„So called“ Verbrauchersendungen – Da wird mir übel

Ich habe mir auf ZDF Neo die Sendung “Da wird mir übel” gesehen. Ich hätte es ja mir ja schon bei dem Titel denken können – unter dieser sogenannten Verbrauchersendung verbirgt sich nichts empfehlenswertes. Wenn ich mal das dem jugendlichen Zielpublikum geschuldeten Format ignoriere (Zwischenschnitte mit Bildern und komischen Geräuschen bei buzzwords), Dokutainment im Sinne von Kameradokumentation der “Recherche” und “Besuchen” bei Herstellern, dann stößt mir doch einiges auf.

Die Sendung kommt mit dem Anspruch daher, dass die Welt böse ist die nicht ihren Erwartungen entspricht. Dazu einige Beispiele:

  • Da stellt man fest, das überall Vollei verwendet wird. also nicht frisch aufgeschlagene Eier. Noch schlimmer, die Eier kommen aus Käfighaltung und eventuell sogar aus Holland wo bis Ende 2012 noch die in der alten Form mit den kleinen Käfigen erlaubt ist. Das wird dann angeprangert.
  • Oder man wird mit Light-Produkten dick. Zumindest wenn man zu viel davon ist. Da werden sie dann beim Verbraucherministerium vorstellig und verleihen einen Preis, den goldenen Fettsack
  • Sie stellen fest dass, Tafelwasser nichts anderes als abgefülltes Leitungswasser ist, lassen das von Passanten verkosten und werden beim Hersteller vorstellig.
  • Seelachs wird mit Cochenille gefärbt und ist nicht das gleiche wie Wildlachs, der von Natur aus rotes Fleisch hat.

Das ist eteas extrem, aber ich finde das in vielen Verbrauchersendungen. Die eigene Erwartungshaltung wird als Norm angesehen. Ich habe mal die drei Beispiele herausgenommen, weil sie auf grundlegenden Missverständnissen beruhen:

Lebensmittel müssen so hergestellt werden, wie ich mir das denke. Es ist völlig egal ob man Eier selbst aufschlägt oder dies jemand durch eine Maschine automatisch macht und das ganze dann als Vollei verkauft. Im Gegenteil: Vollei wird auf 65 Grad erhitzt und so pasteurisiert und ist mikrobiologisch einwandfrei, während beim eigenen Aufschlagen es zu einer Kontamination kommen kann. Die Eimasse hat aber dieselben Eigenschaften wie frisch aufgeschlagene Eier. Für einen verarbeitenden Betrieb ist es aber viel einfacher zu verarbeiten.

Alle Werbeversprechen sind wahr. “Light” ist ja nichts anderes als eine Aussage. Ein Stoff ist reduziert – Energie, Fett, Zucker. Ob man dadurch weniger Energie zu sich nimmt hängt von der Verzehrsgewohnheit ab, aber auch davon wie viel von dem Stoff enthalten ist. Wenn man z.B. Zucker reduziert durch Zuckeraustauschstoffe, dann wird das Produkt ja nicht energieärmer. Es ändert aber doch nichts daran das Chips energiereich sind, wenige Ballaststoffe und Volumen haben.Genauso heißt “ohne den Zusatzstoff Geschmacksverstärker” eben nur das kein Zusatzstoff zugesetzt wird, aber nicht das nicht ein natürlicher Geschmacksverstärker zugesetzt wird wie z.B. Hefeextrakt.

Es ist unredlich Gewinn mit etas zu machen, was man auch viel billiger haben kann. Tafelwasser ist abgefülltes Leitungswasser, also meistens noch vorher kontrolliert, filtriert und entkeimt. Aber eigentlich sollte Wasser aus der Leitung schon sauber genug sein. Natürlich ist es 100 mal teurer. Der Handel verdient was dran, der Hersteller, es muss transportiert werden und die Flaschen sind ja auch nicht umsonst. Aber ist das deswegen schlimm? Noch billiger ist die Herstellung von Mineralwasser, denn das muss man nicht mal bezahlen. nur kommt es eben nicht aus der Leitung. Das wird dann nicht kritisiert, denn es klingt ja besser und kommt aus unterirdischen Quellen…. Warum gibt es Tafelwasser? Weil jemand im Allgäu mit Wasser mit 22 Grad dH (dH: deutsche Härte) sich freut mal weiches Wasser zu trinken, denn es schmeckt völlig anders und eignet sich auch zur Teezubereitung. Auch wenn man das vielleicht in Köln direkt aus der Leitung abfüllt.

Alles muss preiswert und gut sein: Es gibt Wildlachs und Seelachs. Seelachs klingt zwar nach Lachs, ist aber eine andere Fischart wird in der Ost- und Nordsee gefischt und und erheblich preiswerter. Diesen Seelachs kann man auch räuchern und salzen und dann wie Wildlachsscheiben aufs Brot tun. Er schmeckt anders und ist nicht rosa-rot gefärbt. Daher wird dieses Lachsfilet mit Cochenillerot gefärbt. Das ist zulässig, steht so im Zutatenverzeichnis und das ganze heißt eben auch dann nicht “Lachs” oder “Wildlachs” sondern eben Seelachs. Man erkennt es aber auch am Preis, denn der Seelachs kostet typischerweise weniger als die Hälfte des Wildlachses. Bei uns muss alles billig sein, und dann schimpfen solche Magazine über Farbstoffe, Zusatzstoffe, etc. Es geht aber nur eines. Entweder es ist billig oder es ist qualitativ hochwertig. Das kommt auch bei zahlreichen Anrufen heraus. Viele Hersteller haben natürlich analogkäse und echten Käse oder normales Vollei und Biovollei im Sortiment. Nachgefragt wird eben nur das erste, billigere. Warum gibt es die Regelung das man Seelachs wie Lachs raus machen darf? Weil sich die 3 Euro pro 100 g nicht jeder leisten kann. Es ist ein preiswerteres Produkt für diejenigen die sich keinen echten Lachs leisten können oder denen der Geschmacksunterschied egal ist. Genauso gibt es Sekt als billige Alternative zu Champagner, Schwarzwälder Schinken als Alternative zu Seranoschinken.

Wer ist schuld? Sicher zum einen die Gesetzgebung. Nur wird man die nicht so schnell reformieren können. Grundsatz unseres Lebensmittelrechtes ist, das Lebensmittel nicht die Gesundheit schädigen und korrekt ausgezeichnet werden müssen. Analogkäse ist nun aber zweifelsfrei essbar. Er muss eben dann noch korrekt deklariert werden. Ich glaube auch daran wird sich nichts ändern. Das einzige was ich mir denken kann ist, dass man ein weiteres Siegel einführt so wie heute schon das Biosiegel. Ich könnte mir so was wie “Premium” oder “Traditionell” als Siegel oder geschützte Begriffe vorstellen. Lebensmittel welche diese Begriffe verwenden sollten dann eine qualitativ bessere Zusammensetzung als normale Produkte haben (z.B. höherer Magerfleischanteil bei Wurst) oder ohne Zusatzstoffe auskommen. Ich glaube wenn man zu dieser Regelung kommt, dann wäre viel erreicht, dann würde ein Blick auf die Verpackung reichen, wenn man Wert auf diese Tatsache legt.

Zum zweiten ist der Verbraucher schuld: Wenn es immer billig sein soll, dann wird auch billig produziert. Wenn man qualitativ höherwertiges Essen haben will, dann muss man dieses kaufen. So einfach ist das. Nur schmeckt das den Verbraucherschätzern im Fernsehen wohl nicht.

Es bleibt natürlich immer noch viel zu bemängeln. Das tue ich in meiner “Was ist drin” Rubrik auch des Öfteren. Vor allem wenn etwas sich als “Premium” schimpft und dann recht billig hergestellt wird.

12 thoughts on “„So called“ Verbrauchersendungen – Da wird mir übel

  1. Ich stimme zu: Die „Geiz ist Geil“-Mentalität, die sich in D in den letzten 10 bis 15 Jahren breit gemacht hat, und für einige zusätzlich die staatlich verordnete Armut durch Hartz IV sorgen dafür, das alles immer nur billig sein muss.
    Mit dem Geschmack ist es auch so eine Sache: Ich hab da mal ’ne Sendung gesehen, da kam ein Koch in die Schule, und in einer Klasse haben sie in 2 mal gekocht. Einmal Tütensuppe, einmal frisch. Anschliessend wurde von denen, die nicht gekocht haben verkostet. Ergebniss war, dass allen die Tütensuppe besser schmeckte als die frisch gekochte, weil da irgendwelche Geschmäcker verstärkt waren.
    Ähnliche Erfahrungen gibt es auch aus Gross Britannien, wo Tony Blair in seinen letzten Amtsjahren den Schulen gesundes Essen verordnet hat. Nur wollte das fast keiner haben, und in manchen Gegenden bzw. Schule sind die Eltern sind dann in der Mittagspause für ihre Kinder zu den Pommesbuden gefahren, um sie mit Fastfood zu versorgen… – Eigentlich erschreckend.

    Ansonsten: das sich die Leute über Dinge aufregen, die eigentlich normal sind, liegt an der begrenzten Ahnung, die man dank unseres immer tolleren Schulsystems heut zu Tage hat. – Das dollstes Beispiel, das mir dazu immer wieder einfällt: Vor inzwischen 4 oder 5 Jahren haben sie auf der Grünen Woche mal Leute gefragt, wie denn Sauerkraut wächst, und wie die „Sauerkrautpflanze“ eigentlich aussieht. Das Sauerkraut aus Weiskohl gemacht wird, wusste niemand. – Wobei es dabei allerdings auch möglich sein kann, das die Teile, wo es jemand wusste heraus geschnitten wurden, um dem Volke zu zeigen, wie blöd es ist. Die Reportage lief nämlich bei RTL (oder einem anderen Privatsender; so genau weis ich das jetzt doch nicht mehr).

  2. Das mit dem Junkfood und Geschmacksverstärker/Aromen ist eine andere Sache. Man wird die Physiologie nicht abändern können. Süß und Fett schmeckt uns deswegen gut, weil es leicht verfügbare Kalorien sind. Da kann eine Banane und ein Vollkornbrot gesünder sein, aber es schmeckt eben nicht so gut. Auch wird in Produktionen wie „Supersize me“ ja immer einseitig die Schuld auf die Fastfood Kette geschoben – die stellen das her was die Leute essen. Und wenn die Leute dort den Salat nur mit viel Dressing kaufen (wenn überhaupt) dann wird der so produziert.

    Dabei weiß ja jeder das es ungesund ist. Ein weiteres Phänomen ist ja heute das man immer erwartet von den anderen dass sie was dagegen tun, anstatt einfach sich gesund zu ernähren.

  3. Moin,

    ich wuerde mal sagen, dass ein Bio-Siegel auf industriell hergestellter Nahrung meist Verarschung ist. Insbesondere da Bio keine Aussage darueber macht, ob das Produkt nach einem traditionellen Rezept hergestellt wird und welcher Energieaufwand betrieben wird um das Bio rund um die Welt zu fliegen.

    Als Beispiel aus dem Supermarkt mag ich nur z.b. Bio-Rote Gruetze mit Johanisbrotkernmehl denken oder Bio-Pesto mit Cashew Nuessen. Hier hat das Bio keine Aussage und erst der Blick auf die Inhaltsangabe zeigt, dass es sich um das uebliche Wunder moderner Lebensmittelchemie handelt.

    Anstatt einem neuem Siegel, dass nur der Industrie nuetzt, sollte meiner Meinung nach die Inhaltsangabe lesbarer sein. Wer schon mal versucht hat mit Supermarkt-Beleuchtung ein glaenzendes Etikett hellgruen auf dunkengruen zu lesen, wird mir zustimmen, dass die Unlesbarkeit haeufig Absicht ist. Daher waere mein Vorschlag: Alle Inhalte die in einem traditionellem Rezept nicht vorkommen, z.b. Johanisbrotkernmehl, muessen fett gedruckt werden, und alle Inhalte die zudem allergische Reaktionen hervorrufen koennen, z.b. Cashew Kerne, sogar fett in rot. Des weiteren sollte auf allen genetisch veraenderten Nahrungsmitteln dies gross mit einem Frankenfood Label gekennzeichnet werden.

    Passend zur Thematik Fernsehn: http://www.youtube.com/watch?v=LL3WHCh8BMI

    ciao,Michael

  4. Wenn schon, dann nicht „uebliche Wunder moderner Lebensmittelchemie“ sondern Lebensmitteltechnologie. Bei denen darfst Du dich bedanken. Lebensmittelchemiker untersuchen fertige Lebensmittel, Lebensmitteltechnologen erfinden neue.

    „Bio“ macht nur eine Aussage über 95% des Ursprungs der Lebensmittel keine über Rezeptur oder örtliche Nähe (es gibt auch Bio Äpfel aus Neuseeland). 5% dürfen konventionell sein, 0,9 % dürfen genetisch veränderte Lebensmittel sein.

    Was Du willst findest du bei Bioland oder Demeter. Da das Biosiegel nur eine Aussage über den Ursprung der meisten Zutaten macht, aber nicht über die Rezeptur war mein Vorschlag ja auch der für ein Siegel mit dem Hinweis „traditionell“

  5. Die mit dem „gewaltigem“ Sauerkraut-Fachwissen waren wohl die Landwirtschaftsminister. Unser Außenminister spricht ja auch kein Englisch…

  6. Wir müssen uns bewußt sein, daß die Lebensmittelindustrie mit Massenprodukten Massenbedürfnisse befriedigt. Ein wichtiges Unternehmensziel ist die Gewinnmaximierung. Also wird man bestrebt sein, ein Produkt so günstig wie möglich herzustellen.
    Echte Bio Produzenten wie z.B. Demeter möchte ich mal nicht in die Betrachtung mit einbeziehen, auch nicht die Hersteller, die vielleicht illegal panschen.
    Wenn ich auf einer Goulaschsuppe(â

  7. Tendenziell bin ich Ihrer Meinung. Beachten sollte man jedoch wohl, dass nicht Jedermann Ihr Wissen verfügt. Dafür sind diese Sendungen da. Andere Aspekte aus anderen Folgen, wie etwa „Klebeschinken“, fand ich durchaus interessant. Ich schaue mir das Format daher gerne an, auch wenn mir einige Informationen & „Tricks“ bereits bekannt sind.

  8. Na ja sie sind in der zweiten Staffel ja auch besser geworden und diese Einlagen wie selbst kreierte Preise oder nachgesungene Lieder „Wenn das light ist“ nach der Melodie von „Ein Bett im Kornfeld“ sind weniger geworden. Man kann das aber auch durchaus anders machen. Ich schaue inzwischen recht gern den „Vorkoster“ auf WDR an und da ist der informative Charakter auch viel eher gegeben als bei „Da wird mir übel“.

  9. Ich habe mir heute das erste Mal eine Serie dieses Formates angesehen. Es ging um FLüssigwürze in Hühnerbrustfilets und das Grauwerden von mariniertem Fleisch. Ich habe selten (!) soviel geballte Dummheit, gepaart mit Halbwissen und prämenstrualem Bullshit gehört. Vielleicht sollten Kabarettisten besser das tun was sie am Besten können sollten, Unsinn über Politiker erzählen!! Und das anprangern ECHTER Lebensmittelskandals den Leuten überlassen die auch einen Schnall davon haben!!!

  10. Vielmehr könne zudem jenes Verzehr von 3 g Zimt am Kalendertag auch noch im
    Einfassen normaler Ernährungsgewohnheiten liegen. Corder ausfindig gemacht hat, findet sich auch
    in Italien jetzt wieder. So jenes Abend könnte richtige Wunder bewirken die diesen gestressten Körper schnell wieder
    jenes paar Energiereserven verschaffen.

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