachdem die Alkoholfahrt am Steuer bekannt geworden ist. Ich finde das sehr traurig und kann zwar ihre Haltung nachvollziehen, wenn sie auf die Vorbildfunktion verweist, auf der anderen Seite sehe ich hier nicht den direkten Bezug zum Amt. Was hat eine persönliche Verfehlung damit zu tun, dass sie öffentlich Kritik am Afghanistan Einsatz übt? Man kann sicher auf dem Standpunkt stehen, dass Bischöfe, Pfarrer, Priester & Co Vorbildfunktion haben und daher einen tadellosen Lebenswandel führen sollten. Auf der anderen Seite sollten sie die Gläubigen verstehen und wer keine Fehler macht, der hat auch Probleme die Fehler anderer zu verstehen. Vor allem aber hat das nur sekundär etwas mit dem Amt zu tun. Sie war ja schließlich nicht betrunken als sie in die Kanzel stieg. Irgendwo denke ich gibt es eine Grenze, wo auch Bischöfe Mensch sein dürfen und dazu gehört auch Dummheiten zu begehen und daraus zu lernen. Auch wenn das Fahren mit 1,5 Promille keine Kleinigkeit ist. Ich denke wenn sie im Amt geblieben wäre, so wäre sie daraus gereift hervorgegangen und vielleicht eine noch bessere Bischöfin geworden.
Vor allem würde ich mir wünschen, dass auch andere diesem Beispiel folgen würden. In der Katholischen Kirche dürfen Bischöfe den Holocaust leugnen und werden gedeckt. Es kommt zu sexuellem Missbrauch über Jahre und die Leute werden gedeckt und nur versetzt .- damit sie woanders weiter machen können. Das alles sind keine privaten kleinen Verfehlungen. Das sind Dinge die im Amt getan werden und wurden und die keinerlei Konsequenzen innerhalb der Kirche nach sich gezogen haben.
Noch schlimmer sind Politiker. Es muss schon eine Menge passieren, damit einer von Ihnen zurücktritt. Dabei ist der Grund ja meistens nicht eine persönliche Verfehlung, sondern Amtsmissbrauch, Belügen der Öffentlichkeit oder anderes. Wir haben einen Finanzminister, der sich nicht erinnern kann von einem Waffenhändler 100.000 Euro Parteispenden angenommen zu haben, nicht mal dann wenn gegen diesen ermittelt wird.
Das schlimme ist das Parteispenden und Gesetze zum Wohle der Spender ja keine Verfehlung darstellen, obwohl ich dies erheblich schlimmer finde, denn ich erwarte von einem Politiker dass er sich für das Wohl der Allgemeinheit einsetzt und nicht nur für die Interessen von finanzkräftigen Parteispendern. Da sind wir bei meiner Lieblingspartei der FDP. Ich bin erstaunt, dass diese es fertig gebracht hat meine negativen Erwartungen noch zu unterbieten. Seit Guido Westerwelle Parteivorsitzender ist hat die FDP nur noch ein Programm: „Steuern Senken“ (für Besserverdienende, diesen Zusatz schreibt sie aber nicht auf die Wahlplakate) und Abbau des Sozialstaates. Früher gab es diese „Wirtschaftsliberalen“. Früher hatte die Partie noch ein zweites wichtiges Standbein, das waren die „Bürgerrechtsliberalen“, die sich gegen die Bevormundung und Eingrenzung der Freiheit des Einzelnen durch den Staat einsetzten. Leutheusser-Schnarrenberger ist die einzige in der FDP die noch dazu gehört. Sie trat schon unter Kohl als Ministerin zurück, weil damals der „Große Lauschangriff“ beschlossen wurde. Heute ist diese Seite der Partei weitgehend verschwunden und sie macht nur noch Klientelpolitik. Auch dies ist schon eine Einschränkung des früher weitaus größer gefassten Begriffes dessen wofür die Partei steht. So verwundert es nicht, dass die Partei ein Drittel ihrer Wähler in 100 Tagen verloren hat.
Vor allem bin ich erstaunt über Guido Westerwelle. Sympathisch war er mir nie. Doch hielt ich ihn immer für Intelligent. Er beweist nun das Gegenteil. Zuerst stellt sich raus, dass er kein Englisch kann (Ja, das gehört heute zur Allgemeinbildung! Von vielen Berufstätigen wird englisch verlangt, und Westerwelle hat sogar mal studiert, bevor er Berufspolitiker wurde), dann bringt er es fertig als Außenminister unbeliebter zu sein als zu zuvor. Ich meine Außenminister… Das ist doch der Traumjob schlechthin. Außenminister sind immer beliebter als andere Minister. Sie machen durch Staatbesuche eine gute Figur und sie müssen sich nicht in innenpolitische Dinge einmischen und fallen nicht negativ auf – bis Westerwelle den Job inne hat. Der ist sogar zu doof um zu kapieren dass er sich damit schadet. Wenn er weiter polemisieren will soll er Parteivorsitzender bleiben, aber kein Ministeramt einnehmen oder andere vorschicken.
Mich wundert auch was aus Merkel und der CDU geworden ist. Wie schwierig waren die Entscheidungen bei der CDU/SPD Koalition wo keiner nachgeben wollte und beide Partner gleich stark waren. Nun nimmt man an, wenn einer der Partner kleiner ist kann die CDU ihr Programm durchsetzen, doch es ist die FDP, die dies tut und die Merkel sagt nicht mal etwas zu den Entgleisungen von Westerwelle, wie der „Spätrömischen Dekadenz“ (siehe Video).
Ich vermute das geschieht aus der Überlegung heraus, dass eine FDP die sich demontiert automatisch der CDU mehr Wähler bei den nächsten Landtagswahlen beschert, da die SPD immer noch am Boden liegt und wenige FDP Wähler wohl zu Grünen und Linken wechseln werden. Doch im Endeffekt zeigt sie nur Führungslosigkeit wenn ihr Juniorpartner ihr auf der Nase herumtanzt.
Spätrömische Dekadenz ist z.B. wenn Kaiser Caligula (37-41) plante ein Pferd zum Konsul zu machen (er wurde ermordet bevor er es umsetzen konnte). Heute setzt die Kanzlerin einen Esel als Außenminister ein – DAS ist spätrömische Dekadenz! (Oder das Beschwichtigen des Volkes mit Brot & Spielen, sprich Steuergeschenken).
Zum Schluss: Wenn Alkoholismus zum Rücktritt führen sollte, dann sollten auch Politiker die besoffen im Bundestag auftauchen ihr Mandat zurückgeben. Und was ist mit diesen Bildern vom politischen Aschermittwoche wo alle an Maßkrügen mit Bier sitzen? Dazu noch ein Video: (Bitte schaut euch beide Videos an, sie sind echt sehenswert!)
Naja, wenn alle die etwas wichtiges zu sagen haben und glauben ein Zeichen setzen zu müssen, aus der Partei/Gruppierung austreten in der etwas schief läuft, dann sollte man sich nicht wundern, wenn am Ende alle die etwas wichtiges zu sagen haben nur mehr außerhalb zu finden sind.
Rücktritt allein ist weder ein geeignetes Mittel um derartige Zeichen zu setzen noch um als alleinige Strafe für ein Vergehen nützlich zu sein.
Besser wäre es, den Deliquenten auf Bewährung im Amt zu lassen und zu zwingen die Gegenmaßnahmen selbst durchzusetzen. Das *kann* eine hochnotpeinliche Angelegenheit (und damit eine öffentlich wahrgenommene Strafe) werden, aber es *kann* auch der Rehabilitation dienen, wenn es denn einer dieser menschlichen Fehler war aus denen wir lernen.
Sollte das nicht funktionieren, bleiben (z.B. in der Politik) immernoch Gefängnisstrafen, Parteiverbote und (teilweise) Beschlagnahmung von Parteivermögen.
Ich wohne in Hannover und war just an dem Abend auch an dieser Ampel (im Rathaus war die Garden Lounge Party) und bin froh dass diese sturzbetrunkene Bischöfin mich nicht über den Haufen gefahren hat. Im Amt kann Sie meinetwegen bleiben.
Aber wer mit 1,5 promille in der Stadt wo viele Menschen am Samstag Abend unterwegs sind über rote Ampeln rast, der sollte seinen Führerschein nie wieder sehen. Wenn Sie sich selbst gegen einen Baum wickelt, meinetwegen. Aber bitte keine anderen.
Und da liegt das Problem. Als Bischöfin redet Sie die ganze Zeit von Rücksichtsname auf andere und irgendwie ist das ziemlich unglaubwürdig. So viel Verstand hat man auch noch mit 1,5 promille um sich ein Taxi zu rufen, bei allem Respekt. Auf so ne Idee käme ich nie!